Lord Voldemort today

Harry Potter - J. K. Rowling
F/M
G
Lord Voldemort today
Summary
Diese Story ist ein Gedankenspiel, wie Lord Voldemort wohl wäre, wenn er heutzutage aufgewachsen wäre, welches eine meiner besten Freundinnen und ich uns gemeinsam ausgedacht haben (60% der Ideen kommen von ihr, ich habe sie nur für uns beide umgesetzt). Tom Marvolo Riddle ist ungefähr im Jahr 2003 oder so geboren und wurde über einen anonyme Geburt im Wool's Orphanage abgegeben. Bloß der Vorname seines Erzeugers und seines Großvaters sind ihm bekannt. Mit den anderen Kindern des Waisenhauses und seinen Mitschülern versteht er sich nicht sonderlich gut, da diese ihn als Weirdo abstempeln. Bloß Amy Benson, ihre jüngere Halbschwester Clarissa und sein Klassenkamerad Dennis Bishop bewundern ihn für seine Andersartigkeit. Doch dann wird er von Amy verraten und Dennis schlägt sich auf ihre Seite. Auf einem Trip ans Meer plant Tom grausame Rache. Danach ist er alleine, bis er auf einmal einen Besucher empfängt, der ihn auf eine mysteriöse magische Schule einlädt, auf der er nach einigen Jahren Myrtle Elizabeth Warren begegnet, die er als Knecht braucht. Allerdings begegnet er Amy nach einigen Jahren wieder und braucht sie ebenfalls als Knecht. Zum Ende hin stellt sich die Frage, welche der beiden er lieber mag.
All Chapters Forward

Eine anstrengende Nacht

Als Lord Voldemort sein Zimmer betrat, war Amy hellwach und starrte mit feuchten Augen ins Leere. Sie hatte geweint. Gut, er war nicht gerade nett zu ihr gewesen, aber was fiel es diesem Muggelmädchen auch ein, einfach so verschwenderisch mit seinem Meisterwerk umzugehen? Dafür würde sie auf jeden Fall bezahlen, und zwar als Knecht und Versuchskaninchen für einen seiner großen Pläne. „Entschuldigung“, murmelte Amy, als er die Tür schloss. „Ja, wirklich, aber du wirst bezahlen, ich habe jetzt einen gut bei dir. Du wirst mir einen Dienst erweisen“, er grinste hämisch. Amy sprang auf. „Was für einen Dienst meinst du? Doch nicht so einen, wie meine Mutter?“, rief sie panisch und entrüstet. Voldemort lachte. „Du denkst, ich lasse meinen makellosen Körper, in dessen Adern das Blut von Salazar Slytherin fließt, von einem Muggel wie dir anfassen?“, alleine schon in Gedanken daran, mit einem Muggel Sex zu haben, sträubte sich alles in ihm. Wenn es nötig war, um Amys Loyalität zu behalten, besaß er zwar die Gnade, ihre Hand zu halten, aber mehr würde er nicht tun. Gleichzeitig kränkte es ihn aber auch, dass es für Amy offensichtlich etwas Unvorstellbares darstellte, ihm Dienste dieser Art zu erweisen. Sie sollte sich geehrt fühlen, wenn der gutaussehende Erbe Slytherins so etwas von ihr wollte! Also fuhr er abfällig fort: „Träum weiter! Nein, dein Dienst sieht anders aus! In ein paar Wochen werde ich zu Ella gehen und ich habe etwas Wertvolles hier, das ich, auch wenn es mit Zaubern vor Ungeziefer wie Muggeln geschützt ist, auf gar keinen Fall unbeaufsichtigt lassen möchte. Du bist die Auserwählte, darauf aufzupassen, bis ich ein geeignetes Versteck gefunden habe. Mit einem unbrechbaren Schwur sollst du versprechen, dass du, auch wenn wir uns streiten, keinen Versuch unternehmen wirst, die Kette irgendwie zu zerstören. Ich werde Clarissa darum bitten, dass sie an dem Ritual teilnimmt. Wenn du den Schwur brichst, stirbst du.“ „Einverstanden, Tom“, Amy nickte. „Noch was: Ab jetzt nennst du mich Lord Voldemort, wenn wir alleine sind, verstanden?“, befahl er ihr. Amy runzelte kurz die Stirn. „Hast du adelige Verwandtschaft? Tut mir leid, dass ich frage, eigentlich wolltest du mir ja nichts von deiner…“ „Man könnte schon sagen, dass die Familie reinblütiger Zauberer in der magischen Welt durchaus dem Status adeliger Muggel entspricht. So gesehen ist die Seite meiner Mutter adelig und die Seite meines Vaters… Dreck“, seine Augen loderten auf.

