Eine Slytherin-Harry-Geschichte: Die Kammer des Schreckens

Harry Potter - J. K. Rowling
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Eine Slytherin-Harry-Geschichte: Die Kammer des Schreckens
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In dem der Herbst Einzug hält, Draco flucht (mehrfach), Harry erneut eine körperlose Stimme hört und das ihr-Folgen Folgen hat

Auf Hermines Geburtstag wenige Wochen nach Harrys unruhiger Nacht folgte viel neuer Unterrichtsstoff und mit ihnen eine Reihe von Stunden, die sie in der Bibliothek verbrachten. Millicent hatte Hermine ein selbst gestaltetes Notizbuch geschenkt und die Gryffindorschülerin nutzte es, um einen vorläufigen Hausaufgaben-Wochenplan auszuarbeiten. Der, wenn es nach ihr gegangen wäre, sämtliche Freizeit, die den anderen dreien noch blieb, abzüglich Dracos und Harrys Quidditchtraining und Millicents Besuche in der Eulerei oder Verwöhnmomente mit ihrer Katze, eingenommen hätte. Doch sie schafften es ihre Lernwut zumindest ein wenig zu dämpfen.
Weil sich mehrere Schüler innerhalb der ersten Oktoberwochen, in denen es fühlbar kälter zu werden begann, Fieber, Husten und Schnupfen aneigneten, gaben auch einige Lehrer zum Glück weniger Hausarbeiten auf. In den Kerkern fingen die Slytherins wieder damit an, Wärmezauber zu wirken und Harry und seine drei Freunde nutzten die Zauber, die ihnen Remus im letzten Jahr anvertraut und auch zwei, die er seinem Patensohn in diesem Jahr mitgegeben hatte. Wobei sie für letztere erst ein wenig Übung brauchten. Sowohl der Zauber, der das Ausrutschen auf glatten Flächen weniger leicht machte, als auch der, der Nässe von Umhängen abhalten konnte, erwiesen sich bei zunehmenden Regenschauern und auf dem hohen Turm, wo sie Astronomie hatten, in der kühlen Nachtluft bereits auftretendem Glatteis, als nützlich.

Hagrid hatte begonnen die Kürbisse, die er hinter seinem Haus züchtete, aufmerksam zu begutachten und vor Schnecken und großem Frost mit diversen Maßnahmen zu schützen. Wobei sicher auch Magie einen Anteil hatte. Harry hatte den Wildhüter nie einen Zauberstab benutzen sehen, aber er war sich sicher, dass er doch ein paar Dinge über das Zaubern wusste. Und manchmal hatte er auch das Gefühl, dass in dem Blick des Mannes so etwas wie Erinnerung lag, wenn sie ihm von ihrem Alltag in Hogwarts erzählten. Jedenfalls schienen die Pflanzen auffällig gut zu gedeihen und Tiere, die sie anknabbern könnten, sie wiederum auffällig sorgsam zu meiden. Auch Lockhart hatte mehrere „Ratschläge“ abgeliefert, was die Züchtung von Kürbissen betraf, als er ihnen bei einem der beiden Besuche, die sie bis Mitte Oktober noch bei Hagrid machten, entgegenkam. Hagrid war im Übrigen nicht der erste, dem er versuchte Tipps und Erfahrungen seiner selbst zu übermitteln. Er war auch nicht der erste, der das Gesicht verzog, während Lockhart ihm von seinen diversen Kenntnissen erzählte. Mehrere der Lehrer fanden es wenig hilfreich, dass er sie über bessere Wege ihren Unterricht zu führen aufzuklären suchte. Und Harry fand in Hagrid erneut jemanden, der nicht viel von dem blonden Lehrer hielt. Der Wildhüter erzählte Harry und den drei anderen auch, dass einige Wesen in den Ferien langsam zurück in ihre vertrauten Gebiete im Verbotenen Wald gekommen waren. Im letzten Jahr hatte Quirrell die Einhörner gejagt und getötet, um ihr Blut zu trinken. Mehrere Tiere und Bewohner des Waldes waren vor ihm geflohen und hatten sich tief in dunkle Bereiche zurückgezogen und die Zentauren, Pferde mit den Oberkörpern von Menschen, denen Harry im letzten Jahr sogar persönlich begegnet war, waren unruhig und dem Wildhüter gegenüber teilweise feindselig gewesen, obwohl er eigentlich zu den wenigen Menschen gehörte, die sie im Wald duldeten.

Millicent erzählte Hagird außerdem davon, wie es Fluffy erging, dem riesigen Hund, der zumindest in der Erinnerung der anderen drei als etwa zehnmal so groß wie Fang und mit zwei zusätzlichen Köpfen und mehreren dutzend zusätzlichen Zähnen ausgestattet verblieben war. Im letzten Jahr hätte er sie alle möglicherweise umgebracht, wenn sie nicht gewusst hätten, das Musik ihn besänftigte. Severus hatte lange aufgehört zu hinken, da die Verwundung an seinem Bein, die die Zähne von Fluffy ihm beigefügt hatten, verheilt war. Aber auch die Erinnerung daran, dass der Hund ein Wesen war, das den doch recht vorsichtigen Mann, der sich mit und sicher auch ohne seinen Zauberstab besser zur Wehr setzen konnte, als es wohl vier Erstklässler könnten, verletzt hatte, machte ihn zu etwas, das sich nicht schnell vergessen ließ. Wenigstens Harry, Hermine und Draco waren sich einig darin, dass sie Fluffy nicht noch einmal treffen mussten. Weswegen sie bei diesem Gesprächsthema ihre Freundin und den Wildhüter sich selbst überließen und es tatsächlich vorzogen zaghaft die neusten Koch- und Back-Experimente von Hagrid anzuknabbern: Schwer belegte Sandwiches und Kekse nach einem neuem Rezept.

Es war also nass und kalt, doch im Großen und Ganzen liefen die Dinge im und um Schloss gut. Harry schlief besser und er blieb nicht erneut nachts wach und träumte auch nur wenig. In ihren Betten gab es nun manchmal wieder abends eine Wärmflasche oder eine zusätzliche Decke, da die Räume der Slytherins durch die Nähe zum See, der bei dem Wetter anschwoll und an manchen Stellen über die gewöhnlichen Uferränder trat, besonders kalt wurden. Die Eulen blieben meist in der Eulerei und wenige Briefe oder Pakete wurden verschickt, weil Wind und Regen den Briefverkehr schwierig machten. Millicents Katze Helena haarte auf ihren Umhang und bald fanden auch Harry, Hermine und Draco fast an all ihren Kleidungsstücken hin und wieder ein sich verirrtes Katzenhaar. Millicent meinte, Helena lege ihr Winterfell an. Und Blaise, der sich an einem Abend aufregte, weil die Katze im Gemeinschaftsraum dicht an seinen Beinen entlangging und an seiner Hose ein gutes Dutzend Büschel Haare hinterließ, meinte das schwarze Vieh haare nicht einfach, es bereite sich auf eine Ganzkörperkahlheit vor. Weil Millicent ihn nicht hörte, kam er mit Blicken von Harry und Draco, die ihm deutlich machten, die Katze nicht zu kritisieren, davon.
Das andere, was sich mehr und mehr an ihren Kleidung fand, waren Spuren von Schlamm. Vor allem die Sachen, die Draco und Harry beim Quidditchtraining verwendeten, waren trotz Vorsicht und Reinigungszauber, bald voller Flecken und dunkler Spritzer und Severus räumte einen Raum am Eingang der Kerker leer, in dem er alle Schüler mit nassen und dreckigen Schuhen, Wechselpaare anziehen ließ, die er sie anwies dort unterzubringen, damit niemand einen der steinernen Räume allzu sehr voll tropfte und Fußspuren hinterließ. Draco meinte leise zu Harry, das sei, damit Sevs lange Umhänge nicht nass wurden, wenn er durch die Kerker glitt.

