Eine Slytherin-Harry-Geschichte: Die Kammer des Schreckens

Harry Potter - J. K. Rowling
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Eine Slytherin-Harry-Geschichte: Die Kammer des Schreckens
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In dem die Schrift an der Wand näher erläutert wird, Unruhe im Schloss einkehrt, aber letztlich doch noch Quidditch am wichtigsten ist, oder nicht?

Als Harry seinen kurzen Bericht über die Stimme beendet hatte, schwiegen seine drei Freunde ratlos. Hermine biss auf ihrer Unterlippe herum und Millicents Blick war besorgt, doch es war Draco, der die Stille als erstes unterbrach.

„Das gefällt mir alles nicht. Weder, dass du Stimmen hörst, die sonst wahrscheinlich niemand wahrnimmt, noch diese Botschaft an der Wand...“, murmelte er. „Da kommt Ärger auf uns zu, fürchte ich.“ Er sah aus, als wollte er noch etwas ergänzen, sagte dann aber nichts weiter, wie als habe er noch einen Gedanken, den er aber im Augenblick für sich behalten wollte.

Harry nickte und fragte, „Wisst ihr, was die Botschaft bedeutet? Selbst Dumbledore wirkte beunruhigt... Und nicht nur wegen Mrs. Norris' Zustand. Ich kann mir nicht viel vorstellen, das ihn aus der Ruhe bringt.“

Hermine runzelte die Stirn. „Ich habe das Gefühl mal etwas gelesen zu haben, das mit einer geheimen Kammer in Hogwarts zu tun hatte... Aber ich weiß nicht wo...“
Fragend sah sie zu Millicent und Harry, als könnten die beiden ihr sagen, welches der vielen Bücher, die sie gelesen hatte, sie suchte.

Aber die zwei konnten nur mit den Schultern zucken. Als ob sie auch nur ein Zehntel von Hermines gelesenen Büchern zumindest vom Titel her kennen würden...
Draco allerdings meldete sich erneut zu Wort.

„Ich kenne zwar nicht das Buch, das du meinst, aber ich denke, ich weiß, um welche Kammer es sich handelt. Und ich bin sicher nicht der einzige Slytherin, der ihre Geschichte kennt. Genau genommen wundert mich ein bisschen, dass nicht wenigstens du mal von Sev von der „Kammer des Schreckens“ gehört hast...“, sagte er und nickte Harry zu. „Andererseits, das ganze gilt als recht unbelegte Legende. Wenn es eines gibt, auf das er nicht viel Wert legt, dann sind es Gerüchte ohne Beweise und fehlende Tatsachen. Was sie nicht weniger zu einem Problem macht.“

„Da hast du sicher recht, aber was genau ist die Kammer des Schreckens denn nun?“, fragte Harry.

„Mh. Na, ich versuche mal, es zusammenzubekommen. Ihr wisst ja, dass die Namen der vier Häuser auf die Namen der vier Gründer der Schule zurückgehen.“
Sie nickten einstimmig. Wobei Hermine wohl die einzige war, die dieses Wissen aus dem Geschichtsunterricht mit Professor Binns und ihren zahllosen Büchern wusste, während Harry und Millicent schon als Kinder von den vier Gründern gehört hatten.
„Die Sache ist so: Eine Weile nach der Gründung von Hogwarts kam es zu einem Streit zwischen Gryffindor und Slytherin.“, fuhr Draco fort.

„Das die beiden Häuser sich nicht vertragen, ist ja heute fast Tradition...“, murmelte Hermine.

„Hatte der Streit etwas mit der Abstammung von Muggeln zu tun?“, mutmaßte Harry.
Draco nickte. „Slytherin wollte nur noch Schüler aufnehmen, die Reinblüter waren. Zumindest Muggelgeborene wollte er nicht mehr zulassen. Also nur Kinder aus magischen Familien.“

„Ich verstehe manchmal einfach nicht, worin das Problem liegen soll, wenn man nicht das Kind von einer gebürtigen Hexe und einem gebürtigem Zauberer ist.“, unterbrach Hermine, „Ich bin keine schlechtere Hexe nur weil meine Eltern Zahnärzte sind...“ Und Millicent nickte zustimmend.

„Naja, dazu kann man sagen und meinen, was man will. Es heißt, Slytherin meinte, man könne ihnen nicht vetrauen.“, meinte Draco, „Aber was Talent angeht... Goyle ist zum Beispiel vielleicht reinblütig, aber eine wirkliche Begabung hat er nicht... Es sei denn, er verbirgt sie sehr gut. Heute ist, glaube ich, das Schwierige die Geheimhaltung. Nach der Zeit der Gründer kamen jedoch wenige Jahre später die ersten Hexenverfolgungen und der Konflikt zwischen Zauberern und Muggeln ist bis zum Mittelalter immer weiter gewachsen. Dann gab es schließlich die großen Hexenverbrennungen in Europa. Ich meine, nicht dass nicht vielleicht letztlich dadurch mehr Muggel starben als Hexen und Zauberer, die sich retten konnten... aber dennoch... Jedenfalls wurde es wohl ziemlich heftig und es kam letztlich zum Bruch zwischen den Gründern, Ravenclaw und Hufflepuff mischten sich zwar nicht ein, standen aber auf Gryffindors Seite, sie wollten weiterhin Schüler jeglicher Herkunft aufnehmen.“

„Und die Kammer?“, erkundigte sich Millicent.

„Dazu komme ich gleich.“, sagte Draco. Doch Hermine schnitt ihm das Wort ab.
„Jetzt weiß ich es wieder! Es war „Eine Geschichte von Hogwarts“. Natürlich. Zu dumm, dass ich mein Exemplar dieses Jahr nicht mitgenommen habe. Die zusätzlichen Bücher von Professor Lockhart, die ich mir zur Hintergrundlektüre gekauft habe, haben einfach zu viel Platz eingenommen...“
„Wäre kein Verlust gewesen, die nicht mitzunehmen...“, murmelte Draco verärgert darüber, dass Hermine ihn einfach übergangen hatte und Dingen wie den Büchern von Lockhart mehr Bedeutung zusprach, als dem, was er sagte oder nur der Möglichkeit ihm zuzuhören.

„Ich muss morgen in die Bibliothek, vielleicht kann ich noch ein Exemplar kriegen. Oder... was ist eigentlich mit dir, Harry, hast du nicht zufällig...“, fuhr seine Freundin, die ihn nicht gehört hatte fort und wurde diesmal selbst unterbrochen.

„Wollt ihr jetzt den Rest hören oder nicht?“, sagte Draco.

„Erzähl weiter.“, erwiderte Harry und war erleichtert darüber, dass Hermine ihn nicht nach seinem eigenem Exemplar von „Eine Geschichte von Hogwarts“ hatte fragen können. Ihr Weihnachtsgeschenk vom letzten Jahr hatte er nämlich irgendwo im Haus in Llanbedr verbummelt. Und auch wenn er tatsächlich ein paar Dinge darin gelesen hatte, so war er doch nicht das lebende Lexikon, das Hermine bisweilen war.

„Also: Slytherin hat sich nicht durchsetzen können. Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ob es auch ein Duell zwischen ihm und Gryffindor gab, oder ob ihr Streit nur verbal verlief, auf jeden Fall konnte Slytherin die anderen nicht überzeugen. Daraufhin hat er verärgert die Schule verlassen.“

„Was war mit den Schülern aus seinem Haus?“, fragte Millicent.

