Mini-Vengers

Marvel Cinematic Universe The Avengers (Marvel Movies)
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Mini-Vengers
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Summary
Tony ist an Peppers Todesdrohungen was Loki angeht mittlerweile gewohnt, doch als JARVIS ihn schickt um einen weiteren Streit zwischen dem Rotschopf und dem Trickster des Hauses zu schlichten, traut er seinen Augen kaum. Denn abgesehen von Pepper, Loki und ihm selbst scheint der Avengers Tower nur noch von Kindern bevölkert zu sein...
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Kapitel 5

Kapitel 5

Tony

Offenbar war Dr. Helen Cho derselben Meinung wie Loki, auch wenn sie von der Vorstellung geschrumpfter, beziehungsweise verjüngter, Avengers anscheinend fasziniert war. Tony kam leicht frustriert ins Wohnzimmer zurück.

„JARVIS wenn wir dir Blut besorgen, kannst du dann die Tests machen, die Brucie-Bär normalerweise machen würde?“

„Natürlich Sir. Allerdings benötige ich dafür Zugang zur medizinischen Ausrüstung in Dr. Banners Labor.“ Tonys Miene hellte sich auf. Ein wenig Tüftelei war genau das, was er im Moment brauchte um mit diesem verrückten Morgen fertig zu werden. Das oder ein volles Glas Scotch.

Wenig später, oder vielmehr einige Stunden später, war Tony ganz und gar damit beschäftigt Bruce‘ Labor JARVIS-freundlich zu machen, als Loki ihn aus seiner Erfindungstrance holte um ihn darauf hinzuweisen, dass die Kinder Hunger hatten. Erst als JARVIS ihn auf die Uhrzeit aufmerksam machte, wurde Tony klar, wie lange er schon aus dem Gemeinschaftsraum verschwunden war. Offenbar hatte sich dort oben allerdings keine mittlere Katastrophe angebahnt, wie Loki es insgeheim befürchtet hatte.

Dennoch spürte Tony ein gewisses Maß an Spannung als er nach einem kurzen Abstecher unter die Dusche zu den versammelten Avengers zurückkehrte.

Er war sich nicht sicher wie es kam, dass Loki tatsächlich in der Lage war mehrere Stunden auf einen Haufen Kinder aufzupassen, ohne das Haus abzubrennen, doch bevor er eine Antwort aus Loki herauskitzeln konnte, bekam er eine Nachricht von JARVIS, der ein Treffen mit einem gewissen Amateurfotographen namens Peter Parker für den nächsten Tag arrangiert hatte. Offenbar hatte der Junge eine Tante, die nur zu gerne wissen wollte, weshalb ihr Neffe Fotos von einer Gala auf der er nichts zu suchen hatte an diverse Zeitschriften verkauft hatte. Allerdings bestand sie darauf, dass der Junge in die Schule zu gehen hatte bevor Tony ihn sich vorknöpfen konnte. Allein diese Tatsache machte ihn in Tonys Augen eher unwahrscheinlich, was die Verantwortung an dem Kindergarten in seinem Wohnzimmer anging, doch man konnte nie vorsichtig genug sein.

Loki hatte Pizza bestellt und war wie es schien nach einem halben Tag Babysitten mit seinen Nerven am Ende. Tony hatte ihn selten so müde gesehen und wenn dann nach einer anstrengenden Mission, in die er eine Menge Magie gesteckt hatte. Dass ein Haufen Kinder ihn genauso auf Trab halten konnten, und wie es schien auch dafür sorgten, dass der Trickster selbst keinen Unfug anstellte, musste Tony sich merken. Man konnte nie wissen, wann so etwas einmal wichtig werden konnte.

„Tony.“, erklang Bruce freudiges Stimmchen. Der kleine Kerl kam mit einem breiten Grinsen und einem offensichtlich selbstgemalten Bild auf Tony zu. Der kniete sich brav hin und musterte die Zeichnung. Irgendjemand und Tony vermutete irgendwie der ansässige Lügengott, hatte Bruce geholfen an die einzelnen Strichmännchen auf seinem Bild Namen zu schreiben. Nur deswegen wurde Tony nach einigen Sekunden klar, dass er auf ein Gemälde der gesamten Avengers blickte.

