
Obwohl es nur ein Tag ist vermisse ich dich…
Die nächste Woche verging wie im Flug. Wir trainierten weiter und lernten neue Zauber, die mal mehr, mal weniger nützlich erschienen. Zwischen Harry und mir hatte sich nichts verändert. Ich meine, okay, ich himmel ihn genauso an wie die letzten Jahre, aber sonst ist da nichts wirklich Besonderes. Na gut, mir fällt auf, dass er mich öfter mit diesen wunderschönen grünen Augen anstarrt. Wenn ich ihn beim Starren erwische, wird er immer ganz rot und wendet schnell seinen Blick ab. Das ist total süß, ehrlich.
Am Donnerstag ist Harry nicht da. Niemand scheint das groß zu stören, aber ich vermisse ihn. Sein Lachen, sein Blick, mit dem er jede Bewegung seiner Schüler aufmerksam verfolgt, und natürlich seine smaragdgrünen Augen. Ja, ich weiß, ich schwärme ständig von seinen wunderschönen smaragdgrünen Augen, aber habt ihr die mal gesehen? Bei Merlin.
Weil Harry heute Abend nicht da ist, endet das Training früher. Die Gruppe, die normalerweise unter seiner Leitung trainiert, läuft ein paar Runden in der Halle, die Schritte hallen rhythmisch wider. Danach dehnen sie sich schon einmal für das Kampftraining bei Weasley.
Als wir mit dem Training fertig sind, warte ich auf Blaise, der gerade in den Duschen verschwunden ist. Ja, wir haben hier Duschen – sehr praktisch, aber Blaise braucht ewig. Ehrlich, in der Zeit könnte ich dreimal duschen. Ich meine, ich brauche auch mindestens zwanzig Minuten, weil meine Haare eine bestimmte Pflege brauchen, damit sie so schön glänzen. Aber Blaise? Der übertreibt einfach.
Ich wünsche mir einen Sessel herbei, lasse mich hineinfallen und schließe die Augen. Der smaragdgrüne Stoff fühlt sich weich an, fast wie Seide, und passt irgendwie zu meiner Stimmung. Vielleicht kann ich ein bisschen dösen, während Blaise sich Zeit lässt. Aber anscheinend ist mir keine Ruhe vergönnt.
Ein Schatten fällt über mich, und eine nervig sanfte, weibliche Stimme ertönt. „Hey, Malfoy … Harry hat dir doch angeboten, am Wochenende Oklumentik und Legilimentik in seinen Stunden zu unterrichten, oder?“
Langsam öffne ich ein Auge nach dem anderen und sehe sie abschätzig an. Granger. Natürlich. Sie steht vor mir, mit ihrem typischen besserwisserischen Ausdruck.
„Ja, Granger, er hat mich gefragt, und ich habe zugestimmt. Ich lasse mir doch nicht die Möglichkeit entgehen, in euren Köpfen herumzupfuschen,“ sage ich genervt, sowohl von ihrer Frage als auch von Blaise und generell von dieser ganzen Situation, ich will mich doch einfach nur ausruhen, verdammt.
Granger schnappt empört nach Luft, ihre Lippen öffnen sich, bereit für eine ihrer berühmten Standpauken. Doch bevor sie loslegen kann, hebe ich die Hand, um sie zu stoppen, dass kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen .
„Komm schon, Granger, das war ein Scherz. Ich krieg das schon hin mit dem Unterricht, mach dir keine Sorgen.“
Sie zieht die Augenbrauen zusammen und mustert mich misstrauisch, bevor sie schließlich langsam nickt. „Okay, Malfoy. Aber wenn ich merke, dass es nicht funktioniert oder sich jemand beschwert, dann …“
Ich rolle die Augen und stöhne genervt. Merlin, sie ist wirklich anstrengend. Als ob ich meinen neuen Job nicht ernst nehmen würde. Wir sind im Krieg, verdammt! Ich erhebe mich widerwillig aus meinem bequemen Sessel, stehe vor ihr und sehe ihr direkt in die Augen, während ich ruhig, aber bestimmt spreche.
