
Nachhilfe im Klassenraum 7c
Der Klassenraum 7c war spärlich bestückt. Ein paar abgenutzte Tische und Stühle, eine alte schmutzige Tafel, über die ein paar Algebraformeln verschmiert waren. Durch die Fenster schien noch das letzte Tageslicht des Spätsommers. In der Ferne war das Quidditchfeld zu sehen, auf dem die Griffindors sich ein Übungsspiel lieferten mit den Hufflepuffs. Harry seufzte. Zu gern wäre er dabei gewesen, doch stattdessen hatte er Nachhilfe. Nachhilfe im Klassenraum 7c, dessen Zugang nur seinem Haus vorbehalten war. Wenn er seine Hausarbeit über die Transformation einer Ratte in eine Teetasse nur früher abgegeben hätte. Wenn er nicht versucht hätte, von Ron abzuschreiben. Es gab so viele Gründe, aus denen selbst McGonagall ihn nicht vor den Abendstunden in der Nachhilfe hatte schützen können. Aber merkwürdig war es schon. In seiner ganzen Schulzeit hatte er bisher noch nie von einer Art Nachhilfe gehört. Schon gar nicht von hausinterner Nachhilfe. Jetzt, wo er genauer darüber nachdachte…
Verwundert sah Harry sich um. "Aber jetzt mal ernsthaft, wundert sich niemand, dass der Klassenraum 7c bisher nie erwähnt wurde?" Auf Antwort wartend sah er zu Ron, der gerade ein paar Staubflocken in der Luft beobachtete."Ron, ich rede mit dir!"
"Hm?"
Links neben ihm saß Luna Lovegood, die ihre rosa Herzchenbrille ein Stück höher schob, bevor sie ein paar Tarotkarten scheinbar konfus auf dem Tisch anordnete.
"Tatsächlich ist dieser Raum nicht mal auf der Karte des Rumtreibers verzeichnet." Informierte Hermine die beiden Jungs. "Harry hat recht. Das ist wirklich seltsam."
Harry starrte sie nur mit großen Augen an. "Hermine? Seit wann brauchst du denn Nachhilfe?" Hermine schwieg. "Hermine...?" Sie zog die Karte des Rumtreibers höher in ihr Gesicht. Ihre Ohren schienen rot angelaufen zu sein.
"Hermine...?" Fragte Harry erneut. "Nicht jeder versteht Imaginäre und Nonimaginäre Zahlen, okay?!", platzte es aus ihr heraus.
"Du hast Probleme in Mathe? Aber Hogwarts unterrichtet nicht mal Mathematik.", sagte Harry. Luna kicherte in sich hinein. "Das wäre verrückt.", murmelte sie vor sich hin. Ron hatte sich mittlerweile von den Staubflusen gelöst. "Was ist dieses Mathe?"
Verträumt sah Luna Lovegood von ihren Karten auf. "Also wenn ich eins und eins zusammen zähle…" Sie schien kurz zu überlegen, bevor sie mit den Schultern zuckte. "Nein, keine Ahnung." Summend drehte sie alle Karten auf dem Tisch auf die Deckseite, bevor sie leise "Schach…" murmelte.
Entschlossen schlug Hermine die Karte auf den Tisch. "Wir sollten der Sache nachgehen!"
Harry schmunzelte. "Hermine, die vorschlägt, aus der Nachhilfe abzuhauen?" Er stupste sie an. "Du willst dich doch nur vor Mathe drücken."
"Hey!" Sie hielt sich den gestupsten Arm. "Ich finde einfach, dass dieses Geheimnis nicht unaufgeklärt bleiben sollte."
"Und das hat rein gar nichts mit deiner Matheschwäche zu tun?"
Hermine wurde wieder rot. "Nein, hat es nicht! Ron, hilf mir hier mal - Ron, nimm den Finger aus der Nase…"
Während Harry und Hermine miteinander diskutierten, hatte Ron begonnen, den Inhalt seiner Nase genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit dem rechten Zeigefinger tief in seinem linken Nasenloch vergraben wandte er sich zu ihnen um. "Hm? Oh, achso." Er nahm den Finger und steckte ihn in seine linke Manteltasche, aus der ein Rattenschweif hervor lugte. Hermine und Harry sahen ihn entsetzt an. "Was? Krätze heißt nicht umsonst so. Er mag sowas."
"Sollten wir nicht lieber hier bleiben…?" Meldete sich Neville aus der letzten Reihe zu Wort.
"Oh mein Gott, Neville ist hier." Harry verdrehte die Augen.
"Ich dachte, Neville ist tot?", fragte ihn Hermine von der Seite.
"Leute, ich sitze nur zwei Reihen hinter euch, ich kann euch hören."
"Ich finde ihn süß. Er ist auf seine eigene Art sehr mutig.", mischte sich Luna mit ein, ohne von ihren Karten aufzusehen. Mittlerweile hatte sie sie senkrecht aufeinander gestapelt.
Von draußen war lautes Gejubel vom Quidditch Spiel zu hören. Entnervt stand Harry auf, sodass sein Stuhl laut scheppernd nach hinten kippte. "Mir reicht es jetzt! Ich bin ein Sucher und kein Pauker! Ich geh jetzt da raus und dann zeigen wir es den Hufflepuffs!" Energisch ging er zur Tür und drehte den Knauf.
Doch die Tür war verschlossen.