Eva und das Ferkel

Hotel Mondial (TV)
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Eva und das Ferkel
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Hallöchen,ich habe die Geschichte schon vor Monaten geschrieben, aber sie nie korrigiert gelesen. Jetzt habe ich es endlich geschafft! Es wird mehrere Kapitel geben. Eine neue Story, in der sich Eva und Uli näherkommen, sowie einige andere Überraschungen.Ich hoffe, sie gefällt euch!
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Chapter 3

„Ich wollte dir nur den Lippenstift wegwischen, den du nicht getroffen hast“, sagte Uli leise. Ihre Stimme klang ungewohnt rau in der Stille zwischen ihnen.

Eva hielt inne. Ihr Blick, eben noch müde und abwesend, richtete sich nun direkt auf Uli. Für einen Moment schien sie zu überlegen, ließ die Worte zwischen ihnen hängen, als würde sie nach einer Bedeutung suchen, die Uli vielleicht gar nicht beabsichtigt hatte. Dann streckte sie langsam die Hand aus, nahm das Taschentuch und führte es zu ihren Lippen.

Doch anstatt es sofort zu benutzen, befeuchtete sie es mit der Zungenspitze – eine winzige, beiläufige Geste, doch Uli konnte nicht anders, als ihr dabei zuzusehen. Sie spürte, wie sich ein leichter Druck in ihrer Brust ausbreitete, als Eva sich schließlich mit sanften Bewegungen über die Lippen strich.

„Besser?“ fragte Eva schließlich und ließ das Taschentuch sinken.

Uli schluckte unmerklich. Ihr Blick verharrte einen Moment zu lange auf Evas Mund, bevor sie sich zwang, die Augen zu heben. „Ja“, murmelte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch.

Eva lächelte, doch es war kein echtes Lächeln. Es wirkte eher wie ein letzter Versuch, sich zusammenzuhalten. „Das bleibt unser Geheimnis“, sagte sie leise. „Muss ja keiner wissen, dass ich wegen einem Schwein weine.“

Uli betrachtete sie für einen Moment. Die Art, wie sich ihre Schultern leicht nach vorne beugten, als wollte sie sich vor der Welt verstecken. Wie sie versuchte, ihre Verletzlichkeit hinter Ironie zu verbergen.

Langsam hob Uli die Hand, legte sie vorsichtig an Evas Rücken. Ihre Finger glitten über den dünnen Stoff ihrer Bluse, spürten die feine Anspannung darunter. Es war eine leise Geste, doch Eva regte sich nicht.

„Manchmal sammelt sich einfach so viel an, dass es raus muss“, sagte Uli schließlich, ihre Stimme sanft.

Eva atmete aus, langsam, tief, als hätte sie erst jetzt bemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte. Dann nickte sie kaum merklich.

Ohne ein weiteres Wort betraten sie den Hofladen.

Uli wandte sich der Theke zu und suchte ein schönes Stück Steak aus, während Eva langsam zwischen den Regalen entlangging. Uli beobachtete sie aus dem Augenwinkel – wie ihre Finger gedankenverloren über die Glasflaschen mit den dunklen Ölen strichen, wie sie hin und wieder stehen blieb und die Etiketten studierte.

„Das Öl, das wir verwenden, wird direkt hier verarbeitet“, sagte Uli schließlich und trat neben sie. „Alles nachhaltig.

Eva drehte die Flasche in ihrer Hand, betrachtete die dunkelgoldene Flüssigkeit im Licht. „Man merkt, dass du das liebst, was du tust“, sagte sie leise.

Uli spürte einen unerwarteten Stich in der Brust. Es war merkwürdig, aber so oft sie auch über den Hof sprach – über die Arbeit, die Abläufe, die Verantwortung –, selten hörte sie jemanden, der das wirklich fühlte.

Sie sah Eva an, suchte in ihren Augen nach Spott oder einer flüchtigen Freundlichkeit, wie man sie oft aus Höflichkeit zeigte. Doch da war nichts davon. Nur ehrliches Interesse.

Evas Finger strichen noch einmal über die Flasche, bevor sie sie vorsichtig zurückstellte. Dann hob sie den Blick.

„Zeigst du mir die Felder?“

Uli zögerte. Es war eine simple Frage. Und doch fühlte es sich an, als würde sie um mehr bitten.

Sie wollte Eva fragen, warum sie das plötzlich interessierte, warum sie nicht einfach nur ihr Steak nehmen und gehen wollte. Doch als sie das leichte Funkeln in Evas Augen sah, verwarf sie den Gedanken.

„Natürlich“, sagte sie schließlich.

Ein Lächeln huschte über Evas Lippen. Dieses Mal war es echt.

