Le Mondial

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Le Mondial
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Die Rechte an den Figuren dieser Geschichte liegen beim ZDF und der Neuen Deutschen Filmgesellschaft. Die Geschichte bzw. die Handlungen sind mein Eigentum.
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Kapitel 23

Freitagabend, Suite 412.

Wie ausgemacht waren Uli und Eva am Abend in die Drossel zum Essen gegangen. Dort hatten sie noch einmal das gelungene Schauspiel im nachmittäglichen Meeting besprochen und waren dann, nach einem - selbst für Ulis kritischen Geschmack - hervorragenden 4-Gänge-Menü, ins Mondial zurückgekehrt. Uli hatte sich erst gegen Evas Vorschlag gewehrt, im Mondial zu schlafen - irgendetwas in ihrem Bauchgefühl hatte ihr gesagt, dass das keine gute Idee sein würde. Aber Eva hatte sich nicht dreinreden lassen und hatte kurzerhand die Tiefgarage des Hotels angesteuert. Von dort waren sie wieder - wie üblich - auf getrennten Wegen in den vierten Stock gelangt. Uli war von niemandem gesehen worden - dachte sie zumindest. Jedoch hatte sie beim Hereinfahren in die Tiefgarage in der Dunkelheit nicht bemerkt, dass Jeremy auf der anderen Straßenseite gegenüber vom Mondial gestanden und eine Zigarette geraucht hatte. Dem war weder der graue prominente A6 entgangen, noch die Tatsache, dass er im Schein der Straßenlaterne das Seitenprofil seiner Noch-Ehefrau auf dem Beifahrersitz hatte ausmachen können. 

Uli war jedoch so in die Kabbelei mit Eva vertieft gewesen - darüber, dass sie doch lieber zu ihr fahren sollten weil sie am Samstag Mittagsschicht hatte und nicht um halb 6 aufstehen musste - dass sie die Silhouette des Mannes nicht bemerkt hatte. Und so hatte sie ebenfalls nicht bemerkt, wie der Mann dem Audi mit grimmigem Gesicht hinterher schaute. 

Mittlerweile ist auch Eva in der Suite angekommen. Noch immer ist die Stimmung zwischen ihnen angespannt - es ärgerte Uli, dass Eva einfach eine Entscheidung getroffen und Ulis Einwände ignoriert hatte. Und so macht sie sich an der Minibar zu schaffen und will sich gerade einen Drink einschenken, als sie aus dem Augenwinkel sieht, wie Eva sich ihrer Pumps entledigt und schließlich auch ihr Jackett auszieht.
All das geschieht, ohne dass sie ihren Blick von Uli abwendet. Sie schaut ihr geradezu auffordernd ins Gesicht, ein spitzbübisches Lächeln auf den Lippen. Ihr ist vollkommen klar, welche Wirkung sie damit auf Uli hat. Diese erstarrt auch einen Augenblick später mitten in der Bewegung und mustert ihre Partnerin genau, die jetzt in der Mitte des Wohnbereichs steht und langsam beginnt, die Knöpfe ihrer hellblauen Bluse zu öffnen, einen nach dem anderen. 

Bis zum dritten Knopf schafft Uli es, die Beherrschung zu wahren - und das, obwohl sie bereits seit Eva das Jackett auf das Sofa gelegt und sich ihrer Bluse zugewandt hatte, die Hitze und das vertraute Kribbeln in ihrem Körper gespürt hatte. Gerade als Eva den dritten Blusenknopf öffnen will, verliert Uli die Fassung. Sie stellt das leere Whiskyglas heftiger als gewollt auf das Tablett neben der Minibar und durchquert mit zwei großen Schritten den Raum.