„Ein paar wenige sollen wohl ebenfalls gegangen sein.“, fuhr Draco fort, „Aber die meisten blieben. Und Slytherins Haus wurde letztlich auch nie aufgelöst, na aber das ist ja bekannt. Nun, bis hierhin weiß man mit Sicherheit, dass sich alles so oder so ähnlich abgespielt hat. Jetzt kommt der Teil, der zur Legende gezählt wird: Es heißt nämlich, Slytherin sei zwar gegangen, habe aber in der Schule eine verborgene Kammer zurückgelassen, von der die anderen Gründer nie etwas erfahren hatten. In der Kammer lebt eine Art Monster...“
und hier horchte Millicent merklich auf. Was anderen ein Monster war, war ihr wie auch dem riesenhaften Wildhüter, der im letzten Jahr immerhin Fluffy und den Babydrachen Norbert hatte vorweisen können, schließlich ein oft nur missverstandenes liebenswertes Geschöpf
„...dieses Monster soll der würdige Erbe von Slytherin nutzen, um Slytherins Wunsch von allein reinblütigen Schülern zu erfüllen. Dieser Erbe ist auch der einzige, der es vermag die Kammer des Schreckens zu finden und zu öffnen und dem Monster Befehle und Anweisungen zu geben. Tja und spätestens in ein paar Tagen werden sicherlich einige nicht nur überzeugt sein, dass Mrs. Norris von dem Monster angegriffen wurde, sondern auch davon, dass wir mit dem Erben der Kammer zusammenhängen.“

Erneut schwiegen sie. Draco sicherlich, weil er sich Sorgen machte und innerlich fluchte, Hermine wahrscheinlich, weil sie versuchte, die wenigen Fakten zu verbinden und sich an etwas zu erinnern, dass sie gelesen hatte und dass ein wenig Klarheit schaffen könnte und Millicent vielleicht, weil sie sich Sorgen um die anderen Tiere im und um Schloss machte oder weil sie überlegte, wie einsam das Monster in der Kammer sein musste, wenn es darin Jahrhundertelang eingeschlossen gewesen war. Harry für seinen Teil hoffte zwar, dass Mrs. Norris' Versteinerung nicht der Vorbote von allen möglichen Widrigkeiten werden würde, fürchtete aber, dass, egal ob es eine Kammer und einen Erben tatsächlich gab, oder jemand nur darauf anspielte, reichlich Ärger auf sie zukommen würde. Hermine unterbrach seine Gedanken und die Stille der anderen, indem sie von dem Stuhl aufstand, auf dem sie Platz genommen hatte.

„Nun, es ist auf jeden Fall logisch anzunehmen, dass hinter der Versteinerung vielleicht kein menschliches Wesen gesteckt hat. Sonst kann ich mir nur schwer erklären, dass selbst Dumbledore ihr nicht hat helfen können und derart beunruhigt war...“, meinte sie. Und ihr Argument klang vorläufig logisch, obwohl es auch andere Gründe dafür geben könnte für die Reaktionen des Schulleiters.

Auch Harry stand auf. „Ja, kann sein. Aber, ich denke, wir können jetzt erst einmal nichts tun, als abwarten. Vor allem sollten wir langsam in die Schlafsäle gehen. Wenn wir Filch jetzt einen Grund liefern uns zu bestrafen, werden wir auf jeden Fall in Schwierigkeiten geraten. Und es ist sicher nicht von Vorteil, wenn wir am selben Abend mit Mrs. Norris aufgefunden werden und nach der Nachtruhe nicht in unseren Betten sind.“

Seine drei Freund nickten. Schnell machten sie sich auf den Weg. Und während Hermine bei den Treppen sich von ihnen trennte und zum Gryffindorturm eilte, liefen die drei Slytherins rasch in die Kerker, ihren Gemeinschaftsraum und schließlich zu ihren Schlafsälen. Auf dem ganzen Weg sprachen sie kein Wort mehr.

 

Schon am nächsten Morgen gab es erste wilde Gerüchte. Harry war es gewohnt, dass Leute zu ihm sahen oder auf ihn deuteten. Aber alle Aufregung um ihn und die kleine Gruppe, deren Teil er war, war länger schon geringer gewesen. Jetzt aber gab es einige, die teilweise verborgen, teilweise ganz offen zu ihnen starrten. Harry war sich ziemlich sicher, dass Draco nicht der einzige war, der die Legende um die Kammer kannte und schon am Abend verbreitet hatte. Außerdem waren laut Hermine alle „Eine Geschichte von Hogwarts“-Exemplare der Bibliothek verliehen gewesen, bevor sie sie am nächsten Morgen besuchte. Zweifellos gab es mehr als einen Schüler, der sich fragte, ob nicht einer von ihnen der Erbe von Slytherin sein könnte. Und Harry konnte nicht behaupten, dies nicht erwartet zu haben. Es lag Angespanntheit in der Luft, auch ein paar der Lehrer sahen Harry und seine drei Freunde schief von der Seite an, die Woche begann nicht besonders gut.

Draco behielt mit seinen schlechten Vorahnungen weiterhin recht, denn auch die folgenden Tage waren nicht einfach. Obwohl Severus nicht dazu kam, sie zu sich einzuladen und auszufragen, gab es genug anderes, das sie beschäftigte.

So mussten sie zum Beispiel sehr darauf achten, Filch aus dem Weg zu gehen. So, wie es im Übrigen alle halbwegs vernünftigen Schüler taten, mehr als sonst, hieß das. Der Hausmeister patrouillierte ab dem Morgen nach Halloween ununterbrochen in den Gängen, wenn er es nicht tat, saß er mit mürrischer Miene auf einen Schemel, den er unmittelbar vor dem Tatort des Verbrechens an seiner Katze platziert hatte. Er verhängte allein an den ersten beiden Tagen zwanzig Strafen wegen des Bruchs von Hausregeln, von denen wahrscheinlich selbst Hermine nie gehört hatte, die einmal immerhin fast alle Regeln gelesen hatte. Bei einigen Regeln zumindest war es nicht verkehrt anzunehmen, dass sie der Hausmeister gerade erst in dem Moment, als ihn der Anblick eines Schülers verärgert hatte (nicht dass er ohnehin noch öfter und ausgiebiger schlecht gelaunt gewesen wäre als sonst) erfunden hatte. Wobei niemand sich ganz sicher war, ob die Griesgrämigkeit und Wut von Argus Filch von dem Verlust von Mrs. Norris herrührte, der Tatsache, dass man sich unter den Schülern erzählte, er sei ein Squib (wobei die Quelle dieser Information nicht auffindbar war, doch jeder ihr glaubte) oder der ausgebliebenen Strafe für die vier Zweitklässler, die man mit der Katze aufgefunden hatte.

Es hieß Dumbledore selbst habe Filch die vier Schüler nicht bestrafen lassen, da sie unschuldig wären, bis ihre Schuld bewiesen sei. Es hieß aber auch, dass Dumbledore Angst gehabt habe, die Zweitklässler würden auch Filch versteinern und dass die Schüler überhaupt gar nichts mit der Katze zu tun hatten und jemand anders die Verantwortung trug. Kurz: Ein Gerücht war so viel wert wie das andere. Wobei die Anzahl der Gerüchte allein fast so erstaunlich war wie einige ihrer Inhalte, dafür, dass es nicht viele Stunden her war, gab es bereits am nächsten Morgen viele Meinungen darüber, was geschehen war.

Nun, es gab einige Schüler, die offen der Meinung waren, dass die Schuld der vier feststand. Und dass es nicht lange dauern sollte, bis dies auch verkündet würde.

Und natürlich bekam diese Ansicht in kürzester Zeit weitere Unterstützung. Unter allen Schülern war nämlich diejenige, die der Vorfall an Halloween eher begeisterte als schockierte oder beunruhigte, auch diejenige, die gute Arbeit leistete, um alle entstehenden Gerüchte und Verdächtigungen zu verstärken: Pansy war überaus erfreut darüber, nur zwei Tage nach Halloween die erste offizielle Ausgabe der von ihr neu gegründeten Schülerzeitung von Hogwarts herauszugeben. Und Harry bereute Dracos Taktik Colin loszuwerden, indem er ihn zu Pansy schickte. Anscheinend hatte es nämlich für diese wirklich keine Rolle gespielt, dass Colin muggelstämmig war, sobald sie erst einmal ein paar Fotos von ihm von Mrs. Norris, Argus Filch, Harry, Draco, Hermine und Millicent und der Schrift an der Wand mit aufgeregten Schülern und Lehrern davor in ihre Finger bekommen hatte.