Amy schauderte und Voldemort grinste sie einmal diabolisch an, während er sich an ihrer Angst weidete. „Zurück zum Wesentlichen…“, Lord Voldemort öffnete seinen Schrank und holte Mary Riddles Kette hervor. „Nachdem du den Schwur ausgesprochen hast, ist diese Kette vorübergehend deine. Sie steht dir sicher gut“, er beugte sich zu ihr herab und legte ihr die Kette an. „Merlin, sie steht dir um ein Vielfaches besser als meiner Muggeloma!“, sagte er begeistert. Man musste schließlich auch einmal nett sein, wenn man seine Knechte behalten wollte. „Geh ins Bad und sieh in den Spiegel! Dann kannst du dich schon einmal auf diese großzügige Leihgabe freuen.“ Amy verließ das Zimmer und kam kurz darauf wieder zurück. „Ich hatte noch nie so etwas Wertvolles an“, schwärmte sie, „Tausend Dank!“ Sie war einfach so unfassbar naiv. Er hatte angekündigt, dass das eine Strafe sein sollte und sie sah nur den positiven Effekt! Aber diese Seite liebte er an ihr, sie war einfach so PRAKTISCH! „Bis du den Schwur geleistet hast, musst du sie mir aber wiedergeben!“, er beugte sich zu ihr herab und nahm die Kette wieder an sich. Dann tat er sie zurück in den Schrank und verschloss diesen. „Jetzt leg dich hin und störe mich nicht, ich mache den Trank. Ich brauche dich lebendig“, ordnete er an und Amy legte sich schlafen. Sie hatte immer noch die Schminke drauf, wahrscheinlich, damit sie nicht so aussah wie eine Leiche. Der golden schimmernde Lidschatten im Augeninnenwinkel ließ ihr fahles Gesicht wieder lebendiger aussehen. Lord Voldemort wandte sich von ihr ab und machte sich daran, die Zutaten für den Fieberheiltrank zusammenzusuchen. Der Fieberheiltrank war so anspruchsvoll, dass man sogar Wettbewerbe veranstaltete, wer ihn am besten brauen konnte. Natürlich war er selbst, Lord Voldemort, ein recht talentierter Zauberer. Er hatte sich vorgenommen, damit Ella nicht im Recht dastand, die Leistungen anderer Zauberer und Hexen nicht schlechtzureden, aber er hegte den Ehrgeiz, den Trank besonders gut hinzubekommen. Er brauchte sein Versuchskaninchen in der besten Verfassung. Klar, reintheoretisch könnte er auch versuchen, jemanden dazu zu überreden, seinen Hauselfen als Versuchskaninchen zur Verfügung zu stellen, aber er wollte sich unter den Zauberern nicht unnötig Feinde machen, wenn er schon einen Muggel parat hatte.

Alle seine Todesser wären davon hellauf begeistert, denn sie hassten Muggel und kannten Amy nicht, weshalb die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufgrund ihres gutmütigen Wesens Empathie für sie empfinden könnten, relativ gering war. Von daher war es ein Jackpot für ihn. „Lord Voldemort?“, unterbrach sie ihn mit erstickter Stimme, als er wieder hereinkam und gerade angefangen hatte, den Trank zu brauen. „Gleich“, knurrte er und stellte die erste Arbeitsphase fertig. „Wenn du Fragen hast, stelle sie jetzt und dann gar nicht mehr, denn wenn man den Trank falsch braut, ist er hochgradig giftig.“ „Tut mir leid. Ist… ist mein Leben deiner Ansicht nach wirklich so wertlos?“, wollte sie wissen. Das war es also! Hormongesteuertes, gefühlsbesessenes Mädchen! Aber Muggel waren ja auch wie die Tiere, fand er. „Nein“, knurrte er, damit sie ihre Ruhe gab. „Ich habe mich nur über dich und deine Verschwendung meines Trankes geärgert. Da klebt Arbeit dran, auch wenn du dir das nicht vorstellen kannst und jetzt schlaf!“ Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Amy tief und fest eingeschlafen war, konzentrierte er sich wieder voll und ganz auf den Trank. Die Farbe und Konsistenz waren perfekt, so wie es im Buch beschrieben stand. Er war stolz auf sich und seine Leistung. Professor Slughorn sagte ihm jedes Mal Großes voraus, wenn er seine Zaubertränke überprüfte. Er blickte auf die Uhr. Es war zweiundzwanzig Uhr und sein Tag war so anstrengend gewesen! Er könnte dringend Schlaf gebrauchen! Er hatte so viel vollbracht! Seinen Vater umgebracht, so wie er es sich schon lange erträumt hatte, Amy aus dem Krankenhaus geholt und ihr mehrfach das Leben gerettet und nun wollte er endlich schlafen! Aber auf diesen Trank wollte er sich noch konzentrieren. Nach einer Viertelstunde war er endlich fertig! Müde zauberte er eine weitere Flasche herbei, füllte den Fieberheiltrank ab und stellte ihn in den Schrank mit dem Muggelabwehrzauber. So könnte niemand bei ihm einbrechen und den Trank verunreinigen. Sicher war sicher. Dann ging er zu einem der Badezimmer, machte eine kurze Katzenwäsche und zog sich um. Er sah in den Spiegel. Voldemort war blasser geworden und seine Wangenknochen waren definierter geworden. Eigentlich stand ihm das nicht einmal schlecht. Seine Augen waren nach wie vor blaugrau, solange er nicht wütend war oder so. Er war nach wie vor ein richtiger Hottie. Zufrieden lief er mit seinem Outfit of the day unter den Arm geklemmt und seinem Schlaf-T-Shirt mit Shorts zurück zu seinem Zimmer. Als er sich ins Bett legen wollte, fiel sein Blick auf Amy. Sie sah immer noch so aus wie ein schlafender Engel. So süß und so unschuldig. Voldemort stieg über sie drüber zu seinem eigenen Bett und kroch unter die Bettdecke. „Gute Nacht, Amy“, flüsterte er. Sie hörte ihn sowieso nicht, von daher war es ihm auch nicht peinlich. Seine Todesser Freunde bekamen das auch nicht mit, also konnte er es sich erlauben, sich ein wenig von seiner weicheren Seite zu zeigen. Dann war er eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wurde er durch einen Sonnenstrahl, der durch den Rolladenschlitz fiel, geweckt. Er rieb sich über die Augen und gähnte. Für eine Weile blieb er noch liegen, bis er wirklich wach war. Dann beschloss er, sich duschen zu gehen und die Zähne zu putzen, um perfekt gepflegt in den Tag zu starten. Er ging zu seinem Schrank und holte seinen Es-Pulli hervor. Er liebte einfach Killerclowns. Diesen Pulli hatte er schon seit ein paar Jahren und mithilfe seiner Magie ließ er ihn immer mitwachsen, weil er sich einfach keinen cooleren Pulli vorstellen konnte. Mrs Cole hielt ihn für so hobbylos,  jedes Jahr die Shops danach zu durchforsten, ihn auch ja in einer anderen Größe wiederzufinden. Er war so froh, kein Muggel zu sein. Dazu trug er eine schwarze Cargo Hose im Emo Style. Natürlich suchte er sich auch neue Unterwäsche heraus, die auch absolut sexy geschnitten war. Sein Blick fiel auf Amy. Hoffentlich schaute sie ihm nicht heimlich zu, was er für geile Boxer Shorts trug! Allerdings fiel ihm ihre entsetzte Reaktion auf ihre Vorstellung ein, er könnte mit ihr schlafen wollen und er ärgerte sich. Für sein Ego würde er vielleicht doch versuchen, Amy irgendwie ins Bett zu bekommen. Einfach für das Gefühl, jedes Mädchen haben zu können und nicht von einem Muggel abgelehnt zu werden. Gedankenversunken packte er noch sein AXE Deo, dessen Werbe Slogan war, dass es selbst Engel in Versuchung führen sollte, und andere Kosmetikartikel ein, bevor er auf leisen Sohlen sein Zimmer verließ. Nach einer genüsslichen, langen Dusche lief Voldemort zurück zu seinem Zimmer, um Amy zu wecken. Es wurde dringend Zeit, dass sie den Fieberheiltrank einnahm und etwas aß, er konnte den Anblick ihrer Figur kaum noch ertragen und wünschte sich ihre alte Schönheit zurück. „Alohomora!“, murmelte er und die Tür öffnete sich mit einem Klick. Er trat ein und zog sie hinter sich zu. Dann beugte er sich zu der schlafenden Amy herab und rüttelte an ihrer Schulter. „Wach auf!“, ordnete er an, doch sie schlief immer noch selig. Da mussten härtere Methoden her. Er riss ihr den Seestern aus ihren Händen, welchen sie feste umklammert hielt. Sie brummte leicht verärgert im Schlaf und drehte sich auf die andere Seite. Blöde Kuh! Unsanft packte er sie, drehte sie auf den Rücken und verpasste ihr links und rechts je eine so heftige Schelle, dass sie wahrscheinlich trotz Maske seinen Handabdruck auf ihrem Gesicht hatte. Amy schrie entsetzt auf.

