
Politische Rache
Der Streit hielt nun bereits seit fast einer Stunde an. Jeder machte dem Nächsten Vorwürfe. Die Stimmen wurden stetig lauter und Sevika schlug mit der Faust auf den Marmortisch. Niemand reagierte. Irgendwann stimmten sich die Stimmen gegen Caitlyn und Sevika sprang aus ihrem Sitz.
„Wer ist dafür, dass Kiramman dieses Projekt übernimmt?!“ schrie jemand.
„Was!?“ schrie Caitlyn. Vier Hände schossen zeitgleich hoch. Sevika blickte zu Caitlyn.
Wie eine Guillotine die zuschnappt wurde es mit einem Mal still im Raum.
Caitlyn zog ihre Schultern hoch und atmete sehr tief ein. Hielt die Luft an.
„Somit ist es entschieden, 4 gegen 2. Kiramman übernimmt das neue Waisenheim!“
Caitlyn ließ sich in ihren Sitz zurückfallen. Ihr blieb der Schock noch ins Gesicht geschrieben als die Sitzung aufgehoben wurde einige Zeit später. 2 Köpfe blickten sie böse an, während die anderen 2 ihre Existenz ignorierten.
Sevika blieb zurück bis die große Tür hörbar zuschlug.
„Das…“ begann Sevika leise. „war die endgültige Rache an dir.“
Caitlyn schaffte es nicht zu reagieren.
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Das Lachen im Haus dröhnte bis zur Vordertür und Caitlyn fand nichts mehr fair. Es war nicht fair wie unbeschwert Violet war. Es war nicht fair, dass ihre eigene Laune jetzt Violets Unbeschwertheit zerstören würde.
„Verdammte scheisse.“ Fluchte Caitlyn, den Hausschlüssel in der Hand.
Sie dachte an die Flasche Whisky im Salon. Nein. Alkohol war keine Lösung. Es gab nur eine Lösung; offen reden. Sie musste sich was passiert war von der Seele reden. Verdammt sie fühlte sich wie ein Teenie. Sie wünschte sich sie könnte in dieses Haus stürmen, geradewegs zum Schoss ihrer Mutter und schreien sie sei fertig mit diesem bekloppten Klub und man würde sie da nie wieder sehen.
Leider konnte sie dies nicht. Weder war sie ein Teenie noch war das Konsul-Amt irgendeine Klubaktivität.
Abgesehen davon lebte ihre Mutter nicht mehr und konnte somit ihre Probleme nicht regeln. Sie hätten ihre Mutter niemals so behandelt. Ihre Mutter wäre auch niemals so dumm gewesen Ambessa aus den Händen zu fressen… „Urgssss“ knurrte Caitlyn.
Sie war erwachsen und allein und musste ihre Probleme wie ein Erwachsener angehen. Und wenn trinken und wegrennen vom Tisch waren, blieb nur noch reden und Rat holen.
Sie schloss die Tür auf und betrat den Eingangsbereich, wappnete sich ein Lächeln aufzusetzen.
Sky rannte in den Eingangsbereich „Mama!“ rufend und Violet hinterher „Hey!“ und erstarrte umgehend.
Sky umarmte Caitlyns Beine während Violet besorgt fragte „Was ist passiert Caitlyn? Du siehst unglücklich aus.“
Violet erkannte ihr aufgesetztes Lächeln immer sofort.
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„Das klingt als hätten sie längst geplant dich ins offene Messer laufen zu lassen?“ fluchte Violet. „Ein Projekt gemeinsam mit Zaun? Das klingt zu kompliziert ganz abgesehen davon, dass du mit Sevika zusammenarbeiten musst. Die Frau ist bestimmt nicht gut in… irgendetwas außer vielleicht Glücksspiele und sich prügeln.“
Caitlyn schwieg. Sie hatte lediglich von einem gemeinsamen Projekt gesprochen aber noch nicht, was genau dieses ‚Projekt‘ beinhaltete.