Zwei Seiten gönnte Pansy Texten und Bildern die nicht allein im Zusammenhang mit Halloween standen. Den Rest nahmen wildere Spekulationen ein, als es sie bisher gegeben hatte. Dazwischen fanden sich Berichte und Interviews von und mit Schülern, die Zeugen gewesen waren und einigen Seiten, die nicht nur über mögliche Verdächtige informierten und Gründe dafür angaben, Argus Filch' Katze zu versteinern (die weit vertretene Schülermeinung (einfach, weil keiner den Hausmeister und dieses Vieh leiden kann) stand an erster Stelle), und was es mit der Kammer des Schreckens auf sich hatte (mehr oder weniger) sondern auch dazu aufriefen am Voting „Wer ist der Erbe von Slytherin“ teilzunehmen. Hierfür hatte Pansy kleine Wahlboxen am Schwarzen Brett befestigt. Und tatsächlich gab es schon am selben Tag mehrere Schüler, die sich ihrer bedienten.

Wie die Slytherinschülerin im Übrigen damit durchkam, war zumindest Harry ein kleines Rätsel. Er vermutete allerdings, dass zumindest Severus sie einfach tun ließ, was sie tat, um sich Ärger zu ersparen und weil er ahnen musste, dass jegliche Art von Verbot bestenfalls dazu führen würde, Pansy anzuspornen und gegen sich aufzubringen.

 

Die Zeitung war also alles in allem nur allzu gut geeignet, um dafür zu sorgen, dass fast jeder Schüler zumindest auf die Idee kam, dass Harry oder einer seiner drei Freunde ein Erbe der Kammer von Slytherin sein könnte. Was die eigentliche Bedrohung durch eine Kammer des Schreckens und ein Monster darin betraf, waren die Reaktionen unter Schülern und Lehrern hingegen recht unterschiedlich.

Nicht nur Daphne und Tracy ließen vernehmen, dass ihnen zwar als Reinblüterinnen keine Gefahr drohen sollte, aber dass im Zweifelsfalle Lockhart natürlich in der Lage wäre, sie alle zu retten (Irgendwie war Harry sich allerdings zumindest ziemlich sicher, dass ein mögliches Monster sicher vieles aufhalten könnte, aber keineswegs eine Heldentat ihres blonden Lehrers). Lockhart selbst sprach von einem „Schülerstreich“, der sich bald klären würde und versprach, dass es keinen Grnd zur Sorge gäbe, wenn etwas an der lächerlichen Geschichte von eine Monster dran sein sollte, könne er jedoch auch selbstverständlich mit einem Wesen umgehen, dass im Schloss umher zöge.

Unter den Schülern von Gryffindor und Hufflepuff waren hingegen einige zumindest leicht nervös und misstrauisch gegenüber dem Quartett verdächtiger Schüler, immerhin drei auch sonst nicht unauffällige Slytherins und eine Gryffindor, die bekannter weise bei Mahlzeiten öfter bei den Schlangen zu sitzen schien, als bei den Löwen. Viele Gryffindors waren schließlich der Meinung, dass Slytherins grundsätzlich oft dazu neigten, Übles auszuhecken.

In Ravenclaw hingegen blieben die meisten scheinbar gelassen. Es wäre unsinnig anzunehmen, Zweitklässler seien zu Versteinerungen in der Lage, und nicht hilfreich in Panik oder Sorgen zu geraten, solange vorhandene Fakten derart vage waren, sagten ein paar der Schüler. Außerdem wäre nicht klar, ob der Inhalt des Schreibens an der Wand stimme, ja auch nur stimmen könnte. Und schließlich sei nie eine riesige verborgene Kammer im Schloss gefunden worden, die auch nur Platz für irgendein sagenumwobenes furchtbares Monster böte, obwohl mehrere Generationen von Lehrern zweifellos das Schloss gründlich durchsucht hätten.
Und Emily Fairmeadow, an die Harry sich erinnerte, weil ihm aufgefallen war, dass sie eine Zigarette rauchte, als sie sie vor nur wenigen Wochen bei den Kutschen empfangen hatte, und die ihre Schuluniform auf eine Weise trug, die möglicherweise gegen einige echte Hausregeln verstoßen könnte, sagte drei Tage nach Halloween beim Frühstück laut, dass sie es lächerlich fände, zu glauben, dass vier Zweitklässler durch das Schloss gingen und Katzen versteinerten. Sicherlich nicht, weil sie sie in Schutz nehmen wollte, sondern weil das schlicht und einfach ihre ehrliche Meinung war und sie kein Problem damit hatte, sie auszusprechen.

Von den Vertrauensschüler wirkten die meisten zwar wachsam, aber nicht wirklich alarmiert. Es gab ständig Vorfälle in Hogwarts, die von außen betrachtet sehr bedrohlich wirkten, sich aber doch als eher harmlos herausstellten. Oder tatsächlich bedrohlich waren, aber geklärt werden konnten. Es konnte durchaus sein, dass jemand eine Möglichkeit gefunden hatte, Mrs. Norris zu versteinern, aber nicht auch nur die Mittel hatte mehr zu tun, und sich nur aufplustern wollte.

Nur Percy Weasley blickte nach Halloween immer wieder ernst in die Gegend und in die Gesichter aller möglichen Verdächtigen und auch unmöglichen Verdächtigen auf der Suche nach einer Bedrohung, der Wahrheit und der Möglichkeit seine Aufgabe heldenhaft zu erfüllen und dafür belohnt zu werden. Ein paar von den nervöseren Schülern schienen ihm auch nicht wirklich dankbar dafür, einige andere machten sich hinter seinem Rücken über ihn lustig.

Im Slytheringemeinschaftsraum wurde ein wenig anders über die Kammer geredet. Einige meinten, es sei nicht richtig sich anzumaßen zu glauben, ein paar Zweitklässler könnten ein Erbe von Slytherin selbst kennen. Viele andere waren sich entweder sicher, dass die Kammer nicht wirklich existierte oder der Meinung, dass es gut sei, wenn sie es täte und wenn ein paar muggelstämmige Schüler zu Schaden kämen. Es war nicht unüblich, dass Slytherinschüler daran glaubten, dass Reinblütigkeit gefördert werden sollte. Aber unter den jüngeren Schülern nahmen die meisten die Ereignisse auf die leichte Schulter. Und Blaise fing sich böse Blicke und eine drohende Faust von Millicent ein, als er meinte, es sei ja nur eine Katze gewesen.

Überhaupt gab es neben Filch scheinbar nur zwei Personen, die offen bedauerten, was Mrs. Norris zugestoßen war, falls man Dumbledore nicht mitzählte, bei dem man sich in solchen Dingen immer nicht sicher sein konnte.
Die erste war, wie könnte es auch anders sein, Millicent. Sie fand es furchtbar, dass eine Katze versteinert worden war. Sei es auch keine, die sie wirklich mochte. Und sie machte sich vor allem ernstlich Gedanken um die anderen Tiere im Schloss.
Genauso, vermutete Harry nach den Erfahrungen mit Fluffy, auch um ein möglicherweise einsames Monster, seitdem sie Dracos Erläuterungen gehört hatte. Schließlich musste dieses Monster seit Jahrhunderten vor allem in der Kammer und ohne große Gesellschaft gewesen sein. Nicht dass Monster nicht auch Gefühle hatten.

