Le Mondial

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Le Mondial
Note
Die Rechte an den Figuren dieser Geschichte liegen beim ZDF und der Neuen Deutschen Filmgesellschaft. Die Geschichte bzw. die Handlungen sind mein Eigentum.
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Kapitel 2

Draußen wird es langsam hell und die ersten Vögel beginnen zu zwitschern, als Uli ein letztes Mal einen Kontrollgang durch ihre Küche samt Kühlhaus macht, während Eva sich die Hände wäscht und ihre mittlerweile ziemlich dreckige Schürze in die Waschküche bringt.

Als sie zurückkommt, sieht sie Uli im Türrahmen stehen und nachdenklich auf die Mikrowelle starren. Sie macht von hinten ein paar Schritte auf sie zu und stellt sie neben sie.

„Hab‘ ich was vergessen? Ist irgendwo noch irgendwas zu putzen, was ich übersehen habe?“, fragt sie leise.

Uli schüttelt den Kopf. „Nein, nein, du hast deinen ersten Küchendienst mit Bravour gemeistert! Ich war nur kurz mit dem Kopf woanders…“

‚Das passiert dir heute ganz schön häufig…‘, denkt Eva, stellt sich dicht neben sie und legt den rechten Arm um Ulis Schultern.
Sie rechnet fest damit, dass Uli ihren Arm abschüttelt und aus der Küche flüchtet - doch nichts dergleichen passiert.

Uli weiß selber nicht, was sie dazu bewogen hat, Evas Hand zu nehmen - aber jetzt, wo sie diese warme Hand in ihrer spürt, will sie sie nicht mehr loslassen. Sie lässt ihren Kopf an Evas Schulter sinken und spürt, wie Eva für einen kurzen Moment ganz steif wird, sich dann aber wieder fängt und normal weiter atmet.

Wenn jemand jetzt von draußen herein schauen würde, sähe er zwei Gestalten, unbewegt, die sich gegenseitig Halt geben und wie zwei Statuen im Türrahmen stehen. Doch es kommt niemand.
Sie stehen einfach nur da und nehmen wortlos die Gegenwart der jeweils Anderen in sich auf. Irgendwann beginnt Uli, mit ihrem linken Daumen Evas Handrücken zu streicheln, ganz sachte, so als ob sie ausprobieren möchte, ob das für Eva angenehm ist.

Diese schließt die Augen und summt ganz leise, so leise, dass es Uli nur hören kann, weil ihr linkes Ohr in der Nähe von Evas Brustkorb ist. Uli lächelt.

Keine der beiden Frauen könnte hinterher sagen, wie lange sie so da gestanden haben - es können ein paar Minuten oder auch eine Stunde gewesen sein. Uli hat die Augen geschlossen und genießt das Gefühl, sich an Evas Schulter lehnen zu können. Sie spürt Evas langsame Atemzüge und wenn sie ganz genau hinhört, kann sie sogar das Klopfen ihres Herzens hören.

„Komm, lass uns noch kurz an den See gehen. Ich mag die Stimmung früh morgens so gerne“, flüstert ihr Eva irgendwann ins Ohr.

Uli grummelt leise, hebt dann widerwillig den Kopf von Evas Schulter und blinzelt sie an.

„Na gut. Aber nur weil du so brav geschrubbt hast“, sagt sie belustigt.

Eva lässt ihre Hand von Ulis Schulter gleiten und will sich gerade umdrehen, als sie Ulis Hand in ihrer spürt.

Sie lächelt.

Ihre Finger verschränken sich ineinander und so machen sich die beiden auf den Weg, raus aus den Katakomben des Hotels und treten nach wenigen Minuten durch den Personaleingang nach draußen.

Die Luft ist frisch und kühl. Niemand ist unterwegs, als die beiden um das Hotel herumgehen, noch immer Hand in Hand, und schließlich auf der Wiese am See ankommen. Im Osten färbt sich der Himmel langsam zartrosa.
Uli betrachtet Eva von der Seite, die mit einem zufriedenen Lächeln auf das glitzernde Wasser schaut.

„Weißt du jetzt, warum ich diese Stimmung so früh morgens so gerne mag?“, murmelt Eva leise, ohne ihren Blick vom Wasser zu lösen.

„Ja“, antwortet Uli genauso leise und lächelt. „Auch wenn ich wahrscheinlich nie so eine Frühaufsteherin sein werde, wie du.“

Dann umfasst sie plötzlich mit beiden Armen Evas Schultern und beginnt, sich im Takt einer unhörbaren Musik hin und her zu wiegen.

„Was wird das denn?“, fragt Eva verwirrt und lässt sich von Uli mitziehen.

„Wenn ich übermüdet bin, muss ich tanzen“, sagt Uli lachend. „Und weil du wahrscheinlich genau so müde bist wie ich, musst du jetzt mit mir tanzen. So einfach ist das.“

„Ist das so?“, fragt Eva und muss jetzt ebenfalls lachen.
Und so tanzen die beiden irgendwann eine wilde Mischung aus Discofox und Rumba über die vom Tau feuchte Wiese, bis sie irgendwann außer Atem ins Gras fallen.

„Das hat tatsächlich gut getan“, keucht Eva. „Das sollten wir etablieren.“

‚Wir? Hat sie gerade WIR gesagt?‘

„Ja, ‚sie‘ hat gerade ‚wir‘ gesagt“, antwortet Eva leise.