„Gut“, sagte sie leise.

Und dann griff sie nach ihrer Tasche, als wäre die Sache beschlossen.

Als sie wieder im Auto saßen, lehnte sich Eva in den weichen Sitz zurück und atmete tief durch. Der Abendhimmel färbte sich bereits in dunkle Blautöne, die Lichter der Straßenlaternen spiegelten sich in der Windschutzscheibe. Es war still, nur das leise Surren des Motors und das entfernte Zirpen von Grillen begleiteten ihre Fahrt.

Eva warf Uli einen Seitenblick zu. „Danke, dass Sie mich heute entführt haben“, sagte sie leise, fast spielerisch.

Uli drehte langsam den Kopf zu ihr und zog eine Braue hoch. „Waren wir nicht beim Du?“ fragte sie mit einem amüsierten Lachen.

Eva schmunzelte und nickte, doch dann wurde ihr Blick wieder ernst. „Danke“, wiederholte sie, dieses Mal sanfter, eindringlicher.

Uli erwiderte ihren Blick für einen Moment, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Ihre Finger trommelten leicht auf das Lenkrad, als wolle sie sich von dem seltsamen Gefühl ablenken, das sich in ihr ausbreitete.

Nach einem kurzen Schweigen sagte Uli : „Und wenn wir im Hotel ankommen, dann mache ich das Fleisch. Du darfst erraten, ob es dir besser schmeckt als heute Morgen.“

Ein herausforderndes Funkeln lag in ihren Augen, als sie Uli ansah.

„Dann bin ich gespannt ob du es schmeckst“, erwiderte Uli, bevor sie mit einem sanfteren Ton hinzufügte: „Sei einfach netter zu deinen Mitarbeitern, okay?“

Eva runzelte leicht die Stirn, doch als sie den warmen, aber bestimmten Blick von Uli auffing, wurde ihr Gesichtsausdruck nachdenklich.

„Ich komme mit so etwas klar“, fuhr Uli fort, „aber der Rest nicht unbedingt.“

Eva seufzte leise, als würde sie sich die Worte auf der Zunge zergehen lassen. Dann legte sie ihre Hand zögernd auf Ulis. Ihre Finger waren warm, ihre Berührung federleicht, aber spürbar.

„Tut mir leid, dass ich dein Essen kritisiert habe“, sagte sie leise. „Ich weiß nicht, was mit mir los war heute.“

Uli war überrascht von der plötzlichen Nähe, aber sie entzog sich ihr nicht. Stattdessen ließ sie ihren Daumen sanft über Evas Handrücken gleiten.

„Schon okay“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln. „Das passiert. Aber versuch einfach, netter zu den anderen zu sein, ja?“

Eva sah für einen Moment auf ihre Hände, als würde sie dort nach einer Antwort suchen. Schließlich nickte sie langsam. „Ja, das werde ich“, flüsterte sie.

Als Uli den Wagen parkte, stiegen sie schweigend aus. Eva blieb noch einen Moment stehen und sah Uli nach, wie sie in den Gang des Hotels verschwand. Es war seltsam – etwas in ihr fühlte sich… leichter an.

Doch dann wandte sie sich ab und ging mit einem neuen Entschluss zur Rezeption.

Die Hotelmitarbeiter schienen ihre Ankunft zu bemerken. Die Gespräche verstummten, Blicke huschten zu ihr.

Eva atmete tief durch.

„Ich weiß, dass ich heute nicht besonders nett war“, begann sie, ihre Stimme ruhiger als erwartet. „Aber ihr macht einen großartigen Job, und es tut mir leid, dass ich euch damit verletzt habe.“

Für einen Moment sagte niemand etwas. Dann nickten die ersten zögernd. Überraschung lag in ihren Blicken, aber auch Erleichterung.

Eva spürte, wie eine Last von ihren Schultern fiel. Es war ein kleiner Schritt, aber ein bedeutender.

Dann machte sie sich auf den Weg zu ihrem Büro.

Doch kaum öffnete sie die Tür, war das eben gewonnene Gefühl von Frieden wie weggeblasen.
Etwas stimmte nicht.

Eva blieb im Türrahmen stehen, ihr Blick glitt über den Raum.

Ihr Schreibtisch – umgestellt.

Die Ordner – nicht mehr an ihrem Platz.

Das ganze Büro wirkte… verändert.

Wut stieg in ihr auf, heiß und unvermittelt. Ihr Puls beschleunigte sich. Sie hasste es, wenn jemand in ihre Angelegenheiten eingriff, erst recht, wenn es um ihren persönlichen Raum ging.

„Wer war das hier?!“ rief sie, ihre Stimme scharf wie eine Klinge.