Die zweite Person, die ernstlich schockiert darüber war, dass Mrs. Norris versteinert worden war und die furchtbar traurig schien, sobald die Katze erwähnt wurde, war überraschenderweise Ginny Weasley. Die Erstklässlerin war seit Beginn des Schuljahres oft nicht sehr glücklich gewesen (auch wenn Harry nicht gehört hatte, dass andere Erstklässler sie erneut geärgert hätten). Sicher auch, weil Ron und Percy Weasley deutlich auf Abstand zu ihr gingen, weil sie im „falschen“ Haus war. Doch die versteinerte Katze machte sie offen unglücklich, soweit es Harry mitbekam, wenn er sie im Gemeinschaftsraum, in den Gängen oder beim Essen zufällig sah. Was nicht wirklich oft vorkam, da die Weasley sich meist zurückzuziehen schien und Harry selbst oft mit seinen drei Freunden abseits blieb.

Severus hingegen saß mit grimmiger Miene am Lehrertisch und erinnerte Harry durch seine Blick daran, dass er vorhatte, ihn, seinen Patensohn und die beiden Mädchen darüber zu befragen, wie sie in einen Korridor gekommen waren, in dem eine Katze versteinert worden war. Wobei es sicher nicht klug wäre, eine sarkastische Antwort oder komplette Lüge auszusprechen wie „zu Fuß“ oder „Wir sind geschlafwandelt und wissen von nichts.“.

Eine andere Person, die Severus genau beobachtete, aber doch eher mit Überraschung als der Mischung von Sorge, Misstrauen und stillem Versprechen, dass er den vier anderen zuteil werden ließ, war Neville.
Der dunkelhaarige ungeschickte und Severus fürchtende Junge war nämlich neben Hermine der zweite Schüler aus Gryffindor, der sich am Tisch der Slytherins einfand.

Obwohl sonst selten einer Neville mutig nennen würde, fand Harry, dass der Gryffindor es diesmal sichtbar war. Sich zu den „Schlangen“ zu setzen, erregte normalerweise schon genug Aufsehen. Allein, weil Gryffindor und Slytherin als Erzfeinde galten. Und nun zog Neville zusätzlich Blicke auf sich, weil die Slytherins unter Generalverdacht vieler standen. Das Misstrauen gegen Slytherin war einfach so groß, seitdem es hieß die Kammer des Schreckens, die mit dem Haus in Verbindung stand, sei geöffnet worden. Neville zitterte, Neville wurde rot und blass, aber es hielt ihn nicht davon ab, sich neben Theo zu setzen und mit ihm leise zu reden oder auch einfach nur gemeinsam beim Essen zu schweigen. Harry hatte zwar vermutet, dass die beiden sich gut verstehen könnten, aber er hätte nicht gedacht, dass sie so gute Freunde werden konnten.
Doch obwohl er sich ein wenig Sorgen machte, dass Neville Ärger mit den anderen Gryffindors bekommen könnte, allen voran Ron Weasley, freute er sich, dass zwei seiner Freunde einander ebenfalls Freunde sein konnten. Und dass Neville sich nicht abschrecken ließ durch ein paar Gerüchte.

 

Harry war klar, dass zumindest Severus nicht darüber begeistert sein würde, wenn er und die drei anderen begännen zu versuchen herauszufinden, was nun wirklich passiert war, aber ihm war auch klar, dass es nicht nur in ihrem eigenem Interesse gut wäre, wenn sie versuchen würden, mehr in Erfahrung zu bringen.

Am Dienstag, während überall die Zeitung von Pansy gelesen wurde, gelang es Harry, Draco, Hermine und Millicent, unbemerkt aus der Großen Halle zu gehen und heimlich den Korridor aufzusuchen. Draco maulte zwar und meinte, sie würden sich noch verdächtiger machen, wenn sie jemand fände und er wolle wirklich nicht nach Spuren suchen, die es nicht geben könnte, nur um sich den Ärger einzuhandeln, der ihm noch gefehlt habe, doch am Ende war er es, der als erster ankam und sich am gründlichsten umsah.

„Ist das ein Brandfleck?“, meinte der Blonde und deutete auf eine dunkle Stelle am Boden.

Millicent hingegen sah interessiert zu ein paar Spinnen, die wie eine Reihe Ameisen auf einer Ameisenstraße an einem dünnen Faden aneinandergereiht aus dem Fenster krabbelten, als wären sie vor etwas auf der Flucht, verstört und aufgebracht. Und wies die anderen darauf hin, dass das kein typisches Verhalten für sie war. Woraufhin Draco nur die Augen drehte und meinte, er wolle sich nicht wirklich mit so widerlichen Dingen wie Spinnen und einem Grund, warum sie von einem Ort flüchten könnten, beschäftigen.

Harry wiederum fiel sofort auf, dass der Korridor an diesem Tag nicht nur feucht war, wie es zu Halloween der Fall gewesen war, sondern regelrecht überschwemmt. Eine große Wasserlache breitete sich vor der Tür aus, die der Wand, an der Mrs. Norris gehangen hatte, am nächsten war. Filchs unbesetzter Schemel stand mit einem Bein im Wasser. Zweifelsohne würde ihn das noch mehr als ohnehin in schlechte Stimmung versetzen.

Hermine folgte seinem Blick zu der Tür und gab einen tadelnden Laut von sich. „Myrte.“, stellte sie fest. „Das da ist das Mädchenklo, in dem sie spukt.“

Tatsächlich gab es ein Schild, dass den Raum hinter der Tür als Toilette der Mädchen auswies. Und ein weiteres mit der Aufschrift „defekt“.

„Ihr habt sie ja kennengelernt. Wenn es ihr schlecht geht, noch schlechter als sonst, überschwemmt sie immer die Toilette... Das Mrs. Norris ausgerechnet vor ihrem Klo aufgehängt wurde...“

„Glaubt ihr, sie hat vielleicht etwas gesehen? Wenn jemand hier Mrs. Norris aufgehängt hat, die Nachricht geschrieben hat und sie vielleicht sogar hier versteinert wurde...“, meinte Harry, war aber von seiner eigenen Idee kaum überzeugt.

War Draco zuvor verstimmt darüber gewesen, dass sie ihre Pause dazu nutzten an den Ort zu gehen, der ihnen schon genug Probleme machte, so war er nun vollkommen unwillig.

„Ich geh da nicht rein.“, sagte er. „Ich habe keine Lust...“

Hermine hatte die Tür geöffnet, packte den Blonden an seinem Umhang und zog ihn mit sich in das Klo. „Hab dich nicht so.“, sagte sie.
Millicent und Harry folgten den beiden. Wobei sie sich keine Gedanken darüber machten, dass Harry und Draco eigentlich nicht in ein Mädchenklo gehen sollten, aber schließlich wurde dieses Klo nur von einem Mädchen benutzt. Und dieses Mädchen war bereits tot.

Ein Jammern und Gurgeln ging durch einen dreckigen, düsteren und mit Wasser überfluteten Raum. Im letzten Jahr hatten Harry und Draco, in Begleitung von einem widerstrebenden Ron Weasley, Millicent und Hermine in einer anderen Mädchentoilette aufgesucht, um sich gemeinsam gegen einen Bergtroll zu verteidigen. Das Klo war den Toiletten der Jungen im Großen und Ganzen ähnlich gewesen. Auch nach dem Kampf gegen den Troll, nach zerschlagenen Türen und Waschbecken und vielen Flüchen seitens Draco, war der Raum nutzbarer gewesen, als der, in dem sie nun standen.

Harry hatte fast ein wenig Mitleide mit der Maulenden Myrte. In so einem Raum zu leben (oder eben tot zu sein), konnte nicht angenehm sein. Obwohl der Geschmack von Geistern ja doch ein wenig anders zu sein schien. Doch diese bedrückende, dreckige, kalte Trostlosigkeit konnte nicht ertragbar sein.