„Endlich bist du wach!“, knurrte er, „Hinsetzen!“ Sie stand auf und setzte sich so wie am gestrigen Tag auf sein Bett. Erneut maß er bei ihr Fieber und stellte fest, dass sie bereits zweiundvierzig Grad Fieber hatte. Ihre Augen waren leicht trüb und sie starrte dümmlich ins Leere. Kein Wunder, dass er sie nur mit zwei Backpfeifen aus dem Bett, beziehungsweise von der Isomatte, befördern konnte! Sein Fenster stand nach wie vor sperrangelweit offen und sie trug immer noch ihre FFP2 Maske, nach wie vor zu ihrem Glück. Voldemort öffnete den Schrank und überreichte ihr ein Glas. „Aguamenti!“, sagte er, damit sie nicht so verschwenderisch mit der Medizin umging. Nachdem sie drei Gläser voll Wasser geleert hatte, füllte er ihr etwas von dem Fieberheiltrank in ihr Glas. Zum Trinken hatte sie die Maske abgenommen und er erkannte ganz deutlich seinen Handabdruck auf ihren bereits fiebrig geröteten Wangen. Irgendwie verlieh es ihm Genugtuung, wenn seine Gewalteinwirkung Spuren auf ihrem Körper hinterließ. Er fand das auf eine gewisse Art und Weise sogar sexy. Moment einmal, hatte er etwa gerade über BDSM mit einem MUGGEL fantasiert? Das durfte nicht wahr sein! Sie sollte von ihm verführt werden und nicht umgekehrt! Er musste sich wieder dem Praktischen widmen! Irgendwie musste er Amy auf die Beine bekommen, unter anderem, weil er sie als Knecht brauchte und mit ihr und Clarissa möglichst bald den unbrechbaren Schwur praktizieren wollte. „In einer halben Stunde komme ich zu dir und bringe dir etwas zu Essen. Dann müsste das Fieber wieder ein wenig heruntergegangen sein. Du rührst keinen der Tränke an und wenn es ganz schlimm werden sollte, dann trink nur einen verdammten Schluck, hast du mich verstanden? Brauchst du noch Wasser?“ Amy nickte schwach. Voldemort zauberte drei große Gläser zusätzlich herbei und füllte alle Gläser, die Amy hatte, mit Wasser. „Bitte könntest du mir vielleicht noch meine Wrigley’s aus meinem Zimmer bringen? Die rosafarbigen, mit denen man extra große Blasen machen kann, die liebe ich besonders“, bat Amy, „Ich tue im Gegenzug auch alles, was du willst.“ „An deiner Stelle wäre ich vorsichtig mit solchen Versprechen, aber nun ist es zu spät. Du bist so oder so mein Knecht, weil du so tief in meiner Schuld stehst“, Voldemort grinste fies und verließ gut gelaunt sein Zimmer.

