Le Mondial

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Le Mondial
Note
Die Rechte an den Figuren dieser Geschichte liegen beim ZDF und der Neuen Deutschen Filmgesellschaft. Die Geschichte bzw. die Handlungen sind mein Eigentum.
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Kapitel 13

Hotel Mondial, Zimmer 412

 

Sanft fällt das Sonnenlicht durch den Spalt der dunkelblauen Vorhänge in Zimmer 412. Obwohl alle Fenster gekippt sind, dringt von draußen kein Laut ins Zimmer - die Stadt schläft an diesem Sonntagmorgen noch.

In der Suite hingegen regt sich eine der beiden Frauen, die eng umschlungen auf dem großen Doppelbett liegen.

 

Eva ist dank ihrer inneren Uhr - sie war eigentlich nie in der Lage, wirklich lange zu schlafen - schon wach. Im ersten Moment weiß sie nicht genau, wo sie sich befindet - dann fällt ihr alles wieder ein.

Der gestrige Tag mit Uli, die Geschehnisse des vergangenen Abends. Sie spürt den Arm, der sie festhält, und hört den ruhigen Atem der tief schlafenden Frau neben sich. Der Frau, die sie von Beginn ihrer Zeit im Mondial an völlig aus dem Konzept gebracht hat. 

 

Uli. 

 

Eva zieht sie enger an sich, schließt nochmal kurz die Augen und genießt einfach nur den Moment - dass sie hier in ihrem Zimmer in den Armen von Uli liegt. 

Wie lange und wie sehr hat sie sich genau das gewünscht? 

 

Es ist nicht so, dass sie mit Zoe nicht glücklich gewesen wäre - aber das hier, mit Uli, ist anders. 
Sie erinnert sich daran, dass es ihr gefallen war, sich von Zoe zu trennen - aber es hatte keine andere Möglichkeit gegeben. Nachdem man ihr Fehlverhalten in Form von Machtmissbrauch und emotionaler Abhängigkeit vorgeworfen hatte, war die Trennung von Zoe und das Verlassen von Berlin die einzig richtige Entscheidung gewesen. 

Im Rückblick muss sie sich aber auch eingestehen, dass sie Zoe zwar sehr gemocht, ja geliebt hatte, aber die Gefühle ihr gegenüber waren kein Vergleich zu dem, was sie empfand, wenn sie mit Uli zusammen war.

Wie viel war passiert, in den letzten Monaten?

Sie erinnert sich noch gut daran, was sie gedacht hatte, als man ihr mitgeteilt hatte, dass sie ein Hotel in Schwerin übernehmen sollte. Die kleine Stadt mitten im Nirgendwo von Mecklenburg-Vorpommern. Entsetzt war sie gewesen. Sie, die Großstadtpflanze, in der Provinz? 

Dann aber hatte sie Gefallen an der Stadt gefunden, auch am Mondial und, wenn auch nach anfänglichen Startschwierigkeiten, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hotels. Mittlerweile sind sie ein eingespieltes Team geworden.

Die einzige Mitarbeiterin, die ihr von Anfang an schlaflose Nächte bereitet hatte, war Uli gewesen. Schon bei ihrer ersten Begegnung - Eva muss beim Gedanken an den verbalen Schlagabtausch im Frühstücksraum lächeln - war ihr klar geworden, dass ein professioneller Umgang mit der Foodchefin des Mondial nicht einfach werden würde. 

Bis zu dem Zeitpunkt hatte sie Uli Kersting noch nicht persönlich gekannt, und war umso überraschter gewesen, als die Frau mit den langen Beinen, den schwarzen Haaren und dem Gesicht mit den markanten Zügen ihr erklärt hatte, wie unverständlich es war, dass jemand ihr Frühstücksbuffet verschmähte. Eva hatte sie auf Anhieb attraktiv gefunden.

Unmittelbar nach dieser ‘Konversation’ hatten sie eine Dienstbesprechung gehabt, und Eva hatte die professionelle Seite ihrer Chefköchin kennengelernt. Gleichzeitig aber war ihr bewusst geworden, dass sie sich von ihr angezogen fühlte. In den darauffolgenden Wochen hatte sie versucht, den Kontakt auf das rein berufliche zu beschränken - aber bemerkt, dass sie unbewusst immer wieder versuchte, Uli ‘zufällig’ über den Weg zu laufen. 

