Lotusblüte

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Lotusblüte
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Es gab Momente, in denen das Leben vor ihr davonrannte. Gibt es sogar immer noch.Und manchmal waren es nicht nur Momente. Blickt sie zurück, sieht sie ganze Jahre, in denen sie versuchte, ihr Leben wieder einzufangen – nicht, dass sie das damals gewusst hätte. Nein, wie wenig Leben sie hatte, fällt ihr erst jetzt auf, als sie einen freien Moment nur für sich hat.________Oder aber der Versuch, sich die Zeit totzuschlagen, indem man seine alten Fanfiction durchgeht und schaut, welche wie gut gealtert sind.Fertig gestellt 03.08.2010
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Die persönliche Sicht



- TenTen -


Es gab Momente, in denen das Leben vor ihr davonrannte. Gibt es sogar immer noch.

Und manchmal waren es nicht nur Momente. Blickt sie zurück, sieht sie ganze Jahre, in denen sie versuchte, ihr Leben wieder einzufangen – nicht, dass sie das damals gewusst hätte. Nein, wie wenig Leben sie hatte, fällt ihr erst jetzt auf, als sie einen freien Moment nur für sich hat.

Sie hatte noch nie wirklich Zeit für sich gehabt. Ein paar freie Tage vielleicht, in denen sich erholen konnte, aber das war nicht das, was ihrer Meinung nach unter „Zeit für sich“ fällt. Als angehender Shinobi hatte sie es damals nur darauf angelegt, stärker zu werden, nichts anderes war wichtig. Nur Training, Kämpfe und Missionen und so weiter. Sie freute sich damals darauf und danach auch darüber, wenn sie Erfolge erzielen konnte, aber in diesem Moment nur für sich weiß sie, dass es nicht das Wahre gewesen sein kann.

Von allen anderen Mädchen ihres Jahrgangs oder überhaupt in ihrem Umfeld hörte sie von so vielen anderen Sachen, von glänzenden und hell leuchtenden Klamotten, von Körperpflegemitteln  von A bis Z, von Make-up und den kompliziertesten Frisuren mit Unmengen an Nadeln und Klammern. Zu viel auf jeden Fall, als dass sie es bei sich alleine ausprobieren würde, solange sie keine Augen am Hinterkopf hätte. Bisher zumindest. Missionen und all das, was für sie wichtig war, rückten dabei weit in den Hintergrund.

Damals kümmerte sie das ganze Gerede um Aussehen und dergleichen einfach nicht und sie beließ es bei ihrer typischen Frisur, die völlig unkompliziert mit zwei Lederbändern zu machen war und bisher immer den größten Teil aller Kämpfe überstanden hatte. Wegen dieser kleinen einfachen Sache war sie insgeheim so stolz auf sich, dass sie jegliche bissige Kommentare über sich und ihrem Mangel an Interesse an sich selbst mehr als nur problemlos ignorieren konnte. Sie ist immer noch stolz auf sich. Sie hatte es ausprobiert, war von sich aus darauf gekommen – selbst wenn es nur um so etwas wie eine banale Frisur ging – und es hatte sich all die Jahre über bewährt.

Wenn sie bedenkt, wie sehr zwei Mädels aus dem Jahrgang unter ihr, nun zwei wunderschöne Frauen, einen richtigen Aufstand um ihre Haare gemacht hatten, zu lang, zu kurz, zu weich, und das auch noch während der Chu-nin Auswahlprüfung, ist sie froh, dass sie es auf diese einfache Weise hatte vermeiden können, sich ebenfalls solchen Bedeutungslosigkeiten hinzugeben.

Aber hätte sie es gemacht, nur einen einzigen Tag lang, dann hätte sie jenen einen Moment für sich gehabt. Dann wäre ihr das Leben nicht mehr davongerannt und sie hätte nur die Hand ausstrecken müssen. Sie hätte es festhalten können und sie hätte leben, Spaß haben können. Sie bereute keinen einzigen Augenblick in ihrem Leben, nur manchmal wünschte sie sich, sie hätte sich ein wenig bremsen können. Nur ein wenig für solche Momente voller Entspannung, voller glänzender und glitzernder Klamotten und verzweifelter Kämpfe mit ihren Haaren. Vielleicht auch für ein Treffen mit ihren besten Freunden. Ein Essen. Ein Kinobesuch. Ein Spaziergang und dann ein endloses Starren in den dunklen Sternenhimmel. Von ihr aus auch in gerne in pechschwarze Regenwolken. Und am nächsten Morgen ein gemeinsames Frühstück. Wäre das nicht schön gewesen?