Ohne eine Antwort abzuwarten, trat sie zurück in den Flur und ließ ihre Stimme durch das Hotel hallen:

„HERR TURNER!“

Ihre Worte zerschnitten die Luft, ließen das Stimmengewirr im Hintergrund verstummen.

Schritte erklangen auf dem Flur, und kurz darauf tauchte Jeremy in der Tür auf. Seine Augen weiteten sich, als er ihren Blick sah.

„Was ist das?!“ fauchte sie und deutete mit einer knappen Geste auf ihr Büro.

Er blinzelte verwirrt. „Ich dachte nur, es wäre—“

„Was habe ich Ihnen heute Morgen dazu gesagt?!“ fiel sie ihm ins Wort. Ihre Stimme war gefährlich ruhig, ihr Zorn in eiserner Kontrolle.

„Ich schaffe das alleine und möchte mein Büro auch allein gestalten! Ist das so schwer zu verstehen? Oder wollen Sie mich kontrollieren und mir vorschreiben, wie ich mich einzurichten habe?“

Jeremy öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.

Ihr Herz hämmerte.

Heute war ein Tag voller Lektionen gewesen – für sie und für alle anderen.

Und sie war noch nicht fertig.

Jeremy stand mit gerunzelter Stirn da, sichtlich überfordert mit Evas Ausbruch, doch anstatt sich zurückzuziehen, tat er das genaue Gegenteil.

„Ich habe doch nur Ihre verdammten Bilder aufgehängt! Was ist denn Ihr Problem?“ fauchte er zurück.

Eva spürte, wie sich ihre Wut noch weiter aufbaute. Ihr Problem? Ihr Problem?!

„Dass Sie meine Bilder aufgehängt haben, ist das Problem!“ konterte sie scharf, ihr Blick brennend vor Zorn.

Jeremy schüttelte den Kopf, rieb sich mit einer Hand über das Gesicht und machte plötzlich einen Schritt auf sie zu.

Und dann – völlig unerwartet – zog er sie in eine feste Umarmung.

Eva erstarrte. Ihr ganzer Körper wurde plötzlich steif, ihre Gedanken setzten aus. Was… zur Hölle… passierte hier gerade?

Sie blinzelte verwirrt, ihre Wangen fast an seine Brust gedrückt. Der Geruch von Aftershave und frischer Wäsche stieg ihr in die Nase, während sein Herz ruhig und gleichmäßig unter ihrem Ohr schlug.

„Ähm… okay?“ brachte sie nur hervor, den Kopf leicht nach oben geneigt, um ihn anzusehen.

Jeremy schaute sie ruhig an, sein Griff fest, aber nicht aufdringlich.

„Ich denke, das brauchten Sie mal“, sagte er schließlich, seine Stimme ungewohnt sanft. „Sie sollten sich nicht immer über die kleinsten Dinge aufregen. Das bringt sowieso nichts – und glauben Sie mir: Jeder hier nimmt Sie als Chefin wahr. Ob Sie schreien oder nicht.“

Eva starrte ihn sprachlos an. Es war nicht so, dass sie Berührungen nicht mochte – aber das hier… das war einfach weird.

„Danke… aber könnten Sie mich jetzt bitte wieder loslassen?“ murmelte sie, ein Hauch von Unsicherheit in ihrer Stimme.

Jeremy löste sofort den Griff und trat einen Schritt zurück, als wäre nichts gewesen.

„Natürlich“, sagte er schlicht, drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Büro, ohne ein weiteres Wort.

Eva blieb zurück, vollkommen sprachlos.

Was zum Teufel war gerade passiert?

Sie ließ sich schwer auf ihren Schreibtischstuhl fallen, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und versuchte, das gerade Erlebte irgendwie zu verarbeiten. Aber es ergab einfach keinen Sinn.

Nein, sie würde nicht weiter darüber nachdenken. Sie hatte genug seltsame Momente für heute.

Also stand sie wieder auf, richtete sich ihre Kleidung und verließ das Büro. Sie hatte etwas Wichtigeres zu tun – sich für das Essen mit Uli anzumelden.

Eva betrat den Essensraum des Hotels und suchte mit den Augen nach Uli. Sie fand sie an einem der hinteren Tische, wo sie gerade eine Serviette auf den Tisch legte.

Von Jeremy erzählte sie nichts. Es hatte keinen Sinn, noch weiter über das Chaos dieses Tages nachzudenken – schließlich hatten auch sie beide schon seltsame Momente miteinander durchlebt.

Eva nahm wortlos Platz, griff nach ihrem Bier und starrte einen Moment auf den Schaum, als würde er ihr Antworten liefern können.