Das Jammern wurde unterbrochen und dann flog Myrtes durchscheinende Gestalt aus einer der Klokabinen, um die Besucher ihres Wohnortes zu betrachten, die sie in ihrer Klage zu unterbrechen gekommen waren. Harry war erstaunt, dass sie ihr Eintreten bemerkt hatte.

Myrte sah zu Millicent und Hermine, dann zu Draco und Harry. Ihr Gesicht verzog sich.
„Das ist ein Mädchenklo.“, bemerkte sie.

„Schau mal, Myrte, wir wollten dir nur ein paar Fragen stellen...“, sagte Hermine schnell. „Du weißt sicher von dem Vorfall an Halloween, oder?“

Myrtes Unterlippe zitterte und Harry war sich sicher, dass sie gleich wieder zu jammern anfangen könnte. Vielleicht war sie darüber, dass es Aufregung in ihrer nächsten Nähe gab, betrübt, vielleicht darüber, dass zumindest sie von Pansy nicht befragt und ihr möglicherweise auch sonst von niemanden Aufmerksamkeit geschenkt worden war. Oder sie war betrübt, weil eben doch einer der Lehrer ihr Fragen gestellt hatte.

„Wir wollten fragen, ob du nicht etwas gesehen hast?“, meinte Draco, der sich, wie immer, rasch wieder gefasst hatte und Myrte charmant zulächelte.

Myrtes durchsichtige Wangen verfärbten sich und Harry wurde klar, dass sie errötete.

Harry begriff und lächelte dem Geist ebenfalls zu und ergänzte: „Du könntest uns eine große Hilfe sein.“

Myrte schien vollkommen verblüfft darüber zu sein, dass man freundlich zu ihr war und sichtbar geschmeichelt.

„Nun... gut...“, sagte das Geistermädchen und wirkte verlegen. „Ich fürchte, viel weiß ich nicht. Peeves hatte mich getriezt. Ich war sehr traurig und durcheinander.“

„Verständlich.“, sagte Draco und nickte.

„Ich war sehr, sehr traurig. Und wollte lieber allein sein. Ich habe niemanden gesehen. Aber als ich im im Abflussrohr saß und über Peeves und seine Bemerkungen nachdachte, da war mir in einem Moment sehr seltsam zumute. Ich hatte das Gefühl, das jemand in der Nähe war. Und dass etwas nicht richtig schien. Natürlich dachte ich nicht, dass es wichtig sein würde. Ich habe erst von den Dingen, die in meiner Nähe geschehen waren, erfahren, als der Hausmeister am nächsten Tag vor der Toilette einen Stuhl aufstellte. Mir sagt selten jemand etwas, wisst ihr?“

Alles in allem hatte ihre Erkundung keine wirklich deutbaren Ergebnisse erbracht. Obwohl Hermine meinte, dass es immerhin ein Anfang wäre, zumindest einige Hinweise zu haben.

„Wir können nicht ausschließen, dass es einen Erben unter den Schülern gibt.“, meinte sie auch.

Harry hoffte, dass es weder Erben noch Monster gab, und dass Mrs Norris ein Einzelfall bleiben würde und die Aufregung um ihre Versteinerung abklang, wenn erst einmal ein paar weitere Tage vergangen waren.

Aber er und Draco hatten letztlich an den folgenden drei Tagen nicht wirklich die Zeit, sich Sorgen und Gedanken zu machen oder Erkundigungen zu unternehmen. Nicht nur, weil sie wieder viele Hausarbeiten auf bekamen. Zwei Schüler waren nämlich, natürlich, absolut an dem Getue um eine Katze, eine Kammer und Klatsch und Tratsch uninteressiert. Und sahen andere Prioritäten, die sie dem Rest der Schülerschaft gerne vermittelten.

„Es ist vollkommen egal, ob es irgendeine Kammer gibt oder irgendeinen Erben oder ob irgendein Schüler der Erbe ist...“, ließ sich Oliver Wood vernehmen, während Marcus Flint verkündigte:
„...eine Katze, die keiner leiden kann, ist versteinert worden? Es gibt Wichtigeres.“
„...es ist natürlich bedauerlich, aber Quidditch ist, worum wir uns kümmern sollten...“, fuhr Wood seinerseits fort.

Und Flint machte deutlich: „...Trainieren und Wo... die Gryffindors schlagen.“

Zum Glück merkten die beiden als einzige nicht, wie ähnlich sie sich waren und wie gut sich ihre Worte ergänzten. Nur, dass der jeweils der andere heimtückisch versuchte, das Spielfeld zu jeder freien Stunde zu buchen.

 

Draco und Harry jedenfalls hatten neben Severus' drohenden Blicken, dem Getuschel anderer und Pansys nervenzerreibenden Dauerfragen (wer von euch ist es denn nun?) vor allem doch mehr mit Kälte, Regen, Wind, Schlamm und ihrem enthusiastischem Kapitän zu kämpfen. Es gab schließlich kein Wetter, keine Zeit (solange sie erlaubte Trainingszeit war), keine Vorwände, die davon abhielten Quidditchtraining zu absolvieren. Zumindest nicht, wenn dies die Möglichkeit erhöhte, Wood zu vernichten. Nicht, dass das nicht selbstverständlich auch ohne jedes Training möglich wäre, da sie ihm schließlich laut Flint natürlich überlegen waren.

So kam es, dass die beiden Jungen ihre Hausaufgaben oft spät abends erledigen mussten, während sie im Gemeinschaftsraum neben Millicent saßen, die ihre große schwarze Katze auf dem Schoß hatte und streichelte. Und Draco ließ vernehmen, dass es praktisch wäre, wenn sie Hermine am Abend um Hilfe bei ihren Hausaufgaben bitten könnten. Es war allerdings nicht so, dass sie beide es nicht dennoch schafften, neben dem Quidditch auch allen Schulpflichten nachzukommen, größtenteils zumindest. Nicht zum ersten mal bedauerte auch Harry, dass Hermine in Gryffindor war und nicht bei ihnen. Er überlegte sogar, ob er nicht vielleicht seinen Tarnumhang hervorsuchen sollte, um sie zu ihnen zu schmuggeln. Nicht wegen der Hausaufgaben, sondern weil sie kaum dazu kamen, miteinander Zeit zu verbringen und Hermine beim Essen oft in dicken Wälzern versank. Laut Millicent, die mit ihr jeden Tag in der Bücherei war, las ihre Freundin mehr als sonst und zeigte allen Enthusiasmus, auch das letzte Buch, an das sie gelangen konnte, zu verschlingen.

Harry ahnte, dass Hermine Hinweise suchte und sich Gedanken machte. Aber dass sie nicht mit ihnen darüber reden würde, bis er und Draco nicht das Spiel hinter sich hatten, oder sie etwas Ausschlaggebendes gefunden hatte. Harry ahnte auch, dass Draco dies ebenfalls vermutete, und er sie nicht nach Hilfe bei den Hausaufgaben gefragt hätte, wenn sie mit ihnen im Gemeinschaftsraum gewesen wäre, um ihr alle Zeit und Ruhe zu geben, die sie benötigte. Nun, es gab ohnehin einen Lehrer, dessen auferlegte Hausaufgaben sie sich sparen konnten. Vier Wochen nach Schuljahresbeginn erledigten sie beide keine einzige Aufgabe von Lockhart mehr.

Der Unterricht des blonden selbstverliebten Lehrers (und nein, Draco und er waren sich nicht in manchen Punkten ähnlich, wirklich) war kaum ertragbar, solange man versuchte, ihn ernst zu nehmen, etwas, dass zumindest Millicent, Draco und Harry schon vom ersten Tag an aufgegeben hatten. Inzwischen ließ der Lehrer meistens Szenen aus seinen Büchern nachspielen, mit ihm als Helden und mit Schülern als Monstern, denen er begegnete und die er bezwang. Zumindest ersterer Teil war aus seiner Sicht vielleicht nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt.