Ungeduldig versucht sie, die Knöpfe der Bluse zu öffnen, während Eva ein Grinsen im Gesicht hat, das dem der Cheshire Cat um nichts nachsteht. Es geht ihr nicht schnell genug und so reißt sie ihr kurzerhand die hellblaue Bluse von den Schultern, mit einer Kraft, dass mehrere der Knöpfe durch den Raum fliegen und auf den Boden kullern.  Ihre Lippen suchen Evas Mund und sie küsst sie leidenschaftlich. Diese lässt sich dann auf den Kuss ein und erwidert ihn mit der gleichen Leidenschaft. Ulis Hände gleiten über ihren Körper, Eva seufzt leise auf und erschaudert, als Ulis Finger sich unter den dunkelblauen BH schieben. Einige Momente später spürt Eva, wie der Verschluss des BHs geöffnet wird und Uli das Kleidungsstück achtlos auf den Boden fallen lässt.

Dann hebt sie Eva mit einer flüssigen Bewegung hoch - überrascht und reflexartig umschlingt Eva ihre Hüften mit den Beinen und lässt sich von Uli durch die Suite tragen, bevor sie dann von ihrer Partnerin auf dem Esstisch platziert wird. 

Ihre Küsse werden immer leidenschaftlicher und Eva meint, vor Ungeduld und Begierde bereits zu zerfließen, als Uli endlich beginnt, sich an ihrer dunkelblauen Anzughose zu schaffen zu machen. Sie löst den Knopf und öffnet den Reißverschluss, bemerkt dann aber, dass sie auf diese Weise nicht weiterkommt. 

„Hilf mir“, flüstert sie Eva deshalb ins Ohr. Diese versteht und reagiert sofort. Sie stemmt sich auf ihren Händen nach oben, sodass Uli ihr die Hose von den Beinen schieben kann. Jetzt sitzt sie auf dem Tisch, bekleidet mit nichts außer einem dunkelroten Slip und atmet schnell. So schnell, wie wenn sie gerade einen Sprint hingelegt hätte. Sie spürt das kühle Holz auf ihren nackten Beinen und fröstelt für einen Augenblick.

Uli tritt einen Schritt zurück und betrachtet ihre Partnerin, wie sie da sitzt, auf dem großen Holztisch im halbdunklen Zimmer. Sie sieht den dünnen Schweißfilm auf Evas Körper, und wie deren Brustkorb sich hektisch hebt und senkt. Sie lächelt so zufrieden, wie eine Löwin, die gerade ihre Beute betrachtet. 

„Uli - BITTE!“ fleht Eva sie regelrecht an. Das holt Uli aus ihren Gedanken. Sie lässt sich nicht zweimal auffordern und beginnt, Evas nackten Oberkörper mit Küssen zu bedecken. Kleine brennende Punkte verteilt sie auf Evas Dekolleté und ihrem Schlüsselbein. Ihre Lippen wandern immer weiter nach oben, finden Evas Mund und verlassen ihn sogleich wieder, nur um diesen einen speziellen Punkt zwischen Nacken und Ohr zu finden und diesen zu bearbeiten. Die Hitze in Evas Körper wird nahezu unerträglich.
„ULI!“ keucht sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zulässt. 

Uli spürt, dass es Eva ernst ist. Sie lächelt verschmitzt und hakt dann ihre Finger in Evas Slip ein. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verlagert Eva ihr Gewicht wieder auf ihre Arme und stemmt sich so weit hoch, dass Uli auch das letzte Stück Stoff von ihrem Körper schieben kann. Der Slip findet den Weg zum BH und den verlorenen Blusenknöpfen auf dem Boden und Uli lässt sich kurzerhand vor Eva auf die Knie sinken. Sie beginnt, die Innenseite von Evas Oberschenkeln zu küssen und lässt ihren Mund immer weiter nach oben wandern, so lange, bis Eva ihren Atem auf ihrer Mitte spüren kann. Eine Gänsehaut überzieht ihren Körper, und das obwohl ihr alles andere als kalt ist. Sie blickt hinunter zu Uli, die ihr mit einem langen Blick eine unausgesprochene Frage stellt.
Eva schließt die Augen. „Uli -“ haucht sie geradezu und diese braucht keine weitere Aufforderung. Ihre Zunge gleitet sanft über Evas Mitte, während sie mit beiden Händen Evas Position stabilisiert. Je schneller Ulis Zunge sich bewegt, desto angestrengter wird Evas Atem. Ihr Becken zuckt nach vorne und sie krallt sich mit beiden Händen in Ulis schwarze Haare, als sie mit einem gerade noch unterdrückten Schrei zum Höhepunkt kommt. Uli bleibt so lange in ihrer Position, bis Evas Atmung sich wieder beruhigt und ihr Körper sich entspannt hat.