Wie oft hatte sie im Gang vor der Küche gestanden und getan, als würde sie mit jemandem telefonieren? Sicherlich hatten sich die ersten Kolleginnen und Kollegen in der Küche darüber gewundert. Schließlich konnte man Telefonate auch in jedem anderen Raum des Hotels führen - und außerdem hatte Eva de Vries als Hotelchefin auch ein sehr großzügiges und hervorragend ausgestattetes Büro mit sämtlichen technischen Spielereien, die man so brauchte.

Ob das Uli wohl auch aufgefallen war? Eva überlegt. ‘Wahrscheinlich nicht’, denkt sie. ‘Schließlich konnte sie mich eigentlich überhaupt nicht leiden…’

Irgendwann hatte dann Evas ständige Anspannung, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie ihre Foodchefin mochte, dazu geführt, dass sie sich in der Zusammenarbeit mit ihr nicht gerade ausgezeichnet hatte. 
Ständig hatten sie wegen Kleinigkeiten gestritten, denn Uli war, was das anging, nicht gerade mit einer Engelsgeduld ausgestattet. Wenn ihr etwas nicht passte, kommunizierte sie das, und zwar genau so, wie sie es gerade dachte.

Und dann war die Situation eines Tages in der Hotelküche eskaliert.

Vor Evas innerem Auge läuft der Film ab - sie erinnert sich so klar daran, als wäre es eben erst passiert. Wie sie in die Küche kommt und Uli anschnauzt, was denn eigentlich Ulis ‘scheiß Problem’ sei und deren vollkommen unerwartete Antwort, dass sie, Eva, das Problem sei. Und dann hatte Uli sie geküsst.

Sie selbst war in dem Moment viel zu aufgelöst und erschrocken gewesen, um angemessen zu reagieren - stattdessen war sie ohne ein Wort zu verlieren aus der Küche gestürmt.

 

Und jetzt? Evas Gedanken finden den Weg zurück in die Gegenwart, in ihr Zimmer. Ihr Bett, in dem sie gerade mit der Frau liegt, über die sie die letzten Minuten sinniert hatte.
Sie lächelt und denkt zurück an die vergangene Nacht - sofort wird ihr warm und sie muss sich zusammenreißen, nicht direkt wieder über die schwarzhaarige Frau, die noch immer tief und fest schläft, herzufallen.

Plötzlich klopft es an ihrer Zimmertür. Laut. Fordernd.

Eva zuckt zusammen und setzt sich reflexartig auf, Ulis Arm rutscht von ihrem Oberkörper und landet auf der Bettdecke. Ihr Puls beschleunigt sich und sie schaut auf die Uhr - gerade einmal viertel nach acht an einem Sonntagmorgen. Wer sollte das sein?

Es wussten schließlich nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Mondial, in welchem Zimmer ihre Chefin residierte, das waren zwar eine ganze Menge Menschen, aber die würden sich hüten, sie an einem Sonntagmorgen durch persönliches Erscheinen zu belästigen. Es sei denn, es wäre wirklich etwas Furchtbares passiert - aber selbst dann, überlegt Eva, würden sie wahrscheinlich eher drei Mal anrufen und dann, wenn sie nicht erreichbar war, nochmal überlegen, um dann - eventuell und nur vielleicht -  an ihre Tür zu klopfen.

Um sicher zu gehen, kontrolliert Eva nochmal ihr iPhone - keine entgangenen Anrufe und auch keine Nachrichten oder Emails.

Was sollte also diese Klopferei an ihrer Tür?
Gerade als sie denkt, dass es vielleicht ein Kind von Hotelgästen war, das sich einen Scherz erlaubt hat, klopft es erneut. Diesmal so laut und heftig, dass Eva sich sicher ist, dass dieses Klopfen nicht von einem Kind stammen kann.

 

In diesem Moment hört sie ein leises “Guten Morgen” neben sich. Uli war anscheinend durch Evas Bewegungen und den Krach aufgewacht.

Eva dreht sich zu ihr und lächelt. “Auch dir einen guten Morgen!”

“Wer poltert denn da draußen im Flur rum?”, fragt Uli und setzt sich auf. 

Evas Blick fällt auf ihre bloßen Schultern. Für einen kurzen Moment driften ihre Gedanken ab und sie ist wieder beim gestrigen Abend. Ulis Haut unter ihren Lippen. Ihre Hände auf ihrem Körper. Ihr Herz schlägt schneller und sie spürt, wie ihr die Röte ins Gesicht steigt.

