
STOLZ UND unVORURTEILhafte Situationen
Es war definitiv nicht James Afterparty des Lebens. Um genau zu sein, war es eine ziemlich miserable Party. Lily war verschwunden, Benjy flirtete mit Marlene, Marlene stalkte Dorcas, Dorcas tanzte mit einem anderen Mädchen und Mary knutschte mit Irgendjemandem rum. James kannte niemanden auf der Party und nach zwei Stunden Smalltalk hatte er genug von fremden Menschen. Er würde gerne gehen, wollte aber Benjy nicht alleine lassen und fragte ihn deshalb höflich ihn zu begleiten. Aber Benjy schien nicht gehen zu wollen und hatte inzwischen schon genug getrunken um nicht mehr richtig denken zu können. Und langsam ging er allen, oder besser gesagt Marlene auf die Nerven. Vielleicht hätte James ihm doch erzählen sollen, dass sie eine Lesbe ist...
Eine weitere halbe Stunde lang saß James gelangweilt an der Bar und schlürfte an seinem Sex on the beach Coktail und studierte die vorbeitanzenden Leute. Nachdem ihm Bier auf die Hose gekippt worden war entschloss er sich aufs Klo zu gehen und dann zu verschwinden.
Doch als James das Bad im oberen Stockwerk betrat (da er die Band persönlich kannte, hatte er von Marls die Erlaubnis bekommen das deutlich saubere und schönere Bad in der Band-WG zu benutzen), hörte er ein Schluchzen. Er klopfte. Das Schluchzen hörte auf. Er klopfte erneut aber niemand antwortete.
"Alles okay?", fragte er durch die Tür.
Die Person innen schwieg kurz, dann... "Nein."
Immerhin ehrlich, dachte James und fragte ob er eintreten dürfe.
"Tu was du nicht lassen kannst.", antwortete die verschnupfte Stimme. James hätte fast gelacht.
Er öffnete langsam die Tür zu dem kleinen Bad und schaute sich um, aber konnte niemanden entdecken. Doch er hörte immer noch Jemanden leise weinen. Dann bemerkte er die Badewanne. Ein Vorhang war davor gezogen worden. Dahinter versteckte sich also diese mysteriöse Person.
James näherte sich vorsichtig dem Vorhang. Er versuchte laut zu sein, um die Person dahinter nicht zu erschrecken.
"Entweder komm her oder verpiss dich, aber schleich hier nicht so dumm rum!", scholt die fremde Stimme.
James kniete sich neben der Badewanne nieder und zog den Vorhang an der Stelle beiseite, wo er den Kopf der Person vermutete.
Er war merkwürdigerweise gar nicht überrascht eine verheulte und schniefende Lily Evans vorzufinden. James hatte schon das Gefühl gehabt, dass nur Lily so schnippisch hätte antworten können.
"Uhg, Potter.", stöhnte sie genervt. "Was machst du hier oben?"
"Marlene hat mir erlaubt hier aufs Klo zu gehen. Die Badezimmer unten sind sehr ekelig...", antwortete er schulterzuckend. Lily verfluchte Marls bei seiner Bemerkung. Zum ersten Mal stellte James fest, dass sie einen leichten Akzent hatte.
"Kommst du aus Irland?", fragte er neugierig. Lily warf ihm einen bösen Blick zu.
"Nur weil ich rote Haare habe, komme ich nicht automatisch aus Irland. Ich frage dich ja auch nicht, ob du indische Vorfahren hast, nur weil du braun bist. Das sind nur dumme Stereotype!"
"Aber meine Mum kommt wirklich aus Indien?"
Lily versuchte weiterhin böse auszusehen, musste aber grinsen. "Und ich komme aus Irland."
Sie kicherten und seufzten dann beide synchron.
James warf seiner Lily einen Blick zu. Ihr ging es offensichtlich schlecht und so gerne er auch mit ihr flirten würde, er musste sich an das Versprechen erinnern, dass er seinen Mum gegeben hatte. Freunde vor potenziellen Liebhabern!
"Fuck Stereotypes. Aber... möchtest du mir erzählen was los ist, oder soll ich dich lieber mit meinem unglaublichen Charme und meinem Humor ablenken?" Lily schnaubte erneut und versuchte das Grinsen zu unterdrücken, dass sich schon wieder auf ihr Gesicht geschlichen hatte, versagte aber kläglich.