Am Anfang hatte er versucht, vor allem Harry zum Komparsen zu wählen, bis ihn beim vierten mal die Blicke von Draco und Millicent neben ihm trafen und er sich von da an spontan anders entschieden hatte und Harry seltener Yetis, Hexen, Ghule oder Vampire spielen musste. Oder den lächerlichen Werwolf, der ihn beinahe wütend gemacht hatte und verstehen ließ, warum Remus nach einem Blick in entsprechendes Buch von Lockhart den Mann und sein Werk abgelehnt hatte. Was die Hausaufgaben betraf: Harry hatte ernsthafte Zweifel daran, dass sie das Schreiben von Gedichten über Lockharts Heldentaten oder das Zeichnen von Szenen aus seinen Büchern ihm irgendetwas beibringen würde oder dass es überhaupt Sinn machte, solche Aufgaben für Verteidigung gegen die Dunklen Künsten zu stellen.

Im Übrigen schrieb er über die Szenen und Umstände in Lockharts Klassenzimmer nicht im nächsten Brief an seinen Paten. Auch erwähnte er weder die Sache mit der Katze und der Kammer noch Severus Ernst. Beides würde Remus Sorgen bereiten. Der Brief wurde nicht sehr lang, was ihm irgendwie zu Bedenken gab.

 

Der Freitag kam und ging und mit seinem Ende begann das Wochenende. Die Gerüchte waren nicht weniger geworden und Harry hatte gesehen, wie Draco stirnrunzelnd auf Pansys aktuellen „Wahlstand“ geblickt hatte. Der Blonde kam an dritter Stelle nach Harry und Hermine. Warum Leute meinten ein beinahe Gryffindor mit Muggelverwandten und eine Muggelstämmige wären vielleicht Erben und Vollstrecker eines Mannes, der Muggelstämmige und Halbblüter aus dem Schloss hatte vertreiben wollen, war Harrys bestem Freund offenbar ein Rätsel. Und Harry ahnte, dass Draco irgendwie gewollt hatte, dass er, wenn er schon verdächtigt wurde, doch wenigstens selbst an erster Stelle stand. Er konnte es ihm nicht ganz nachempfinden. Und es auch zum Teil schwer nachvollziehen, wenn der Slytherinschüler gleichzeitig mehrfach meinte, dass sie dieses oder jenes vermeiden sollten, um sich nicht verdächtig zu machen. Manchmal stand Draco wirklich sehr im Widerspruch mit sich selbst.

Am Samstagmorgen war dann das Team der Slytherins als erstes in der Große Halle. Ihr Kapitän hatte nämlich beschlossen einen Wettkampf daraus zu machen, eher beim Frühstück zu sein als Wood. Nur, dass er offensichtlich nicht einkalkuliert hatte, dass es eine Zeit gab, zu der es offenbar noch kein Essen gab. Dementsprechend zeigte sich die Laune vieler Teammitglieder. Harry war zwar durch die letzten Tage ein wenig geschafft und müde, aber er freute sich auf das Spiel. Zu fliegen war ihm so vertraut, so leicht und angenehm, dass kein Ärger, schlechtes Wetter oder ein viel zu früher Morgen es verderben konnten. Und das Team der Gryffindors lieferte ihnen, bei allem Streit zwischen Wood und Flint, sicher einen guten Gegenspieler.

„Na endlich...“, maulte Miles, als dann doch neben den ersten Lehrern auch das erste Essen eintraf.

Aus dem Augenwinkel sah Harry wie Dracos Gesicht sich kurz verdunkelte, als er die Nachricht las, die ihm sein Uhu gebracht hatte. Wie als hätte sein Freund seinen Blick bemerkt, steckte er seinen Brief weg und setzte eine andere Miene auf. Gerne hätte Harry ihn auf den Brief angesprochen, aber er war sich sicher, dass Draco ihm nichts dazu sagen würde und außerdem mussten sie bald aufs Spielfeld.

George und Fred Weasley kamen neben ihrer Schwester gehend zum Tisch der Slytherins und sprachen abwechselnd auf sie ein. Ginny trug einen gelbroten Gryffindorschal, von dem Harry ziemlich sicher war, dass einer ihrer Brüder ihn ihr gegeben hatte.

„Natürlich nehmen wir es dir nicht übel, wenn du für Slytherin jubelst...“
„...oder aus versehen mal einen von deren Spielern anfeuerst...“
„...aber du solltest nicht parteiisch werden...“
„...und für uns lauter jubeln.“

„Wäre sie dann nicht erst recht parteiisch?“, meldete sich der Freund der Zwillinge, ein Gryffindor namens Lee Jordan, ein.

Er hoffte, Ginny würde nicht erneut Ärger mit ihren Mitschülern bekommen und folgte ihrem Weg zum Tisch besorgt. Als er sah, dass sie sich ohne Probleme zwischen die anderen Zweitklässler setzte und die beiden Zwillinge schließlich zu ihrem eigenem Tisch gingen, wandte sich Harry wieder seinem Frühstück zu. Ihm wurde in den letzten Tagen nur allzu sehr klar, wie groß die Differenzen zwischen den beiden Häusern waren und dass er dies irgendwie tatsächlich ein wenig hatte vergessen können, bevor er zu einem Hauptverdächtigen geworden war.

Nun zumindest die Zwillinge und Lee Jordan störten sich nicht an Vorurteilen von Gryffindorschülern gegenüber Slytherin. Harry war Fred und George irgendwie dankbar dafür, dass sie die angespannte Lage ein wenig lösen konnten, einfach indem sie alle Sorgen und Gerüchte ignorierten. Auch ihrem Freund, von dem er zwar nicht wirklich viel wusste, aber ziemlich sicher war, dass er ein ebensolcher Freigeist war wie die beiden unbefangeneren Weasleys.

Lee Jordan war es auch, der dann ihre Namen rief, als sie eine dreiviertel Stunde später auf das Quidditchfeld gingen. Hermine und Millicent hatten Harry und Draco viel Erfolg gewünscht, wobei Hermine dabei abwesend in einen neuen dicken Wälzer geschaut und Millicent sich mehr mit ihrem Frühstück beschäftigt hatte. Wenn es etwas gab, das die beiden Mädchen beider maßen nicht ganz so sehr interessierte, dann war es Quidditch. Auch Theo und Neville hatten sie gegrüßt und saßen bei den beiden anderen auf dem Teil der Tribünen, der überwiegend in Grün und Silber gekleidet war. Obwohl Neville gemeint hatte, dass er auch sein eigenes Haus anfeuern würde.

Wie üblich war das Spiel gut besucht. Und wie üblich fühlte Harry freudige Erwartung, sobald er neben den anderen mit seinem Besen in der Hand und in seiner grünen Spielerkleidung das Feld betrat und zu dessen Mitte ging, wo Madam Hooch, die Fluglehrerin und Schiedsrichterin der Hausspiele, stand und wartete. Ihre gelben scharfen Augen betrachteten jeden der vierzehn Spieler in rot und grün aufmerksam und berechnend, bis alle sich in einer ordentlichen Reihe einander zugewandt aufgestellten. Schon im ersten Jahr hatte sie Harry an einen Falken erinnert, dem nur wenig entging. Kurz ruhte Madam Hoochs Blick auf den beiden Kapitänen, mehr auf Flint als auf Wood, da ersterer nicht nur seinem eigenem Team dafür bekannt war, dass er meist öfter foulte, als der Rest der Mannschaft zusammen, wenn er ungeduldig wurde, sich ärgerte oder auch nur Wood unbedingt mit allen Mitteln besiegen wollte. Doch dass hieß nicht, dass sie ein Foul von einem anderen Spieler durchgehen lassen würde. Die Lehrerin hatte zwar den Slytherinkapitän auf dem Kieker, aber Harry wusste, dass sie im Großen und Ganzen keinen Spieler benachteiligte und keinen Spieler bevorzugte. In Madam Hoochs Augen war jeder gleich und es zählte immer nur das, was einer gerade in diesem Augenblick auf seinem Besen tat.