Dennoch blieben die Kerker nicht von Schmutz verschont. Als sie einen Trank zur Heilung von allerlei leichten äußerlichen Verletzungen im Zaubertrankunterricht brauten, brachte der unglückliche Neville es fertig, einen weiteren Kessel zu zerstören. Wobei vielleicht nicht einmal Severus wusste, wie genau ihm dies diesmal gelungen war. Mit den Zutaten, mit denen sie arbeiteten, sollte es nämlich nicht möglich sein einen Kessel zu sprengen. Und Harry hatte gesehen, dass Neville auch nicht eine zu große Flamme zum Erhitzen verwendet hatte, vielmehr hatte er befürchtet, das Feuer seines Mitschülers könne mehrere Grade unter der gewünschten Temperatur liegen. Metallteile und eine Mischung aus Festem und Flüssigem spritzten umher. Neville verletzte sich an beiden Armen und am Bauch, ein paar Tropfen seines Trankes landeten in Dracos Haaren, der laut fluchte und bewies, dass ihm dies offenbar in mehr als fünf Sprachen möglich war. Wobei ein oder zwei der Ausdrücke seiner ganz eigenen spontan geschaffenen Sprache entstammen könnten. Auch Dean Thomas und zwei weitere Gryffindors kamen in die Flugbahn von Trank und Kessel und Hermine verlor die Aufzeichnungen der Stunde, die sich in Tintenflecken auflösten, während mindestens drei andere Tränke durch vorbei-irrende Fremdteile an Qualität verloren. Severus war nicht begeistert. Und Harry hatte großes Mitleid mit Neville, den ein sich sträubender Ron und der leicht schockierte Dean Thomas auf Anweisung des Lehrers hin hoch in den Krankenflügel brachten.

„Potter, Malfoy.“, sagte Severus gereizt, „Ihr seid mit dem Trank fertig, also geht und sagt Filch Bescheid, dass er sobald wie möglich, am besten vor der nächsten Stunde, herunterkommen soll, um den Raum zu reinigen. Selbst ich weiß nicht, was Longbottom mit seinen Zutaten zusammengebraut hat und genauso wenig, was es anrichten kann, wenn es von der Decke tropft oder in den Boden sickert. Alle anderen: Sucht einen trockenen Platz und dann fahrt mit der Arbeit fort. Nur weil einer von euch einen Unfall gebaut hat, heißt das nicht, dass ich ihr anderen nicht weiterarbeiten könnt.“

 

„Armer Neville.“, sagte Harry zu Draco, während sie durch die Gänge gingen.
„Armer Neville? Pah! Meine armen Haare, trifft es wohl eher. Das Zeug hat nur die Haarspitzen erwischt, aber wenn ich Pech habe geht es nicht raus und ich muss sie um mindestens einen halben Zentimeter kürzen.“
„Sev glaubt nicht, dass es deine Haare gefährdet, sonst hätte er dich nicht mit mir losgeschickt.“
„Auch mein Pate kann sich manchmal irren.... Okay, okay. Schon gut. Und ja, ich weiß, Neville hat wahrscheinlich einfach nur kein Glück.“
„Stimmt. Und es hilft sicher nicht, dass ihn Sev immer noch zu nervös macht.“
„Bah. Er sollte sich mal ein Rückgrat zulegen. Gryffindor ist doch angeblich ein Haus für Mut und Tapferkeit und diesen ganzen Kram...“

Filchs Büro zu finden, war kein Problem. Die meisten Schüler wussten, wo Filch seine Akten lagerte und die schlimmsten Verbrechen innerhalb von Hogwarts niederschrieb, Gerüchten zufolge zusammen mit Schreiben an den Schulleiter mit der Bitte höhere Strafen vergeben zu können. Weil sie wussten, wo sein Büro war, mieden es auch fast alle Schüler. Und im Normalfall würde kein Schüler auf die Idee kommen, Filch finden zu wollen. Falls man jedoch den Hausmeister suchte, war es wahrscheinlich am besten, entweder irgendwo in der Schule eine Regel zu brechen (meist dauerte es nicht lange, bis er dann vor den Missetätern stand) oder sein Büro zu besuchen.
Zumindest folgten Harry und Draco dieser Logik. Filch zu sagen, dass er den Raum in den Kerkern reinigen musste, würde ihn genug verärgern, auch ohne dass er sie beim Brechen einer Schulregel fand. Wobei es möglich wäre, dass die Aussicht, zwei Schüler bestrafen zu können sein Ärger auch mindern könnte. Also war das Büro aufzusuchen die erste Wahl.

„Was jetzt?“, sagte Draco, nachdem er dreimal geklopft hatte, ohne Antwort zu erhalten.

Harry zuckte mit den Schultern und drückte versuchsweise die Klinge herunter. Filchs Büro war offen. Wahrscheinlich war der Hausmeister nur kurz weggegangen und hatte vor, bald zurückzukehren, sonst hätte er sicher sein Büro abgeschlossen. Wahrscheinlich. Nun, es bestand zumindest eine Chance, dass er richtig lag.
„Wir... könnten drinnen warten?“, meinte Harry und war sich selbst bewusst, wie groß das Fragezeichen am Ende seines Vorschlags war.

Draco nickte, obwohl auch er nicht ganz überzeugt schien. Also öffneten sie die Tür und traten ein.

Das Büro erwies sich als kalt, fensterlos und stickig. Es roch nach gelagertem Papier, gebratenem Fisch und Katzenfutter, Harry war mit dem letzte Geruch durch eine seiner Nachbarinnen vertraut. Mrs. Figg hatte mehrere Katzengenerationen in ihrem Haus beheimatet und an manche Einzeltiere erinnerte er sich noch vage aus den Tagen, an denen er bei ihr zu Besuch gewesen war. Und immer gab es bei ihr irgendwo einen gefüllten Napf und eine Schale mit Wasser. Ein wenig tat ihm Filch leid, weil in diesem Raum zu arbeiten nicht angenehm sein könnte. Andererseits: er konnte nicht wissen, ob der Hausmeister überhaupt mehr frische Luft oder etwas Sonnenlicht haben wollte. Vielleicht genügte ihm zum Beispiel das Licht der brennenden Ölfunzel an der Decke. Dennoch der Raum wirkte eher unpersönlich. Nicht so, als würde wirklich jemand gerne hier hausen. Große Aktenschränke standen an den Wänden, es gab Schubladen und Ordner, die mit Namen und Daten gekennzeichnet waren. Die Weasleyzwillinge hatten ein Fach komplett für sich alleine. Harry vermutete, dass sie sicher schon einmal hier gewesen waren. Fast glaubte er, dass sie selbst ein „Wir waren hier“ irgendwo in dem Raum angebracht hatten. Obwohl vielleicht ihre Namen auf dem Fach ausreichend waren. Zu seiner Überraschung erblickte Harry außerdem an einer Wand einen leicht staubigen Kalender mit dem Monatsbild einer grimmig schauenden Katze, den er wiedererkannte.

„Den kenne ich.“, sagte er zu Draco und wies auf den Kalender, „Eine Nachbarin von mir hat den gleichen gehabt. Das ist der Jahreskalender, der vor zwei Jahren in ihrem Magazin beilag.“
„Ja, und?“, fragte sein Freund, der kurz zu dem Katzenbild sah und dann die Augen wieder zurück zu den Schränken wandern ließ. Sicher auf der Suche nach einem bekanntem Namen oder einer interessanten Beschriftung.

Harry trat näher zu dem Kalender. „Das ist eindeutig der Kalender aus „Katzentipps für Katzensquibs“. Ich dachte nicht, dass ich noch irgendjemanden kennen könnte, der das Heft liest.“
„Für Katzensquibs?“
„Keine Ahnung. Ist halt so ein Wortspiel, das die Herausgeber anscheinend lustig finden.“
„Squibs wie in Squib, jemand aus einer Zaubererfamilie ohne magische Kräfte- Squib?“
„Klar. Polly, die Nachbarin, die den Kalender hatte, ist eine Squib.“
„Harry. Warum hat Filch einen Kalender aus einem Heft für Squibs? Heißt das nicht, dass er ein Squib ist?“, fragte Draco in dem Moment, als sich die Tür öffnete. Und unterdrückte einen Fluch, als Filch im Rahmen auftauchte.