„Also, Eva“, sagte sie, während sie das Essen vor ihr abstellte. „Ich wusste nicht, was du dazu essen willst. Also habe ich einfach Standard gemacht – Pommes.“

Eva hob den Blick – und erstarrte.

Vor ihr türmte sich ein riesiger Haufen goldgelber, knuspriger Pommes, als wäre er für eine ganze Armee gedacht. Ihre Augen weiteten sich.

„Wer soll das alles essen?“ fragte sie, die Überraschung deutlich in ihrer Stimme.

Uli lachte und zuckte mit den Schultern. „Du?“

Eva schnaubte. „Auf keinen Fall.“

Sie schob Uli sanft zur Seite und deutete auf den Tisch.

„Setz dich bitte“, sagte sie. „Du meinst es sicher gut mit mir, aber ich werde das nicht alles essen.“

Uli grinste, nahm sich selbst eine Pommes und zuckte mit den Schultern. „Na gut. Aber keine Sorge, ich helfe dir.“

Eva seufzte, nahm sich eine der Pommes und biss genüsslich hinein.

Vielleicht war der Tag chaotisch gewesen. Vielleicht hatte sie zu viel nachgedacht, zu viel gefühlt.

Eva schnitt die beiden Steaks in der Mitte durch, nahm eine Hälfte von jedem und tauschte sie aus. Mit einer geschmeidigen Bewegung reichte sie Uli den Teller.

„Vielen Dank“, sagte Uli, nahm ihr Glas und stieß mit Eva an. Das leise Klirren hallte für einen Moment in der Luft nach.

Eva nahm einen Schluck, ließ den würzigen Geschmack des Bieres auf ihrer Zunge zergehen und atmete tief durch.

„Hast du dich jetzt wieder beruhigt?“ fragte Uli sanft, ein wissendes Lächeln auf den Lippen.

Eva verdrehte leicht die Augen und lachte trocken. „Also… ich bin gerade eben noch komplett durchgedreht vor deinem Mann, aber jetzt geht’s wieder.“

Uli legte ihr Besteck zur Seite und sah Eva mit einer Mischung aus Belustigung und Mitgefühl an. „Manchmal kann man ihn schon echt scheiße finden.“

Eva zuckte die Schultern. „Ach, keine Ahnung. Er macht seinen Job gut, aber ich hasse es, wenn jemand in meine Angelegenheiten reinpfuscht.“

Uli nahm sich eine Pommes und kaute nachdenklich. Nach einem kurzen Schweigen fragte sie schließlich vorsichtig: „Hast du eigentlich einen Mann oder einen Freund?“

Eva lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nein, nichts von beidem.“

Uli zog leicht die Augenbrauen hoch. „Oh, das tut mir leid.“

Eva erwiderte ihr Lächeln, doch in ihren Augen lag eine leise Melancholie. „Es ist schon gut“, sagte sie mit einer Stimme, die mehr über ihre wahren Gefühle verriet, als sie wollte.

Sie lehnte sich ein Stück zurück, betrachtete das Glas in ihrer Hand und fuhr dann ruhiger fort:

„Ich habe mich damals für meine Karriere und gegen eine Familie entschieden. Manchmal muss man eben wählen. Für mich war dieser Job immer das Wichtigste. Eine Partnerin? Dafür hätte ich keine Zeit gehabt.“

Uli beobachtete sie aufmerksam. Sie kannte diese Art von Einsamkeit. Die Art, die sich nicht durch Lärm oder Ablenkung vertreiben ließ.

Eva schluckte. Es tat gut, das auszusprechen. Aber der Schmerz blieb.

„Und bereust du es?“ fragte Uli schließlich leise.

Eva hielt inne. Ihre Finger umschlossen das Glas fester. Sie hätte jetzt eine ausweichende Antwort geben können. Eine, die cool und unberührt klang. Aber irgendetwas an Uli – an ihrer ruhigen, aufmerksamen Art – ließ sie ehrlicher sein, als sie es gewohnt war.

„Manchmal“, gab sie zu. „Aber dann sage ich mir, dass es anders hätte auch nicht funktioniert. Ich habe diesen Job von Grund auf aufgebaut. Mein Leben war nie ein Neun-bis-fünf-Job. Und ich hätte niemandem gerecht werden können, außer dieser Sache hier.“

Uli schwieg einen Moment, als würde sie Evas Worte abwägen. Dann sagte sie leise:

„Aber du bist mehr als nur dein Job.“

Eva sah sie an. Und für einen kurzen Moment – nur einen einzigen kurzen Moment – fühlte es sich an, als würde jemand die Risse in ihr sehen, die sie so lange verborgen hatte.