Er selbst und Loki flankierten die bunte Kinderschar. Natashas Strichmännchen war immerhin anhand ihrer roten Haare zu erkennen. In der Ecke des Bildes leuchtete eine grinsende Sonne und aus irgendeinem Grund stand der Strichmännchen-Loki unter einem Baum, der von einigen roten Flecken bedeckt war, die nach Tonys zugegebenermaßen eher eingeschränkten Erfahrung mit Kindern wohl Äpfel sein sollten.

„Wow. Brucie. Hast du das ganz allein gemalt?“, lieferte Tony dann offenbar genau die Reaktion auf die Bruce gewartet hatte. Der Kleine grinste von einem Ohr zum anderen und nickte begeistert bevor er sich ohne Rücksicht auf Verluste in Tonys Arme warf und beinahe zu leise für dessen Ohren flüsterte: „Ich hab dich vermisst.“

Tony wurde eng ums Herz. Er hob den kleinen Jungen hoch und gesellte sich zu den anderen Kindern auf dem Sofa. Clint hatte sich in der Ecke der Couch zusammengerollt und sah aus als würde er sich nur mit purer Willenskraft vom Schlafen abhalten. Alle paar Sekunden fielen ihm die Augen zu, doch jedes Mal riss er sie wieder auf und rieb sich dann energisch durchs Gesicht.

„Hey Kumpel. Schlaf ruhig, ich weck dich wenn das Essen da ist.“, versuchte Tony dem Drama ein Ende zu machen. Clint musterte ihn einige Momente, dann schüttelte er den Kopf.

„Erwachsenen kann man nicht trauen.“, stellte er dann so sachlich fest, dass es Tony beinahe die Sprache verschlug.

„Ok. Ich nehme nicht an, dass ich dir irgendwie beweisen kann, dass ich kein Erwachsener bin oder?“ Clint grinste schief und schüttelte den Kopf. Rutschte dann aber ein wenig näher an Tony und Bruce heran. „Wie wäre es stattdessen damit. Brucie hier wird dich aufwecken sobald der erste Pizzakarton da auf dem Tisch steht. Was meinst du?“ Bruce schmiegte sich an Tony, hatte den Blick aber auf Clint gerichtet und nickte ihm mit feierlich ernster Miene zu.

„Ich weck dich.“ Clint und Bruce musterten einander, dann streckte Clint die Hand aus.

„Kleiner Finger Schwur?“ Bruce nickte wieder und hakte seinen winzigen Finger in Clints. Nur Sekunden später war der kleine Bogenschütze mit dem Kopf auf Tonys Knie eingeschlafen.

Tony konnte nicht anders als auf Clint hinabzulächeln, der leise schnarchte. Bisher war Bruce das einzige der Kinder gewesen, das aktiv seine Nähe gesucht hatte und weshalb die älteren Kinder lieber unter sich blieben, konnte der ehemalige Playboy sogar nachvollziehen.

Er hätte als Kind auch niemals einem fremden Erwachsenen vertraut. Genau genommen hatte er ja selbst bei den Menschen, die ihm am nächsten stehen sollten jederzeit mit allem möglichen rechnen müssen. Bei Howard war die Möglichkeit, dass er Tony mit in seine Werkstatt nahm und ihm beibrachte wie man einen Automotor auseinandernahm genauso relevant wie die Chance, dass er ihm ohne weitere Warnung eine Ohrfeige verpasste.

Maria war da weniger handfest gewesen. Selbst wenn sie nicht ganz zurechnungsfähig war, oder in Gedanken so weit weg, dass Tony selbst jetzt noch Schwierigkeiten hatte ihr zu folgen, war sie niemals so unberechenbar gewesen wie Howard. Sie hatte auch nie so tief ins Glas geschaut, doch dafür war sie allzu oft diejenige gewesen, die Tony übers Haar gestrichen und ihm versichert hatte, dass die Dinge besser werden würden, wenn er sich nur ein wenig mehr anstrengen würde.

Tony hatte es versucht. Er hatte wirklich versucht es seinen Eltern recht zu machen, doch irgendwann hatte er aufgehört sich die Mühe zu machen.

Jarvis war damals der einzige Erwachsene gewesen auf den Tony sich verlassen konnte. Der alte Butler war immer da gewesen um Pflaster auf Tonys aufgeschlagene Knie zu kleben, sich seine Entwürfe anzusehen, die damals noch eher bunte Bilder gewesen waren, und selbige am Kühlschrank aufzuhängen. Er war es gewesen, der Tony heiße Milch mit Honig gemacht hatte, wenn ihn ein Alptraum aus dem Schlaf gerissen hatte und er war zu Tonys Schulabschlussfeier gekommen.