„Was?“, sagte der Hausmeister entgeistert. Zumindest den letzten Teil hatte er vermutlich gehört.
„Wir...äh...“
„Professor Snape schickt uns. Es gab einen Zaubertrankunfall in Kerker fünf. Er fragt an, dass Sie ihn sobald wie möglich reinigen.“, sagte Harry schnell und zog Draco am Arm an Filch vorbei aus dem Büro, bevor der Hausmeister ärgerlich werden könnte. Im Augenblick schien er zumindest verstört.
„Schönen Kalender haben Sie da.“, setzte Draco nach, wohl weil er es einfach nicht unterlassen konnte, noch darauf hinzuweisen, dass er und Harry ahnten, dass der Hausmeister ein Squib sein könnte.
„Raus!“, rief Filch.

 

„Jetzt stehen wir auf seiner Abschussliste...“, murmelte Harry, während sie von dem Büro fortgingen.
„Das ist wirklich eine Überraschung. So, wie er reagiert hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass er wirklich ein Squib ist.“
„So, wie er reagiert hat, ist es außerdem möglich, dass das zu wissen uns nicht gut bekommen könnte.“, vollendete Harry Dracos eigenen Satz mit dem, was ihm dringlicher schien.
„Ach was.“, sagte Draco und befreite seinen Arm aus Harrys Griff und ging vor. Gleich darauf aber, sprang er zurück und landete beinahe auf Harrys Füßen.
„Nick!“, rief Harry, der den Geist erkannte, der eben durch Draco hindurch geschwebt war. Sein blonder Freund hingegen begann erneut eine stille Schimpftriade, weil ihn der Geist von Gryffindor so erschreckt hatte. Harry erinnerte sich an das Gefühl, das er selbst gehabt hatte, als Sir Nicholas durch ihn hindurch gegangen war, und schauderte innerlich. Aber er lächelte dem Hausgeist doch freundlich zu.
„Der junge Potter. Und oh, verzeihen Sie bitte. Einer Ihrer Freunde?“
„Das ist Draco Malfoy.“, sagte Harry und nickte, „Das ist schon das zweite mal, dass ich Sie treffe und Sie durch jemanden hindurchgehen...“
„Verflucht. Bah.“, meinte Draco erneut und schüttelte sich, dann sah er zu Nick. „Sie sind doch der Hausgeist von den Gryffindors! Der Fast-Kopflose-Nick.“
Der Geist verzog das Gesicht. „Wenn ich Sie bitten dürfte, mich nicht so zu nennen. Es ist wirklich kein sehr angenehmer Spitzname.“
„Wie kommt es, dass Sie nicht auf Ihren Weg geachtet haben?“, fragte Harry, „Bei mir habe ich es ja verstanden, aber im Schuljahr achten Sie sonst sicher darauf, nicht durch Schüler zu schweben? Beschäftigt Sie irgendetwas, das Sie so sehr ablenkt?“
„Zeig wenigstens etwas Besorgnis um deinen besten Freund, ja?“, murmelte Draco. „Blöde Geister. Blöder Filch und blöde Unfälle. Heute ist nicht mein Tag.“ Harry ignorierte das Gemurmel und ließ seinen Freund sich langsam wieder beruhigen. Auf ihn einzugehen würde erfahrungsgemäß ohnehin nicht wirklich etwas ändern.
„Ah, ja. Tatsächlich gibt es etwas, das mich wohl etwas abgelenkt hat.“, antwortete gleichzeitig Nick, „Sehen Sie, ich hatte Sie doch gefragt, Sie erinnern sich, ob Sie mich für furchteinflößend halten?“
Harry nickte.
„Und ich hatte Ihnen gesagt, dass dies etwas ist, worauf wir Geister Wert legen? Nun, es ist so, es gibt natürlich auch viele andere Dinge, die einem als Geist wichtig sind. Ehrenvolle Mitgliedschaften bei... nun, diversen Gruppen.“
„So wie ein Hausgeist von Hogwarts zu sein?“
„So in der Art. Ich jedenfalls habe mich für eine bestimmte Sache beworben. Es wäre mir wichtig gewesen. Auch da ich demnächst ein Jubiläum habe. Fünfhundert Jahre, die ich schon tot bin. Durchaus eine bedeutsame... nun, um es kurz zu machen, man hat mich abgelehnt.“
„Worum genau geht es denn eigentlich?“
„Ah, es wird Ihnen nichts sagen, sicherlich. Aber unter uns Geistern ist die Jagd der Kopflosen durchaus bekannt.“
Draco, der sich tatsächlich wieder etwas beruhigt hatte, meldete sich zu Wort: „Aber Sie sind nicht Kopflos! Sie sind nur fast Kopflos! Ich habe schon davon gehört -“
„Tatsache.“, sagte Nick und biss die Zähne zusammen, das es einen Sterblichen wohl geschmerzt hätte, Harry war sich nicht sicher, ob Geister physischen Schmerz empfinden konnten, „Auch Sir Patrick hat mich darauf hingewiesen in seinem Schreiben, in dem er mich abgelehnt hat. Und ich wünschte wirklich, es gäbe weniger Leute, die dies immer und immer wiederholen.“
„Also sind Sie abgelenkt gewesen, weil Sie sauer waren, dass man Sie nicht angenommen hat?“, setzte Harry nach.
„Sie haben es erfasst. Aber dann konnte ich auch nicht wissen, dass ich hier und jetzt Schülern begegnen würde. Da fällt mir ein, müssten Sie nicht in Ihrem Unterricht sein?“
„Ah. Ja. Wir haben eigentlich Zaubertränke. Es gab einen kleinen Unfall und Sev- Professor Snape hat uns losgeschickt, um Filch Bescheid zu geben. Wir waren mit unserem Trank schon eine Weile fertig. Aber Sie haben recht, wir sollten jetzt vielleicht zurückgehen. Zumindest, um ihm zu sagen, dass Filch informiert ist.“
„Mh. Dann entschuldige ich mich, sie beide auf Ihrem Rückweg unterbrochen zu haben...“, sagte Nick und wollte offensichtlich bereits wieder seiner Wege schweben, bevor ihm etwas einzufallen schien. „Einen Augenblick.“, setzte der Geist nach, „Mir kam gerade ein Gedanke. Wenn Sie wollen, sozusagen als Wiedergutmachung, bezüglich meines Jubiläums halte ich eine kleine Todestagsfeier an Halloween. Eigentlich eher für Geister, aber Sie können gerne vorbeikommen. Sie können auch Freunde mitbringen, wenn Ihnen danach ist. Sie scheinen mir angenehme junge Menschen zu sein, ich würde mich freuen, Sie willkommen zu heißen.“
„Äh... in Ordnung. Wir werden es uns merken.“, sagte Harry und nickte Nick zu. Draco verzog leicht das Gesicht, nickte ebenfalls und dann gingen sie zurück in Richtung Kerker.
„Wir gehen nicht zu dieser Feier. Auf keinen Fall.“, murmelte Draco dem anderem zu, kaum dass sie um die nächste Ecke bogen.

 

„Das ist ein einzigartige Gelegenheit! Auf jeden Fall gehen wir zu der Feier, ich wette, wir können allerhand dabei lernen.“
„Warum war mir klar, dass das passiert?“
Sie saßen zu viert an einem der Tische der Bibliothek und Draco und Harry hatten Hermine und Millicent gerade von Nicks Einladung erzählt.
„Ich sehe nichts, das dagegen spräche.“, meinte Harry, „Außer, dass wir vielleicht einen Teil des Halloweenfests verpassen.“
Hermine machte eine abwinkende Handbewegung. „Halloween wird sicherlich auch nächstes und übernächstes und überübernächstes Jahr noch stattfinden. Aber eine Todestagsfeier, zu der wir eingeladen werden, erleben wir vielleicht einmal in unseren gesamten Leben.“
„Es sei denn, wir sterben, werden Geister und veranstalten selbst eine...“, murmelte Draco. „Ich glaube, ich sollte versuchen, nie ein Geist zu werden.“
„Zählt es noch zu deinem jetzigem Leben, wenn du als Geist eine Todestagsfeier abhältst, oder ist das nicht eher schon eine Art Danach?“, fragte sich Harry dazu halblaut.
„Du stellst manchmal Fragen...“, murmelte Draco.
„Meint ihr, es könnte auch Geisterkatzen oder Geisterhunde auf so einem Fest geben?“, meinte Millicent.
„Ich glaube, ich habe noch nie von Tieren gehört, die zu Geistern geworden sind. Wenn ich mich recht entsinne können nur Zauberer zu Geistern werden...“, erwiderte das andere Mädchen.
„Was, wenn es die magischen Vertrauten einer Hexe oder eines Zauberers waren?“
„Auch dann ist das, glaube ich, eher unwahrscheinlich...“
„Mh. Egal. Wenn ihr hingehen wollt, komm ich mit- wenn nicht, dann nicht.“
„Ich denke, wir sollten zumindest vorbeischauen.“, meldete sich Harry wieder zu Wort.
„Schön. Ich bin überstimmt. Aber auch nur, weil ich der einzige Vernünftige hier bin.“, sagte Draco und warf die Arme nach oben, senkte sie und auch seine Stimme aber schnell wieder, weil Madam Pince unwirsch zu ihm hinübersah, „Aber wir gehen nicht lange. Mal etwas anderes... was glaubt ihr wohl, haben wir über Filch herausgefunden?“