 

Uli lehnte sich leicht zurück und betrachtete Eva mit einem nachdenklichen Blick. „Jeder muss für sich selbst wissen, welchen Weg er geht“, sagte sie schließlich. „Manchmal geht beides – wenn man den richtigen Menschen an seiner Seite hat.“

Eva ließ ihre Gabel über den Teller gleiten, als würde sie ihre Gedanken ordnen. Ihre Stimme wurde leiser, als sie antwortete: „An diesen Punkt war ich noch nie. Als ich einmal dachte, es wäre der Richtige, bekam ich das Messer in den Rücken.“

Uli sagte nichts, aber ihr Blick verriet, dass sie verstand. Vielleicht nicht exakt die gleiche Erfahrung, aber den Schmerz des Verrats kannte sie nur zu gut. Statt Worte zu suchen, deutete sie auf das Essen.

„Komm, probier das Fleisch, bevor es kalt wird.“

Eva schmunzelte leicht, schnitt ein Stück vom Steak ab und steckte es sich in den Mund. Der Geschmack war kräftig, zart und saftig – genau so, wie es sein sollte.

Sie kaute langsam, dann hob sie eine Augenbraue und sagte mit einem gespielt kritischen Ton: „Falls ich nochmal etwas zu beanstanden habe, fahre ich einfach mit zum Biohof.“

Uli lachte leise. „Du willst doch nur wegen der Schweinchen mitfahren“, sagte sie, ihre Augen funkelten neckisch.

Eva erwiderte ihren Blick, konnte die leichte Wärme darin aber nicht ganz deuten. War das… ein Flirt?

Sie entschied sich für die harmlose Antwort und grinste. „Du hast mich erwischt. Aber die Schweinchen sind wirklich niedlich. Sie bringen mich runter.“

„Auf den Boden der Tatsachen, meinst du?“ Uli zog eine Augenbraue hoch, ihr Lächeln vielsagend.
Sie legte ihr Besteck kurz zur Seite und erwiderte das Lächeln. „Ja, das habe ich gesehen.“
Uli lehnte sich wieder vor. „Du kannst jederzeit mit mir kommen. Ich fahre einmal die Woche dorthin. Sie beliefern uns täglich – das weißt du doch selbst.“

Eva nickte, ihr Lächeln wurde weicher. Vielleicht war es genau diese Einfachheit, die sie so dringend brauchte. Ein bisschen Bodenhaftung, ein bisschen weniger Druck.

Während sie weiterredeten, bemerkte Uli, dass Eva mehr sprach, als sie aß. Sie gestikulierte mit der Gabel, wechselte von einem Thema zum nächsten, als hätte sie plötzlich einen riesigen Redebedarf.

Uli schüttelte schmunzelnd den Kopf, legte ihr Besteck ab und sah Eva eindringlich an.

„Eva, iss bitte!“ sagte sie sanft, aber bestimmt. „Danach können wir über Gott und die Welt reden, aber kalt schmeckt weder Fleisch noch Pommes.“

Eva hielt inne, als würde sie sich erst jetzt bewusst werden, dass sie kaum etwas gegessen hatte. Sie sah Uli einen Moment lang an, als wolle sie protestieren, dann zuckte sie die Schultern und griff wieder nach Messer und Gabel.

„Okay, okay…“ murmelte sie und nahm einen weiteren Bissen.

Uli beobachtete zufrieden, wie Eva endlich zu essen begann. Manchmal musste man eben jemanden daran erinnern, sich um sich selbst zu kümmern.

Als Eva schließlich satt war, lehnte sie sich mit einem zufriedenen Seufzen zurück und schob den Teller leicht von sich.

„Besser?“ fragte Uli mit einem zufriedenen Grinsen.

Eva nickte und sah sie an – vielleicht ein wenig zu lange, aber sie bemerkte es nicht sofort.

Ja, vielleicht war genau das, was sie gebraucht hatte. Ein gutes Essen. Ein echtes Gespräch. Und jemanden, der sie einfach verstand.

 

„Möchtest du noch Nachtisch oder reicht dir das Bier?“

Uli beobachtete Eva, die sich mit einem langen, entspannten Seufzen in ihrem Stuhl zurücklehnte, als wäre sie von der Welt um sie herum für einen Moment abgeschirmt. Es war, als ob sie in sich selbst versank, bevor sie antwortete. Sie nahm einen weiteren Schluck von ihrem Bier und ließ den Blick über das Glas schweifen, als wolle sie sich Zeit nehmen, bevor sie etwas sagte.

„Danke, mir reicht das Bier.“ Ihre Stimme war ruhig, fast beiläufig, doch Uli spürte, dass da mehr in der Luft lag.