"Ich hab ne Idee.", sie drehte ihr Gesicht zu James und schaute ihm direkt in die Augen. "Ich erzähle dir, warum es mir schlecht geht und du sagst danach einfach gar nichts dazu. Ich will kein Mitleid, keine Ratschläge und kein Trost. Bitte fang einfach ein anderes Thema an. Irgendwas lustiges. Und morgen früh darfst du mir eine Sprachnachricht aufnehmen und mir sagen, was du zu dem Thema denkst. Alles klar?"
James nickte. Lily drehte sich wieder von ihm weg und starrte auf die grünen Kacheln an der Wand ihr gegenüber. Sie nahm einen großen Schluck von dem Wein, den sie in der Hand hielt und begann dann zu reden.
"Also... erstmal musst du wissen, dass ich Medizin studiere. Und ich weiß ja nicht was du studierst, aber Medizin ist fucking hart. Meine Eltern haben mir immer und immer wieder als Kind eingeredet, dass ich besonders bin, weil ich ein paar Klassen übersprungen und einen relativ hohen IQ habe. Klingt wie ein flex, ist es aber nicht. Meine Eltern haben so viel von mir verlangt und mich so sehr gepriesen, dass ich keine Freunde in der HighSchool hatte und sogar meine eigene Schwester Tuni sich von mir und meinen Eltern abgewandt hat. Meine Eltern haben sie einfach zu sehr vernachlässigt, sobald sie gemerkt haben, dass ich "besonders" bin. Tuni hat einen Sohn...ich habe ihn noch nie gesehen." James sah, wie Lily wieder die Tränen in die Augen schossen. "Und ich will eigentlich gar nicht Medizin studieren. Das wollte ich noch nie! Ich wollte immer Literaturprofessorin werden, aber meine Eltern halten dass nicht für gut genug. 'Du hast so großes Potenzial, Lily', sagen sie dann immer. 'Du musst etwas aus dir machen. Literatur kann jeder studieren, aber du wurdest für Medizin angenommen, das ist etwas besonderes.' Das fuckt mich so sehr ab. Und außerdem machen sie mir immer ein schlechtes Gewissen. Sie tuen so, als wären mir kranke und sterbende Menschen egal, wenn ich nicht Ärztin werde. Fuck, ich habe nur noch drei Semester und dann bin ich fertig." Sie vergrub den Kopf in den Händen und fuhr sich mit den Fingern durch die zerzausten Haare. "Und ich muss so fucking viel lernen. Ich habe kaum Zeit für meine Freunde, oder für die Band, von Beziehungen ganz zu schweigen! Vor einem halben Jahr habe ich mit einem Mädchen, dass ich sehr mochte Schluss machen müssen, weil ich einfach nicht genug Zeit für sie hatte. Ich hab ihr nicht mal eine richtige Erklärung gegeben... "
Lily hörte auf zu reden und schaute erwartend zu James auf. Er öffnete den Mund, hatte den Drang etwas zu sagen, ihr einen Rat zu geben oder sie zu trösten, aber er erinnerte sich an ihre Abmachung und ließ es sein. Lily wurde damit fertig. Sie war stark. Sie brauchte seine Hilfe nicht. Und wenn doch, was sie klug genug danach zu fragen.
James lehnte seinen Kopf gegen die Wand und schaute die Decke an. Er wollte seine nächsten Worte durchdacht wählen.
"Also ... wie stehst du zu ... Käse?"
Lily schaute ihn verblüfft an, dann brach sie in helles Gelächter aus. Es füllte den ganzen Raum und James Herz.
"Ich mag Käse. Und du?", brachte sie unter kichernd heraus.
"Bin vegan.", antwortete James schulterzuckend.
"Wie stehst du dann zu veganem Käse?", fragte sie.
James schaute Lily an, als hätte sie komplett den Verstand verloren. "Veganer Käse ist widerlich." Er sagte es so todernst, dass Lily einen totalen Lachflash bekam. Und dieses Mal lachte James mit, da er sich sicher sein konnte, dass ihr Lachen echt war.
Vielleicht war es doch James Afterparty des Lebens.
* * * * * * * * * *
Marlene hatte absolut keine gute Zeit auf der Party. Sie trank einen ekligen Gin Tonic, James komischer Freund versuchte die ganze Zeit mit ihr zu flirten und Dorcas Meadowes tanzte die ganze Zeit mit irgendeinem fremden Girl. Alles in allem war es ein fürchterlicher Abend.
