
Folter
Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn plötzlich spüre ich einen Lufthauch über mein Gesicht huschen. Stimmen bahnen sich einen Weg in meinen Kopf.
„Hier, bitte schön, Mr. Und Mrs. Malfoy, Professor Snape,“ höre ich die energischen Worte der Krankenschwester, bevor ich das Klicken der Tür vernehme, wie sie sich leise schließt. Der Duft von frischen Heiltränken und den charakteristischen Kräutern, die immer in der Krankenstation in der Luft hängen, dringt mir in die Nase.
Ah… meine Eltern sind da, wie schön! Denke ich überhaupt nicht sarkastisch.
Mein Vater setzt sich in Bewegung und kommt mit sanften Schritten auf mein verteufeltes Krankenbett zu. So leise wie er auftritt, müsste ich mich theoretisch anstrengen, um ihn zu hören. Aber dadurch, dass er seinen komischen Gehstock, den er nicht zum Laufen braucht, wie immer dabeihat, kann ich durch das rhythmische Klopfen auf dem kalten, grauen Steinboden seine Schritte erkennen. Der Stock passt genau zu seiner eleganten, aber auch furchteinflößenden Erscheinung.
Er setzt sich, vermutlich wie ein hochnäsiger Pfau, vorsichtig auf den Platz, wo Pansy vorhin gesessen hat, an meiner linken Seite. Ich spüre seine Anwesenheit, bevor er überhaupt spricht.
„Er sieht sehr blass aus,“ flüstert mein Vater mit gebrochener Stimme und streicht mir mit überraschender Zärtlichkeit über meine linke Wange. Seine Berührung ist tröstlich und warm, fast ungewohnt in ihrer Sanftheit.
Ich liebe meinen Vater. Auch wenn es nicht immer den Anschein hat, liebt er mich genauso sehr. Wir sind ein Dreamteam.
Manchmal in den Ferien fliegen wir auf Vaters Pegasusen. Ja, mein Urururur… Großvater hat die gezüchtet, und seitdem gehört die Pflege dieser majestätischen Tiere zur Familientradition. Ich werde das vermutlich auch machen müssen, obwohl ich Tiere eigentlich hasse. Aber meine Stute Persephone liebe ich. Sie ist ganz schwarz, so wie Harrys Haare, und hat blaue Augen, in denen sich ein paar grüne Akzente verstecken. Wenn wir zusammen fliegen, fühlt es sich fast so an, als würde ich die Welt von oben beherrschen.
„Mach dir keine Sorgen, Schatz, er wird schon wieder. Unser Sohn ist stark!“ beruhigt ihn meine Mutter mit zuversichtlicher Stimme.
So wie ich es an ihren Schritten nachvollziehen kann, steht sie jetzt direkt neben ihm. Wahrscheinlich legt sie eine Hand auf seine Schulter, um meinem Vater Mut zu spenden. Ihr Duft, eine Mischung aus teuren Parfüms und Lavendel, hüllt die kleine Krankenstation ein.
Meine Mutter war schon immer die Mutigere von uns beiden. Sie ist gütig und hilft uns immer, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Mutter ist sehr klug und weiß, wie sie sich wann wie benehmen muss, um das zu bekommen, was sie will.
Was glaubst du, wie sie sonst meinen Vater abbekommen hat? Sie ist eben ein gerissenes Biest. Leider habe ich diese Eigenschaft nicht geerbt. Muss wohl ein Black-Erbe sein. Anscheinend sind meine Venen voll mit Malfoy-Blut.
Ich werde aus meinen Überlegungen gerissen, als Severus spricht:
„Wir müssen abwarten, wann er aufwacht und wie es ihm dann geht. Macht euch keine Sorgen!“
Er beginnt zuerst sachlich, geht dann aber in einen warmen Tonfall über, den er nur für die Familie reserviert hat. Seine Stimme hat diese sanfte, aber bestimmte Art, die mich schon als kleines Kind beruhigt hat.
Ja, Severus Tobias Snape ist nicht nur mein Patenonkel, sondern auch mein Großcousin dritten Grades. Ja, ich weiß, das ist alles ziemlich kompliziert. Seine Mutter war eine Prince, und seine Großmutter eine Rosier. Beide gehörten einem hohen, reinblütigen Haus an.
Er ist der letzte Erbe. Deswegen nenne ich ihn immer zum Spaß den letzten Rosenprinzen. Aber natürlich nur zu Hause im Manor, niemals in der Öffentlichkeit, wo er seinen Ruf als strenger und unnahbarer Zaubertränke-Meister bewahren muss.