„Dann was, Granger? Ich bin der Beste in unserem Jahrgang, wenn es um Oklumentik und Legilimentik geht, und der Einzige, der es euch tatsächlich beibringen kann. Wir sind im Krieg. Es steht bei mir genauso viel auf dem Spiel wie bei euch, wenn nicht sogar mehr.“
Ihre Augen weiten sich leicht, aber ich mache weiter: „Ich bin auf Potters Seite, aktiv, und ich nehme das verdammt ernst. Glaubst du, ich würde meine Zeit verschwenden, wenn ich nicht sicher wäre, dass ich euch helfen kann?“
Granger sieht mich überrascht an, ihre Miene schwankt zwischen Besorgnis, Ernsthaftigkeit und – zu meinem Ärger – Zufriedenheit. Nach einem Moment scheint sie sich entschieden zu haben, denn sie lächelt.
„Gut, Draco. Danke, dass du uns hilfst. Es ist schön zu wissen, dass wir einen Freund haben, der uns aktiv helfen will.“
Ich lache trocken. Freund? Bei Merlin, sie hat ja keine Ahnung. Uns verbindet der Krieg, sonst nichts. Na gut, vielleicht noch Harry. Aber Freundschaft? Sicher nicht. Natürlich sage ich das nicht laut. Mein Vater hat mich zu einem guten Politiker und Redner erzogen. Man sagt nur das, was für den Moment passend ist, und nichts darüber hinaus.
Also lächle ich sie nur höflich an und nicke gnädig.
Granger dreht sich beschwingt um und zückt ihren Zauberstab, bereit zu gehen. Doch bevor sie verschwindet, fällt mir noch etwas ein.
„Warte, Granger. Warum war er heute nicht da?“
Sie bleibt stehen und runzelt nachdenklich die Stirn. „Ich glaube, er hat Nachsitzen bei Umbridge. Wieso?“
Ein Knoten bildet sich in meinem Magen. Nachsitzen bei Umbridge? Bei dieser Entschuldigung für eine Hexe? Ihr Unterricht fühlt sich schon wie Folter an – wie muss dann das Nachsitzen bei ihr sein?
„Ich hab mich nur gewundert, wo er ist,“ sage ich abwesend. Meine Gedanken sind längst bei Harry.
Granger mustert mich kurz, ihre Augen forschend, bevor sie schließlich nickt. „Ach so … ehm … gehst du jetzt auch?“ fragt sie, und für einen Moment wirkt es fast, als würde sie mit mir flirten.
Ich starre sie an, ein spöttisches Grinsen auf den Lippen. „Flirtest du etwa mit mir, Granger?“
Granger wird knallrot und beginnt zu stottern: „Ähm … Nein! Ich würde nie … du bist ein Malfoy!“
Ich lache laut, diesmal ehrlich amüsiert. „Alles gut, Granger.“
Ich beruhige mich und antworte mit einem Grinsen: „Ich warte noch auf Blaise, er duscht.“
Granger nickt hastig, immer noch rot, bevor sie „Gute Nacht!“ murmelt. Sie macht sich unsichtbar und geht aus dem Raum der Wünsche.
Wenige Minuten später kommt Blaise in einer Dampfwolke aus den Jungenduschen, bereits angezogen, aber immer noch mit feuchten Haaren. Ich fange sofort an, mich zu beschweren: „Mann, Blaise, da bist du ja endlich! Warum brauchst du immer so lange beim Duschen? Ernsthaft!“
Blaise sieht mich nur an und grinst, dieses typische, selbstzufriedene Grinsen, das mich immer in den Wahnsinn treibt. Ich bereite mich schon innerlich auf irgendetwas total dämliches ein.
„Was grinst du so, Blaise?“ frage ich genervt, während er langsam auf mich zukommt, sein Grinsen breiter wird und er fast platzt vor Aufregung.