"Und was ist deine Lieblingsfarbe?", fragte James Freund. Er hatte Marlene seinen Namen gesagt, sie hatte ihn aber schneller vergessen, als Mathe sobald sie die HighSchool verlassen hatte. Viel zu sehr war sie von ihrer Lieblingsbeschäftigung vereinnahmt: Dorcas stalken! Zuzusehen, wie Dorcas mit dem fremden Mädchen lachte, ihr eine Locke aus dem Gesicht strich und sies Hände über ihren Rücken fahren ließ, war zum Kotzen...!
"Hey, Marlene. Möchtest du was zu trinken haben?", fragte der Typ. Ben...Bennik...Beli?
"Nein, vielen Dank.", antwortete sie kühl. Sie hatte wirklich die Geduld verloren nett zu ihm zu sein. Marlene wusste gar nicht warum er es überhaupt noch versuchte. Wenn sie wollte konnte sie wirklich eine abweisende, gemeine Bitch sein, aber ihr Verhalten schien ihn nicht zu stören. Eher noch mehr anzuregen.
"Bitte, ich gebe dir auch einen Drink aus!", flehte er. Marlene stöhnte genervt. Diese komischen Fans gingen ihr langsam echt auf die Nerven. Meistens konnte sie sie gerade noch so tolerieren, aber jetzt hatte sie keine Lust mehr.
"Ben, Bennedik, Bolin...oder wie auch immer du heißt. Ich möchte keinen Drink und ich möchte auch nicht mehr von dir angemacht werden, haben wir uns da klar verstanden?"
Der Typ blinzelte sie nur verwirrt an. Dann lächelte er.
"Komm schon. Viele Mädels weisen Typen wie mich ab, obwohl sie eigentlich doch wollen. Kennst du Stolz und Vorurteil? Da hat Elizabeth Bennet auch Mr. Dracy abgewiesen und am Ende hat sie sich nach einem neuen Antrag gesehnt." Dabei zwinkerte er sie an. Marlene wollte sich übergeben.
"Wenn das hier Stolz und Vorurteil wäre, wärst du Mister Collins!", antwortete sie schnippisch und drehte sich um, um davon zu stolzieren, doch dieser Bastard hielt sie an ihrem Oberarm fest.
"Nimm deine fucking Hände von mir!", fauchte sie und riss sich los. Er hob ergeben die Hände, lachte aber, so als hätte er nur einen Scherz gemacht. Marlene fand die Situation immer weniger witzig.
"Jetzt sei mal nicht so ernst! Ist doch alles nur ein bisschen Spaß."
"Hab woanders Spaß."
"Ach komm schon, Baby. Ich möchte doch nur ein kleines bisschen Aufmerksamkeit. Ist das zu viel verlangt?"
"Definitiv!"
Marlene sah den Wandel seiner Strategie in seinen Augen, bevor sie ihn sprechen hörte.
Er seufzte (gespielt) verletzt auf. "Das ist wirklich unfair.", beschwerte er sich. "Ich bin immer so verdammt nett zu Frauen und trotzdem vögeln sie lieber den 1,90m großen Bad Boy, der sie schlecht behandelt, als einen netten Typen wie mich. Solange ein Typ groß ist und Geld hat ist es euch doch egal ob er eine gute Persönlichkeit hat oder nicht. Frauen sind wirklich so oberflächlich! Aber ich dachte du bist anders als alle anderen Tussis und Schlampen, die sich total viel Make-Up ins Gesicht klatschen und mit Arschlöchern schlafen."
Doch Marlene ließ sich von der nice-guy Masche nicht mehr einwickeln. Das hatte sie schon zu oft gehört...
"Also erstens: Ist es echt kein Kompliment alle Frauen runtermachen, nur um mich auf ein Podest zu stellen, und zweitens:-", und bei diesen Worten lehnte sie sich leicht vor um ihm richtig ins Gesicht zu schauen. "-date ich weder nette Typen noch Arschlöcher. Um genau zu sein date ich gar keine Typen. Ich bin eine fucking Lesbe, du Vollidiot!"