Dann steht sie auf und nimmt das Gesicht der blonden Frau, die mit zerzausten Haaren und völlig unbekleidet auf dem Esstisch in Suite 412 sitzt, in beide Hände. Evas Augen sind noch geschlossen - sie lächelt. „Hmh“, seufzt sie leise. „So können wir gern unsere Konflikte in Zukunft lösen.“ 

Uli grinst. „Von mir aus gerne“, erwidert sie, bevor sie Eva einen Kuss auf die Stirn gibt und den Raum durchquert, um ihre Sandalen, derer sie sich soeben entledigt hatte, ordentlich neben der Eingangstür abzustellen. Als sie zurückkehrt, hat Eva ihren Platz verlassen. Uli schießt durch den Kopf, dass sie wohl nie wieder diesen Esstisch würde anschauen können, ohne an das Vorangegangene zu denken. Sie grinst und macht sich auf den Weg ins Bad. Nachdem jedoch ihre Partnerin dort nicht zu finden ist,  macht Uli sich lächelnd auf in Richtung Schlafzimmer, wo sie Eva vermutet. 

Und sie behält Recht - dort, auf dem großen Doppelbett, liegt Eva, den Kopf mit einer Hand abgestützt und mit einem kühlen Lächeln im Gesicht. „Ich glaube, wir hätten da noch etwas zu besprechen, Frau Kersting“, raunt sie und schafft es damit, sämtliche Gedanken in Ulis Kopf durch völlige Leere zu ersetzen.
Langsam lässt Uli sich neben ihr auf das Bett gleiten und betrachtet die Frau neben sich. „Ach ja? Welchen denn?“

„Die Tatsache, dass Sie heute in dem Meeting am Nachmittag einen Tonfall an den Tag gelegt haben, der dem Umgang mit Ihrer Chefin keineswegs würdig ist“, gibt Eva zur Antwort. Sie kann die Anspannung von Uli geradezu greifen. Mit einer einzigen fließenden Bewegung erhebt sie sich, packt Uli an den Schultern und drückt sie auf die weichen Kissen. 

„Und dafür spüren Sie jetzt die Konsequenzen“, raunt sie ihr ins Ohr. Alleine dieser Satz führt dazu, dass Ulis ganzer Körper zu vibrieren beginnt. Eva grinst und beginnt damit, die Bänder, die Ulis Top zusammenhalten, aufzubinden und es ihr von den Armen zu schieben. 

Es würde eine kurze Nacht werden. 

Samstagmorgen, Suite 412.

Ein Poltern lässt Uli aus dem Schlaf schrecken. Für einen kurzen Moment ist sie desorientiert, als sie die Augen aufschlägt, doch dann fällt ihr alles wieder ein. Der vergangene Abend, die darauffolgende Nacht. Sie lächelt beim Gedanken daran und tastet mit dem freien Arm, der nicht unter der Bettdecke verborgen ist, auf die andere Bettseite. Diese ist kühl und leer - Eva musste vor einiger Zeit bereits aufgestanden sein. Sie hatte Uli am Tag zuvor gesagt, dass sie, obwohl Samstag war, ein paar Stunden zumindest würde arbeiten müssen - dass sie aber versuchen würde, wieder in ihrem Zimmer zu sein, bevor Uli sich um 11 Uhr auf den Weg zur Mittagsschicht machte. 

Uli setzt sich auf und greift nach ihrem Handy, das auf dem Nachttisch neben ihrer Bettseite liegt. ,Erst kurz nach neun‘, denkt sie nach einem Blick auf das Display und lässt sich kurz darauf wieder in die Kissen fallen. Für einen Moment schließt sie nochmal die Augen - sie waren gegen drei Uhr erst eingeschlafen und dementsprechend gerädert fühlte sie sich. Aber in einem mehr als positiven Sinne. 