Amy und Ella waren wirklich das komplette Gegenteil voneinander. Amy machte gutgläubig aus Schuldgefühlen heraus Versprechen, ohne irgendetwas zu hinterfragen, während Ella überall eine Verschwörung witterte und in seinem Fall hundertprozentig richtiglag. Hoffentlich würde sie, während er bei ihr wohnte, ihm nicht zu sehr nachschnüffeln! Er beeilte sich mit dem Frühstück und setzte sich alleine hin, er wollte nicht von anderen belästigt werden. Dann nahm er ein paar Croissants, eine Kanne Kakao, einen Apfel und Joghurt auf ein Tablett und brachte es hoch auf sein Zimmer. Er sah Amy, wie sie bereits gewaschen, angezogen und passend zum Outfit geschminkt war. „Du hast dich also schick gemacht?“, stellte er mit hochgezogener Augenbraue fest. „Ja, habe ich“, seufzte sie, „In der Regel ist mir ja die Zeit für Make Up viel zu wertvoll und außerdem ist es bei Sport extrem unpraktisch, weil es die Poren so verstopft, aber wegen Corona sieht mein Teint so schrecklich aus und ich habe auch Hautausschlag und Pickel bekommen, sowohl wegen des Virus als auch wegen der Tatsache, dass ich mir all die Tage, an denen ich nur noch vor mich hin geröchelt habe, nicht das Gesicht waschen konnte. Ich wollte dich nicht mit meinem hässlichen Anblick quälen…“ Er fühlte sich geehrt. Offensichtlich schien sie ihm optisch gefallen zu wollen. Aber dass sie nicht mit ihm ins Bett wollte, kränkte nach wie vor sein Ego. Also beschloss er, sie ganz subtil auf ihr Sexleben anzusprechen. „Wie sah es eigentlich so mit deinen Ex Freunden aus? Darf ich wissen, ob du etwas mit ihnen hattest?“, erkundigte er sich. So könnte er herausfinden, ob sie etwas gegen Sex mit ihm oder gegen Sex generell hatte! „Eifersüchtig?“, wollte Amy wissen, „Aber nein, tatsächlich nicht, ich bin da nicht so schnell mit sowas. Ich bin nicht so wie meine Mutter, obwohl das offensichtlich jeder denken will. Hurentochter ist ja eine recht gängige Beleidigung in meinem sozialen Milieu – du gehörst ja jetzt zu den Adeligen, weshalb ich nur von meinem sozialen Milieu spreche, obwohl wir gemeinsam aufgewachsen und zur Schule gegangen sind. Jedenfalls will ich einfach nicht darauf reduziert werden, die Tochter einer Prostituierten zu sein. Wie die Mutter, so die Tochter, weißt du? Deshalb habe ich die Regel für mich, erst mit jemandem zu schlafen, wenn ich wirklich sicher bin, dass die Beziehung zu ihm etwas Festes ist. Und ich mache das auch nicht als Dienstleistung oder Gegenleistung für irgendetwas.“

„Verstehe“, gab Voldemort zurück. Es lag also nicht an ihm, sondern daran, dass sie dachte, er wolle es als Gegenleistung haben! Sein Ego wuchs wieder ein bisschen. Es wäre auch zu peinlich und herabwürdigend für ihn gewesen, einen Korb von einem Muggel zu bekommen – etwas schier Unmögliches und eine unerhörte Frechheit! Außerdem war er tatsächlich ein wenig neidisch auf ihre Ex Freunde, weshalb er sie weiter über sie ausfragen wollte. Wie konnte sie es wagen, Jungen außer ihm in ihrem Leben zu haben? Auch wenn er immer nur auf sie herabgesehen hatte, als Fangirl und so, sie war SEIN Fangirl und SEIN Besitz und hatte seiner Ansicht nach nicht das Recht dazu, jemanden außer ihn in ihrem Leben zu haben. Natürlich dachte er so, weil er sich nicht eingestehen wollte, dass er sie schon insoweit gemocht hatte, wie es für ein traumatisiertes, lieblos behandeltes, emotional vernachlässigtes und bösartig narzisstisches Kind eben möglich gewesen war, jemanden zu mögen. Man konnte ja auch nur das weitergeben, was man erfahren hatte, es sei denn, man war ein extrem starker Charakter, aber das war bei Voldemort wahrscheinlich nicht der Fall gewesen. „Wie lange warst du denn mit ihnen zusammen?“, wollte er mit lauerndem Unterton wissen. „Puh, nicht wirklich lange, ich war nicht wirklich bereit für Beziehungen, schätze ich. Konnte mich nicht öffnen und so. Sie haben dann auch beide so ungefähr nach einem Monat und so ein bis zwei Wochen Schluss gemacht, weil sie gefunden haben, dass man mit mir nicht reden kann. Wir haben einen klaren, fetten Schlussstrich gezogen, unsere Nummern gelöscht und alles. Über Rumknutschen auf einer Party und Händchenhalten ging das bei uns nie hinaus, wenn du das wissen willst“, informierte ihn Amy und Voldemort überprüfte mithilfe seiner Legilimentik ob sie log, doch sie sagte die Wahrheit. „Okay, genug von deinen Ex Freunden, ich habe dir dein Frühstück gebracht, aber iss es gefälligst in deinem eigenen Zimmer, weil du die Maske dafür abnehmen musst“, ordnete er an. „Okay, Dankeschön jedenfalls, dass du es mir gebracht hast. Ich habe noch einmal Fieber gemessen, ich habe wieder normale Temperatur und einen extrem großen Appetit“, ihr Magen knurrte, während sie sprach. „Das war eindeutig, aber jetzt geh“, Voldemort schickte sie aus seinem Zimmer heraus und ließ sich aufs Bett fallen. Das Fenster war weit geöffnet und frische Luft strömte herein. In seinem Zimmer roch es nach einer Mischung aus seinem unwiderstehlich gut duftenden AXE Deo (eventuell, aber auch nur eventuell, habe ich mich ein wenig zu sehr von meinem Crush inspirieren lassen, der immer mit seinem AXE Deo geflext hat, dass da die Mädchen so drauf stehen und leider hatte er damit Recht haha, der ist nämlich leicht abgehoben, aber wirklich nur leicht) und ihrem süßlich duftenden Parfüm.