Die Pizza traf gerade rechtzeitig ein um Tonys düstere Gedanken zu unterbrechen.

„Aufwachen Schlafmütze. Das Essen ist da.“, murmelte Tony und rüttelte sacht an Clints Schulter. Der knurrte unwillig und setzte sich auf. Sein Haar war so durcheinander, dass es Tony in den Fingern juckte hindurch zu wuscheln, doch er bezweifelte, dass der Junge das gut heißen würde.

Clint rieb sich energisch den Schlaf aus den Augen und schaute dann mit offenem Mund zu dem Stapel Pizzaboxen auf dem Couchtisch herüber.

„Salami, oder Hawaii?“, fragte Tony munter nachdem er die ersten beiden Kartons geöffnet hatte. Clint rümpfte die Nase.

„Salami. Ananas ist Obst. Was hat Obst auf Pizza zu suchen.“, antwortete er und Tony stimmte ihm lauthals lachend zu bevor er ihm den ersten Karton mit Salamipizza reichte. Clint sah aus als sei sein Geburtstag vorverlegt worden als er das erste Stück Pizza nahm und sich natürlich prompt die Finger verbrannte.

„Ich mag Ananas.“, stellte Sam fest und ließ sich auf Tonys anderer Seite auf die Couch fallen. Der sah wie die beiden Brooklyn-Jungs sich fragende Blicke zuwarfen.

„Noch nie Ananas gegessen?“, fragte er und Bucky schüttelte den Kopf. Erst in diesem Moment begann Tony sich zu fragen ob die beiden wohl überhaupt Pizza kannten. „Dann probiert erst mal. Moment. JARVIS, Stevie ist nicht gegen Ananas allergisch oder?“ Wenn er sich richtig erinnerte war Steve als Kind gegen eine Million Dinge allergisch gewesen und hatte nebenbei noch jede Krankheit aufgeschnappt, die die Straße zu bieten hatte. Tony ging lieber auf Nummer sicher. Immerhin war ihm der Gedanke noch rechtzeitig gekommen.

„Nein Sir.“, bestätigte die AI und Tony reichte jedem der Jungs ein Stück der Pizza-Hawaii, was Sam zu einem aufgebrachten: „Hey“, animierte. Allerdings füllte Tony die entstandene Lücke mit einem Stück seiner eigenen Peperoni-Pizza bevor er ein weiteres Stück an Natasha reichte, die sich auf dem Fußboden ihm gegenüber niedergelassen hatte. Nat mochte scharfes Essen und hatte schon mehr als einmal bewiesen, dass Bruce sein berüchtigtes Curry für sie gar nicht scharf genug machen konnte.

„Danke.“, murmelte das Mädchen und biss anmutig in ihr Pizzastück. Auch Loki ließ sich nun auf dem Boden nieder und bediente sich an Tonys Pizza. Der schenkte sich jeden Kommentar und öffnete stattdessen einen weiteren Karton mit simpler Pizza Margherita, die er Bruce anbot.

Der kleine Junge aß mit viel Begeisterung und Tony beglückwünschte sich zu seiner Entscheidung keine frischen Hosen anzuziehen, denn nun gesellten sich Tomatensoßenflecken zu den üblichen Ölspuren auf seinen Jogginghosen.

Steve und Bucky futterten beide als gäbe es kein Morgen mehr, während Sam sich schon nach der Hälfte seiner Pizza geschlagen gab und gegen die Sofakissen gelehnt ein wenig döste.
Clint dagegen schlang seine Portion in sich hinein wie ein menschlicher Staubsauger und begann schon die Reste von Bruce zu beäugen, als Tony ihm seufzend seine Schachtel zuschob und dazu überging Stücke von Loki zu stehlen, wenn der gerade damit beschäftigt war mit Nat zu plaudern, die offenbar tausend und noch eine Frage zu Tarzan hatte. Offenbar hatte sie noch nie einen Gorilla gesehen. Vielleicht fragte sie Loki allerdings auch darüber aus wie schnell sie den offensichtlichen Bösewicht um die Ecke bringen könnte. Wer wusste das bei Klein-Natasha schon, die zum Essen ihren Übersetzerstein vorrübergehend aus der Hand gelegt hatte.

