
„Ich bin es wert“
Zurück in ihrer Suite angekommen machte sich Eva auf den Weg ins Badezimmer. Eine schöne heiße Dusche würde ihr jetzt guttun. Sie hatte alles, was das Hotel anging erledigt, Raik König hatte die Aufräumaktion überwacht und so war in kürzester Zeit alles wieder im originalen Zustand, sie hatte Pit geschrieben, um mit ihm morgen endlich in Ruhe über die Thematik „Lieferschein“ zu sprechen und die letzten Emails waren auch abgearbeitet.
„Das hast du dir jetzt verdient“ dachte sich Eva, als sie das Wasser in der Dusche warmlaufen ließ. Nach etwa 15 Minuten, stieg sie wieder aus der Dusche und betrachtete sich im Spiegel. „So schlecht siehst du doch gar nicht aus“ kam es flüsternd über ihre Lippen. „Wenn sie dich nicht will, will dich vielleicht jemand anderes“ motivierte sie sich. Gesagt, getan.
Eva zog sich ihren Bademantel an und machte sich auf den Weg zu ihrem Nachtisch, auf dem ihr Handy lag. Sofort ging sie in ihre Kontaktliste, paar „Bekanntschaften“ hatte sie noch eingespeichert. „Das könnte gehen.“ dachte sie sich, als sie eine Nummer wählte.
„Hey, Melanie. Hier ist Eva, Eva de Vries“
„Als könnte ich dich vergessen Eva“ rauchte die Frau auf der anderen Leitung ins Telefon. „Was kann ich für dich tun, schöne Frau?“
„Du meintest, ich sollte mich melden, wenn es mich mal nach MV verschlagen sollte. Und da ich seit geraumer Zeit das Mondial in Schwerin leite, dachte ich, ich nutzte die Chance und melde mich bei dir.“ sagte Eva mit koketter Stimme.
„Das Mondial, das ist ja ein Zufall“ kam es mit überwältigender Freude aus der Leitung. „Du wirst es nicht glauben, aber ich war gerade bei einer Kulturveranstaltung im Schweriner Schloss und wollte gerade wieder zurück nach Rostock fahren, aber bei einem netten Angebot würde ich meine Zeit in Schwerin für eine Nacht verlängern.“ der letzte Teil des Satzes kam nur noch verspielt lachend aus Melanies Mund.
„Wäre es ein nettes Angebot, wenn ich dir verspreche, dass ich die letzte Nacht die wir zusammen verbracht haben, übertreffen werde?“ kam es überzeugend aus Evas Mund.
„Das möchte ich sehen.“ entkam es Melanie.
„War das ein „JA“?“ fragte Eva.
„Also ich könnte in 15 min da sein“
„Ok, bis dann. Ich hole dich in der Lobby ab!“ sagte Eva und legte auf.
„15 Minute, da muss ich mich jetzt aber beeilen.“ dachte sich Eva. Schnellen Schrittes bewegte sie sich auf ihren Kleiderschrank zu, um ein passendes Outfit rauszusuchen. „Zuerst die Unterwäsche, hmmm…“ überlegte die Hotelchefin. Nach einiger Zeit entschied sie sich für ein schwarzes Set, welches sie sich vor einer Woche neu gekauft hatte. Eigentlich für Uli, um ihr beim nächsten Mal den Atem zu rauben. „Uli“ kam es mit leiser Stimme aus ihrem Mund, während sie sich in das Set hüllte. Erst lächelte sie, da sie in Erinnerung an die Male in ihrem Bett dachte, doch schnell verdunkelte sich ihre Miene. „Naja, sie wollte ja darauf verzichten“ kam es prompt aus ihrem Mund. Evas verletzter Stolz wuchs immer mehr.
Zehn Minuten später stand sie in einer schwarzen Anzugshose mit einer tief ausgeschnittenen Bluse vor ihren Spiegel und betrachtete sich. „Mensch Eva, du gibst ja noch richtig was her“ mit diesen Worten versuchte sie sich aufzumuntern und davon zu überzeugen, dass sie genau das mit Melanie jetzt bräuchte. Das klappte, aber nicht so ganz, da ein schlechtes Gefühl in der Magengegend aufkam.
„Keine Zeit für solche Gefühle jetzt, denn sie bedeuten immer Probleme“ dachte sie sich und machte sich auf den Weg in die Lobby um Melanie abzuholen.
Unten angekommen wurde Eva von einer mittelgroßen, schlanken Frau Ende der 40er, herzlich begrüßt.