Sie lehnte sich wieder zurück, ein zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht. Es war einfach zu schön am Ende einen Diskussion mit solchen Typen die: Ich-bin-eine-Lesbe-Karte zu ziehen. Es war einfach so befriedigend! Auf jeden Fall befriedigender als der Sex mit heterosexuellen Männern.
Doch leider, leider, leider hatte Marlene nicht mit der Dummheit dieses Mannes gerechnet. Denn er legte Marlene eine Hand auf die Schulter und lächelte sie an, als wäre sie ein Kind, dass nicht verstand, dass eins und eins eben nicht fünf ergibt.
"Ich hatte auch mal eine Freundin, die glaubte sie wäre lesbisch. Aber glaub mir, sie konnte meinem Charme nicht widerstehen und nachdem wir das ersten Mal miteinander geschlafen haben, hat sie sich nie wieder als Lesbe bezeichnet." Er nahm eine von Marlenes Strähnen in die Hand und spielte damit herum. "Sie sah dir sehr ähnlich, weißt du?"
Er war ihr viel zu nah! Sie konnte sein viel zu starkes Parfüm riechen, genauso wie seinen schrecklichen Mundgeruch. Er war ihr so nah gekommen, dass sie die Haare an seinem Kinn hätte zählen können. Marlene hasse diesen Mann. Männer waren eklig.
Und dann wurde sie erlöst. Ein Arm schlang sich um ihre Schultern und Marlene wäre in Panik verfallen, wenn sie den Geruch nicht wiedererkannt hätte. Dorcas!
"Belästigst du gerade meine Freundin?", fragte sier in drohendem Tonfall.
Es war nicht neues, dass die besten Freund*innen manchmal so taten, als wären die mit der*dem andere*n zusammen, um lästige Menschen, meistens Männer loszuwerden. Das war normalerweise das letzte Mittel zu dem sie griffen und verjagte auch den hartnäckigsten jungen Mann. Doch dieser Fisch hatte sich echt festgebissen. Benjy schaute zwar ein bisschen eingeschüchtert zu Dorcas auf, das dämliche Grinsen verschwand allerdings nicht von seinem Gesicht.
"Ach Leute. Gesteht es euch ein! Alle Frauen fühlen sich ein bisschen zu Männern hingezogen."
"Nein!", antwortete Marlene, während Dorcas gleichzeitig: "Ich bin keine Frau.", sagte.
"Ich weiß, dass ich Recht habe. Dass ihr es so verzweifelt zu widerlegen versucht, unterstützt nur einen Punkt."
"Du fucking Arschloch.", sagte Dorcas überraschend ruhig und mit einem seligem Lächeln im Gesicht, als hätte sier die Zügel in der Hand. "Wenn du homophob sein willst, verpiss dich von dieser Party."
Benjy hob (mal wieder) unschuldig die Hände. "Hey, ich bin doch nicht homophob. Stehe selbst auch auf Männer. Ich denke einfach nur, dass alle Leute ein bisschen auf Männer stehen. Oder halt komplett." Und dabei grinste er so dumm, dass bei Dorcas komplett die Sicherungen durchbrannten.
"Und warum denkst du das? Findest du dich und alle anderen Männer so geil, dass du wirklich denkst wir können dir nicht widerstehen? Hast du schon mal in den Spiegel geschaut? Ich kann dir versichern, dass ich nie in meinem Leben Lust hatte mit einem Mann zusammen zu sein. Nie. In. Meinem. Ganzen. Fucking. Leben. Und jetzt verpiss dich von dieser Party, denn ich habe keinen Bock mit einem Idioten wie dir weiter zu diskutieren."
Benjy wollte etwas erwidern, aber in diesem Moment winkte Dorcas einen sehr verwirrten James zu sich hinüber, der gerade mit Lily (WTF) die Treppe vom WG-Apartment hinunter kam. Flüsternd erklärte Dorcas die Situation zu James und Lily, während Benjy irgendwelche Scheiße labernd daneben stand und niemand ihn beachtete. Auch Marlene nicht. Sie war gerade viel zu sehr von dem Heiligenschein abgelenkt, der gerade über Dorcas Kopf schwebte. Natürlich nicht in Wirklichkeit, aber es kam Marlene doch so vor. Dorcas war einfach ein*e Heilige*r. Wirklich! Sier rettete Marls aus jeder schlimmen Situation und musste nicht mal gefragt werden es zu tun. Und der Gedanke, dass Dorcas das andere Mädchen hatte stehen lassen, um Marlene zu helfen befriedigte sie auf eine Weise, für die sie sich sehr schämte.