Wann war Eva wohl aufgestanden? Sie konnte nur drei oder vier Stunden geschlafen haben. Uli bewunderte ihre Freundin dafür, auch mit wenig Schlaf die Disziplin zu besitzen, so früh aufzustehen. Eine Sache, die ihr wohl nie leicht fallen würde. Sie grinst noch einmal bei dem Gedanken an den Abend und die vergangene Nacht und spürt, wie das Kribbeln in ihrem Bauch wieder einsetzt. 

Sie will sich gerade noch einmal unter der Decke vergraben - Eva würde sie schon rechtzeitig wecken, bevor sie zur Arbeit musste - als es erneut an der Tür poltert und sie so etwas wie ein leises Kratzen vernimmt. Dann hört sie das leise Klicken des Türschlosses - das musste Eva sein, die schon früher als gedacht aus dem Büro zurückkam. Uli kuschelt sich dann wieder in die Bettdecke, in der Hoffnung, dass Eva ihr vielleicht noch einmal Gesellschaft leisten würde. Auf die Seite gedreht und mit einem Auge die Tür im Blick, wartet sie darauf, was passiert. Die Tür wird ganz langsam und vorsichtig aufgeschoben - Eva wollte sie wohl nicht wecken, denkt Uli. Doch dann, als die Tür weit genug offen ist, um einen Menschen hindurch zu lassen, durchfährt es Uli  eiskalt. 

Es ist nicht Eva, die die Suite betreten hat. Nein, dort an der Tür, die jetzt ebenso leise wieder geschlossen wird, steht Jeremy. Noch hat er sie in dem Gewühl aus Kissen und Decke nicht entdeckt, aber Uli ahnt, dass dies nur eine Frage von Minuten sein würde. Der Teil der Suite, wo sich das Bett befindet, liegt schräg gegenüber der Tür - Jeremy musste also den Wohn- und Arbeitsbereich der Suite durchqueren, bevor er sie wahrnehmen würde. 

Sie hält vor Schreck den Atem an und versucht, sich nicht zu bewegen. Jeremy durchquert den ersten Teil der Suite und macht sich an Evas Schreibtisch zu schaffen, auf dem ein Stapel Papiere liegt. Uli, noch immer erstarrt, kann nicht mehr tun als ihn zu beobachten. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte ihn angeschrien, was ihm einfällt, hier in Evas Suite einzubrechen und ihre Sachen zu durchwühlen. Aber sie kann nicht - ihr ganzer Körper weigert sich, ihr zu gehorchen. Sie beobachtet mit zum Zerreißen gespannten Nerven, wie er den Papierstapel durchstöbert und leise vor sich hin flucht. 

 

Als sie sieht, wie sein Blick auf den Boden neben dem Schreibtisch fällt und dort hängen bleibt, setzt ihr Herzschlag für einen Moment aus. Dort liegt ihre dunkelgraue Jeans von gestern Abend auf dem Boden. Eva hatte sie dorthin geschleudert , nachdem sie sie von Ulis Beinen geschoben hatte. Jeremy würde sie sicher wiedererkennen, denn er hatte sie immer gern an Uli gesehen. 

Und so ist es - Jeremy lässt den Schreibtisch links liegen und beugt sich herunter, um die Hose aufzuheben. Als er bemerkt, um welche Jeans es sich handelt, flucht er laut. 

„Wo bist du?“ brüllt er laut und macht einen Schritt ins angrenzende Schlafzimmer. Dort erblickt er Ulis schwarze Haare inmitten der Kissen und reißt kurzerhand mit einem unartikulierten Brüllen die Bettdecke vom Bett. Reflexartig setzt Uli sich auf und zieht eines der Kissen vor ihren bloßen Körper, sie presst es an sich und krallt ihre Finger hinein. Ihr Atem geht stoßweise. 