Tony nahm sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag vor in absehbarer Zeit Russisch zu lernen und überlegte gleichzeitig fieberhaft wie er sechs Kinder auf Dauer beschäftigen sollte, falls er keine Lösung für dieses Problemchen fand. Blieb nur zu hoffen, dass der Bösewicht der Woche sich nicht ausgerechnet heute Abend aus seinem Versteck traute.

„Sir, ein Anruf von Colonel Rhodes auf Leitung eins.“, meldete sich JARVIS einmal mehr zu Wort. Tony kramte nach seinem Handy und stand auf nachdem er Sams Füße von seinem Schoß entfernt und Brucie auf dem Platz neben ihm abgesetzt hatte.

„Stell ihn durch.“, befahl der Wissenschaftler und erwartete schon eine weitere Schimpftirade wie die von Pepper.

„Hey Tones. Pepper sagt du hast dir ein Rudel Kinder angeschafft?“, meldete sich Tonys bester Freund, was den nur dazu brachte die Augen zu verdrehen. Typisch für Pepper die Neuigkeiten so zu präsentieren, dass Rhodey zu dem Schluss kommen musste, dass Tony endlich eine der vielen Vaterschaftsklagen, die ihm früher zeitweise im Stundentakt ins Haus geflattert waren als legal hatte anerkennen müssen. Nun dem war nicht so. Tony war vielleicht ein wenig waghalsig gewesen, was sein Liebesleben anging, doch zumindest hatte er immer darauf geachtet niemandem zu Schaden. Und erst recht hatte er keinen illegitimen Erben für Stark Industries produziert. Howard hätte der Schlag getroffen.

Im Nachhinein betrachtete wäre das vielleicht nicht das schlechteste Schicksal für ihn gewesen, doch Tony riss sich zusammen bevor seine Gedanken allzu weit in Richtung was-wäre-wenn abdriften konnten.

„Dein Vertrauen in mich ehrt mich wirklich Schnabeltier.“, antwortete Tony und ließ sich auf einem der verwaisten Stühle am Esstisch nieder, der nur in größeren Notfällen für seinen eigentlichen Zweck genutzt wurde. Im Normalfall aßen die Avengers entweder in der Küche oder wie jetzt über die Sofa-Landschaft vor dem Fernseher verteilt.

„Also keine heiße Story mit der ich dich für die nächsten Jahrzehnte aufziehen könnte?“, fragte Rhodey und selbst Tony konnte den Anflug von Enttäuschung in seiner Stimme ausmachen.

„Na so weit würde ich jetzt nicht gehen.“, antwortete Tony und beobachtete die Kinderschar, die gerade begann sich um die letzten Pizzareste zu streiten. „Wenn du Zeit und Lust zum Babysitten hast. Komm zum Turm. Wenn nicht dann mach besser einen großen Bogen um New York.“, köderte Tony in der Hoffnung einen weiteren verlässlichen Erwachsenen in sein zu Hause zu bekommen. Wie es im Moment aussah würde er noch eine Weile mit sechs Kindern zusammen wohnen und er wusste nur zu gut, dass er normalerweise schon Probleme damit hatte sich selbst regelmäßig zu füttern. Wie gut Loki mit Kindern umgehen konnte war eine echte Überraschung und eine willkommene Hilfe. Dass Pepper nicht viel von Kindern hielt, war Tony schon länger bewusst und der letzte Avenger im Team war ein außerirdischer Gott, dem Tony ehrlich gesagt nicht einmal eine Topfpflanze anvertrauen würde, von einem Rudel Kinder ganz zu schweigen.

„Was zur Hölle Tony?“, fragte Rhodey und verbrachte die nächsten paar Minuten mit fruchtlosen Versuchen Tony die Geschichte hinter Peppers vagen Informationen aus der Nase zu ziehen. Der blieb allerdings hart. Wenn es sein musste, konnte er durchaus seine Geheimnisse für sich behalten. Wenn Rhodey wissen wollte, was vor sich ging, musste er wohl oder übel vorbeischauen.

„Okay Tony ich bin übermorgen da. Und wehe das lohnt sich nicht.“, schloss Rhodey nach weiteren zehn Minuten die Unterhaltung ab und Tony konnte nicht anders als zu hoffen, dass die Neuigkeiten bis dahin nur noch kalter Kaffee sein würden, doch die Tatsache, dass JARVIS noch immer keine neuen Erkenntnisse hatte finden können, stimmte ihn wenig optimistisch. Seufzend beschloss Tony sich für den Worst Case zu wappnen.