Doch dann holt sie ein erneutes Klopfen und etwas, das klingt wie ein Fluch, der durch die Tür dringt, wieder zurück in die Wirklichkeit.

 

Uli schaut sie verwirrt an und Eva würde am liebsten aufstehen und die Person, die da vor ihrer Tür einen solchen Lärm macht und ihnen Zeit stiehlt, zum Teufel schicken.

“Ich weiß es nicht. Ich glaub aber, dass ich mal nachschauen muss, bevor der Jemand mit die Tür zertrümmert.”

“Ja, du hast recht…”, antwortet Uli, noch immer ein bisschen verschlafen. Doch dann, von einer auf die andere Sekunde, ist sie hellwach. “Shit! Was ist wenn das jemand vom Team ist? Ich muss hier weg!”

“Du kannst aber jetzt nur schwer weg”, antwortet Eva leise.

“Dann versteck ich mich im Bad, gib mir eine Minute!”, flüstert Uli hektisch und hüpft aus dem Bett, sucht in Windeseile ihre Klamotten und Schuhe zusammen, die am Abend zuvor achtlos auf dem Boden gelandet sind, schnappt sich ihre Handtasche und verschwindet ins Bad. All das passiert völlig lautlos.
Sie zieht die Badezimmertür zu und verriegelt diese, eine Geste, die Eva im ersten Moment verwundert, für die sie später aber noch dankbar sein sollte.

 

Unterdessen zieht sich Eva einen der weißen Bademäntel über, den sie in einem Anfall von - ja was denn eigentlich? Vorhersehung? - nicht im Bad, sondern im Kleiderschrank der Suite deponiert hatte. Schließlich konnte sie demjenigen, der mit aller Vehemenz um das Öffnen der Tür bat, nicht nackt entgegentreten.
An der Tür angekommen meldet sich ihr Bauchgefühl. Irgendetwas sagt ihr, dass es keine wirklich gute Idee ist, die Tür einfach so zu öffnen, daher fragt sie in einem herrischem Tonfall: “Ja bitte?”

Sie legt all ihre Frustration und Genervtheit samt ihrer Autorität in diese Frage.
Statt einer Antwort trommelt die Person auf der anderen Seite der Tür nur noch heftiger mit den Fäusten auf das Holz.

 

In diesem Moment durchzuckt es Eva wie ein Blitz. Sie weiß, wer da auf der anderen Seite der Tür steht.
Eine Sekunde später und nach einem Blick durch den Türspion wird ihr Verdacht bestätigt.

Dort steht Jeremy, Ulis Noch-Eheman. 

Schlecht sieht er aus, fettige und zerzause Haare, eine zerrissene Jeans und ausgelatschte Schuhe. Seine Augen sind blutunterlaufen und die Augenringe mehr als deutlich. So kennt sie ihn normalerweise nicht. 

“Mach die Tür auf, du blöde Schlampe”, schimpft, ja schreit er geradezu. Er ist so laut, dass Eva ihn trotz Massivholz so gut versteht, als stünde er neben ihr.

An seiner Aussprache erkennt sie, dass er entweder Alkohol getrunken oder irgendwelche Drogen intus hat, er lallt ein bisschen.

Eva überlegt. Was soll sie tun? Die Tür zu lassen, den Sicherheitsdienst rufen und ihn aus dem Hotel werfen lassen? Das würde sicher keinen guten Eindruck bei den restlichen Gästen machen - sofern die nicht sowieso alle schon längst durch sein Gepolter und die Schreierei aufgeweckt worden waren.
E
va trifft ihre Entscheidung und fragt ihn in geringerer Lautstärke, aber dennoch deutlich, was er will. Sie will nicht, dass Uli, die wahrscheinlich sowieso jedes Wort im Bad mitbekommt, noch mehr erschreckt, wenn sie hört, dass Eva den Vater ihrer Tochter anbrüllt - obwohl sie das nur zu gerne täte. 

“Was ich will? Ich will dass du diese scheiß Tür aufmachst! Ich weiß, dass sie da drin ist!”

“So lange Sie in diesem Zustand sind, werde ich sicherlich alles tun, aber nicht die Tür öffnen! Ich rufe jetzt den Sicherheitsdienst, entweder Sie verschwinden jetzt schleunigst und werden wieder nüchtern, oder der Kollege von der Security nimmt Sie mit und dann können Sie sich wegen versuchter Körperverletzung an Ihrer Ehefrau verantworten.”