 

Hagrids große Kürbisse standen beim Frühstück des 31. Oktobers bereits vor und in der Großen Halle. Es gab auch Kürbissaft und Kürbissuppe zum Mittagessen, und die allgemeine Vorfreude auf das Festessen am Abend lag bereits früh in der Luft. Außerdem hatte Pansy am Morgen feierlich im Gemeinschaftsraum der Slytherins jedem, der an ihr vorbeikam, verkündet, dass der Schulleiter die erste Herausgabe ihrer Schülerzeitung genehmigt hatte. Und dass sie jedem, der eine Neuigkeit für sie hatte, diese gerne abnahm. Selbst Neville, den Harry und die anderen drei am Mittag trafen, und der nach dem Vorfall mit seinem Trank keiner guten Stimmung gewesen war, freute sich bereits sehr auf den Abend, und war verwundert, als seine vier Freunde ihm erklärten, dass sie allenfalls später hinzukommen könnten, da sie schon etwas vorhatten. Ihr Angebot zu Nicks Feier zu gehen, lehnte er schnell ab.
„I-ich glaube, das ist nichts für mich...“, meinte er unsicher, „Nick ist in Ordnung, aber ich habe es nicht so mit Geistern.“
„Ist doch kein Problem.“, versicherte ihm Harry. Sie fragten niemand anderen, ob er sie begleiten wollte. Hermine, weil sie meinte, sie wisse nicht, ob es dem Geist recht wäre, wenn allzu viele von ihnen kämen, Harry, weil er sich fast sicher war, dass auch jeder andere eine Einladung ablehnen könnte. Zumindest die Mitschüler in ihrem Jahrgang schienen ihm so, als würden sie das Festessen in der Großen Halle vorziehen.

„Ich kann Neville total verstehen.“, meinte Draco als sie am Abend zu viert hinunter in den Gang in den Kerkern gingen, der sie zum Fest des Hausgeistes von Gryffindor führen sollte. Den Weg zu finden war nicht schwer, denn zahlreiche schwarze Kerzen an den Wänden und Geräusche, die Harry an das Kratzen von Fingernägeln auf Tafeln erinnerten und seine Zähne schmerzen ließen und ein unangenehmes Gefühl in seinen Fingern hervorriefen, nahmen zu je näher sie dem Raum kamen, in dem die Todestagsfeier stattfand. Sie bogen um eine Ecke und erblickten Nick. Ein schwerer schwarzer Vorhang aus Samt hinter ihm leuchtete unheimlich im hellblauem Licht der Kerzen. Hermine hatte beim Anblick der blauen Flammen sofort begonnen eine Theorie darüber aufzustellen, wie sie zu ihrer Farbe kamen. Sie hatte begonnen den anderen dreien zu erklären, welche Verbindungen der Zweig der Chemie in den Wissenschaftslehren der Muggel und die Alchemie der Zauberer aufwiesen und was es mit der Verfärbung von Flammen auf sich haben konnte, doch sie unterbrach ihren Vortrag beim Anblick des Hausgeistes, der sie in würdevoller Haltung und mit von Trauer gezeichnetem Gesicht begrüßte und bat einzutreten.

„Okay.“, flüsterte Draco, kaum dass sie in den Kerker gekommen waren, in dem die Feier stattfand, „Hier sind wir. Jetzt machen wir, dass wir sobald wie möglich wieder gehen. Mir ist total kalt. Ich wette, keiner hier ist auf die Idee gekommen einen Wärmezauber zu wirken.“
„Gleich zu gehen wäre unhöflich.“, sagte Hermine.
„Wir können uns ja zumindest einmal ein wenig umsehen.“, schlug Harry vor.
Die anderen drei nickten. Zu viert und nah beieinander gingen sie vorsichtig zwischen den andere Gästen umher.
Hermine betrachtete die Geister und ihr Treiben interessiert, doch in ihren Augen lag auch ein wenig von dem Widerwillen, den Draco noch immer leise kundtat. Auch Harry schwankte zwischen Neugier und dem Wunsch fort aus dem Kerker zu kommen. Um sie herum waren hunderte von Geistern in allen Größen und Kleidern. Die Ansammlung durchscheinender Gestalten hatte etwas zutiefst Unwirkliches an sich. Genauso die nervenaufreibende Musik des Orchesters, die für das Kratzen, Knirschen und Jammern verantwortlich war, das sie in den Gängen vernommen hatten. Es war außerdem tatsächlich sehr kalt, was vielleicht mit der Anwesenheit der vielen Geister zusammenhängen könnte. Eine Todestagsfeier war vielleicht wirklich nur eine Feier für die Toten und nicht für Lebende geeignet. Hermine war reichlich blass um die Nase geworden und Draco schlug sie in seiner eigenen Blässe, schließlich war er von Natur aus bereits sehr hellhäutig. Nur Millicent schien die Atmosphäre wenig zu beeinflussen.
Draco riss Harry aus seinen Gedanken, in dem er ihm am Arm packte und aus der Richtung, in die sie gerade gegangen waren, fortzog.
„Was ist denn?“
Der blonde Slytherin sah aus, als wäre ihm auf einem Schlag noch weniger wohl. Er zeigte zu einer Gruppe Geister hinüber in deren Nähe Harry die Graue Dame, den Hausgeist von Ravenclaw, entlang schweben sah.
„Das sind alte Verwandte von mir. Vorfahren von meinem Vater. Sie spuken manchmal bei meinen Großeltern.“, murmelte Draco, „Und ich will ihnen wirklich, wirklich nicht begegnen.“
„Sind sie denn so schlimm?“
„Langatmig, das sind sie. Und furchtbare Alte-Zeiten-Schwätzer. Mindestens zwei sind auch vollkommen irre. Das Zeug, mit dem sie sich beschäftigt haben, hat den beiden nicht gut getan. Außerdem ist der eine schon zu Lebzeiten durch ein Fluch total durchgedreht. Wenn sie mich hier sehen, werden sie uns nicht in Ruhe lassen.“