Uli trat einen Schritt näher, lehnte sich leicht vor und stützte sich mit einem Arm auf den Tisch. „Dann erzähl mal, Eva. Was liegt dir wirklich auf dem Herzen?“

Ihre Worte klangen ruhig, aber fordernd, als wollte sie etwas von Eva herauskitzeln. Die Spannung zwischen ihnen war beinahe greifbar, doch bevor Eva antworten konnte, bemerkte Uli Jeremy in der Ferne, der mit einem ungeduldigen Blick auf seine Uhr deutete. Uli seufzte leise, ihre Augen blitzen kurz auf, und sie stand auf.

„Warte kurz, ich muss meinen Mann verabschieden. Sonst wartet er noch Stunden auf mich.“

Eva beobachtete sie stumm, als sie zu Jeremy ging. Die Szene wirkte fast wie in Zeitlupe. Uli küsste ihren Mann flüchtig, verabschiedete sich. Es war ein normaler Moment, und doch schien etwas Unausgesprochenes mit ihm zu schweben. Als Uli wieder an den Tisch zurückkehrte, hielt Eva inne und schüttelte mit einem leicht spöttischen Lächeln den Kopf. „Stunden?“

Uli zuckte mit den Schultern, als sei es nichts. „Mmh.“ Ihre Antwort war beiläufig, aber es lag ein Hauch von Unsicherheit in ihrer Stimme, als sie sich wieder setzte.

Eva nickte langsam, als wäre ihr die Bedeutung der Worte nicht entgangen. Sie schlang die Arme um ihren Körper, als wollte sie sich vor etwas schützen, das sie nicht benennen konnte. Dann brach sie die Stille und schlug vor: „Kommst du mit ins Büro? Da können wir ungestört weiterreden.“

Uli nickte, ohne zu zögern, griff nach ihrem Glas und folgte Eva nach oben. Die Atmosphäre war nun dichter, als würde sich zwischen den beiden eine unsichtbare Mauer aufbauen, die sich im Büro noch weiter verdichten sollte.

Im Büro angekommen, blickte Uli neugierig umher, ihre Augen strichen über die Möbel und Wände. „Oh, neu dekoriert?“

Eva wirkte für einen Moment genervt. „Frag bitte nicht.“ Sie rollte mit den Augen und ihre Stimme klang jetzt fast ironisch. „Sonst könnte ich wieder… Schweinchen kuscheln.“

Uli lachte leise, doch das Lachen verflog schnell. Sie nahm Platz und versuchte, das Thema zu wechseln. „Okay, dann reden wir lieber über was anderes. Wie ist es, wenn man immer im Hotel lebt?“

Eva lehnte sich gegen die Fensterbank, ihre Augen auf den Raum vor ihr gerichtet. „Man hat keine Privatsphäre.“ Ihre Stimme hatte nun einen bitteren Klang, als sie weitersprach. „Jeder weiß, wann du zu Hause bist, ob du da bist, und Besuch kann ich auch keinen empfangen, ohne dass es jemand mitbekommt. Aber wenigstens muss ich mein Bett nicht selbst machen.“

Uli starrte sie einen Moment lang an, als versuche sie, ihre Worte zu durchdringen. „Das klingt ziemlich einsam.“

Eva seufzte, als ob sie sich von etwas befreien wollte, das sie nicht ganz fassen konnte. „Es hat seinen Preis.“
Uli blieb hartnäckig, neugierig auf die leeren Stellen in Evas Leben. „Und wo triffst du deine Partnerinnen?“

Eva erstarrte für einen Moment, als ob die Frage sie völlig unerwartet getroffen hätte. Sie senkte den Blick und spielte mit ihrem Glas, als ob sie sich überlegte, wie sie antworten sollte. Es war ein Moment des Zögerns, der für Uli mehr sagte als jede Antwort. Dann, als Eva schließlich antwortete, war ihre Stimme knapp und fast mechanisch. „In einem anderen Hotel.“

Uli spürte die Spannung zwischen ihnen steigen. Sie wusste, dass die Frage zu einer Wunde geführt hatte, die Eva nur ungern berührte. „Und deine Familie? Sie kommt nie zu Besuch?“

Eva atmete tief durch und schüttelte dann den Kopf. „Meine Familie lebt in Recklinghausen. Sie sind nicht sehr mobil, außer mein Bruder fährt sie. Und wir haben nicht das beste Verhältnis.“ Ein Schatten überzog ihr Gesicht. „Sie halten nichts davon, dass ich ein Hotel führe. Und noch weniger davon, dass ich mit Frauen zusammen bin.“

Die Worte hingen nun schwer im Raum, und Uli stand auf, ging langsam zu Eva und legte ihr dann sanft eine Hand auf den Rücken. Die Geste war ruhig, fast schützend, aber auch einladend. „Okay?“

Eva schloss die Augen, spürte den Kontakt und lehnte sich für einen Moment in die Umarmung. Sie konnte die Stille zwischen ihnen fühlen, als Uli sie in ihren Armen hielt. „Ich glaube, das hast du einfach mal gebraucht.“ Ihre Stimme war leise, ein wenig unsicher.