„Na, schöne Frau“ rauchte diese Eva als Begrüßung ins Ohr. „Du siehts super heiß aus“
„Das Kompliment kann ich nur zurückgeben.“ kam Eva ihr entgegen. „Hast du schon gegessen oder möchtest du noch was essen?“
„Ich habe eigentlich nur Appetit auf etwas ganz Besonderes.“ zwinkerte Melanie Eva zu. „Mir wurde da so etwas versprochen. Weißt du?“
„Ach so, so etwas Besonderes kann ich dir leider nur oben geben“ rauchte Eva ihr verführerisch zu. Auf einmal wurde ihre Kehle ganz trocken. „Was ist los mit dir, Eva de Vries. Es steht eine sehr hübsche Frau vor dir und du? Du denkst an eine Frau die dich gar nicht will. Diese blöden Gefühle, man…“ eine Hand riss sie aus ihren Gedanken.
„Möchten Sie mir nicht mal ihre Suite zeigen, Frau de Vries?“ kam es schelmisch aus Melanies Mund, während sie Evas Hand ergriff und sie zum Fahrstuhl führte. Eva hielt kurz inne, schluckte dann aber ihre Gedanken runter und setzte wieder ihr verführerisches Lächeln auf.
In der Suite angekommen ging Eva zur Minibar, um ihrer Begleitung einen Drink anzubieten. Auf halben Weg wurde sie aber gestoppt. Melanie griff nach ihrem Arm und schaute ihr voller Verlangen in die Augen. Sie suchte nach einer Bestätigung Eva endlich küssen zu dürfen. Und dann passierte es. Ihre Lippen trafen aufeinander und sie verfielen in einen alles anderem als ruhigen Kuss.
Melanie drängte Eva in Richtung Bett und wollt ihr gerade die Bluse ausziehen, bis Eva auf einmal stoppte und langsam anfing zu zittern. „Das ist nicht richtig. Ich kann sie nicht betrügen…“ schoss es der blonden Frau in den Kopf.
„Hey, Eva was los? Habe ich zu überstürzt reagiert? Ich dachte du magst es schnell und hemmungslos?“ sagte Melanie besorgt und strich Eva zur Beruhigung über den Arm. „Ja, aber du bist die Falsche. Ich will das, aber mit der Frau die ich liebe…“ hallte es durch den Kopf der Hotelchefin.
Nach einem Augenblick fing sich Eva wieder und schaute Melanie mir feuchten Augen ins Gesicht. „Ähm, ich… ich kann das nicht.“ stammelte sie vor sich hin. „Es tut mir leid, ich hatte einfach in letzter Zeit sehr viel Stress und ich wollte mich ablenken. Mit dir ablenken…“
„Eva, du weißt, dass ich gerne Zeit mit dir verbringe. Vor allem im Bett, aber nicht so!“ ernst schaute Melanie sie an.
„Ich kann dich, aber auch irgendwie verstehen.“ versuchte sie Eva zu beruhigen. Auch sie lenkte sich gerne mal mit Sex ab.
„Aber wenn ich schon mal hier bin. Was hältst du davon, wenn du mir erzählst was los ist?“ Eva senkte den Kopf.
„Eva, ich habe schon bei der Begrüßung gemerkt, dass irgendetwas anders ist. Das bist doch nicht du. Irgendwas oder Irgendwer muss dich doch verletzt haben?“ Bei der Frage zog sich alles in Eva zusammen und es dauerte nicht lange, bis die ersten Tränen über ihr Gesicht rollten.
„Ok, du musst nicht reden, aber ich will dich auch nicht alleine lassen. Nicht so!“ lächelte Melanie sanft. „Was hältst du davon, wenn du dich mal richtig ausschläfst? Wir können auch kuscheln, wenn du willst?“ Eva nickte nur leicht und machte sich mit Melanie auf ins Bad, um sich für das Bett fertig zu machen. Es war zwar nicht die richtige Frau, aber ein bisschen Zuneigung brauchte sie jetzt.
Wenige Minuten später fiel Eva vor Erschöpfung ins Bett. „Melanie?“ flüsterte sie leicht. „Ja.“ Kam es genauso leise aus dem Mund der Brünetten, die neben ihr lag. „Es tut mir wirklich leid, du hattest bestimmt ganz andere Vorstellungen von dem Abend.“ sagte Eva ein bisschen beschämt.
„Eva, jeder hat mal eine schlechte Phase im Leben, das ist ok. Du musst es nur schaffen, da wieder rauszukommen. Es ist vollkommen verständlich, dass du jetzt noch nicht darüber reden möchtest. Aber irgendwann muss du es tun. Sonst baust du dir immer mehr Mauern auf.“ Sagte Melanie bestimmend.
Den letzten Teil des Monologs, bekam Eva aber gar nicht mehr mit, da sie schon tief und fest schlief. Die Anstrengungen und die Ereignisse des Tages hatten sie viel zu sehr erschöpft.