Uli erstarrt und verdeckt ihr Gesicht mit ihren Händen.

„Shit, hab‘ ich das gerade laut gesagt?“

„Ja, hast du. Wolltest du das etwa nicht?“, fragt Eva grinsend.

„Äh. Nein. Eigentlich nicht…“, stottert Uli. Sie, Ulrike Kersting, Sterneköchin und Foodchefin mit 20 Jahren Erfahrung im schroffen Terrain der Gastronomie, STOTTERTE!
Das durfte nicht wahr sein. Innerlich - und diesmal wirklich innerlich - flucht sie. ‚Reiß dich doch mal zusammen, Mensch. Die denkt doch sonst, du bist komplett irre‘.

Uli schüttelt noch einmal den Kopf, hofft, dass die frische Luft ihr übriges tut, ihre Gedanken zu ordnen und nimmt dann ihre Hände von ihrem Gesicht.
Als sie den Kopf dreht, sieht sie Eva mit geschlossenen Augen und dem ersten Licht des kommenden Tages im Gesicht dasitzen. Sie sieht so wunderschön aus. Müde, aber wunderschön.

Uli kann nicht anders als sie anzustarren, will alles in sich aufnehmen, will am liebsten hier bleiben, genau in diesem Moment.
Genau hier. Mit Eva. Am See.

Ihre Hände gleiten achtlos durch das Gras, als sie plötzlich einen harten Gegenstand zwischen ihren Fingern spürt.
Sie wendet den Blick von Evas Gesicht ab, die noch immer mit geschlossenen Augen da sitzt und inspiziert das harte und kalte Ding, das sie in der Wiese ertastet.

Es ist ein hellgrauer, glatter Stein - aber nicht irgendein Stein, sondern einer mit einem Loch in der Mitte. Ein Hühnergott.
Einem solchen Stein wird nachgesagt, dass er Menschen vor bösen Geistern schützen würde. Sie lächelt und umschließt den Stein mit ihrer linken Hand, mit der anderen berührt sie Evas Arm.

Diese öffnet nur ein Auge und schaut Uli fragend an.

„Schau mal. Ich hab hier was für dich“, flüstert Uli leise und öffnet ihre Hand, damit Eva den Stein sehen kann.
„Der soll dich vor bösen Geistern schützen“, erklärt sie weiter und legt in vorsichtig in Evas Hand, die diese ihr hinhält.
„Ich will, dass du vor bösen Geistern geschützt bist“, murmelt Uli, ohne Eva ins Gesicht zu schauen. ‚Und ich will dich auch sonst vor allem Bösen schützen‘, fügt sie in Gedanken hinzu.

Evas Hand umschließt den Stein und lächelt. Sie steht auf und hält Uli ihre andere Hand hin.
„Wir sollten beide noch ein bisschen schlafen, glaube ich. Wir haben ja beide noch einen Tag vor uns“, sagt Eva leise. „Auch wenn ich gerne noch mit dir hier sitzen würde und einfach alles drumherum vergessen würde.“

„Ja, das wäre schön“, seufzt Uli und greift nach Evas Hand.
Diese zieht sie nach oben und kaum, dass Uli wieder auf ihren Beinen steht, in eine Umarmung.
Uli, im ersten Moment überrascht, lässt sich nach einer Sekunde in Evas Arme fallen, drückt ihr Gesicht an Evas Hals und atmet tief ihren Geruch ein. Sie riecht nach einer Mischung aus Parfum und - wenig überraschend - Essen.

Uli lächelt an Evas Hals und umschlingt sie fest.

Auch Eva hat ihre Nase tief in Ulis Nacken vergraben und spürt das Kribbeln im Bauch stärker werden, das Kribbeln, das sie schon gespürt hatte, als Uli sie nach ihrer Auseinandersetzung in der Küche geküsst hatte. Sie schließt die Augen und hofft, dass die Welt nur kurz stehen bleiben wird, genau in diesem Moment.

Aber die Welt tut ihr den Gefallen natürlich nicht und nach einer Weile löst Uli die Arme von Evas Schultern und verabschiedet sich leise.

„Wir sehen uns heute noch, oder?“, fragt Eva.

„Natürlich“, antwortet Uli. „Ich muss nur dringend ein bisschen schlafen. Wir haben heute wieder ein volles Restaurant und auch wenn ich heute Abend nicht arbeiten muss, so hab ich doch noch ein bisschen was zu tun. Und du solltest auch ein bisschen schlafen, Eva. DU hast schließlich noch einen ganzen Arbeitstag vor dir“, fügt sie hinzu.

„Ich weiß. Das werde ich auch. Aber einen ganzen Tag arbeiten werde ich trotzdem nicht - das ist eine der wenigen Freiheiten, die ich als Hotelchefin habe“, sagt diese grinsend.
„Ich würde mich freuen, wenn wir uns heute noch sehen. Aber schlaf dich bitte zuerst ein bisschen aus. Du weißt ja, wo du mich findest.“

Die beiden lächeln sich noch einmal an und dann trennen sich ihre Wege - Uli macht sich auf den Weg zum Fahrradständer und Eva geht langsam und nachdenklich zurück ins Hotel, um sich in ihrem Zimmer noch ein paar Stunden hinzulegen, bevor ihr erster Termin ansteht.

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