Uli flüsterte ein leises Lachen, das Eva fast hätte zerbrechen können. „Das hat dein Mann mir heute auch schon gesagt…“

Uli öffnete die Augen und sah Eva direkt an. Ein Moment der Stille, der beinahe quälend lang war. „Das ist interessant.“

Eva zog sie etwas fester an sich, als spürte sie eine vertraute Nähe. „Du fühlst dich besser an.“

Uli zuckte mit den Schultern. „Liegt wahrscheinlich daran, dass ich eine Frau bin.“ Ein Lächeln, das fast wie ein Hauch von Humor in der sonst so ernsten Atmosphäre wirkte.

Eva nickte und zog Uli in eine weitere Umarmung. „Das kann sein.“

Es war ein Moment, der beinahe alles sagte, und doch nicht das Ganze. Eva löste sich nach einer Weile wieder von ihr, und als sie sich anstarrten, war da ein unerklärliches Ziehen in der Luft, etwas, das sie beide wussten, aber nicht aussprechen konnten.

„Danke.“ Uli sagte es leise, fast flüsternd.
Uli nickte. „Es war mir eine Freude.“

Doch dann, wie aus dem Nichts, schien die Situation plötzlich zu kippen. Uli stand auf und sah auf die Uhr. „Ich sollte jetzt mal nach Hause laufen, bevor es stockdunkel wird und ich mir noch in die Hose mache.“

Eva reagierte sofort, ihre Stimme war fest, als sie ihre Sorge nicht länger verbergen konnte. „Das gibt es nicht! Ich fahre dich.“

Uli wollte gerade widersprechen, doch Eva hatte sich bereits entschieden. „Ich möchte nicht, dass du alleine durch die Stadt läufst. Es sind zu viele verrückte Menschen unterwegs.“ Ihre Stimme war durchzogen von einer tiefen Besorgnis, die sie nicht zugeben wollte, aber die ihr Verhalten verriet.

Uli sah sie an, und für einen Moment schien sie sich zu überlegen, ob sie wirklich etwas dagegen sagen sollte. Doch sie konnte nicht. Eva hatte diese entschlossene Art, die nicht zu übersehen war, und irgendwie wusste sie, dass sie nicht weiter darauf beharren würde. Sie seufzte leise, aber es war mehr eine Akzeptanz als ein Widerstand.

„Es ist wirklich nicht nötig, Eva. Ich kann nach Hause laufen, das mache ich doch schon ewig so.“ Uli versuchte, es als unbedeutend hinzustellen, doch ihre Stimme verriet einen Hauch von Unruhe, als würde sie ihre eigene Unsicherheit in dieser Situation nicht zugeben wollen.

Eva schüttelte jedoch energisch den Kopf. „Ich lasse dich nicht alleine gehen, Uli. Du kannst nicht einfach durch die Dunkelheit spazieren, wenn du keine Ahnung hast, was da draußen auf dich wartet. Es ist einfach nicht sicher.“

Uli sah ihr in die Augen. In diesem Moment war es fast, als könne sie nicht länger die Mauer zwischen ihnen aufrechterhalten. Sie spürte die Wärme, die aus Evas Worten sprach, eine Sorge, die so ehrlich war, dass sie beinahe überraschend kam.

„Ich kann wirklich allein gehen, das ist keine große Sache.“

Doch Eva nahm ihren Blick nicht von ihr und stand entschlossen auf. „Ich lasse das nicht zu. Es ist meine Entscheidung, Uli.“

Die Direktheit in Evas Stimme ließ keinen Raum für Diskussion, und Uli wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich weiter zu wehren. Ein kleines, fast zärtliches Lächeln huschte über Ulis Gesicht, und sie nickte schließlich.

„Na gut, du hast gewonnen.“ Ihre Stimme war sanft, aber da war ein Anflug von Erleichterung, den sie nicht ganz verbergen konnte.

Eva und Uli gingen gemeinsam zum Auto, und für einen Moment schien es, als wäre der Rest der Welt in den Hintergrund gerückt. Alles um sie herum war verschwommen, bis auf die beiden, die zusammen durch die Nacht gingen. Es war, als wären sie in einer eigenen Blase, geschützt vor allem, was draußen lag.

Als sie das Auto erreichten, öffnete Eva die Tür und wartete, bis Uli einsteigen würde. „Komm, steig ein. Ich lasse dich nicht alleine.“ Ihre Stimme war fest, aber auch sanft, als wollte sie Uli nicht nur vor der Dunkelheit beschützen, sondern vor etwas anderem, das sie selbst noch nicht ganz verstand.