Als er ein zehnjähriger Junge war, war ihm das befremdlich vorgekommen, aber nun fand er es irgendwie sexy. Ja, mit ihrem Make Up und dem gut duftenden Parfüm verströmte sie so einen unglaublich starken Gangsta Rap Glamour. Der leicht beige-bräunliche, matte und kussfeste Lippenstift, den sie immer getragen hatte, wenn besondere Anlässe waren, der hell schimmernde Highlighter unter den mit dunkelbraunem Augenbrauenstift nachgezeichneten Augenbrauen, die langen, schwarzen Fake Wimpern und der Bronzer, mit dem sie ihre Wangenknochen perfekt modellierte zu der beigen Jogginghose und dem weißen Spaghettiträgertop und ihrem hohen, wippenden, goldblond bis sandfarbenen Pferdeschwanz sahen absolut hinreißend an ihr aus. Aber so durfte er nicht über einen Muggel denken! Lieber sollte er an seinen Plänen für die Weltherrschaft feilen, wie er die Muggelwelt zerstören und die überlebenden Muggel zu seinen Sklaven machen wollte. Amy würde bis dahin, falls die Schutzmechanismen für sein Horkruxversteck effektiv sein sollten, nicht mehr leben, es sei denn, er würde sie retten, was er natürlich auch insgeheim vorhatte zu tun, denn irgendwie war es um Amy tatsächlich zu schade, dass sie starb. Er war immerhin mit ihr aufgewachsen. Aber apropos Horkruxversteck… Er musste sich dringend eins überlegen! Seine Gedanken schweiften zu der Höhle, weil er dort mit Amy gewesen war. Er würde sie noch einmal dorthin schleppen, ob sie wollte oder nicht. Sie hatte ihm sowieso aus ihren Schuldgefühlen heraus versprochen, alles zu tun, was er von ihr verlangte und er würde sie beim Wort nehmen. Eventuell könnte er dort irgendwo sein Horkrux verstecken, natürlich gesichert mit mehreren fiesen Zaubern. Er schwelgte in seinen Gedanken, wie er mögliche Eindringlinge quälen könnte, falls es überhaupt jemand in diese Höhle schaffen und den Mut dazu aufbringen sollte, diese zu betreten. Und er hatte sich überlegt, als letzte Hürde einen Zaubertrank zu brauen, der einem die schlimmsten Erinnerungen brachte und einem das Gefühl gab, innerlich zu verbrennen. Dann müsste man zu dem See und er würde Recherchen betreiben, wie man irgendeine tödliche Falle in den See einbauen könnte!

Er wurde von Amy aus seinen Gedanken gerissen, die wieder in sein Zimmer kam. Sie trug ein I Pad unter dem Arm geklemmt. „Woher hast du das I Pad?“, seine Augen glommen rot auf vor Neid. „Ich habe mein gesamtes erarbeitetes Geld aus den letzten zwei Jahren auf den Tisch gelegt, um ein gebrauchtes I Pad zu kaufen. Auch das Weihnachtsgeld, das ich letztes Jahr von meiner Tante bekommen habe. Nicht, dass du denkst, ich hätte gestohlen oder so. Ich habe wirklich ewig gespart, um es mir wegen der Zeichen App ProCreate anzuschaffen, für die mir netterweise Kayla, eine andere Cheerleaderin ein wenig Geld geliehen hat, was ich ihr jetzt auch zurückgezahlt habe. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe das I Pad mitgebracht, weil ich dachte, wir könnten uns vielleicht den Suicide Squad Film mit Clarissas Account ansehen. Sie hat den Film nämlich von unserer Tante zu ihrem Geburtstag gekauft bekommen und war so nett, mir ihr Passwort und alles zu geben, damit ich mich nicht langweile. Lesen wäre mir mit Corona zu anstrengend“, textete Amy ihn zu. „Schon gut, schon gut, mich hätte es überrascht, wenn du stiehlst“, wehrte Voldemort ab, „Ich sage nicht nein dazu, mir den Film mit dir anzusehen, aber erst später. Vorher will ich, dass du dich stillschweigend beschäftigst, denn ich habe zu tun. Pläne schmieden und du hast dich gefälligst im Hintergrund zu halten, wenn du schon unbedingt in meinem Zimmer sein möchtest.“ Amy nahm seine Anweisungen zur Kenntnis, deutete an, sich ihren Mund mit einem Reißverschluss zu verschließen und widmete sich einer Zeichnung auf ihrem Tablet. Voldemort zog aus seinem Schrank sein Schulbuch über die Theorie magischer Verteidigung hervor, in der Hoffnung, unter den schwarz-magischen Bedrohungen irgendetwas Brauchbares zu finden. Neugierig schaute Amy auf den Buchtitel und auch wenn sie schwieg, schienen ihr unendlich viele Fragen ins Gesicht geschrieben.