„Ich hab sie endlich rumgekriegt,“ sagt er, triumphierend „Beim Training hab ich Pansy wegen eines Dates gefragt, und sie hat gesagt, sie will noch eine Nacht darüber nachdenken und würde mir dann morgen bescheid sagen. Aber Seamus hat von Lavender gehört, die von Millicent gehört hat, dass Pansy schon seit Monaten mit mir ausgehen will! Also wird sie vermutlich ja sagen.“
Er klingt, als hätte er gerade den Kampf gegen den Dunklen Lord persönlich gewonnen, und springt fast auf und ab wie ein aufgeregtes Erstklässler-Mädchen.
„Mann, Blaise, komm mal runter! Bei Merlin, du bist ja schlimmer als diese Klatschmäuler aus Griffendor,“ sage ich, während ich versuche, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
„Aber Draco, du weißt, wie lange ich schon mit Pansy ausgehen will! Und wenn das wirklich stimmt, was Seamus, Lavender und Millicent gesagt haben, dann wird sie sicher zustimmen. Bei Merlin, ich muss mir überlegen, was wir bei unserem ersten Date machen. Und soll ich ihr beim Beginn des Dates einen Blumenstrauß schenken? Oder Schmuck? Oder Schokolade? Mag sie überhaupt Schokolade? Oder lieber gar nichts …“
Er redet sich immer mehr in Rage, fast schon hysterisch, und gestikuliert wild mit den Händen in der Luft, während ich ihn nur ungläubig ansehe.
Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter, drücke fest zu und schaue ihm eindringlich in die Augen. „Blaise, wir machen morgen in Geschichte der Zauberei einen Plan, okay? Aber jetzt atmest du erst mal tief durch und beruhigst dich.“
Blaise schaut mich mit großen Augen an, wie ein verängstigtes Reh im Scheinwerferlicht, bevor er tatsächlich tief durchatmet und langsam nickt.
„Gut, Draco. Danke. Komm, wir gehen in unseren Schlafsaal,“ sagt er ruhiger, aber immer noch mit einem Anflug von Aufregung in der Stimme.
Ich nicke nur und folge ihm zur Tür. Wir zücken unsere Zauberstäbe und murmeln gleichzeitig „Cave Inimicum“. Ich stehe links neben ihm, somit lege ich meine linke Hand auf seine Schulter, damit ich ihn nicht verliere, während wir uns auf den Weg zu den Kerkern machen.
Blaise öffnet die Tür, und wir treten in den kalten, leeren Flur im siebten Stock. Wir laufen schnell, unsere Schritte so leise wie möglich, obwohl wir das gar nicht wegen dem Zauber bräuchten. Aber es ist einfach ein Reflex. Wir halten uns dicht an den Wänden und Schatten, wo keine Gemälde hängen.
Wir sind fast bei der großen Halle, als uns plötzlich jemand entgegenkommt. Wir erstarren beide und drücken uns so flach wie möglich an die Wand. Obwohl wir unsichtbar sind, wissen wir beide, dass jemand uns spüren könnte, wenn er direkt gegen uns läuft – Magie macht uns nicht körperlos.
Die Person kommt näher, und ich höre die scharfen Absätze, die auf den Steinboden klacken, sowie das leise Rascheln eines Umhangs, der über den Boden schleift.
Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, es ist McGonagall. Und tatsächlich, die Verwandlungslehrerin kommt in ihrem typischen schnellen, entschlossenen Schritt an uns vorbei, ohne uns wahrzunehmen. Sie biegt rechts ab, und die Geräusche ihrer Schritte verhallen langsam.
Ich tippe Blaise zweimal auf die Schulter – unser vereinbartes Signal, dass die Luft rein ist. Ohne ein Wort setzen wir unseren Weg fort, nun noch schneller. Wenig später erreichen wir den Kerker und stehen vor der massiven Tür zum Gemeinschaftsraum der Slytherins.
Ich werfe einen letzten Blick nach rechts und links, lausche angestrengt auf Geräusche oder Bewegungen, aber es ist alles ruhig. Also tippe ich Blaise erneut zweimal auf die Schulter, um ihm zu zeigen, dass die Luft sauber ist.
Wir lösen den Unsichtbarkeitszauber mit einem gemurmelten „Apparentia“. Die kalte Luft des Kerkers prickelt auf meiner Haut, als wir wieder sichtbar werden. Blaise tritt vor, flüstert das Passwort für den Gemeinschaftsraum: „Schlangenlied.“
Die schwere, dunkel Holztür gleitet lautlos auf, und wir treten ein.