Uli seufzte, ließ den Blick über die leeren Straßen schweifen und stieg schließlich ein. Sie schloss die Tür hinter sich und atmete tief durch. Die Stille im Auto war unerträglich, aber es war eine Stille, die sich nicht unangenehm anfühlte. Irgendwie war sie tröstlich, fast so, als wäre es genau der richtige Moment, um sich nicht mehr zu verstecken.

Während Eva den Wagen startete, war der Blick, den sie auf die Straße warf, fast absichtlich ruhig, als würde sie den Moment der Nähe mit Bedacht genießen wollen.

„Danke, Eva.“ Uli sprach es leise, fast wie ein Flüstern, als hätte sie es nie zuvor wirklich ausgesprochen.

Eva blickte sie kurz an, dann wieder auf die Straße. „Kein Problem. Du hast dich heute genug für mich eingesetzt. Jetzt ist es mein Job, dich zu beschützen.“

Ein schiefes Lächeln huschte über Ulis Gesicht, und für einen Augenblick fühlte es sich fast so an, als ob sie nicht nur in diesem Moment, sondern in dieser Verbindung zwischen ihnen Schutz fand – einen Schutz, den sie nicht gesucht hatte, aber der jetzt genau richtig erschien.

Das Auto glitt sanft durch die Straßen, und der Nachtwind ließ die Fenster des Wagens ein wenig vibrieren. Die Lichter der Stadt zogen an ihnen vorbei, und es schien, als würde die Zeit in diesem Moment stillstehen. Kein Gespräch, kein Druck. Nur die Anwesenheit des anderen.

Kurz bevor sie bei Uli zu Hause ankamen, veränderte sich die Atmosphäre wieder ein wenig. Die Spannung, die zwischen den beiden schwelen musste, war fast körperlich spürbar. Es war der Moment, in dem man wusste, dass man sich nicht mehr einfach zurücklehnen konnte. Etwas hatte sich verändert, auch wenn beide es noch nicht ganz zu fassen wussten.

Als Eva vor Uli’s Haustür parkte, zögerte sie, bevor sie den Motor abschaltete. Sie drehte sich zu Uli und sah sie ernst an. „Ich hoffe, du weißt, dass du nicht allein bist, egal, was kommt.“

Uli erwiderte ihren Blick, aber ihre Augen hatten nun etwas Sanftes, das sie lange nicht mehr gezeigt hatte. „Ich weiß, danke.“

Eva nickte langsam und legte ihre Hand auf den Türgriff. „Wirklich, Uli. Wenn du mal reden willst oder einfach Gesellschaft brauchst, du weißt, wo du mich findest.“

Uli zögerte, als ob die Worte an ihr vorbeiziehen wollten, bevor sie die Bedeutung ganz ergriff. Doch dann, nach einem Moment des Innehaltens, nickte sie und flüsterte: „Ich werde dran denken.“

Eva öffnete die Tür und stieg aus, Uli folgte ihr. Am Auto standen sie einen Augenblick still, ein letzter Blick, der alles sagte, was in dieser Nacht unausgesprochen geblieben war. Es war eine Mischung aus Vertrautheit und dem Gefühl, dass noch so viel zwischen ihnen lag, was noch nicht vollständig ergründet war.

„Danke für alles, Eva.“ Uli trat einen Schritt zurück, als ob sie sich von etwas verabschiedete, aber es war keine wirkliche Trennung. Es war eher der Beginn von etwas, das vielleicht niemals ganz definiert werden würde, und dennoch war es da – in der Luft, in ihrem Blick, in dem, was unausgesprochen blieb.

Uli nickte und öffnete schließlich die Tür zu ihrem eigenen Leben, das hinter dieser Schwelle auf sie wartete. „Schlaf gut, Eva. Wir sehen uns.“

Uli blickte ihr nach, sah sie durch die Dunkelheit verschwinden, und während sie sich in der Tür umdrehte, spürte sie einen vertrauten Schmerz in der Brust. Es war nicht der Schmerz von Verlust, sondern der von etwas, das sich nicht in Worte fassen ließ. Doch in diesem Moment war es genug, zu wissen, dass sie einander nicht verloren hatten. Nicht wirklich.

Als sie die Tür hinter sich schloss, spürte sie den Nachhall von Evas Worten noch in ihren Ohren, und für einen Augenblick war der Raum um sie herum nur das Flimmern von Lichtern und die leise Erinnerung an eine Nacht, die alles verändert hatte.

Es war nicht das Ende. Es war erst der Anfang.

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