Naja, worauf ich hinaus wollte: Seine Großmutter war die Schwester von meinem Urgroßvater. Somit ist er Vaters Großcousin ersten Grades, glaube ich. Ich bin mir bei so einem Verwandtschaftskram nie so ganz sicher.
Aber was feststeht: Er gehört zu unserer Familie, mit Blut und Seele.
„Ich soll mir keine Sorgen machen? Severus, er liegt da, als wäre er tot! Er sieht aus wie eine Leiche. Ich werde Dumbledore vor das Zauberergamot zerren, wenn er nicht gesund wird. Das schwöre ich dir!“ schreit mein Vater hysterisch. Seine Stimme hallt in dem kalten, stillen Raum wider. Dann bricht er in Schluchzen aus, etwas, das ich bei ihm nur selten gesehen habe.
Ich fühle, wie er sich auf mein Bett legt und sich nah an mich zieht. Er drückt mich so fest an sich, dass ich seinen Herzschlag hören kann, laut und unregelmäßig. Ich spüre, wie er vor Schluchzern bebt, wie seine Hände sich in mein Shirt krallen, als wolle er mich niemals loslassen.
Sein Duft umhüllt mich. Sein Aftershave riecht nach Rosen und Kirschen. Eigentlich ein Frauenduft, aber als ich klein war, wollte ich unbedingt, dass er es trägt, weil ich es schön fand. Er hat es damals nur meinetwegen gekauft und trägt es seitdem jeden Tag, ohne Ausnahme.
Er streicht mir über meine inzwischen fettigen Haare, doch ihm macht das nichts aus. Ich weiß gar nicht, wann wir das letzte Mal gekuschelt haben. Es fühlt sich schön an. Sein warmer Körper an meinem, jede Bewegung seines Körpers zu spüren. Es ist ein Moment der Nähe, der mich an die Zeiten erinnert, als ich noch ein kleiner Junge war und keine Verantwortung auf meinen Schultern lastete.
Ich seufze leise und muss lächeln. Am liebsten würde ich mich noch näher an ihn kuscheln. Doch mein Körper bleibt bewegungslos, bis auf mein Lächeln, das sich schwach, aber unaufhaltsam auf mein Gesicht schleicht.
„Lucius, Schatz! Er lächelt,“ sagt meine Mutter sanft. Ihre Stimme klingt wie Honig, warm und beruhigend. Sie legt eine Hand auf meine und drückt sie. Vermutlich macht sie das auch bei Vater, um ihn zu trösten.
„Was?!“ fragt mein Vater überrascht. Ich spüre, wie er sich leicht von mir zurückzieht. Mein schwaches Lächeln verschwindet langsam. Nein, ich will nicht, dass es weggeht. Er soll bei mir bleiben, mich im Arm halten und mich in seinen Duft hüllen, wie früher vor dem Krieg, als die Welt noch einfacher war.
„Bei Merlin, Draco!“ flüstert er ehrfürchtig. Seine Stimme zittert, während er mich wieder fest an sich drückt. Trotzdem achtet er darauf, meine Wunde nicht zu berühren. Sein Griff ist gleichzeitig schützend und sanft.
„Severus, was bedeutet das? Heißt das, er wacht auf?“ fragt Mutter vorsichtig. Ihre Stimme ist fest, aber ich spüre die Unsicherheit dahinter. Als wollte sie sich keine falschen Hoffnungen machen.
„Ich denke nicht, dass er aufwacht. Vielleicht haben nur seine Muskeln gezuckt. Das passiert bei vielen Koma-Patienten. Das ist kein Zeichen, dass er aufwacht,“ erklärt Severus behutsam. Seine Stimme ist sachlich, aber ich höre einen Hauch von Sorge darin.
„Also hat das nichts zu bedeuten?“ fragt Mutter. Ihre Stimme zittert jetzt deutlicher. Das habe ich noch nie erlebt. Sie wirkt immer so stark, so unerschütterlich. Doch jetzt ist da eine neue Unsicherheit, die mich noch mehr schmerzt als alles andere.
Ihre warme, zärtliche Berührung verschwindet von meiner Hand. Ihre Absätze klackern über den Boden. Der kalte, sterile Raum scheint plötzlich noch leerer zu sein, als die Tür sich öffnet. Die Tür schwingt auf und schließt sich wieder mit diesem leisen, verfluchten Klicken, das sich in meinem Kopf einbrennt.