Für einen kurzen Moment hat sie ihn mit dieser Frage aus dem Konzept gebracht. Doch er sammelt sich sofort wieder. “Körperverletzung? Dass ich nicht lache…naja was soll’s, gut, dass ich ja auch noch einen Generalschlüssel habe”, schreit er und beginnt, umständlich in der hinteren Tasche seiner Jeans herum zu kramen.

Daran hatte Eva nicht gedacht - Jeremy ist ja noch immer offiziell Chef des Housekeepings und hätte seine Schlüssel erst am kommenden Montag abgeben müssen, wenn er seine fristlose Kündigung bei ihr abgeholt hätte.
Sie beginnt in aller Hektik zu überlegen, was sie tun soll - ihn reinlassen und dann ausknocken? Nein, das kam nicht in Frage. So löst sie keine Konflikte. Normalerweise würde sie versuchen, mit ihm zu reden - aber in dem Zustand, in dem er war, kommt ihr das ziemlich aussichtslos vor. Noch bevor sie zu Ende denken kann, hört sie, wie das elektronische Türschloss klickt und sieht, dass der Griff nach unten geht.

Sie macht einen Schritt zurück und wappnet sich. Einen Augenblick später steht ein vor Wut schäumender und deutlich nach Alkohol riechender Jeremy vor ihr und brüllt sie an. 

“Wo ist meine Frau? Was hast du ihr geboten, dass sie mit dir in die Kiste springt, na? Hast ihr versprochen, dass du ihre Kündigung rückgängig machst und sie ihren Job behalten kann? Oder Geld? Freiwillig würde die doch mit sowas wie dir nie ins Bett gehen…”

Noch bevor er seine Beschimpfung fertig ausformulieren kann, legt sich in Evas Kopf ein Schalter um - in ihrem linken Ohr beginnt es zu pfeifen (ein sicheres Indiz dafür, dass sie kurz davor ist, die Fassung zu verlieren) und eine Sekunde später verpasst sie Jeremy wortlos eine schallende Ohrfeige. In dem kurzen Moment, in dem Jeremy erschrocken ist, drückt sie schnell die Zimmertür zu und wendet sich dann wieder dem Mann zu, der in ihrer Suite steht.

“Was fällt dir ein, du mieser kleiner Drecksack”, zischt Eva ihn an, sie ist mittlerweile unbewusst zum ‘Du’ übergegangen.

“Was denkst du eigentlich, wer du bist, du erbärmliches kleines Würstchen?” 

In Anbetracht der Tatsache, dass Jeremy immerhin fast einen Kopf größer ist als sie und ihr außerdem körperlich deutlich überlegen, bereut sie diesen letzten Satz fast augenblicklich und wundert sich über ihr Verhalten.

Jeremy geht es nicht anders - auch er hat mit einer solchen Reaktion Evas wohl nicht gerechnet und ist von der Kraft der Ohrfeige so überrascht, dass er kurz das Gleichgewicht verliert. Nach einem Moment jedoch gewinnt er seine Fassung wieder, packt Eva beim Kragen des Morgenmantels und presst sie mit Gewalt gegen die mittlerweile geschlossene Zimmertür. 

Schmerzhaft drückt sich der Griff in ihre Wirbelsäule und sie muss sich zwingen, nicht laut aufzuschreien. 



Währenddessen kauert Uli im Bad, mit dem Rücken zur Tür, und versucht durch die Tür und die Ritze am Boden aufzuschnappen, was in der Suite passiert. 

In ihrem Kopf rasen die Gedanken durcheinander. Sie macht sich furchtbare Sorgen um Eva, hat Angst, dass Jeremy ihr etwas antut, ja sich an ihr vergeht, und kocht gleichzeitig vor Zorn. Sie muss sich zusammenreißen, nicht direkt aus dem Bad zu stürmen und ihn anzuschreien; doch ihr Verstand gewinnt die Überhand und sie versucht, einen Plan zu fassen - welche Möglichkeiten hat sie?

Sie kann entweder das Bad aufschließen und sich dem Konflikt stellen (damit hätte sie dann zumindest Eva aus der Situation befreit), allerdings weiß sie - besser als jeder andere - wie Jeremy werden konnte, wenn er einerseits betrunken (und sie war sich mehr als sicher, dass genau das der Fall war) und andererseits wütend war, eine Situation, die nicht zu unterschätzen war.