„JARVIS mein Freund, was brauchen sechs Kinder um, für sagen wir eine Woche, über die Runden zu kommen?“, fragte er und wartete auf eine ganz bestimmt ernüchternd lange Liste an Dingen.

„Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte Sir. Es ist wahrscheinlich besser die Avengers nicht zu trennen solange sie sich in diesem Zustand befinden. Eine Lieferung mit den notwendigsten Dingen sowie mehreren altersgemäßen Beschäftigungsmöglichkeiten befindet sich bereits auf dem Weg.“

Wieder einmal konnte Tony nur über seine clevere AI staunen und gesellte sich wieder zu Loki und den Kleinen.

„Irgendwelche Neuigkeiten?“, fragte Loki mit einem so hoffnungsvollen Unterton, dass es Tony beinahe das Herz brach ihn enttäuschen zu müssen. Er schüttelte den Kopf und machte sich mit Hilfe einiger Servierten daran Bruce Finger von den Überbleibseln der Pizza zu befreien.

„Rhodey kommt in ein paar Tagen vorbei und JARVIS hat irgendwelchen Krempel bestellt. Aber sonst im Westen nichts Neues.“

 

Clint

Seit Clint in dieser Zukunft, wie Loki und Tony behaupteten, aufgewacht war, fragte er sich womit er das verdient hatte. Nicht im schlechten Sinne. Nicht so wie die Helden in den Filmen sich immer fragen, wen sie in einem früheren Leben ermordet haben um zu verdienen, was immer das Universum ihnen vorsetzte. Für Clint war diese Zukunft kein Alptraum.

Zum mindestens hundertsten Mal fielen Clint die Augen zu und er riss sie vehement wieder auf und rieb sich durchs Gesicht. Seit er hier aufgewacht war, hatte ihn nur ein einziger Gedanke bedrückt. Was wenn er nicht bleiben durfte? Was wenn er einschlief und wenn er das nächste Mal aufwachte wäre er wieder zu Hause? Zu Hause bei seinem Vater, der sich nicht um ihn scherte und wenn dann nur um herumzubrüllen, dass Clint das schlimmste war, was ihm jemals passiert war. Clint wusste, dass Väter so etwas nicht sagen sollten. Das wusste er von den anderen Kindern auf dem Spielplatz zu dem Barney ihn manchmal mitnahm um sich dann davonzustehlen und mit seinen Freunden hinter der Turnhalle heimlich selbstgedrehte Zigaretten zu rauchen.

Ihr Vater hatte ihn deswegen einmal fast totgeschlagen und Clint hatte noch nie solche Angst gehabt, doch Barney hörte nicht auf. Stattdessen zeigte er ihrem Vater den Mittelfinger und machte weiter was er wollte. Clints Mutter tat schon nichts anderes mehr als zu seufzen und bedauernd den Kopf zu schütteln wenn sie ihren Ältesten sah. Sie glaubte nicht, dass Clint das schlimmste war, was ihnen je passiert war. Manchmal dachte Clint sogar, dass sie ihn gern hatte. Doch sie war nie da. Sie musste arbeiten um ihnen ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch zu ermöglichen. Barney hasste sie dafür. Barney hasste eigentlich alles und jeden. Er hasste ihren Vater, weil der ein betrunkener Taugenichts war. Und er hasste Clint. Weil alles nur noch schlimmer war seitdem sein kleiner Bruder in sein Leben getreten war.

Clint wusste nicht weshalb er schuld an allem war, doch wenn sowohl sein Vater als auch sein großer Bruder ihn verantwortlich machten, dann musste es wohl so sein.

Clint war gerne auf dem Spielplatz. Die anderen Kinder mochten ihn gern, weil er sich die tollsten Geschichten ausdenken konnte und manchmal teilten sie ihre Süßigkeiten mit ihm.

Doch das hier, der Avengers Tower, das war ein Abenteuer wie Clint es sich immer gewünscht hatte. Es gab Essen wann immer er danach fragte. Das Frühstück allein war ein wahres Schlaraffenland gewesen. Die Kinder hier waren nicht wie Barney, auch wenn Sam und Bucky fast so alt waren wie Clints großer Bruder und er sich zunächst so weit wie möglich von den beiden fernhielt. Doch schon bald merkte Clint, dass die Vorsicht nicht nötig war. Bucky war wie der große Bruder in all den Geschichten, die Clint sich jemals ausgedacht hatte. Er passte auf Steve auf wie ein Schießhund und der schien das nicht einmal zu bemerken.