Aber jedes Mal, wenn ihr das Leben nicht davonrannte, dann, wenn sie keine Missionen und sie niemanden zum Trainieren hatte und sie selbst nichts mit sich anzufangen wusste, dann kroch es viel zu weit hinter ihr her. Ohne Missionen und Training fehlte ihr etwas in ihrem Leben. Rastlos strich sie durch das Dorf, kam an den Orten, an denen ihre Freunde für gewöhnlich mit ihr waren, mehrmals vorbei. Wer weiß – vielleicht kamen sie ja früher von Missionen zurück oder von was auch immer, dass sie gerade aufhielt. Es geschah nie, aber sie gab auch nie auf. Solange sie danach wieder da waren, war alles in Ordnung. Während dieser Augenblicke der Wiedervereinigung stand die Zeit still. War gleich auf mit ihr, aber stand still. Sie war wieder vollständig, mit ihren zwei anderen Hälften und ihrem gewöhnungsbedürftigen Lehrer. Das machte sie glücklich.

Das war wie sich und seinen Körper mit den süßesten Dürften, wohltuendsten Bädern und pflegendsten Lotionen zu verwöhnen. Ihr Strahlen, wenn sie ihre Familie wieder hatte, machte sie schöner als die viel umworbene Tochter des Inhabers des kleinen Blumenladens im Dorfzentrum. Wahres Glück hat schon immer einen größeren Einfluss auf das Erscheinungsbild eines Menschen gehabt als nur flüchtige Freuden. Aber kaum war der Moment vorbei und sie sich sicher, dass ihnen nichts fehlte, rannte das Leben wieder voran und ließ sie alleine zurück.

Erst jetzt, Jahre später, nachdem sie Shinobi geworden war, bis zur Erschöpfung trainiert und ihre bisherigen Jutsus im Schlaf beherrschte (nicht gerade wenige, wohl gemerkt), sie vollständig perfektioniert hatte, versteht sie. Sie ist wieder gleichauf mit der Zeit, den ganzen Tag schon. Sitzt bereits seit einer Dreiviertelstunde vor dem Spiegel und versucht sich an einer Frisur mit unendlich vielen kleinen Zöpfen, geflochten, hochgesteckt, gedreht und festgenagelt mit unendlichen Haarklammern, die in der Masse ihres braunen Haares untergehen.

Sie macht es nicht für sich. Ihr ist es egal, wie sie aussieht, solange sie in ihren Klamotten kämpfen kann. Sie tut es für ihre Familie. Ihren geliebten Bruder Lee, den sie für heute bat, in alltäglicherer Kleidung zu erscheinen als den grünen, hautengen Ganzkörperanzug. Für ihren ebenso geliebten Vater (oder zumindest näher an einem Vater dran als alle anderen Männer seines Alters, die sie kennt) Gai-sensei, den sie mit der gleichen Bitte wie ihren Bruder einlud.

Und sie tut es für Neji. Er ist kein Bruder für sie, nichtsdestotrotz aber ebenso Familie und genauso geliebt. Vielleicht sogar noch mehr geliebt. Seit dem ersten Moment, in dem das Leben ganz bewusst mit ihr auf einer Linie steht, weiß sie, er ist für sie immer mehr als nur ein Bruder gewesen. Sie hatte schon oft gehört, wie man sie und Neji als Paar bezeichnete, während sie beide ganz bewusst Lees und Gais Verhalten ignorierten oder sich neckende Kommentare als Antworten gaben. Heute versteht sie und deswegen will sie für ihn ganz besonders schön sein. Deswegen hat sie es auf sich genommen, eine Stunde mit ihren Haaren zu kämpfen, sich Make-up und Parfüm zu kaufen, ihr Bad mit Hygieneartikel von großen Namen und Marken zu füllen. Nur für ihn. Und ihre restliche Familie natürlich.