Der Gemeinschaftsraum ist zu dieser nächtlichen Stunde leer. Selbst die Mitglieder der DA sind schon lange in ihren Betten, vermutlich weil Blaise wieder so lange gebraucht hat. Blaise und ich gehen durch den gemütlichen Raum, vorbei an den weichen Sofas und Sesseln, die halb im Schatten stehen, und dem großen steinernen Kamin. Selbst darin flackert kein Feuer mehr, nur ein paar verkohlte Holzscheite liegen noch darin, umgeben von Asche.
Wir verlassen den Gemeinschaftsraum und gehen den Flur entlang zu unserem Zimmer. Blaise und ich teilen uns schon seit dem ersten Jahr ein Zimmer – etwas, das uns über die Jahre hinweg immer vertrauter geworden ist.
Als wir endlich in unserem Zimmer sind, ziehen wir uns schnell um. Blaise schlüpft direkt in sein Bett, denn er hat ja schon im Raum der Wünsche geduscht und sich die Zähne geputzt. Ich hingegen gehe noch ins Badezimmer, um mich bettfertig zu machen.
Das Licht im Badezimmer ist kalt und klinisch, und ich zucke zusammen, als ich mein eigenes Spiegelbild sehe. Das Licht lässt meine ohnehin blasse Haut noch bleicher erscheinen, fast durchsichtig, als könnte man hindurchsehen. Meine Lippen sind trocken und rissig, und die dunklen Augenringe unter meinen Augen scheinen so groß wie Untertassen.
Ich sehe wirklich furchtbar aus. Kein Wunder – ich schlafe kaum noch. Das Training nimmt all meine Energie, und bald stehen auch noch die Prüfungen an. Es wird nur noch schlimmer werden. Wir werden ohne Ende lernen müssen, und dazu kommt weiterhin das Training. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie ich das alles schaffen soll.
Ich starre mich einen Moment länger an. Doch trotz meiner Erschöpfung leuchten meine grauen Augen lebhaft – ein seltener Anblick in letzter Zeit. Es liegt daran, dass ich ihn sehe. Häufiger als jemals zuvor. Harry.
Ich spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht, um die Gedanken loszuwerden, die sich in meinem Kopf breitmachen, und kehre ins Zimmer zurück. Blaise schläft bereits. Seine ruhigen Atemzüge füllen die Stille im Raum, während ich mich in mein großes, slytheringrünes Himmelbett lege. Die Vorhänge sind aus dickem Stoff und werfen einen sanften Schatten auf die Bettdecke, die mich wohlig warm umgibt.
Normalerweise schlafe ich sofort ein. Meine Erschöpfung vom Tag zieht mich meist direkt in den Schlaf, doch heute ist es anders. Ich wälze mich hin und her und merke, dass mir etwas fehlt. Harry.
Ich habe ihn den ganzen Tag über nicht gesehen. Es fühlt sich an, als würde etwas in mir fehlen. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, taucht sein Gesicht vor meinem inneren Auge auf – diese lebhaften, grünen Augen, die wie Seelenspiegel wirken, und das schwarze, zerzauste Haar, in das ich so gerne einmal meine Hand vergraben würde.
Seine Lippen. Diese vollen, rosafarbenen Lippen, die ich mir schon so lange vorstelle zu küssen. Wie würde sich das wohl anfühlen? Bestimmt warm. Sanft.
Ich stelle mir vor, wie er mich in seinen süßen Schokoladenduft einhüllt, während er mich an sich drückt. Seine Arme wären stark und sicher, und ich könnte mich ganz in seiner Umarmung verlieren. Ich würde mich an ihn lehnen, mich an ihn kuscheln, während er mich noch fester an sich zieht.
Bei diesen Gedanken fühle ich, wie meine Augenlider schwerer werden. Der Gedanke an Harry – seine Wärme, seine Nähe – lässt mich schließlich in den Schlaf gleiten.