„Merlin, guck jetzt endlich weg!“, fuhr Voldemort sie voller Wut an und seine Augen leuchteten blutrot auf, „Das geht dich alles gar nichts an, du dreckblütiger Muggel!“ „Tut mir leid“, piepste Amy, die bei seinem plötzlichen Ausbruch zusammengezuckt war, und sie blickte nur noch auf ihr Tablet. Ging doch! Nach langer und ermüdender Recherchearbeit war Voldemort auf den Begriff eines Inferius gestoßen. Diese, durch schwarze Magie reanimierten Leichen könnten perfekt als Diener im See lauern und jeden, der an seinen Horkrux kommen wollte, für ihn umbringen! Voller Freude über das, was er herausgefunden hatte, machte er eine Eselsohr auf dieser Seite. Amy würde ihm dann als Versuchskaninchen dienen, ob sein Trank die gewünschte Wirkung zeigte und ob die Inferi dazu in der Lage waren, die Person in den See zu ziehen und dort zu töten. Sein Blick wanderte zu seinem nichtsahnenden Opfer. Sie musste wirklich einen hohen Preis dafür bezahlen, dass er ihr vorübergehend das Leben gerettet hatte! Ertränkt in der Höhle, in der es Voldemort bereits als zehnjährigem Jungen gelungen wäre, sie umzubringen, wenn seine damalige Abhängigkeit von den Erzieherinnen ihn nicht vor einem Mord zurückgeschreckt hätte. Er grinste. „Amy, ich habe gefunden, was ich gesucht habe. Du kannst nun wieder mit mir sprechen“, säuselte er zuckersüß. Das Mädchen schloss sofort das Fenster mit ihrer Zeichnung. Voldemort stand auf und stellte das Buch zurück in den Schrank. „Wir können den Film sehen. Wie in den guten alten Zeiten“, er setzte sich auf sein Bett und klopfte auf den Platz neben sich. „Schade, dass Dennis nicht mehr bei uns ist, aber ich gönne es ihm, adoptiert worden zu sein“, sagte Amy und nahm zögerlich neben Voldemort Platz. „Ich gönne es ihm nicht, denn ich hätte es mindestens genauso sehr verdient, aber ich finde es eigentlich ganz toll, alleine mit dir zu sein“, er zog eine Augenbraue hoch und grinste vielsagend. Amy wurde extrem rot und rückte instinktiv ein wenig von ihm ab. Sie war unfassbar verlegen, aber er hörte auch noch einen ihrer Gedanken in seinem Kopf.

Irgendwie ist er so wechselhaft, ich weiß gar nicht so recht, wie er zu mir steht. Erst beleidigt er mich bei Kleinigkeiten, die ich wirklich nicht böse gemeint habe – schließlich hat er mir nicht gesagt, dass Gucken verboten ist. Gut, ich hätte mich mit meiner Neugier ein wenig zurückhalten können, aber mehr als den Titel, der mir sowieso nichts sagt, konnte ich eh nicht sehen. Was meint er damit, dass ich dreckblütig sei? Ich weiß ja unter anderem von Clarissa, was ein Muggel ist – jemand, der nicht zaubern kann und dass es eine Gruppe an Zauberern und Hexen gibt, die sich für etwas Besseres halten, weil sie keine Muggel als Verwandte haben, aber irgendwie blicke ich da nicht durch. Warum? Gehört Lord Voldemort etwa zu ihnen? Er hat irgendwie auch davon gesprochen, dass reinblütige Zauberer und Hexen so einen Status wie Adelige hätten. Ist mit reinblütig etwa gemeint, dass kein Muggel mit einem verwandt ist? Und sind dann Muggel Dreck? Oh Gott, er gehört zu ihnen und er hasst Leute wie mich! Warum hat er mich dann überhaupt gerettet? Aus Mitleid mit den armseligen unterlegenen Muggeln und für sein Ego? Oh Gott, ich fühle mich so verletzt, weil ich ihn eigentlich schon seit ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, liebe, aber er mir so gemeine Sachen sagt. Aber niemals würde ich mich trauen, ihn darauf anzusprechen oder ihn nach seinen Gründen zu fragen, auch wenn Kommunikation in einer Beziehung das A und O ist, wenn man als Paar funktionieren will. Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass er am liebsten gar nicht mit mir über seine Privatsachen reden möchte – er war da ja schon immer recht verschlossen! Jetzt ist er irgendwie gerade nett zu mir, aber ich kann einfach nicht so tun, als wäre nichts, wenn er mir vorher eindeutig gezeigt hat, wie sehr er mich insgeheim hasst! Es raubt mir echt so viel Kraft! Ich kann es gar nicht erwarten, dass ich wieder gesund bin und alleine in meinem Zimmer lebe! Als Voldemort ihre Gedanken hörte, vor allem den letzten Gedanken, verspürte er eine Mischung aus Wut und irgendwie auch Verletzung. Sie wollte gar nicht mehr bei ihm im Zimmer sein! Frechheit! Dieses Muggelmädchen konnte sich geehrt fühlen, von ihm toleriert zu werden und sein Zimmer mit ihrer Anwesenheit beschmutzen zu dürfen! Allerdings hatte er mit seinen Aggressionen den Bogen auch ein wenig überspannt, musste er sich leider zu seiner eigenen Schande eingestehen. Amy konnte wirklich nicht wissen, dass er beim Lesen nicht beobachtet werden wollte und sicher war sie einfach nur interessiert an der magischen Welt gewesen und wollte herausfinden, was man auf einer magischen Schule alles so lernte. Nur wegen der Sache mit Ella, die viele gefährliche Dinge herausgefunden hatte, fühlte er sich insgeheim auch durch Amy ertappt, obwohl sie aus dem Titel wirklich keine Schlussfolgerungen zu seinem teuflischen Plan ziehen konnte. Und sie hatte dadurch seinen Hass auf Muggel realisiert, was er eigentlich auch nicht unbedingt hätte zeigen sollen. Er musste sich weiterhin als der Wolf im Schafspelz tarnen! Zudem hatte er herausgefunden, dass sie ihn offensichtlich tatsächlich zu lieben schien und irgendwie fühlte er sich dadurch auch geehrt. Und dass sie von ihnen als Paar dachte! Nein, nein, nein, er wollte doch eigentlich keine Partnerschaft mit einem Muggel eingehen, Slytherin würde sich im Grab umdrehen! Einerseits sollen tatsächlich einige Gaunts auch nach Amerika ausgewandert sein und Muggel geheiratet oder sogar adoptiert haben! Unvorstellbar, diese Verunreinigung der Blutlinie. Andererseits… War man nicht viel freier in der Partnerwahl, wenn man sich dort keine Regeln setzte? Im snobistischen Hause Slytherin hatte er bis jetzt von den ganzen reinblütigen Hexen noch keine einzige kennengelernt, die er in irgendeiner Form hübsch fand, oder die sich in irgendeiner Form so sehr privat um ihn scherte wie Amy. Im Hause Slytherin lag es nun einmal einfach in der Natur der Leute, zielstrebig, traditionell, ehrgeizig und elitär zu sein und viele suchten seine Nähe aufgrund seines Könnens und Potentials.