Er beugt sich dicht über Uli, sie riecht seinen Atem - er musste wieder ein paar Bier über den Durst getrunken haben.
„Hier bist du also“, schreit er sie an, „Na, habt ihr es wieder miteinander getrieben? Hat sie dich wieder zu ihrer Hure gemacht?“

In diesem Augenblick explodiert etwas in Uli. Sämtlicher Respekt oder gar Furcht, die sie jemals vor diesem cholerischen und nicht ganz nüchternen Mann empfunden hatte, ist wie weggeblasen. Mit der rechten Hand verpasst sie ihm eine Schelle, die einen roten Abdruck auf der Wange des Mannes hinterlässt, den sie vor sieben Jahren geheiratet hatte. Dann lässt sie das Kissen los und schubst ihn mit beiden Händen von sich weg. Jeremy ist von der Reaktion so überrascht, dass er einen Schritt nach hinten, weg vom Bett, machen muss, um nicht umzufallen. Uli nutzt den Moment um aufzustehen und sich das dünne Leintuch um den nackten Körper zu wickeln, das noch auf dem Bett gelegen hat. 

„Jeremy“, setzt sie an, in einem fast versöhnlichen Tonfall. „Hör mir jetzt mal ganz genau zu.“ Weiter kommt sie nicht, denn Jeremy hat seine Fassung scheinbar wieder gewonnen und packt sie an den Schultern. Mit vor Zorn noch immer rotem Gesicht und funkelnden Augen fixiert er sie. „Nein, meine Liebe, jetzt hörst DU mir mal zu“, erwidert er, die Stimme bebend vor Wut.

Aufgrund ihres hitzigen Gefechts entgeht den beiden, dass sich die Tür zur Suite 412 öffnet. Eva de Vries betritt leise den Raum. Den Servierwagen, auf dem ein Frühstück drapiert war, mit dem sie Uli eigentlich hatte überraschen wollen, lässt sie vor der Tür stehen. Schon im Flur hatte sie gehört, dass sich zwei Menschen in ihrer Suite stritten - die Türen waren offensichtlich nicht so schalldicht, wie Eva gedacht hatte. Mit dem Handy und der Schlüsselkarte in der Hand betritt sie den Raum und schließt die Tür fast lautlos hinter sich. Auf leisen Sohlen durchquert sie den Wohnbereich, bis sie sehen kann, was in ihrem Schlafzimmer gerade vor sich geht. Beim Anblick von Uli, die in ein Leinentuch gewickelt vor ihrem keifenden Noch-Ehemann steht und ihn anschreit, durchfährt sie eine heiße Welle des Zorns. Er wagte es, in ihre Suite einzubrechen und die Frau zu bedrohen, die sich von ihm getrennt hatte, die Frau, mit der sie, Eva, nun zusammen war und die sie liebte. 

Als Jeremy Uli mit „meine Liebe“ anspricht, räuspert Eva sich einen Tick zu laut. Ihre anschließenden Worte gleiten durch den Raum wie eine eiskalte Klinge. „Am besten hören Sie mir jetzt zu, Herr Turner. Und zwar GANZ genau.“

Jeremy fährt herum. „Ich empfehle Ihnen, schleunigst dieses Zimmer zu verlassen, wenn Sie neben der Anzeige wegen Hausfriedensbruchs nicht auch noch eine wegen Belästigung und versuchter Körperverletzung am Hals haben möchten.“ 

Jeremy lacht nur abfällig. „Du willst MICH anzeigen? Ausgerechnet du? Die du mit deiner Angestellten ins Bett gehst?“ An dieser Stelle zuckt Eva unmerklich zusammen, etwas, das Jeremy jedoch nicht entgeht. „Da staunst du, was?“ fährt er fort, die Stimme triefend vor Genugtuung. „Was meinst du wohl, was dein Chef in Berlin dazu sagt, wenn er davon erfährt, dass du zum zweiten Mal mit einer Angestellten was anfängst? Dieses Mal wird wohl eine Versetzung nicht genug sein, schätze ich…“

Uli, die noch immer wie versteinert wirkt, verfolgt den Wortwechsel mit wachsendem Entsetzen. Jetzt passierte gerade das, was sie immer hatten vermeiden wollen. Sie waren erpressbar geworden.