Violet hatte bei Caitlyns schwindendem Lächeln die kleine Sky zum Dienstmädchen gebracht, Caitlyn ins Büro geführt und die Tür hinter sich geschlossen. Das Glas Whisky vor Vi stand unberührt, Caitlyn hatte jedoch bereits das zweite Glas. Okay, man kann auch trinken und erwachsen miteinander reden, stellte Caitlyn fest. Der scharfe Alkohol lockerte ihr die Zunge etwas und sie entspannte sich allmählich.
„Ich glaube nicht, dass Sevika das Größte Problem sein wird. Sie wird jedoch nicht erfreut sein…“
Violet schwieg einen Augenblick, bevor sie schließlich die Frage stellte vor welcher sich Caitlyn so fürchtete.
„Worum solls du dich denn nun eigentlich kümmern?“
Caitlyn schwieg und trank stattdessen einen großen Schluck und überlegte sichtbar, wie sie es sagen soll.
Violets wurde allmählich stutzig. Es war sinnlos es weiter zu verschweigen.
„Ein Waisenheim.“
Violets Blick wechselte von stutzig zu Überraschung.
„Mit der Argumentation ‚sie nehmen ja so gerne Zauniten auf, dann können sie sich auch um den Rest kümmern.‘“ Caitlyn verschwieg Violet lieber, dass sich im Original-Satz noch das Wort ‚Dreck‘ versteckte. Weshalb das eigentliche Geschrei im Raum auch begann und Sevika es für angebracht hielt ihren Maschinenarm bedrohlich zu entblößen.
Der zensierte Satz reichte jedoch aus. Violet hatte den Vorwurf verstanden und ihr Gesicht verzerrte sich umgehend. „Diese…“ knurrte sie wütend.
„Vergiss es Vi.“ winkte Caitlyn ab. „Ich wollte das Projekt vorantreiben, die Diskussionen. Ich dachte nicht… jetzt soll ich ein Gebäude in Piltover finden, für etwa 12 Kinder verschiedenen Alters, aus Piltover wie auch Zaun stammend. Waisen, die im Kampf gegen Ambessa entstanden…“ Caitlyn hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme.
„Beide gemischt? Autsch…“ argumentierte Violet sehr hilfreich.
Caitlyn stand kurz auf und ging zu ihrem Schreibtisch rüber um eine fette Akte zu holen die sie Violet schließlich hinlegte, während sie sich zurück an den Tisch setzte. Violet öffnete zögerlich die Akte. Sie hatte eigentlich keine Freigabe in diese Akten hineinzublicken, was sie auch immer respektierte.
„Sind das?“ begann sie und Caitlyn beendete ihren Satz. „Die 12 Kinder. Ja.“
Violets Gesicht verzog sich immer wieder zu besorgten aber auch überraschten Gesichtsausdrücken. „Okay das wird schwierig.“ Sagte sie und öffnete die Akte wieder am Anfang nach einem kurzen durchblättern. „Du hast einen 11 jährigen Jungen aus Piltover der aus feinster Familie kommt und ein 13 jähriges Mädchen aus Zaun das vom Stehlen lebte und dessen Eltern Drogensüchtige waren?“ Violet blickte Caitlyn in die Augen. „Der Junge hat keine Chance.
Caitlyn ließ sich nach hinten fallen und antwortete, ihre Stimme von Ironie triefend. „Willkommen im Kiramman Waisenheim, wo sich das Problem von Waisenkindern von selbst löst. Wetteinsätze können aus ethischen Gründen nicht angenommen werden, aber Spenden wären toll… “
Ihr Schicksal war besiegelt.
„Wir schaffen das Caitlyn. Du und ich gemeinsam.“
Caitlyn riss geschockt ihr Gesicht zur Violet. Violet blickte sie mit so viel Zuversicht an, leicht lächelnd.
„Wir kämpften gegen Ambessa und Viktor. Da werden ein paar pubertierende Kinder wohl machbar sein!“
Gott Caitlyn liebte diese Frau so sehr. „Ich habe nur noch ein Auge Violet.“ Drohte sie lachend und Violet verzog einen Mundwinkel, lachte dann aber über den Scherz. „Ich habe immer noch meine zwei Fäuste also…“ bot sie an und Caitlyn hob ihr Glas. „Auf in den Kampf!“