Anderenfalls konnte sie mit ihrem Handy Eddy, den Sicherheitschef,anrufen und ihn bitten, zur Suite 412 zu kommen - dort gäbe es einen Zwischenfall. Allerdings würde das bedeuten, dass dann Fragen gestellt werden würden - zum Beispiel, woher sie als Chefköchin davon wusste, dass ihr Mann an einem Sonntagmorgen im Zimmer der Hotelchefin randalierte, und warum er überhaupt dort war. 

Diese Möglichkeit scheidet also aus - Uli überlegt fieberhaft weiter. 

Dann fasst sie einen Entschluss. Während sie noch immer hört, dass Jeremy Eva wüste Beschimpfungen an den Kopf wirft und beginnt, das Zimmer zu demolieren, zieht sie sich an. Es hört sich gerade so an, als ob er mit den Fäusten auf das Sideboard einschlägt, auf dem die Kaffeemaschine steht, als Uli ihre Haare notdürftig im Badezimmerspiegel richtet und dann so leise wie möglich den Schlüssel umdreht. 

Kochend vor Zorn reißt sie die Badezimmertür auf, durchquert mit ein paar großen Schritten das Zimmer und einen Augenblick später trifft die Innenseite ihrer rechten Hand mit einem lauten Klatschen die eben selbige Wange eines völlig verdattert wirkenden Jeremy.

“Sag mal hast du sie eigentlich noch alle? Was fällt dir ein, hierher zu kommen und zu randalieren? Bist du jetzt völlig übergeschnappt?”

Jeremy hat sich nach dem Schreck der völlig aus dem Nichts kommenden Ohrfeige erholt und beginnt erneut, wie ein Irrer zu lachen. “Ich soll übergeschnappt sein? Na das sagt ja die Richtige! Wer von uns hat denn mit der Hotelchefin gevögelt?”

Uli schnaubt nur verärgert. Sie hasst dieses Wort, ‘vögeln’. Das hindert sie aber nicht daran, Jeremy im nächsten Moment eine erneute, diesmal aber rein verbale, Ohrfeige zu verpassen.
“Und wer von uns ‘vögelt’ seit Wochen mit einer Anderen, während er seine Ehefrau um Geld bittet, um mit der gemeinsamen Tochter was zu unternehmen?”

Jeremy schaut sie irrritiert an und ist für einen Moment verstummt.

 

“Ja jetzt schaust du blöd, was? Glaubst du, ich bin so dumm und merk das nicht? Bei der Menge an Überstunden, die du angeblich seit Monaten machst, hättest du ja eigentlich genug Geld, um mit unserer Tochter in sämtliche Hochseilgärten und Zoos von ganz Meck-Pomm zu gehen, ohne dass du bei mir Geld schnorren musst, oder?”

Er ist anscheinend noch immer von Ulis Reaktion und von der Tatsache, dass sie von seiner Affäre weiß, so erstaunt, dass er keinen Widerstand leistet, als Uli ihn an seiner Jacke packt und festhält.

“Und jetzt hörst du mir mal gut zu. Du wirst jetzt diese Suite verlassen, ganz ruhig und ordentlich das Mondial verlassen und in meine Wohnung gehen. Dort packst du dann die Sachen, die du unbedingt brauchst, lässt den Wohnungsschlüssel im Flur auf dem Schrank liegen und verschwindest. Deinen restlichen Kram lasse ich dir zukommen. Und wenn du auch nur noch einmal hier auftauchst oder Eva auch nur ein Härchen krümmst, wirst du mich kennenlernen, mein Lieber, das verspreche ich dir.” 

All diese Sätze hat Uli in einem gefährlich ruhigen Tonfall gesagt, einem Tonfall, den Eva, die den ganzen Wortwechsel still aus der Ecke der Suite mitverfolgt hatte, noch nie bei ihr gehört hatte. So kalt und gleichzeitig wütend hatte sie Uli noch nie erlebt. 
Jeremy, offensichtlich schlagartig wieder nüchtern, wirkt regelrecht verängstigt. Er nickt nur wortlos und verschwindet.

 

Als Eva die Tür hinter ihm schließt, sieht sie, dass Uli um die Fassung ringt. Sie nimmt sie wortlos in die Arme und streichelt ihr beruhigend den Rücken, während Uli Tränen über das Gesicht rinnen.




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