Ein Teil von ihr schrie danach, Jeremy zu fragen, was er als Gegenleistung für sein Schweigen haben wollte - keinesfalls würde sie es ertragen, wenn Eva aus dem Mondial versetzt oder gar gekündigt würde, nur weil er Evas Chefetage darüber informieren würde. Eher würde sie selbst ihren Job an den Nagel hängen und sich etwas neues suchen.
Der andere Teil in ihr wollte partout nicht nachgeben. Wollte sich nicht erpressen lassen - nicht mit so etwas. Was war denn dabei, wenn zwei Menschen, die sich liebten, zueinander fanden und ein Paar waren? Weder hatte sie das Verhältnis zu Eva ausgenutzt, um irgendwelche Vorteile zu erhalten, noch hatte Eva sie in irgendeiner Form unter Druck gesetzt, um bestimmte Dinge in der Hotelküche durchzusetzen. Sie hatten drüber gesprochen, und vereinbart, privates und berufliches so gut wie möglich zu trennen.

Während all diese Gedanken durch ihren Kopf schießen, kommt aus ihrem Mund noch immer kein Ton. Sie starrt wie gebannt und hilflos auf die Szene vor sich. Doch Eva lässt sich nicht einschüchtern. Im Gegenteil. Sie macht einen Schritt auf Jeremy zu, dank ihrer Highheels ist sie ein paar Zentimeter größer als er. Von oben herab blickt sie ihn an, blickt in sein zorniges Gesicht mit der Ader, die an seiner rechten Schläfe pulsiert.

Sie beugt sich hinüber und sagt so leise, dass Uli sich anstrengen muss, es zu hören: „An Ihrer Stelle wäre ich jetzt ganz vorsichtig, Herr Turner. Ich habe Beweise dafür, dass Sie ihre Ehefrau körperlich angegriffen haben und dafür, dass Sie sich an der Trinkgeldkasse des Housekeepings bedient haben. Beides nicht unbedingt Voraussetzungen, unter denen ein Familiengericht im Falle eines Sorgerechtsstreits für Sie entscheiden würde, nicht wahr?“

Evas Stimme ist so frostig, dass selbst Uli ein Schauer über den Rücken rinnt. Ivy liebte ihren Papa, und Uli weiß, dass er sie genauso innig liebt. Ein fehlendes Sorgerecht oder gar ein Besuchsverbot würden ihn fertig machen. Sie hofft, dass er sich durch Evas Drohung so weit eingeschüchtert fühlte, dass er von seinem Vorhaben absehen würde - Uli will nicht, dass Ivy ihren Vater verliert. Er hatte sich immer um sie gekümmert, war ein guter Papa gewesen. Ivy brauchte ihn genauso, wie er sie brauchte. 

 

Jeremys Atem geht unterdessen schneller. „Das wagst du nicht“, entfährt es ihm, doch Eva lächelt nur kalt. „Da wäre ich mir nicht ganz so sicher, Herr Turner. Ich mag zwar keine juristischen Kompetenzen haben, aber ich kenne dafür einige der besten Familienrechtskanzleien in Berlin. Und ich bin nur allzu gerne bereit, meine Kontakte dorthin spielen zu lassen, um Ihnen das Sorgerecht für Ihre Tochter zu entziehen.“ 

Nach einem langen Moment des Schweigens, der Uli vorkommt wie eine Ewigkeit, dreht Jeremy sich schließlich mit einem letzten verächtlichen Blick zu ihr um und verlässt kurz darauf wortlos den Raum. Eva weiß genauso gut wie Uli, dass diese Sache noch nicht ausgestanden war - aber fürs Erste hatten sie Zeit gewonnen.

Sobald Jeremy die Suite verlassen hat, macht Eva einen Schritt auf Uli zu und nimmt sie fest in die Arme. Sie drückt ihre Lippen an Ulis Schläfe und ohne ein Wort zu sagen, umschlingt diese ihre Partnerin mit beiden Armen und so stehen die beiden eine Zeit lang einfach nur da. Hören den Herzschlag der anderen und lassen das soeben Geschehene vorbeiziehen. 

 

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