Amy hingegen hatte sich nie sonderlich viel darum geschert, was ihre Freunde konnten. Auch wenn sie ein noch so zerstreuter und unaufmerksamer Mensch in Bezug auf alltägliche Dinge sein konnte – sie hatte sich immer extrem viel Mühe gemacht, herauszufinden, was ihm privat gut gefiel und ihm immer schöne Geburtstagsgeschenke gemacht. Nur konnte er das als Junge im späten Grundschulalter nicht so recht würdigen. Ein kleines Mädchen, welches anderthalb Jahre jünger war als er, konnte ihm schließlich nicht die fehlende Vaterfigur und die dementsprechende Zuwendung von Mann zu Mann ersetzen, mochte sie ihm noch so viele süße Geschenke machen. Zudem war er in einem Alter gewesen, in dem Mädchen sowieso aus Sicht von Jungen mehr als nur uninteressant waren und weil er sowieso aufgrund seiner Traumata sehr desinteressiert an zwischenmenschlichen Beziehungen gewesen war, wurde das natürliche Desinteresse noch verstärkt. Naja, jedenfalls musste er sich nun eingestehen, dass ihre Gegenwart irgendwie angenehmer war, als die der snobistischen Slytherin Hexen. Er hasste Dumbledore dafür, dass er ihn immer dafür bemitleidete und auch ein Stück weit dafür verurteilte, dass er kein Interesse an der wahren Liebe hatte, denn er hatte auch nicht wirklich ein Umfeld an Hogwarts, an dem er jemanden wirklich lieben konnte und im Waisenhaus war er noch ein Kind gewesen und alle Kinder hatten irgendwie mit ihren persönlichen Problemen, die sie aus ihrem familiären Umfeld mitbrachten, zu kämpfen. Genug der Rechtfertigungen und tiefsinnigen Gedanken, fand er, er würde sich bei Amy entschuldigen, damit sie aufhörte, zu schmollen. „Amy? Es tut mir leid, dir Angst eingejagt und dich als dreckblütigen Muggel bezeichnet zu haben“, sagte er zu ihr und zog sie zu sich herüber, „Ich…“ Warum fiel es ihm so schwer, über seine Gefühle zu sprechen? Er musste es hinbekommen, auch wenn es an seinem Stolz kratzte und für ihn ein riskantes Unterfangen darstellte. Amy war wesentlich weniger aufbrausend als Ella und würde ihm sicher mehr Nachsicht entgegenbringen. Zudem würde sie hoffentlich weniger hinterfragen als Ella! „Ich habe mich durch dich bei etwas ertappt gefühlt. Ich habe gefährliches Wissen recherchiert, weißt du? Deshalb habe ich mich geärgert, als du mich dabei beobachtet hast, weil es dich schlicht und ergreifend nichts angeht, was ich da mache“, sagte er mit warnendem, aber dennoch versöhnlicherem Unterton. Amy hob kurz die Augenbrauen. „Achso, das ergibt Sinn. So weit habe ich gar nicht gedacht, dass ich dich bei irgendetwas ertappen könnte, ich unterstelle generell niemandem etwas. Aber ja… Selbst wenn ich etwas herausgefunden hätte, hätte ich dich mitnichten verpetzt, das macht man schließlich nicht bei Freunden. Aber bitte sag mir doch dann demnächst ruhig und sachlich, was ich anders machen soll, ich habe dir schließlich nicht wirklich was getan und ich wäre mehr als bereit dazu, deine Grenzen zu respektieren, wenn du mir nur einfach klare, aber sachliche Anweisungen geben würdest. Oder hat es dich etwa auch besonders verärgert, weil du keine Muggel magst?“ Verdammt, so dumm war Amy gar nicht! Aber ihre sanfte Art führte irgendwie dazu, dass Voldemort ihr nicht wirklich böse sein konnte und sich auch irgendwie nicht dadurch bedroht fühlte, dass sie ein wenig Bescheid wusste, dass er illegale Aktivitäten betrieb.

„Du hast Recht, ich hasse Muggel“, gab er zu. Jetzt war es raus, aber irgendwie war es auch befreiend, nicht immer eine Maske aufsetzen zu müssen. „Oh“, sagte Amy nur und schwieg. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. „Also kann ich praktisch als Muggel bei dir gar nichts richtig machen, egal, wie sehr ich es versuche?“, wollte sie nach langer Zeit wissen. „So gesehen nein“, gab Voldemort zurück, „Allerdings bist du nicht wirklich der Hauptgrund, warum ich Muggel hasse. Ich gebe zu, du warst zwar auch kein unbedeutender Faktor, aber mein wertloser Vater, die parteiischen Erzieherinnen vom Waisenhaus und die blöden älteren Kinder waren wesentlich schlimmer.“ „Es tut mir leid, falls ich durch meine Fehler, die ich gemacht habe, irgendwie dazu beigetragen habe, dass du dich nicht wohlgefühlt hast. Alles in allem war es mir wirklich wichtig, eine gute Freundin zu sein, doch wenn ich unterbewusst immer merke, dass du mich heimlich hasst, fällt es mir wirklich schwer, stark zu bleiben, weil ich mich auch gemocht fühlen will und nicht nur als Dreck gesehen werden möchte. Würdest du das wollen?“, mit schiefgelegtem Kopf sah sie ihn an. „Komm jetzt nicht mit: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“, knurrte Voldemort und seine Augen blitzten rot auf. Amy quietschte. „Du wärst nicht halb so gruselig, wenn du wütend bist, wenn da nicht immer deine Augen so rot aufleuchten würden, das macht mir Angst!“, wimmerte sie, während sie von ihm abrückte. Einerseits mochte er zwar, wenn Personen Angst vor ihm hatten, weil er dadurch Macht ausüben konnte, aber andererseits merkte er auch, dass ihn das verdammt einsam machte und niemand in seine Nähe kommen wollte. Irgendwie war das schon verletzend. Denn natürlich hatten auch Zauberer und Hexen, selbst wenn die reinblütige Elite sich von allem Menschlichen distanzierte, insgeheim menschliche Bedürfnisse und der Mensch war nun einmal ein Herdentier, der Zugehörigkeit und Akzeptanz in einer Gruppe brauchte. Voldemort war meistens zu stolz, sich das einzugestehen, aber irgendwie stand er sich durch das mangelnde Zulassen seiner Bedürfnisse auch selbst im Weg.