In einer Stunde kommen sie von einer Mission wieder und in drei Stunden sind sie bei ihr. Dieses Mal machte sie sich keine Sorgen um sie. Sie war vor vier Tagen extra zu Hokage-sama gegangen und hatte um eine einfache B- oder A-Mission für die drei Jo-nin gebeten. Auffällig, zumindest für den scharfen Verstand von Neji, aber sie lehnten nicht ab und gingen zu dritt auf die Tage andauernde Mission. Armer Neji, denkt sie, lächelt aber ihr typisches neckendes Lächeln. Er hat es auch ohne sie überlebt. Vielleicht gibt er es nicht gern zu, aber er liebt die beiden sehr. Für ihn sind sie näher an einer Familie, als sein ganzer restlicher Clan es jemals für ihn sein könnte. Und mit seiner Familie hat er sicherlich ein paar Tage alleine überstehen können.

In den drei Stunden, die ihr noch bleiben, zieht sie sich an – oder versucht es zumindest. Keine Auswahl scheint ihr wirklich zu gefallen und trotz ihrer Verzweiflung lacht sie über ihr Verhalten. Ist überglücklich, als sie sich letzten Endes doch noch für ein einfaches Sommerkleid entscheiden kann, das sie mit all den anderen Sachen wie Make-up und Lotionen gekauft hatte.

Weiß, lavendelfarben angehaucht wie Nejis alles sehende Augen, und zwei Lotusblüten, die hier in ihrem Dorf blühen, groß darauf abgebildet. Eine für Lee, eine für Gai.

Sie gefällt sich, findet sich schön wie all die anderen Frauen ihres Alters, die sie so oft im Dorf sieht. Die Blüte der Jugend, wie ihr Sensei sie nennt. Normalerweise tut sie es ab, jetzt denkt sie, es würde sie freuen, wenn er es ihr gleich sagen würde.

Ein Essen. Ein Kinobesuch. Ein Spaziergang und dann ein endloses Starren in den dunklen Sternenhimmel und am nächsten Morgen ein gemeinsames Frühstück. Das ist ihr Plan. Sie alle haben morgen noch frei, vorsichtshalber auch den Tag danach – sie hat gut geplant. Sie ist extra zum Hyouga-Anwesen gegangen und hatte auch den Clanführer gebeten, Neji von seinen familiären Pflichten für den besagten Zeitraum freizusprechen. Wie sie es geschafft hatte, ihn zu überzeugen, wusste sie nicht, aber es zählt für sie auch nur, dass er ihrer Bitte stattgegeben hat.

Alles ist vorbereitet. Sie hatte eigentlich vorgehabt, Essen zu gehen, ganz fein, ganz schick und am liebsten hätte sie auch alles selbst bezahlt, doch egal, wie viel sie von ihrem Lohn gespart hatte, ihr Geldbeutel wollte nach den ganzen anderen Investitionen nicht mehr mitspielen und sie musste zu Hause kochen. Was sich leider fast als schwieriger erwies als die Ausmaße ihrer Geduld, trotz der vielen Zeit, die sie eingeplant hatte. Ging es ums Essen – und damit sind nicht die kleinen Happen gemeint, die es auf Missionen gab und mit denen man sich zufrieden geben musste –, dann ist ihre kleine Familie für ihren Geschmack viel zu wählerisch: Lee und Gai sehen zwar gleich aus und benehmen sich auch so, aber beim Essen trennen sie Welten. Ebenso Neji. Herr Wunderkind und Genie isst Gott sei Dank alles, ist dafür aber umso pingeliger. Die Bohnenpaste soll zwar süß, aber auch nicht zu süß sein, einen leicht herben Hauch haben, wie das auch immer möglich ist. Das eingelegte Gemüse soll salziger sein als normalerweise und Fisch grundsätzlich nur mit Zitrone. Und den ganzen anderen Rest nicht zu vergessen. Es gibt noch viel mehr, was ihr beim Durchstöbern der Kochbücher alles aufgefallen war und sie hatte ewig und drei Tage gebraucht, um das richtige zu finden. Jetzt wartet es nur darauf, fertig von ihr serviert zu werden – vorher muss sie ihre Liebsten nur noch abholen.

Die Planänderung vom Essengehen auf selber Kochen hatte immerhin dann stattgefunden, als ihre Familie auf einer Mission war.


 

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