Der Blonde war erst beruhigt, nachdem sie mehrere Meter zwischen sich und seine lange tote Verwandtschaft gebracht hatten und an einem Buffet angekommen waren, unter dessen Tischtuch Peeves hervorlugte und schelmisch grinste. Harry blickte von dem Poltergeist vielsagend in Richtung des Blutigen Barons, der ganz für sich in der Nähe stand und von allen anderen gemieden wurde. Das Grinsen von Peeves wurde schmaler und er verzog das Gesicht, bevor er davonflog, um zwischen einige Geister zu fliegen und sie damit zu verärgern. Harry war innerlich mehr als erleichtert, dass der Poltergeist es nicht wagte zu versuchen, die vier Schüler zu nerven, solange der Baron in der Nähe war. Gerade, als er an ihn dachte, drehte der Hausgeist von Slytherin den Kopf in ihre Richtung. Wie als hätte er sie und ihren Austausch mit Peeves bemerkt. Harry trat nervös einen Schritt zur Seite. Er war erleichtert, als der Baron den Blick wieder abwandte, schauderte dann aber, als er bemerkte, dass er in einen Geist hineingeraten war. Beunruhigt und auch leicht beschämt trat er schnell zurück. Er war sich ziemlich sicher, dass es nicht höflich war, in einen Geist hinein zu treten. Er wandte sich leicht um, um sich zu entschuldigen, und um zu sehen, durch wen er eigentlich gegangen war.
Der Geist war ein schmollendes Mädchen, das Harry nun vorwurfsvoll durch zwei dicke Brillengläser hindurch anschaute.
„Entschuldige, ich wollte nicht...“, sagte er und hörte neben sich Hermine, die das Mädchen bemerkt hatte leise „Oh nein, nicht doch...“, murmeln.
„Entschuldige, entschuldige. Als ob ich es nicht gewohnt wäre, dass man nicht auf mich achtet.“, sagte das Geistermädchen und Harry sah, dass ihre Augen wässrig wurden.
„Es war wirklich keine Absicht...“
„Hallo Myrte.“, ließ sich Hermine vernehmen.
„Du bist der Geist, der im Mädchenklo spukt?“, fragte Harry verwundert.
Myrtes Lippen bebten leicht. „Oh, dann hat dir wohl schon jemand von mir erzählt. Natürlich. Dauernd reden Leute hinter meinem Rücken über mich und machen sich lustig.“
„N-nein, Nick hatte dich erwähnt...“
„Wie haben sie mich wohl genannt, huh? Fette Myrte? Hässliche Myrte? Maulende, trübselige, störende Myrte?“
„Er hatte dich wirklich nur erwähnt...“
„Den Hausgeistern bin ich ja auch vollkommen egal, ich weiß, sie wollen mich nicht im Schloss haben. Keiner will mich im Schloss haben...“
„Das...äh... ist doch gar nicht wahr.“, sagte Hermine gezwungen fröhlich. Und stieß Millicent an, „Milli, sag ihr doch, wie froh wir sind, dass Myrte hier ist.“
„Ich weiß nicht. Ich hab nie was mit ihr zu tun.“
Myrte sah Millicent irgendwie leicht unsicher an. Dann entschied sie offenbar, dass es einen Grund zur Klage gab, stöhnte leise, murmelte etwas und flog davon.

„Die ist ja seltsam drauf. Na ich bin froh, dass in unseren Klos kein Geist spukt.“, meinte Draco, und rümpfte dann die Nase, „Was riecht hier eigentlich so?“
Harry deutete auf das Buffet und der Blonde sah zu den Speisen und wurde leicht grün um die Nase. Auf großen silbernen Platten waren ausnahmslos verdorbene oder ungenießbare Speisen angerichtet, wie sie wohl sonst niemand irgendwo servieren würde. Von verbrannten Kuchen, über alte Fische, verschimmeltes Brot und sich in braune Pampe auflösendes Obst bis hin zu verrottetem Fleisch schien es fast alles mögliche zu geben. Das Äquivalent eines Geburstagskuchens nahm ihn Form einer großen grauen festen Masse mit einer schwarzen Namensaufschrift und dem Vermerk „gestorben am 31. Oktober 1492“ die Mitte des Tischs ein.
Millicent beobachtete interessiert wie eine weiße Made, die aus einem Haufen Innereien daneben stammen musste, sich langsam der 1 in 1492 näherte.
„Igitt.“, sagte Draco.
„Ich schätze, als Geist entwickelt man einen anderen Geschmack? Oder vielleicht können sie verdorbenes Essen besser wahrnehmen als frisches?“, ließ sich Hermine fachkundig vernehmen.
„Dieses Essen da ist fast selbst schon gestorben und es ist dabei wieder lebendig zu werden!“, protestierte der Blonde.
„Nun sei nicht so pingelig.“, meinte Hermine und beugte sich mit zugehaltener Nase zu den Speisen, um sie eingehender zu betrachten.

„Warum nur habe ich Freunde, die es für eine gute Idee halten, sich unter Geister zu mischen?“, maulte Draco immer noch, als sie schließlich den Kerker verließen, weil inzwischen keiner von ihnen länger bei Sir Nicholas' Fest bleiben wollte. Selbst Millicent, die sonst wenige Dinge wirklich störten, hatte letztlich ihren Unmut geäußert. Weder das Auftauchen der Kopflosen Jagd, das Nick ziemlich verärgert hatte, aber den Trübsinn des Festes zumindest etwas senkte, noch das Beginnen eines lauteren noch haarsträubenderen Stücks durch das Orchesters und auch nicht Nicks kurze Rede hatten wirklich dazu beigetragen das Unbehagen der Schüler zu mildern.
„Nun, es war eine... beson... eine neue Erfahrung.“, meinte Hermine.
„Halten wir fest, dass es eine einmalige Erfahrung bleiben darf.“, erwiderte Draco.
Millicent nickte, überraschenderweise schien ihr die zukünftige Vermeidung von Todestagsfeiern so wichtig wie ihrem blondem Freund. Dann sagte sie: „Beeilen wir uns. Ich bin hungrig.“
Und Hermine stimmte nur leicht widerwillig zu. „Schon gut. Ihr habt ja irgendwie recht. Es ist noch nicht allzu spät, also wird das Festessen noch nicht vorbei sein.“
„Stimmt. Und Blaise hat mir versprochen, dass er Plätze freihält, falls wir noch kommen.“
Harry wollte ihnen beipflichten, da wurde ihm ganz flau im Magen. Nicht bei der Erinnerung an die Geisterspeisen, sondern weil er auf einmal etwas hörte:

Eine kalte und unheimliche Stimme übertönte die zurückgebliebenen Geräusche des Orchesters und die leisen Geräusche der Schüler und Lehrer, denen sie sich näherten und die durch Gänge bereits zu ihnen drangen.

„Frei sein... heute frei sein zu zerreißen...“, drang es durch die Wände. Er blieb abrupt und völlig verstört stehen.

„Harry? Was ist los?“, fragten Hermine und Draco besorgt und Millicent war neben Harry stehen geblieben und sah ihn verwundert an.

„...war so lange hungrig... wartete... es ist Zeit...“

Zwei Dinge wurden Harry klar: Erstens: Die anderen drei konnten die Stimme sehr wahrscheinlich nicht hören. Aber er war überzeugt, dass er sie sich nicht einbildete. Ja, beim letzten mal, als er sie gehört hatte, war er kaum wach gewesen, aber das war nun nicht der Fall. Und Harry war sich zumindest einigermaßen sicher, dass er keine Halluzinationen hatte. Es sei denn die verdorbenen Geisterspeisen hatten irgendetwas freigesetzt, das nun mit seiner Wahrnehmung spielte. Zweitens: Wenn es jemanden oder etwas gab, zu dem die Stimme gehörte, dann war dies sicherlich kein angenehmes Wesen. Und Harry befürchtete, dass dem Auftreten dieses Wesens gleichsam etwas Unangenehmes folgen würde.
Aufmerksam lauschte er und versuchte zu hören, woher die Stimme kam.
„Harry?“
Er konnte die Stimme sich nach weiter oben bewegen hören. Aber er wusste nicht genau, wie er den drei anderen klar machen sollte, das er etwas wahrnahm, das sie offenbar nicht wahrnahmen. Gerne wollte er sich ihnen ordentlich erklären, nur wie. Und was war, wenn er richtig lag und etwas geschehen könnte. Bald. In wenigen Augenblicken. Er konnte nicht einfach so tun, als wisse er von nichts, oder? „Ich... ich glaube, ich habe etwas gehört. Mich beunruhigt da eine Sache. Ich will das gerne überprüfen, aber...“
Die Stimme wurde leiser. Wenn er ihr nicht jetzt folgte, könnte er sie verlieren. Seine Freunde sahen ihn erstaunt an, aber sie nickten. Sie hatten offenbar gemerkt, dass es für Harry wichtig war, dass sie ihm jetzt vertrauten und keine Fragen stellten.
„Okay. Aber erkläre besser nachher, was eigentlich los ist.“, setzte Draco seiner stummen Zustimmung noch nach. Das Schmollen, das er zur Schau getragen hatte, seit sie zur Feier von Nick gegangen waren, war einem ernsten Gesichtsausdruck gewichen. Harry gab mit einem Nicken seinerseits zu verstehen, dass er sie aufklären würde und sagte mit ehrlicher Erleichterung in der Stimme: „Danke.“ Er war wirklich froh, dass die drei ihn unterstützten.