Es dauerte keine drei Minuten, bis James mit Benjy im Schlepptau die Party verließ. Halleluja! James entschuldigte sich tausendmal für seinen Freund (,obwohl Marlene wirklich bezweifelte, ob er noch lange James Freund bleiben würde) und zog ihn praktisch aus dem Raum.
Marlene atmete auf. Dorcas nahm sie vorsichtig in den Arm. Sier brauchte nicht zu fragen und Marlene nicht zu antworten. Das war das wunderbare an ihrer Freundschaft. Sie waren so eng und kannten sich so gut, dass sie wirklich nicht mehr miteinander reden mussten um zu kommunizieren. Marlene war verliebt und in Gefahr Dorcas noch mehr zu verfallen als zuvor. Vielleicht war sie doch nicht Elizabeth Bennet, sondern eher Jane...
* * * * * * * * * * *
Sirius lag in den Armen seinen Mom. Natürlich nicht seiner biologischen, sondern in denen von Effie. Er war direkt zu den Potters gefahren, sobald er wieder in London eingetroffen war. Fleamont war nicht zuhause aber Effie hatte in der Küche gestanden und Kekse gebacken, (auch irgendeinem Grund schien diese Frau immer für irgendjemanden zu backen, sie dachte anscheinend, dass man jede Situation mit Keksen verbessern konnte) als Sirius durch die Tür gekommen war. Und Effie wäre nicht Effie, wenn sie nicht sofort erkannt hätte, dass es ihrem Sohn nicht gut geht und ihn in die Arme geschlossen hätte. Und Sirius wäre nicht Sirius, wenn er nicht sofort in Tränen ausgebrochen wäre.
Leider durfte er keine Kekse essen. Während er versuchte von seinem Heulkrampf runter zu kommen, lenkte Euphemia ihn ab indem sie ihm erzählte, dass eine ihrer Freundinnen von ihrem Mann betrogen wurde. Für sie waren auch die Kekse.
"Schätzchen, willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?", flüsterte Effie und strich ihm durch die zerzausten Haare. Sirius fühlte sich an den Tag zurückerinnert, als er mit seiner Cousine alles erörtert hatte. Auch Dora hatte ihn viel in den Arm genommen. Die einzige aus seiner Bluts-Familie, die so etwas tun würde...
Er hatte noch ein paar Tage nach dem Gespräch mit Dora in Brighton verbracht. Sie hatten kein Wort mehr über Remus oder die Uni verloren und Sirius Tage hatten aus Strandspaziergängen, Shoppings-Trips und lesen bestanden. Gegenüber Remus würde er niemals zugeben, dass er lesen lieben gelernt hatte, als Remus ihn vor einem halben Jahr (mehr oder weniger) gezwungen hatte anzufangen, aber es war einiges der weniges Dinge, die ihn komplett entspannte. Er laß gerade Stolz und Vorurteil. Ein schwierig zu lesendes aber wunderschönes Buch. Und Sirius wollte nichts lieber, als seiner eigenen Welt entfliehen, sich bei den Bennets an den Tisch zu setzen und mit Lizzy über die unglaublich nervigen und starrköpfigen Männer in ihrem Leben zu reden.
Erst heute war Sirius aus Brighton zurückgekommen. Er hatte den frühstmöglichen Zug genommen (es war ein wahres Wunder, dass er es geschafft hatte um fünf Uhr morgens aus dem Bett zu kommen und sich zum Bahnhof zu schleppen) und seinen Freunden gesagt er würde den Nachmittags-Zug nehmen, um sich in Ruhe auf das bevorstehende Zusammentreffen mit Remus vorzubereiten und die Potters zu besuchen, ohne von den anderen Marauders genervt zu werden.
Effie schaute ihn immer noch abwartend an. Sie wollte eine Antwort.
"Ich bin ein Loser. Und verliebt. In Remus."
Effie schien nach Luft zu schnappen und nahm ihn noch fester in den Arm.
"Du bist kein Loser, Schatz. Warum denkst du das?"
Sirius schniefte.
"Ich werde mein Studium abbrechen. Und Künstler werden. Ist das nicht irgendwie 'Loser-haft'...?"