„Stellt euch ordentlich auf und begrüßt euch.“, bellte Madam Hooch.

Harry sah zu dem Sucher ihm gegenüber und nickte ihm zu. Der andere Junge gab kein Anzeichen einer Erwiderung und blickte einfach nur gerade aus. Ein wenig befürchtete Harry, dass der Gryffindorsucher einer von denen war, die auf Pansys Wahlzettel seinen Namen ganz oben hinschrieben. Andererseits war der andere Sucher schon im letzten Jahr immer unauffällig und eher reglos gewesen. Der Viertklässler bildete einen Gegensatz zum Rest der Gryffindormannschaft, die oft ein wenig lauter, schneller oder emotionaler war, aber Harry hatte das Gefühl, dass er dennoch nicht weniger zur Gruppe seiner Mitspieler gehörte.

„Besteigt die Besen.“, rief nun Madam Hooch, also mussten ihre beiden Kapitäne einander bereits die Hand gegeben haben und ziemlich sicher versucht haben die Finger des jeweils anderen zu zerquetschen, „Spielt fair und ordentlich, ich will ein gutes Spiel von euch allen sehen.“

Vereinzeltes Nicken und sicher nicht nur in Harrys Kopf der Gedanke, dass es sicher mehrere Fouls geben würde. Auf beiden Seiten.

Madam Hooch pfiff und sie alle erhoben sich in die Luft. Harry flog sofort nach ganz oben, die Suche nach dem Schnatz bot an, auf Abstand zu den anderen Spielern zu kreisen und die Augen offen zu halten, bis der kleine goldene Ball sich blicken ließ. Unten gab Lee Jordan seine ersten Kommentare zum Spiel ab und Harry war sich sicher zu sehen, wie Professor McGonagall, die neben ihm stand und in ihrer Präsenz der von Madam Hooch nicht unähnlich war, ihm schon nach zwei Sätzen eine Ermahnung erteilte.

Draco flog unter Harry entlang, fing seinen Blick und zwinkerte ihm zu, sein Ausdruck für: Ich werde dieses Spiel meistern. Und wenn du den Schnatz fängst, wird Gryffindor schon absolut untergegangen sein. Tatsächlich schaffte er es keine halbe Minute später das erste Tor für Slytherin zu erzielen, nun stand es 10 zu 10, das erste Tor des Spiels hatte Harry beinahe verpasst, so schnell war es Katie Bell gelungen an Miles vorbeizukommen. Hoffentlich würde ihr Torwärter den nächsten Ball halten, sonst könnte ihr Kapitän sehr früh beschließen ein ungeduldiges Foul zu begehen. Harry blickte zu Miles und war sicher: Die Dinge würde in Ordnung gehen. Miles mochte nicht der enthusiastische Spieler sein, und war im Großen und Ganzen einer jener Menschen, denen der Begriff „Ehrgeiz“ wenig bedeutete, aber er legte sich ins Zeug, wenn er über einen Ball, den er nicht gefangen hatte, verärgert war.

Ein Klatscher jagte dicht an Harry vorbei, der ihm mit dem Reflex langen Trainings auswich, und er beschloss sich wieder auf seine Aufgabe zu konzentrieren und sich einfach auf seine Mannschaft zu verlassen. Pollonia folgte dem gefährlichem Ball und schmetterte ihn nach unten in Richtung Angelina Jolies, bevor sie selbst wieder abtauchte und Harry ihr ein Danke nach rief. Wenn er eines über die neue Treiberin wusste, dann dass sie Wert darauf legte, dass man ihre Arbeit schätzte. Und dass sie nur allzu gerne haarscharf an anderen Spielern vorbei flog. Ihre Mannschaft hatte den Vorteil, ein wenig daran gewöhnt zu sein, dass ein grüner Schatten sie fast streifte, aber Harry war sich sicher, dass Pollonia durch ihre Flugweise ihre Gegner gut irritieren konnte.

Undeutlich vernahm er von den Tribünen, dass offenbar auch Lee Jordan Pollonias Manöver aufgefallen waren. Zweifelsohne war der Gryffindor sicher auch bemüht zu betonen, dass es gut war, dass endlich auch Slytherin zumindest ein Mädchen in der Mannschaft hatte.

Ein weiteres Tor ging an seine Mannschaft, dann musste Harry schon wieder einem Klatscher ausweichen. Der gefährliche Ball flog an ihm vorbei und er runzelte leicht irritiert die Brauen. Klatscher kamen selten in die Höhe, in der er nun flog, und er war sich sicher, dass Fred und George ihn nicht zu ihm getrieben hatten. Solange er keine Anzeichen dafür zeigte, den Schnatz gesehen zu haben und das Spiel nicht behinderte, gab es wenig Grund dafür, auf ihn zu zielen.

 

Ein paar Minuten später war Harry davon überzeugt, dass etwas mit dem Klatscher, der nun bereits über ein Dutzend mal auf ihn zugeflogen gekommen war, nicht stimmen konnte. Es war, als hätte der Ball, und Harry hatte gesehen, dass es immer der selbe Klatscher gewesen war, es auf ihn angelegt. Dass ein Klatscher einen einzigen Spieler wieder und wieder ansteuerte war nicht normal. Jemand musste den Ball manipuliert haben. Immer weiter war er nach oben geflogen in der Hoffnung, dass er vielleicht von ihm ab ließ, wenn er sich weit genug entfernte. Normalerweise war kein Klatscher so hartnäckig, dass er einen davonfliegenden Spieler ewig verfolgte.

Harry musste an sein erstes Spiel im vergangenem Jahr denken, in dem Professor Quirrell versucht hatte ihn mit einem Fluch von seinem Besen zu schmeißen und umzubringen. Letztes Jahr war es sein Besen gewesen, nun lag offenbar auf dem Klatscher ein Zauber. Irgendwie hatte Draco wahrscheinlich recht, wenn er meinte, dass Harry dazu neigte Pech zu haben. Und sich Feinde zu machen, falls der Klatscher in der Absicht verhext oder verflucht worden war, ihn zu verletzen, darauf lief schließlich ein erfolgreicher Treffer hinaus, oder nicht?

Doch im Gegensatz zum vergangenem Jahr schien diesmal noch niemand groß zu bemerken, dass Harry in Bedrängnis war. Er war wirklich sehr, sehr hoch geflogen, um von dem Klatscher weg zu kommen. Das Spielfeld hatte nicht wirklich eine Begrenzung nach oben und so weit, wie er nun von den Tribünen und seiner Mannschaft entfernt war, mussten das Spiel und die übrigen Bälle die anderen genug ablenken, um zu verhindern, dass sie nach ihm Ausschau hielten. Oder nach dem einem Klatscher, der keinen von ihnen jagte.

Einerseits war Harry ja dankbar dafür, dass seine Mitspieler keinen Aufstand um ihn machten, und dass er dem Klatscher ganz gut ausweichen konnte, wenn niemand in seinen Weg kam, aber andererseits war ihm klar, dass er in keiner guten Lage war, wenn er sich weiter und weiter entfernte, bis ihn irgendwann der Ball erwischte. Vor allem, weil höher zu fliegen zwar ermöglichte, Abstand zwischen sich und den Klatscher zu bringen, aber auch dafür sorgte, dass ein Sturz in die Tiefe immer mehr Schaden anrichten würde.

Er musste zum Boden. Er musste die Gefahr verringern, möglichst ohne einen der anderen Spieler oder einen der Zuschauer zwischen sich und den Klatscher zu bringen, wer wusste schon, ob dieser nicht einfach ein menschliches Hindernis zwischen sich und Harry ignorieren würde. Demjenigen, der den Ball verflucht hatte, lag vielleicht nichts daran, dafür zu sorgen, dass der Klatscher, bei seinem Ziel Harry zu treffen, niemand anderen verletzte, der einfach nur dass Pech hatte zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.