Sie gingen also der Stimme nach hoch in die erste Etage, die anderen drei hinter sich. Harry konnte hören, dass sie sich näherten. Kurz hielt er inne und lauschte. „...Blut... ich rieche Blut...“, hörte er etwas weiter oben. Noch ein Stockwerk höher, dachte Harry.
„Kommt.“, sagte er laut, und ging eine der Treppen nach oben. Er wandte sich nach links, den einen Gang hinunter, dann bog er in den nächsten ab. Die Stimme wurde jetzt deutlicher und er merkte erst gar nicht, dass er selbst immer schneller wurde, bis er um eine Ecke rannte und beinahe eine der Rüstungen umwarf, die in mehreren Gängen des Schlosses an den Wänden standen und sich einigen Gerüchten zufolge auch manchmal von ihren angestammten Plätzen fortbewegten. Harry unterdrückte einen Fluch, er horchte erneut nach ein paar Wortfetzen, ein letztes „zerbeißen“ war ein Stück weiter vor ihm und den anderen dreien, die nun neben ihm zum Stehen gekommen waren, verklungen.
„Harry?“, fragte Millicent.
„Entschuldigt.“, erwiderte er, „Ich habe nur die Rüstung übersehen. Ich glaube, es kann nicht mehr weit sein...“ Er legte eine Hand an die Wand und hielt den Atem an, um besser hören zu können, dann lief er wieder los, die wenigen Laute einer körperlosen Stimme, die von links zu kommen schienen, als Wegweiser nutzend.
Sie kamen jetzt in einen wenig beleuchteten Teil des zweiten Stocks. Durch die Fenster fiel nur das wenige Licht eines gerade sichtbaren Sichelmondes und die brennenden Fackeln an den Wänden waren weit verteilt. Der Boden wirkte leicht feucht und schimmerte, Harry ging wieder langsamer, weil er nicht ausrutschen wollte, auch wenn Remus' Spruch sehr zuverlässig war, hatte er jetzt weder die nötige Konzentration noch die Zeit ihn zu wirken und im Halbdunkeln wäre es auch mit Vorsichtsmaßnahmen sicher ratsam immer noch acht zu geben. Außerdem, und das frustrierte Harry mehr als jede Möglichkeit auszurutschen, ließ die Stimme auf sich warten. Gerade noch hatte er etwas gehört, doch jetzt war es vollkommen still geworden.
Er blieb stehen. Er hatte seinen Anhaltspunkt offenbar verloren. Wer wusste schon, ob der Besitzer der Stimme überhaupt noch in der Nähe war. Und es gab genügend geheime und verborgene Gänge und Türen im Schloss, von denen Harry in der zweiten Etage nur wenige durch Remus oder ihre zufällige Entdeckung im ersten Jahr kannte. Es war gut möglich, dass jemand bereits an ihnen vorbei gekommen war, oder dass er die Stimme ungewollt überholt hatte.

Harry drehte sich um, um sich bei seinen drei Freunden zu entschuldigen, da gab Hermine einen überraschten Laut von sich.
„Da vorn.“, sagte sie und deutete zu einer Wand weiter hinten. Die drei anderen folgten ihrem ausgestreckten Arm und sahen in die angewiesene Richtung.
„Was zum...“, murmelte Draco und ging langsam näher zu der Wand hin.
Harry folgte ihm vorsichtig und sah zu der Wasserlache, die sich am Boden nah bei der Wand gesammelt hatte. Dann hob er langsam den Blick zur Wand selbst.
Im Schein zweier heller Fackeln sah er deutlich mehrere in roter Farbe geschriebene Worte, die jemand erst vor kurzem direkt an die Wand geschrieben haben musste. Die Buchstaben waren fast halb so groß wie Harry selbst und glänzten feucht.
„DIE KAMMER DES SCHRECKENS WURDE GEÖFFNET.“, las Draco laut und brach ab. „Das muss doch ein schlechter Scherz sein. Harry was...“
Millicent fiel ihm ins Wort, denn sie schrie leise auf und zeigte zu einem der beiden Fackelhalter.

Das bizarrste Element der Szene erwies sich als Mrs Norris. Jemand, sicherlich der jemand, der die Worte geschrieben hatte, hatte die Katze, die starr und mit leeren Augen zum Boden sah, am Schwanz an einem der Fackelhalter festgebunden. So wenig wohl fast jeder Schüler die Katze leiden konnte, so schockierend war es doch, sie so vorzufinden. Und Millicent war vielleicht die einzige, die Harry kannte, die zumindest nicht ganz so große Probleme mit Mrs Norris hatte. Schließlich war sie immer noch eine Katze. Dass jemand im Schloss einem Tier etwas derartiges antat, musste die Dunkelhaarige Slytherinschülerin wütend machen.
Aber dann gab es im Augenblick etwas sehr viel wichtigeres, das sie bedenken sollten.
„Wir müssen hier weg.“, sprach Hermine Harrys Gedanken aus. „Das ist übel. Wenn jemand uns jetzt hier findet...“
Draco schüttelte den Kopf. „Das ist so ein beschissener Tag, ehrlich. Hört ihr nicht die Schritte? Es ist zu spät. Es sei denn, jemand von euch kennt zufällig eine versteckte Tür, gleich hier um die Ecke.“
Harry, Draco, Hermine und Millicent waren weit hin- und hergelaufen. Harry der Stimme nach, seine drei Freunde ihm hinterher. Tatsächlich waren sie so wieder nahe bei den Treppen in der Nähe der Eingangshalle gelandet. Die Gryffindors und die Ravenclaws mussten in die zweite Etage, um zu ihren Gemeinschaftsräumen zu kommen. Außerdem hatte die Astronomielehrerin den Schülern angeboten zum Abschluss des Halloweenabends eine Besichtigung auf dem Turm zu machen. Draco hatte recht. Die Geräusche sich nähernder Schritte von unten waren deutlich hörbar. Leute lachten, redeten laut und angeregt miteinander und trampelten die Stufen hinauf. Kaum, dass der Blonde seinen Satz beendet hatte, da kamen auch tatsächlich die ersten Schüler von der ersten Etage in den Gang hinein. Innerhalb von wenigen Momenten waren die vier Zweitklässler von ihnen umgeben. Sämtliche Blicke fielen auf die kleine Gruppe Schüler, die Wand voll roter Farbe und schließlich auf die Katze.

Es wurde sehr still. Dann hallte das leise Klicken einer Kamera seltsam unwirklich. Colin Creevey, der zwar erst verstört geschaut hatte, sich dann aber offenbar bewusst geworden war, dass er hier vor einem wichtigem Schnappschuss stand, drückte auf den Auslöser. Irgendeine Art Zauber musste auch Pansy angelockt haben. Harry wusste nicht, wie sie hier gelandet war, vielleicht hatte sie irgendwie gemerkt, dass etwas die Schüler hier in Unruhe versetzt hatte, und eine Neuigkeit gewittert, aber er wünschte sich in diesem Augenblick wirklich, sie wäre weniger sie selbst und in der Lage von etwas schockiert genug zu sein, um zu verstummen. Denn kaum, dass sie sie sah, durchbrach die Slytherinschülerin und selbsternannte Leiterin der neuen Schülerzeitung die Stille endgültig, als sie den Rest der Schrift zu rufen begann: „FEINDE DES ERBEN, NEHMT EUCH IN ACHT!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Das ist DIE Schlagzeile!“

 