Sie ist einfach gegangen. Ist das zu glauben? Ernsthaft. Ich will auch einfach weggehen oder nichts von der ganzen Scheiße mitbekommen. Aber nein, ich liege hier in den warmen Armen meines Vaters.
„Meinst du, er kann uns hören, Sev?“ murmelt Vater in meine Haare. Seine Stimme ist leise, fast flehend.
„Keine Ahnung, Luc. Vielleicht. Das kommt oft bei…“
Vater unterbricht ihn: „Hör auf mit diesem Gelaber über andere Koma-Patienten. Ich möchte deine Einschätzung. Als seinen Patenonkel. Als meinen besten Freund. Als jemanden, den Draco schon sein Leben lang kennt. Kann er uns hören?“
Severus atmet tief durch. Ich spüre seine vertraute Hand an meiner Wange. Er streicht mir meine platinblonden Haare aus dem Gesicht. Seine Berührung ist vertraut, beruhigend.
„Luc, ich weiß es nicht. Ich hoffe es. Gleichzeitig hoffe ich es nicht. Es muss schrecklich sein, bei Bewusstsein zu sein, aber nicht reagieren zu können. Er ist der stärkste Junge, den ich kenne. Und ich habe in meiner Lehrerlaufbahn schon viele kennengelernt.“
„Selbst stärker als Potter?“
Severus lacht leise. „Ja, natürlich ist er stärker als Potter. Ich schaue Mal nach Cissy.“
Vater nickt und sagt, noch bevor Severus sich abwendet, um zu gehen: „Ich bleibe bei meinem starken kleinen Jungen.“
Severus lässt das unkommentiert und geht aus meinem Zimmer. Der Raum wird stiller, fast drückend, doch die Wärme meines Vaters umhüllt mich weiterhin.
Wir liegen eine Ewigkeit so da, bis Madam Pomfrey ihn auf sehr lustige Weise rausschmeißt, um mich zu untersuchen. Sie wedelt energisch mit ihrem Zauberstab vor seiner Nase herum und droht, ihn notfalls mit einem Leviosa aus dem Zimmer schweben zu lassen. Mein Vater schnaubt beleidigt, gibt aber schließlich nach.
Jetzt ist das Zimmer wieder leer. Meine Eltern sind nochmal kurz reingekommen, um sich zu verabschieden, nachdem Madam Pomfrey fertig war. Sie haben sich beide tief über mich gebeugt, meine Mutter hat mir wie immer einen sanften Kuss auf die Stirn gegeben, während mein Vater meine Hand umklammert hat, als wollte er sie nie wieder loslassen. Seitdem liege ich wieder nutzlos hier rum. Super!
Ich höre meinen regelmäßigen, flachen Atem und mein gleichmäßig schlagendes Herz, das gegen meine Rippen pocht. Also zähle ich meinen Herzschlag. Was soll ich sonst machen? Mhm! Naja, ich bin gerade bei 5067, als ich Stimmen vor meinem Zimmer höre.
Dann wird die Tür aufgemacht und ein paar Personen treten ein. Ihre Schritte hallen auf dem kalten Steinboden wider, bevor die Tür geschlossen wird. Dieses nervige Klick-Geräusch ertönt wieder, das mich inzwischen wahnsinnig macht.
Ich höre eine helle Sopranstimme. „Hallo Draco, hier sind Terry, Hannah und Luna. Es ist jetzt nach der Abendessenszeit, so gegen 20 Uhr. Millicent hat ja schon gesagt, dass wir kommen, oder?“
Ach du heilige Scheiße schon so spät. Danke, Luna, für die Zeitangabe. Ja, Millicent hat mir das vorhin erzählt. Aber warum stellt sie mir eine Frage, obwohl sie genau weiß, dass ich nicht antworten kann?
„Hey, Dray, schön dich zu sehen. Dein Kampf war echt cool. Aber das Ende war ziemlich mies, das ganze Blut und so,“ sagt Terry ein bisschen unbeholfen.
Seine Stimme klingt unsicher, fast so, als würde er Angst haben, etwas Falsches zu sagen. Aber egal wie unsicher der gute Terry ist – wenn er mich noch einmal „Dray“ nennt, dann dreh ich ihm den Hals um. Koma hin oder her, das schwöre ich bei Salazars ungewaschenen Socken.
Hannah Abbot lacht mit ihrer tiefen, rauchigen Stimme auf. „Ach Terry, bei Merlin, ich habe dich noch nie so schüchtern erlebt.“
Terry schnaubt nah an meinem Kopf. Vermutlich hat er sich auf den Besucherstuhl auf der rechten Seite gesetzt, denn der alte Holzstuhl knarzt leise unter seinem Gewicht.