"Nein, sweetie. Nein. Ein abgebrochenes Studium oder Arbeitslosigkeit machen einen nicht zum Loser. Ein Loser ist ein Person ohne Liebe. Du bist kein Loser. Du liebst und du wirst geliebt. Und solange das weiterhin der Fall ist, bist du auch kein Loser."
Und natürlich fing Sirius in diesem Moment wieder so richtig an zu flennen. (Wer hätte es gedacht...)
Sirius war absolut nicht mehr in der Lage zu reden, also übernahm Effie das.
"Und Liebe ist immer was wunderbares. Und dass du endlich deine Gefühle für Remus erkannt hast ist toll. Egal ob diese erwidert werden oder nicht, diese Liebe kann niemand von dir nehmen."
Sirius war nicht überrascht, dass Effie schon vor ihm von seinen Gefühlen gewusst hatte. Euphemia Potter war schließlich die schlauste Frau, die er kannte und konnte Menschen lesen, wie ein offenes Buch. Er schaute zu seiner Mutter auf.
Seine Augen schwammen in Tränen und seine Unterlippe zitterte.
"Denkst du er könnte mich auch lieben?"
Effie betrachtete ihren Sohn mitleidig. Er sah aus wie ein getretenes Hündchen. Zum ersten Mal machte für sie der Spitzname Sinn, den seine Freunde ihm gegeben haben: Padfoot.
"Ich weiß es nicht, Schätzchen. Aber was ist weiß, ist dass er dich unendlich lieb hat und dass eure Freundschaft stark genug ist um alles zu überstehen. Er wird immer dein Freund sein."
Die nächste halbe Stunde lag Sirius nur in den Armen seiner Mutter, weinte und aß den übrig gebliebenen Keksteig. Dann hörte man die Türklingel. Fleamont Potter war nach Hause gekommen!
Man hörte Schritte im Flur und dann war wie in einem Film... Monti öffnete die Tür zur Küche und ließ sofort seine Aktentasche fallen, denn seine Frau warf sich in seine Arme. Er drehte sie einmal langsam im Kreis und küsste ihr Gesicht, während sie kicherte und ihrem Mann durch die angegrauten Locken fuhr. Er setzte sie auf dem Boden ab, nur um sie fast wieder von den Füßen zu reißen, als er ihr einen leidenschaftlichen Kuss gab. Dann reichte er ihre eine kleine Wildblume, die er aus der Brusttasche seines Hemdes gezaubert hatte und küsste liebevoll ihre Stirn.
Erst dann bemerkte er Sirius, der die ganze Szene mit Tränen der Freude in den Augen beobachtet hatte. Es gab nichts schöneres als zu sehen, wie sehr sich die eigenen Eltern liebten und sich vorzustellen selber einmal eines dieser ekelig glücklichen Paare zu sein, die allen Leuten auf die Nerven gingen, weil sie Seelenverwandte sind und es jedem (ungewollt) unter die Nase reiben.
"Hallo, mein Sohn. Was ist den passiert?"
Sirius wurde in eine zermalmende Umarmung gezogen. Man merkte direkt, von wem James das Umarmen gelernt hatte... Sirius war glücklich, dass sein Bruder so sicher und voll positivem Körperkontakt aufgewachsen war, aber er war auch sehr neidisch diese Liebe nicht erfahren zu haben. Zumindest nicht als Kind. Als die Potters ihn mit sechzehn aufgenommen hatten, hatte er Monate gebraucht um sich an die viele physikalische Zuwendung zu gewöhnen.
Es dauerte exakt 47 Sekunden, bis alles aus ihm herausbrach. Sirius erzählte seinem Vater alles. Während Sirius (dieses Mal ausführlicher) von all seinen Probleme erzählte, kochte Fleamont für sich und seine Frau Tee und einen Kaffee für Sirius. Die Nachmittagssonne schien durch das Küchenfenster und der Moment hätte schön und friedlich sein können, wenn Sirius und Fleamont nicht in Tränen aufgelöst gewesen waren, denn Monti musste, genau wie James immer weinen, wenn es jemand anderem schlecht ging. Sie flennten und tranken so lange Tee/Kaffee, bis Effie (die Stimme der Vernunft) wieder anfing zu reden.
"Was genau ist jetzt dein Plan?"
Sirius musste nicht überlegen.
"Ich will Kunst studieren. Ich wollte schon immer Künstler werden."
