
Entscheidungen
„Das ist unfassbar! Kriege könnt ihr organisieren, aber Milch erwärmen überfordert euch?“ fragte Violet verzweifelt, während sie in der Küche herumhuschte, um die Milch zu wärmen.
Tobias saß auf einem Stuhl an einem kleinen Küchentisch in der Ecke des Raumes, das Kind im Arm. Caitlyn verneinte dankend das Halten des Kindes, machte sich aber zwischenzeitlich nützlich und holte Violet ihren Hausmantel damit diese endlich dezent gekleidet war. Nicht dass sich Violet daran störte.
„Naja. Das ist…“ begann Tobias Kiramman. „Organisation. Das ist etwas anderes.“ Beendet Caitlyn die scheinbare Erklärung.
Violet schüttelte ihren Kopf während sie das Kind wieder an sich nahm, sich in einer flüssigen Bewegung auf einen freien Stuhl setzte, das Kind richtig anlegte und ihr die Flasche an die Lippen hielt.
Und im nächsten Augenblick war der Lärm in der Küche verstummt und man hörte nur noch die leisen Geräusche des Kindes wie es trank.
Tobias seufzte und sagte kleinlaut. „Wir hatten Personal…“
Violet gab ihm einen wissenden Blick. Natürlich hatten die Kirammans Personal. Es würde Violet nicht wundern, wenn Cassandra nicht ein einziges Mal Caitlyn als Baby die Flasche gab. Es wunderte Violet manchmal, wieviel Kälte in diesem Haus herrschte.
Violets Blick huschte zu Caitlyn, die neben der offenen Tür stand, am anderen Ende des Raumes. Diese fixierte das Kind in Violets Armen als wäre es ein Fremdkörper. Vielleicht eine Bombe die jeden Augenblick hochgehen könnte. Violet seufzte. „Es ist nur ein Kind Cait. Ein winziger Mensch der noch nicht reden kann. Du siehst sie an als würde ich gerade einem Opossum die Flasche geben.“
Caitlyn behielt den Blick auf das Kind gerichtet. Sie schwieg eine Weile, bevor sie plötzlich ihren Vater anblickte. „Hast du dich im Krankenhaus umfragt welche Waisenhäuser noch freie Plätze haben?“
Violet spürte, wie sich ihr der Magen drehte. Blitzschnell verteilte sich eine Kälte in ihren Gliedmaßen und in ihren Ohren setzte ein lautes Rauschen ein.
Weggeben.
Es war nur realistisch. Sie konnte es Caitlyn nicht verübeln.
Sie blickte Caitlyns Vater an und erkannte, dass sich sein Mund bewegte, doch sie hörte kein einziges Wort. Sie blickte zu der Kleinen runter.
Weggeben.
Blickte die kleinen Finger an, wie sie die Flasche umgriffen. Das zufriedene Gesicht. Das Bäuchlein endlich gefüllt. Beschützt und warm in ihren Armen.
Weggeben.
Langsam verschwand das Rauschen aus ihren Ohren.
„Wir könnten sie also morgen früh schon vorbeibringen.“ Meinte Tobias. „Gut.“ Antwortete Caitlyn.
„Ich möchte sie behalten.“ Flüsterte Violet und blickte zu Caitlyn.
Caitlyn zog hörbar die Luft ein.
„Nein wirst du nicht.“ Antwortete sie blitzschnell und kalt und klang dabei so sehr wie ihre Mutter, Cassandra Kiramman, dass sogar ihr Vater seinen Kopf zu seiner Tochter rüber riss.