„Was ist hier los?“, rief Severus. Er bahnte sich seinen Weg zu Harry und den drei anderen, wenige Schritte hinter ihm lief Argus Filch, der gehässig zu den vier Schülern blickte, wohl sicher, dass sie in Ärger geraten waren und er sie bestrafen könnte.
Dann sah der Hausmeister seine Katze. Sein Gesicht veränderte sich merklich, er wurde weiß und seine Augen traten hervor. Sicherlich hatte nie jemand den Mann so verstört gesehen. Dann schrie er unvermittelt auf. Ein hoher, langer schmerzerfüllter Ton hallte noch lauter als es Colins Kamera getan hatte. Schüler wichen links und rechts vor dem Hausmeister zurück, während er erst nach hinten stolperte, dann langsam nach vorne ging und den Blick starr auf die ebenso starre Katze am Fackelhalter richtete.
„Meine Katze! Meine Katze! Meine Katze!“, rief er. Fast dachte Harry, er würde anfangen zu weinen und in die Knie gehen. Und er war unheimlich dankbar für Colins und Pansys Schweigen nach der Ankunft des Hausmeisters. Irgendwie mussten selbst diese beiden spüren, dass das der falsche Moment war, um weitere Bilder zu machen oder ein Interview zu führen.
Severus' Blick glitt nur kurz über Mrs Norris und ging dann sofort zu den vier isolierten Schülern vor der Wand. Ärger, Unruhe und Überraschung wechselten so schnell, dass wahrscheinlich nur jemand, der ihn sehr gut kannte, sie wahrnehmen konnte. Aber er kam nicht dazu etwas zu sagen, weil der Hausmeister inzwischen ebenfalls begonnen hatte, mehr als nur die Katze vor sich wahrzunehmen.
Er sah zu Draco. Dann zu Harry.
„IHR!!!“, kreischte er schrill und laut, „IHR wart es! Ihr habt sie umgebracht! Ihr habt Mrs Norris getötet! Ihr habt meine Katze ermordet! Ich bringe euch um, ich werde euch –“

Es sah aus, als wolle Severus gerade zwischen die vier und den Hausmeister treten (ob, um sie zu schützen oder um sie selbst in die Mangel zu nehmen, da war sich Harry nicht ganz sicher), und Millicent hatte sich, sicherlich halbbewusst, halbunbewusst, bereits langsam behütend vor die anderen drei gestellt, da unterbrach sie alle erneut der Ruf eines anderen.
„Argus!“, rief kein anderer als Albus Dumbledore, der nun ebenfalls in den Korridor im zweiten Stock gekommen war. Eine gemischte Ansammlung von Lehrern folgte ihm, ebenso ein eifrig umherschauender Percy Weasley, der sicher befunden hatte, dass es hier nach einem Vertrauensschüler verlangte. Im übrigen war er der einzige Schüler mit einem Abzeichen, der es für angebracht hielt, hier für Ordnung zu sorgen. Die anderen anwesenden Vertrauensschüler (unter anderem eine die Stirn runzelnde Gemma) waren entweder zu verwundert oder schockiert. Und auch wenn sie es nicht gewesen wären, hätten vielleicht nur ein oder zwei ebenfalls versucht ihre Mitschüler zur Ordnung zu rufen. Die Schulsprecher waren möglicherweise nicht anwesend, zumindest konnte Harry sie nicht sehen. Dafür sah er aber umso deutlicher den Ernst auf den Gesichtern der Lehrer und des Schulleiters. Dumbledore ging an Harry und seinen drei Freunden vorbei und holte die Katze von der Fackel herunter. Währenddessen sahen Professor McGonagall, Professor Flitwick und, am eindringlichsten, Severus geradewegs zu den vier Zweitklässlern. Sogar der kleine Flitwick machte Harry beinahe ein wenig Angst. Denn der Lehrer für Zauberkunst war im Normalfall einer der Professoren, die immer ein Lächeln für ihre Schüler übrig hatten und selten verärgert oder besorgt waren. Ihn mit einem Severus' nicht unähnlichem Gesichtsausdruck zu sehen, war einfach zu ungewöhnt.

„Kommen Sie bitte mit, Argus.“, sagte Dumbledore zum immer noch zwischen Schock und Wut schwankenden Hausmeister. Dann blickte er zu Harry und sagte, „Und Sie bitte ebenfalls, Mr Potter, Mr Malfoy, Miss Bulstrode, Miss Granger.“
„Sie können mein Büro benutzen.“, meldete sich eifrig Professor Lockhart zu Wort, „Es ist hier gleich um die Ecke, bitte erlauben Sie mir, es Ihnen zur Verfügung zu stellen, Direktor. Sie müssen nur die Treppe hoch.“
„Danke sehr, Gilderoy.“, erwiderte Dumbledore. Wären sie nicht in einer solch misslichen Lage gewesen, wenigstens Draco hätte zu Lockharts Verhalten doch einiges zu sagen gehabt. Doch der Blonde war im Augenblick vollkommen still. Wie als habe er sich mit einer Art Schicksal abgefunden, oder beschlossen, dass der Tag einfach nur ein sehr schlechter Traum sein musste. Zumindest hatte Harry kurz diese Hoffnung. Obwohl ihm klar war, dass die meisten Situationen, in denen man sich wünscht, sie wären nicht wirklich, im Normalfall es eben leider doch waren. Hermine und Millicent schienen es ebenfalls für das beste zu halten, folgsam und still zu sein. Und so gingen die vier stumm hinter Dumbledore her. Lockhart, McGonagall und Severus direkt hinter ihnen, während sie die verbleibenden Lehrer und Percy Weasley die anderen Schüler noch fortschicken und beruhigen hörten.

Lockharts Büro war insofern eine weitere Steigerung des Unbehagens, als dass es ein paar gute Dutzend seiner Augen gab, die sofort zu den vier Schülern linsten, sobald sie und Dumbledore eintraten. An den Wänden hingen nämlich zahlreiche Porträts des blonden Zauberers. Und ihre Bewohner waren offenkundig ebenso schnell daran interessiert sich in Angelegenheiten anderer einzumischen wie ihre lebendige Vorlage. Doch zu Harrys Erleichterung schienen mehrere ihrer neuen Beobachter gerade einen Schönheitsschlaf gehalten zu haben und verschwanden daher schnell mitsamt ihrer zahlreichen Lockenwicklern und auch ein oder zwei Schlafmasken aus ihren Rahmen, um nicht in unangemessener Aufmachung ihrerseits gesehen zu werden. Lockhart selbst ging zu einem teuer wirkendem Schreibtisch und zündete ein paar Kerzen an, um sein dunkles Büro zu erleuchten. Dann machte er ein wenig Platz, damit Dumbledore Mrs Norris auf der Tischplatte ablegen konnte. Argus Filch blieb auf Abstand zu seiner Katze stehen, wie als könne er sich ihr nicht weiter nähern, wendete den Blick jedoch keine Sekunde von ihr ab und hatte begonnen unregelmäßige trockene Schluchzer von sich zu geben.
Professor McGonagall und Severus traten nahe an Dumbledore und den Tisch heran und sahen dann zu, wie der Schulleiter die Katze eingehend betrachtete, sie abtastete und sich zu ihren glasigen Augen hinabbeugte. Allerdings war die Aufmerksamkeit von Severus nur zu einem geringen Teil auf die Katze gerichtet. Der hakennasige Mann schaute vielmehr unentwegt über Dumbledores gekrümmten Rücken hinweg zu den vier Schülern ihm gegenüber hin. Oh, sicherlich, es war unwahrscheinlich, dass Severus sie für den Zustand der Katze oder für die Schrift an der Wand für verantwortlich hielt. Aber Harry war klar, dass er mit ihm, Draco und möglicherweise auch Millicent und Hermine reden wollen würde. Allerdings vielleicht nicht, während andere Lehrer anwesend waren. Oder zumindest nicht, während Lockhart anwesend war.
Dieser war im Übrigen ein starker Kontrast zu seinen Kollegen und zu den vier Schülern. Während alle schwiegen und besorgt, beunruhigt oder angespannt waren, tänzelte der blonde Lehrer aufgeregt um die anderen herum und äußerte seine Gedanken zu Mrs Norris' Zustand. Harry blendete sein Gebrabbel über „Gegenfluch“, „mir bekanntes Phänomen“ und „Natürlich ist es bedauerlich, dass ich nicht anwesend war, ich hätte die Katze retten können.“ aus und konzentrierte sich stattdessen darauf, sich zu überlegen, wie er erklären könnte, dass sie auf die Katze gestoßen waren. Und was er im Zweifelsfall tun könnte, um zumindest dafür zu sorgen, dass seine drei Freunde keinen Ärger bekamen. Schließlich waren sie ihm nur gefolgt. Im Übrigen schuldete er ihnen jetzt auf jeden Fall eine Erklärung. Er wandte den Blick von Severus' eindringlichen Augen ab (auch ihm würde er Rede und Antwort geben müssen) und suchte die Gesichter von Draco, Millicent und Hermine.
Er glaubte nicht, dass sie ihn verantwortlich machten, aber er war doch auch beunruhigt darüber, was sie darüber denken könnten, dass er sie ihm folgen ließ und geradewegs zu einer bizarren Szene führte, gekrönt von einer stocksteifen Mrs Norris.
Draco sah zu Boden und es war nicht zu erkennen, was im Kopf des Blonden vorging, doch Millicent und Hermine fanden Harrys Augen. Die beiden Mädchen sahen ihn leicht verunsichert aber fest an und gaben ihm stumm zu erkennen, dass sie Harry vertrauten. Auch wenn sie sichtlich erschüttert waren und sich sicherlich fragten, wie sie in ihre jetzige Lage hatten kommen können. Eine Sache weniger, um die Harry sich im Augenblick Sorgen machen musste.