Effie seufzte. "Das ist wirklich großartig, Sirius. Aber das meinte ich nicht. Ich wollte wissen, was du wegen Remus machen willst?"
Jetzt musste Sirius doch überlegen.
"Ich weiß es nicht genau. Ich denke es würde mir gut tun, wenn ich ihn meide, bis ich ihn vergessen habe, aber ich möchte unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Und wir leben ja auch zusammen...da ist es schwierig sich zu meiden. Aber ich weiß nicht, ob ich es aushalte mit ihm zu leben und zu sehen, wie er sein Leben lebt, ohne dass ich ein größerer Teil davon bin, als es im Moment der Fall ist. Ich denke ich habe keine andere Wahl, als meine Gefühle zu unterdrücken..."
"Und es ist für dich keine Option es ihm einfach zu sagen?"
"Nein! Ich denke zwar nicht, dass ich unsere Freundschaft zerstören würde, aber es würde sich so viel verändern...ich will einfach, dass alles so bleibt, wie es ist."
"Und wenn er dich auch mag?", warf Monti ein.
"Erstens, halte ich das für sehr unwahrscheinlich, denn Remus kann sehr schlecht lügen und wenn er auf mich stehen würde, hätte ich das sicher schon bemerkt; Und zweitens, bin ich momentan nicht in der Lage eine gesunde Beziehung zu führen. Also selbst wenn er mich auch mag, könnten wir keine gesunde Beziehung führen. Ich muss mich erstmal selbst finden, bevor ich jemand anderen für mich finden kann."
Fleamont nickte zustimmend. Er hatte Sirius schon immer geraten sich mehr auf sich selbst, sein persönliches Wachstum und seine emotionalen Defizite zu konzentrieren. Effie sah nicht überzeugt aus, sagte aber nichts.
"Wir sind immer für dich da."
Monti drückte väterlich Sirius Hand und Euphemia nickte zustimmend.
"Wenn du es in der WG mal nicht aushältst kannst du immer nach Hause kommen."
Und jetzt dürft ihr mal raten, was Sirius tat....Richtig, er brach in Tränen aus. Langsam fühlte er sich wirklich wie eine von Peters Zimmerpflanzen. Immer in Gesellschaft, aber ausgetrocknet.
* * * * * * * * * *
"Hallo, ich bin wieder da!", rief Sirius in die Wohnung, sobald er die Tür aufgeschlossen hatte.
"Sirius!", quietschte eine Stimme aus der Küche und bald fand er sich in der warmen Umarmung von Peter wieder. Peter schien überglücklich zu sein, dass Sirius wieder da war und begann sofort an zu babbeln.
"Oh. Mein. Gott! Du hast so viel verpasst. Naja, eigentlich war es nicht soooo unglaublich, aber es wird dich trotzdem interessieren. Also James und Benjy Fenwick, vielleicht erinnerst du dich noch an ihn, er ist ein Klassenkamerad von James - naja ist ja auch egal - jedenfalls waren die beiden auf einem Konzert und Benjy hat Marlene genervt und wurde rausgeschmissen, aber das kann dir James noch besser erzählen. Jedenfalls hat dieser Benjy dann James in der Uni und Marlene im Internet schlecht gemacht und jetzt gerade trifft sich James mit Marlene und Dorcas um sich einen Plan auszudenken, wie sie es ihm heimzahlen können-"
"Hallo, Siri."
Sirius, vorher komplett eingenommen von Peters Geschichte, fuhr erschrocken herum und erblickte Remus, der im Türrahmen seines Zimmers lehnte. Seine Vorsätze vergessend rannte Sirius durch den Raum und umarmte seinen besten Freund fest. Aber kurz. Denn keine Sekunde später setzte sein Herzschlag ein. Es schlug schnell, wild und heftig. Sein Atem stockte erst und beschleunigte sich dann, sobald er Remus himmlischen Geruch in der Nase vernahm. Seine Sinne waren automatisch überfordert und viele elektrische Blitze fuhren durch seinen Körper. Als hätte er sich verbrannt, stieß er Remus von sich.
Remus stolperte ein paar Schritte nach hinten. In seinem Gesicht war die Überraschung widergespiegelt und er sah, wenn Sirius sich nicht irrte auch ein bisschen verletzt aus.
"What the fuck?", fragte er aufgebracht. "Was ist dein fucking Problem?"