Dann war da noch Natasha. Clint war noch nie mit einem Mädchen befreundet gewesen, weil Barney sagte, dass Mädchen blöd waren und nur auf Ponys und rosa Sachen standen. Clint hatte nichts gegen Ponys, doch er war klug genug um Barney nicht noch mehr gegen ihn aufzubringen. Natasha tat so als mache ihr all das hier nicht das Geringste aus, doch schon in dem Moment als er neben ihr auf dem Sofa aufgewacht war, hatte Clint gewusst, dass dieses Mädchen jemand war auf den er aufpassen musste.

Er hatte recht gehabt sich mit ihr zusammenzutun. Es hatte keine fünf Minuten gedauert bis aus den beiden verlorenen Kindern ein Team geworden war. Auch wenn Clint keine große Angst vor Loki und Tony gehabt hatte, und er hatte einen guten Riecher was Erwachsene anging, sein Plan sich im Lüftungsschacht zu verstecken, war bei Nat doch sehr gut angekommen.

Clint mochte hohe Orte. Manchmal kletterte er aus seinem Kinderzimmerfenster hinaus auf das wackelige Dach der Garage und schaute sich die Sterne an. Seine Mutter hatte ihn einmal fast dabei erwischt doch er war gerade noch in sein Bett zurückgeschlüpft bevor sie die Tür ganz geöffnet hatte. Hoch oben auf dem Wohnzimmerschrank konnte sein Vater ihn nicht erreichen und er schaute auch nur selten nach oben. So kam Clint dazu mit ihm zusammen fernzusehen, ohne dass er ihn störte.

Sein Instinkt hatte sich bisher bei Loki und Tony als zuverlässig erwiesen. Loki war ein Zauberer und Clint wollte um nichts in der Welt zurück in sein zu Hause, wo Magie nur ein dummes Kindermärchen war und ihm niemand glauben würde, dass er einen Kerl kannte, der ein Abbild von sich selbst herbeizaubern konnte, dass sich an den Kühlschrank lehnte. Tony war auch in Ordnung. Zumindest hoffte Clint sehr, dass er auch weiterhin in Ordnung sein würde. Er wusste, dass die schlimmsten Erwachsenen die waren, bei denen man nicht sofort merkte, dass sie gemein waren.

Wieder fielen Clint die Augen zu und nur die Tatsache, dass Tony sich genau in diesem Moment neben ihn setzte, hielt ihn davon ab an Ort und Stelle einzuschlafen. Clint riss die Augen auf und versuchte sich zu erinnern welcher Film gerade im Fernseher lief. Er hatte noch nie so viele Zeichentrickfilme hintereinander schauen dürfen. Um genau zu sein, hatte er noch nie einen ganzen Zeichentrickfilm am Stück gesehen, weil sein Vater die selbstverständlich nicht leiden konnte und niemand im Hause Barton war verrückt genug ihm das Recht an der Fernsehfernbedienung streitig zu machen.

Clint hätte fast verpasst, dass Tony ihm anbot ihn zu wecken sobald das Essen da war. Clint freute sich schon riesig. Er hatte noch nie eine ganze Pizza für sich allein gehabt, weil seine Mutter darauf bestand, dass er sich eine mit Barney teilte, wenn sie doch einmal welche bestellte.

Clint musterte Tony nachdenklich. Er wollte zwar gerne glauben, dass der Mann sein Versprechen hielt, aber bei Erwachsenen konnte man nie wissen. Anscheinend stand ihm dieser Gedanke ins Gesicht geschrieben, denn der nächste Deal, den Tony vorschlug bezog Bruce mit ein. Clint lächelte den kleinen Jungen freundlich an und erntete dafür ein verschmitztes Glucksen.

Der Kleine war goldig. Genau die Art Bruder, die sich Clint gewünscht hätte wenn er da ein Wörtchen mitzureden gehabt hätte. Stattdessen war er mit Barney geschlagen, aber der war ja zum Glück kein Teil dieses wundervollen Traumes.

Clint streckte die Hand aus und ließ Bruce einen Kleiner-Finger-Schwur schwören bevor er sich zusammenrollte und den Schlaf willkommen hieß. Wie von selbst rückte er ein bisschen näher an Tony heran, der warm und verlässlich an seiner Seite blieb.

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