So schnell wie möglich nach unten zu fliegen, war die beste Möglichkeit. Zumindest die beste, die ihm einfiel, während er fortlaufend dem Klatscher auswich. Er beobachtete den Ball, als er wieder auf ihn zu kam. Er verfolgte die Flugbahn und flog ein Stück zur Seite, sodass der Klatscher auf seinen Brustkorb zu kam. Der Ball beschleunigte, während Harry beinahe still in der Luft stand. Erst als der Klatscher wenige Zentimeter von seinem Besenstiel entfernt war, duckte er sich weg, indem er sich flach auf seinen Besen legte. Dann senkte er den Stiel und seinen ganzen Körper nach vorn. Ohne zu warten und ohne zu zögern sauste er steil nach unten, den Blick auf den Boden geheftet. Er hatte Sturzflüge trainiert. Einmal sogar mit Dracos Nimbus 2001. Er hatte trainiert genau richtig zu beschleunigen und ab zu bremsen und wusste, wie er sich halten mussten, um möglichst wenig Luftwiederstand zu haben. Aber es gab einen ziemlich großen Unterschied zwischen einem Sturzflug im Training und einem Sturzflug im Spiel, bei dem hinter ihm ein Klatscher heran schoss.

Harry betete stumm, dass er es schaffen würde, nach unten zu kommen, bevor ihn der schwarze Ball erreichte. Wenn er Glück hatte, würde der Klatscher ihn treffen und verletzen, aber nicht umbringen. Wenn er Glück hatte, lag ein Fluch auf dem Ball, der dafür sorgte, dass er Harry einmal traf und dann in Ruhe ließ. Wenn er Glück hatte...

Er nahm nichts mehr wahr, aber ihm war klar, dass während die Sekunden auf einmal seltsam langsam verstrichen, während der Wind scharf an ihm vorbeiging, dass jetzt ganz sicher jemand bemerkte, dass etwas mit Harry nicht stimmte, dass etwas mit dem Klatscher nicht stimmte, aber es war, als existierte nur noch der kleine Fleck Spielfeldboden, auf den er zu kam, jemand rief etwas, er war noch vielleicht fünf Meter entfernt, vier, drei, zwei, bremsen konnte er fast gar nicht, aber er versuchte zumindest etwas langsamer zu werden, dem Klatscher die Arbeit abzunehmen, indem er sich durch einen Sturzflug alle Knochen traf, bevor der Ball es selbst tat, wäre wenig genial, einen Meter, in dem Moment, indem er fast eine Bruchlandung hinlegte, sah er etwas Goldenes auf blitzen, er riss verwundert den Mund auf, gleich darauf verschluckte er sich fast, als etwas in ihn hinein flog, keine Sekunde später traf ein zweites etwas, der Klatscher, natürlich war es der Klatscher, seinen rechten Arm und er hätte geschrien, wenn er nicht dabei gewesen wäre, aus zu husten, was beinahe in seinen Rachen geriet und vollkommen verdutzt auf das zu schauen, das dann nass und feucht in seiner Hand landete. Er hatte den Schnatz schon wieder verschluckt. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit dafür, dass er ihn zweimal fast zufällig fing, indem er den Mund öffnete?

Ein Pfiff ertönte und der Klatscher fiel neben dem Sucher zu Boden, Harry getroffen zu haben, musste ihn fluguntauglich gemacht haben. Harry selbst brach zusammen und war sich ziemlich sicher, dass beinahe ein Lachen in ihm aufstieg. Er hatte ein vollkommen irrsinniges Flugmanöver gemacht, hatte irgendwie überlebt und nicht nur, dass er schon wieder in einem Spiel in Lebensgefahr gekommen war, nein, er hatte auch schon wieder auf eine Art und Weise gewonnen, die sicher selten vor kam. Er befürchtete, dass er ein neues Markenzeichen hatte: Narbe, Brille, Sucher, Schnatzverschlucker...

„Harry, Harry!“, hörte er jemanden laut rufen durch den Nebel, der sich in seinem Kopf ausbreitete. Er merkte, dass er nicht gut sehen konnte und irgendwie seitlich gelandet war. Offenbar war seine Brille fort. Ihm war furchtbar übel. Figuren in grünen und roten Umhängen kamen auf ihn zu und Harry wusste irgendwie, dass es Draco sein musste, der so laut rief.
„Wir haben gewonnen.“, sagte Harry. Oder zumindest war er sich sicher, dass er dies hatte sagen wollen, ob er es wirklich sagte, war ihm nicht ganz klar, denn die Bruchlandung und der schnelle Sturzflug hatten ein Sausen in seinen Ohren hinterlassen und sein Mund fühlte sich leicht befremdlich an, weil ein wenig Erde in ihn hineingeraten war.

„Du bist echt vollkommen wahnsinnig.“, meinte Draco, klang aber froh. Er ging neben Harry in die Knie und half ihm ein wenig auf.

„Mir tut alles weh.“, stellte Harry fest.

„Was du nicht sagst.“

Die übrigen Spieler kamen zu ihnen und Wood schimpfte laut, „Das kann doch nicht wahr sein! Geschlagen durch einen verschluckten Schnatz! Zweimal! In welcher verdammten...“

Die Weasleys und Pollonia sahen zu dem Klatscher neben Harry. „Verfluchtes Ding“, sagte Fred, George?, „Ich habe mich schon gefragt, wo der ist.“ Die drei hatten jetzt zweifelsohne den Gedanken, dass jemand etwas an dem Ball gedreht hatte. Draco sagte nichts, aber Harry vermutete, dass die Zahnräder im Kopf des Blonden arbeiteten und dass auch er bemerkt hatte, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Die übrigen Spieler schienen jedoch derart über den Sturz Harrys und den Fang des Schnatzes abgelenkt zu sein, dass sie der Klatscher nicht irritierte.
Flint drängte sich vor und lobte Harry für den Fang, seine Sorge über eine mögliche Verletzung zeigte er nicht. Gleich darauf ließ sich die wohl bekannte Stimme von Professor McGonagall vernehmen, die sofort zum Feld hinunter gekommen sein musste.

„Aus dem Weg.“, rief sie, „Es ist ja schön und gut, wenn Slytherin gewonnen hat...“

„...ärgerlich...“, gab Wood zu hören. Und Professor McGonagalls wenig begeisterter Tonfall über Harrys Sieg ließ sie ihm dennoch nicht beipflichten, während sie scharf zu ihm hinüber sah,
„...aber es wäre auch ratsam, Mr. Potter jetzt in den Krankenflügel zu bringen.“

Inzwischen waren auch Hermine und Millicent bei ihm angekommen. Beide schienen besorgt und hinter ihnen sah Severus zu Harry einen Ausdruck im Gesicht, den er schwer deuten konnte. Der Lehrer stellte sich schließlich neben seine Kollegin und meinte zu ihr: „Danke, Minerva, ich übernehme ihn.“

Harry fühlte sich in die Luft gehoben und vermied es Severus anzusehen, sein Blick huschte zu Draco, der bleich schien. Nicht nur war Harry verletzt worden, Dracos Pate würde jetzt noch einen Grund mehr haben, zu vermuten, dass etwas im Gange war. Und Harry hatte das Gefühl, dass alles nur noch verwirrender und seltsamer wurde, denn er war sich nicht einmal sicher, ob der verfluchte Klatscher etwas mit der Halloweennacht zu tun hatte, oder nicht, ob es einen größeren Zusammenhang gab oder ob er nur einfach sehr viel Pech hatte.

Severus würde ihn nicht ausfragen, während er verletzt war, aber sobald es ihm besser ging, würde Dracos Pate Harry und die drei anderen nicht mehr ohne ein paar klare Worte davonkommen lassen.

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