„Ich bin nicht schüchtern,“ mault er.
„Ja, ja,“ kichert Hannah, ihre Stimme klingt amüsiert.
„Aber hey, es gibt was Gutes daran, dass du verletzt wurdest. Harry hat so lange Weasley angeschrien, was für ein Vollidiot er sei, dass wir jetzt mit unechten – also Attrappen – kämpfen. Also bei dem Schaukampf meine ich. Beim normalen Training benutzen wir immer noch die richtigen Waffen.“
Wow, deswegen ist es gut, dass ich verletzt wurde? Sag mal, tickst du noch ganz richtig? Denke ich empört. Aber es muss lustig gewesen sein als Harry Weasley angeschrien hat. Hat er das nur wegen mir gemacht oder auch wegen den anderen. Laut Millicents Erzählung hat er sich ganz schön viele Sorgen um mich gemacht.
„Was Terry damit meinte, ist, dass du dir keine Sorgen mehr machen musst, dass sich andere so wie du verletzen können,“ versucht Luna, Terrys Geschwafel wieder aus dem Dreck zu ziehen. Als ob ich mich um die anderen Sorge! Seh ich so aus ich bin ein Malfoy!
Sie legt mir eine Hand auf die Schulter und seufzt schwer. Ihre Berührung ist warm, ein Gegensatz zu der Kälte, die von der Umgebung ausgeht.
„Lees Gesicht ist wieder ganz und gut verheilt. Ginny hat ganz schön ausgeteilt. Ich wusste gar nicht, dass die so viel Kraft hat,“ erzählt Hannah weiter und kommt auch näher zum Bett.
Ich höre ihre Schritte, die dumpf auf dem Boden widerhallen. Sie bleibt direkt neben mir stehen, und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sie die Hände in die Hüften stemmt und sich zu mir herunterbeugt.
„Bei dem Bruder kein Wunder, oder? Wie du siehst, geht es Luna auch wieder besser. Hermione hat sich ganz aufopfernd um sie gekümmert.“ Raunt sie neckisch.
Ich höre schon fast, wie sie ihre Augen belustigt verdreht. Ich stimme ihr voll und ganz zu. Ich meine, Hermione und Luna sind ja zusammen, nachdem ich das ja ganz überraschend am Freitag erfahren habe. Ich verstehe immer noch nicht wie ich das übersehen konnte. Also kann ich mir schon vorstellen, wie sich Hermione um Luna gekümmert hat.
Terry und Hannah müssen daraufhin kichern, und selbst Luna lacht. Ihr ganzer Körper bebt leicht, und ich stelle mir ihr typisches verträumtes Lächeln vor.
„Hannah, hör auf! Als ob Neville dich nicht auch versorgen würde, wenn du verletzt wärst.“ Verteidigt sie sich und Hermione, anscheinend lief da tatsächlich was.
Da muss ich Luna zustimmen. Neville würde wie ein Ritter in glänzender Rüstung ihr zu Hilfe eilen und sie retten. Wahrscheinlich mit einem ernsten Gesichtsausdruck, der so gar nicht zu seinem sonst so sanften Wesen passt.
Hannah schlägt Luna leicht auf die Schulter. Ich höre das dumpfe Geräusch des Aufpralls und bilde mir ein, ihr gespieltes Schmollen vor mir zu sehen. Wahrscheinlich ist sie auch rot im Gesicht, dass würde ich nur zu gerne sehen. Aber das geht ja nicht.
„Hey, ich würde gar nicht erst verlieren!“ protestiert Hannah mit einer Mischung aus Empörung und Spaß.
Terry prustet los, und sein Lachen hallt durch den Raum. „Ach komm schon, gegen Ron und Lavender hast du keine Chance.“
Hannah schnauft aufgebracht und antwortet empört: „Als ob! Ich könnte auch gegen die beiden gewinnen!“
Terry erwidert mit einem schelmischen Tonfall: „Nein, könntest du nicht. Lavender ist einfach der Oberhammer, und Ron ist unser Lehrer. Gegen den kommst du nie an.“
Ihr Streit geht hin und her, ihre Stimmen überschlagen sich fast. Es gibt keinen wirklichen Gewinner, aber es ist total lustig und muntert mich ein bisschen auf. Der leichte, unbeschwerte Ton ihrer Diskussion erinnert mich an die Nachmittage in der Großen Halle mit meinen Freunden. Wenn ich einfach nur den Gesprächen lauschte, ohne selbst mitzuwirken.