Schließlich meldete sich Dumbledore erneut zu Wort. „Ihre Katze ist nicht tot, Argus.“, sagte er langsam und ruhig und unterbrach damit das Schluchzen des Hausmeisters.
„Sie ist versteinert.“, fuhr der Schulleiter fort und sah von Filch zu den vier Schülern. Sein Blick hinter den halbmondförmigen Brillengläsern wanderte über ihre Gesichter und gab Harry das Gefühl von ihm durchleuchtet zu werden, wie als würde er direkt in ihre Köpfe schauen, um zu sehen, was sie wussten. „Aber ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist.“
Filch wandte sich heftig um und deutete auf Draco und Harry. „Die beiden! Die beiden müssen Schuld sein! Sie müssen es wissen, sie können Sie fragen!“
„Unsinn.“, sagte Severus in gereiztem Tonfall, doch er klang auch so als wäre seine Anspannung ein wenig gemindert worden, „Dazu wäre kein Zweitklässler in der Lage, ich bezweifle, dass selbst Siebtklässler eine Versteinerung bewirken könnten. Und selbst wenn, welchen Grund hätten Mr Potter und Mr Malfoy eine Katze zu versteinern? So weit ich weiß, gab es keinen Anlass für sie, Sie oder Ihre Katze zu verletzen.“
Dumbledore nickte bedächtig und auch Professor McGonagall schien ihrem Kollegen beizupflichten.
Aber Filch war nicht überzeugt. „Sie waren es. Sie müssen es gewesen sein. Die Schrift an der Wand… Die Schrift, Sie wissen, was sie damit sagen wollen. Die Schrift macht es mehr als deutlich… Und sie wissen, sie haben erfahren...“, er stockte, verzog das Gesicht und sah die beiden Jungen finster an.
„...dass Sie ein Squib sind.“, ergänzte Draco und überraschte damit zumindest seine drei Freunde.
Die Augen des Hausmeisters verengten sich und sahen nun nur noch den Blonden giftig an.
„Aber, wenn ich etwas dazu sagen dürfte“, fuhr der blonde Slytherin ungerührt fort, „Ich habe ganz sicher nichts mit Mrs Norris angestellt und Harry, Millicent und Hermine waren den ganzen Abend bei mir und ich habe sie weder mit roter Farbe gesehen noch mit irgendeinem Buch oder einer Schriftrolle mit einem Zauber zur Versteinerung von Tieren für Anfänger. Und außerdem hätten weder sie noch ich dazu, meines Wissens nach, auch nur irgendeinen wirklichen Grund gehabt. Ich glaube, es gibt zwei mögliche Erklärungen: Entweder hat jemand versucht einfach nur den nächstbesten Leuten in der Nähe die Schuld in die Schuhe zu schieben, und das Ziel war allein die Katze und wir haben einfach nur das Pech gehabt, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Oder es ging darum, uns vier verdächtig zu machen und uns in eine missliche Lage zu bringen. In jedem Fall haben wir leider keine Beweise die dafür sprechen. Aber es gibt auch nichts, das ausschlaggebend dagegen spricht.“
„Mr Malfoy“, sagte Professor McGonagall streng, „Es ist schön, dass sie sich offen äußern, aber könnten Sie nicht vielleicht uns Lehrer diese Dinge klären lassen?“
„Ah, guter Einwand, ein guter Einwand. Natürlich verdächtige ich Sie Schüler nicht wirklich, aber es ist nicht so, als gäbe es nicht immer Möglichkeiten außerhalb des Rahmen des Bekannten. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich bei-“
„Danke, Gilderoy.“, unterbrach Dumbledore den blonden Lehrer, bevor er mit einer Geschichte über Versteinerungen, junge schwarze Magier oder vielleicht auch nur irgendetwas in Verbindung mit einer vergangenen Heldentat fortfahren könnte. „Ich denke, wir sind uns des Ernsts der Lage bewusst. Und ich denke, wir können Mr Malfoy zustimmen, dass wir im Augenblick keine Beweise haben, die für oder gegen ihn und seine drei Freund sprechen. Es wäre wahrscheinlich angebracht, Ihnen zumindest noch einmal ein paar Fragen zu stellen. Aber, und das halte ich jetzt für wichtiger, Mrs Norris Zustand sollte sich beheben lassen. Wir können sie sehr wahrscheinlich heilen, Argus. Mrs Sprout hat glücklicherweise seit kurzem ein paar Alraunen in den Gewächshäusern züchten können, wenn sie ausgewachsen sind, können wir einen Trank zubereiten, um sie wiederzubeleben.“
„Ich kann den Trank brauen, ich kenne ihn gut...“, begann Lockhart erneut, diesmal war es Severus, der ihm das Wort abschnitt. „Entschuldigen Sie, doch der Zuständige für Zaubertränke an dieser Schule bin eigentlich ich.“
Daraufhin wurde Lockhart zum ersten mal, seit sie in das Büro gekommen waren, schweigsam. Harry konnte bei aller Unannehmlichkeit nicht umhin Severus' unantastbare Autorität zu bewundern, wie auch die Fähigkeit sich gegenüber Zauberern, denen der Mann keinen Respekt zollte, schon durch Worte allein zu behaupten.
„Nun, ich denke, damit sollte zunächst das wirklich Dringliche geklärt sein.“, sagte Dumbledore, „Möglicherweise sollten die beiden Hauslehrer der vier alles andere, falls nötig, persönlich besprechen.“
„Ich werde darauf zurückkommen.“, versprach Severus, „Auch mit Miss Granger würde ich in dem Falle gerne reden, wenn Sie sie mir ausleihen würden, Minvera.“
„Sicherlich, Severus.“
Der Schulleiter sah kurz zu seinen beiden Kollegen, dann blickte er wieder die vier Schüler an.
„Gut. Sie können gehen. Denken Sie daran, nachher pünktlich in Ihren Schlafsälen zu sein.“

„Mist.“, fluchte Draco.
Sie hatten sich in das leere offenstehende Klassenzimmer zurückgezogen, in dem sie im letzten Jahr schon manchmal Hausaufgaben erledigt hatten. Es war wirklich nur allzu bedauerlich, dass es leider zu weit von der beschriebenen Wand entfernt gewesen war, um hinein zu flüchten.
„Haben wir denn echt gar kein Glück heute? Wir haben das Fest verpasst. Ebenso gutes und für Menschen verträgliches Essen. Filch hat uns auf dem Kieker. Und Sev wird uns nicht einfach davon kommen lassen. Ich hoffe, er schreibt nicht an meine Eltern. Verraten, was er vor ein paar Wochen gemacht hat, um unseren Trank fertigzustellen, wird er auf jeden Fall wahrscheinlich nicht mehr.“
„Und das mit dem Trank ist natürlich ein wirklich wichtiges Problem...“, murmelte Millicent.
„Harry?“, ließ sich Hermine vernehmen, „Kannst du uns jetzt vielleicht sagen, was eigentlich vorhin los war? Warum hast du uns überhaupt dort hin geführt?“
„Entschuldigt.“, sagte Harry. „Okay, es wird sich vielleicht merkwürdig anhören... und vielleicht auch ein wenig beängstigend...“
„Immer heraus damit. Nicht vieles kann diesen Tag noch schlimmer machen... Aber, hey, versuch's.“, äußerte sich Draco erneut.
Harry holte innerlich Luft. Dann begann er von der Stimme zu erzählen, davon wie er sie bereits einmal gehört hatte und davon wie er ihr heute hinterher gegangen war.

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