Als Luna sich einmischen will, öffnet sich plötzlich die Tür. Die Schritte von Madam Pomfrey hallen mit einer gewissen Entschlossenheit über den Boden. Ich erkenne sie inzwischen allein an ihrer festen, zielgerichteten Art zu gehen.
„Kinder, es ist 22 Uhr. Die Ausgangssperre hat begonnen, ihr müsst zum Training,“ sagt sie mit strenger, aber warmer Stimme. „Seid bitte vorsichtig und erinnert für mich bitte nochmal Mr. Weasley daran, dass er euch bloß nicht gegeneinander in den Ring antreten lässt. Wie kommt man nur auf so eine verantwortungslose Idee?“
Ihre Worte klingen wie immer so bestimmend, sodass niemand wagt, ihr zu widersprechen. Ich höre, wie die anderen langsam aufstehen, die Stühle leise über den Boden rutschen und ihre Schritte zur Tür führen.
„Natürlich, Madam Pomfrey, wir sagen es ihm,“ antwortet Hannah frech, ihre Stimme voller unüberhörbarem Schalk. Madam Pomfrey sieht sie jetzt bestimmt streng und ermahnend an.
„Madam Pomfrey, die Gryffindors kommen nach dem Training noch vorbei. Ist das in Ordnung?“ fragt Luna mit ihrer engelsgleichen, unschuldigen Stimme.
„Miss Lovegood, wie stellen Sie sich das vor? Um 1 Uhr nachts können die Gryffindors doch nicht einfach so hier auftauchen,“ sagt Madam Pomfrey streng, ihre Stimme klingt leicht genervt. „Die Patienten, und vor allem Mr. Malfoy, brauchen ihre Ruhe. Sie können morgen Nachmittag kommen.“
Was? Nein, ich brauche keine Ruhe! Die Worte explodieren in meinem Kopf wie ein verzweifelter Schrei, doch draußen bleibt alles still. Mein Körper bleibt regungslos, unfähig, die tobenden Gedanken in meinem Inneren nach außen zu tragen. Es ist eine unerträgliche Gefangenschaft, diese Stille, die mich umgibt, während mein Geist brüllt. Ich will, dass sie kommen! Dass Harry kommt!
Ein vertrautes Ziehen erfüllt meine Brust, eine schmerzliche Mischung aus Sehnsucht und Verzweiflung. Es fühlt sich an, als hätte ich Harry seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Und vielleicht habe ich das wirklich – die meiste Zeit in diesem verfluchten Zustand, halb wach, halb weggetreten, unfähig, Zeit und Raum richtig zu erfassen. Aber das spielt keine Rolle. Der Gedanke an ihn ist wie ein Lichtstrahl in der Dunkelheit. Ich vermisse ihn so sehr, dass es beinahe wehtut.
Und ich brauche nicht einmal viel. Nicht einmal ein Wort von ihm. Es würde mir schon genügen, seine Präsenz zu spüren. Diese unverwechselbare, beruhigende Energie, die er ausstrahlt, die mich wie eine warme Decke einhüllt, auch wenn er nichts sagt. Harrys Nähe ist wie ein Heilmittel gegen die Kälte und die Einsamkeit, die mich hier umgeben. Ist das so schlimm?
Mein Innerstes fleht Madam Pomfrey an, meine Stille zu durchbrechen, meine Gedanken zu hören. Bitte, Madam Pomfrey, bitte! Doch sie kann mich nicht hören. Niemand kann es. Die Worte, die in meinem Kopf kreisen, prallen gegen eine unsichtbare Mauer, die mein Körper um mich gezogen hat.
Der Gedanke, dass er nicht kommen darf, dass er vielleicht irgendwo dort draußen ist, genauso verloren in seinen eigenen Sorgen und Ängsten, ist fast mehr, als ich ertragen kann. Es ist, als würde mein Herz gegen meine Rippen schlagen, laut und unaufhörlich, ein stummer Protest gegen diese absurde Situation. Aber trotzdem – nichts.
Ich bin eingesperrt in mir selbst, ein Gefangener meines eigenen Körpers, meiner eigenen Schwäche. Und während ich da liege, unfähig, etwas zu tun, höre ich Luna sanft sagen: „Natürlich, Madam Pomfrey. Ich werde es ihnen ausrichten.“ bevor sich die Tür mit diesem scheiß Klicken schließt und ich wieder allein bin.