„Kannst du nicht mal beim Thema bleiben?“, fuhr er Amy an, „Vergiss einfach mal meine roten Augen, okay?“ „Na gut, was war noch einmal deine Frage?“, wollte Amy wissen. Unaufmerksames, schreckhaftes Mädchen! „Ich wollte einfach nur sagen, du sollst mir nicht mit dem Spruch kommen: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu! Das war keine Frage, sondern eine Anweisung!“, korrigierte er sie. „Okay, hatte ich auch nicht vor, oder naja, halt nicht so belehrend… Ich weiß ja, dass du genervt von so Moralaposteln wie Mrs Sweeney bist“, sagte Amy und legte ihr I Pad beiseite, „Aber ich finde es auch nicht gut, wie sie ihre Religion missbraucht hat. Ich bin ja zum katholischen Glauben konvertiert und bin auch sehr überzeugt davon und gerade deshalb finde ich das, was Mrs Sweeney gemacht hat, so schlecht! Sie kennt ihre Religion nicht!“ „Wie darf ich das denn bitte verstehen? Und warum bist du nicht mehr evangelisch? Bist du seit neuestem noch strikter gegen die Ketzer?“, wütend funkelte Voldemort Amy an. „Nein, nein, darum ging es mir nicht, ich war nur mit Martin Luthers Aussage, man solle neben den Apfel die Rute legen, das heißt Kinder schlagen, nicht einverstanden. Ich kann nicht Anhängerin einer Konfession sein, wenn ihr Begründer eine Überzeugung hat, die ich nicht gut finde. Wenn es nach dieser Aussage ginge, wäre es richtig, dass meine Mutter mir gegenüber gewalttätig war und ich schieße mir sicher nicht ins eigene Knie!“, fand Amy. „Ich hasse alles, was mit Religion zu tun hat! Diese wertlosen Muggel haben früher im Namen der Religion Zauberer und Hexen verbrannt und das Wool’s Orphanage wird auch von der Kirche unterstützt und ich hasse auch die Erzieherinnen!“, schimpfte Voldemort. „Man hat im Namen der Religion viele schlimme Dinge getan und ich gebe dir tatsächlich Recht, dass viele Muggel einfach Religion zur Rechtfertigung von Machtfantasien genutzt haben. Darf ich fragen, ob die Hexenverfolgung von damals die Ursache für den langen Muggelhass ist? Also ich finde die Hexenverfolgung schrecklich, das darf man nicht tun! Allerdings weiß ich von mir selbst, dass ich auch ein wenig Angst vor Zauberern und Hexen habe, zum Beispiel auch vor meiner Schwester. Permanent bin ich von ihrem Goodwill abhängig und von deinem auch. Man nehme einmal an, Clarissa wäre richtig sauer auf mich, egal aus welchem Grund. Mithilfe ihrer Legilimentik könnte sie dann einfach meine Geheimnisse herausfinden und jedem erzählen oder sie könnte, wenn es keine so strikten Regeln gäbe, mir schreckliche Ausschläge herbeizaubern… Ich könnte mir echt vorstellen, dass viele Muggel dieses Gefühl auch gehasst und Angst entwickelt haben, welche sie dann mit diesen Machtfantasien kompensiert haben. Ich persönlich glaube, dass der Hass, aber auch die Liebe zwischen Zauberern und Muggeln auch immer was Gegenseitiges sein musste…“, überlegte Amy, „Zu deiner vorherigen Frage noch, wie ich das mit Mrs Sweeney meinte, dass sie ihre Religion nicht kennt… Eigentlich, als jemand Jesus gefragt hat, was denn das Wichtigste Gebot von allen sei, meinte Jesus, wenn ich mich nicht falsch erinnere, seinen Nächsten zu lieben sei das Wichtigste und das hat Mrs Sweeney nie getan! Sie hat bei allen immer auf den kleinsten Fehlern herumgehackt, obwohl sie den Größten begangen hat!“

So viel hatte Voldemort Amy noch nie am Stück reden hören und er musste sagen, dass das, was sie sich da gedacht hatte, nicht einmal dumm war. Allerdings fand er es berechtigt, dass Muggel vom Goodwill der Zauberer und Hexen abhängig sein sollten, so wie früher. Früher hatten die Muggel Zauberer und Hexen als Götter verehrt, Opfer gebracht und es nicht gewagt, ihren Zorn in irgendeiner Form auf sich zu ziehen! Man bedenke doch nur die ganzen griechischen und römischen Götter des Polytheismus! Mit Sicherheit waren das Zauberer und Hexen, die auch durch Horkruxe oder den Stein der Weisen unsterblich waren. Die Muggel hatten allen Respekt vor ihnen verloren, doch er, Lord Voldemort, würde die Muggelwelt wieder gewaltsam unterwerfen und die dezimierten Muggel versklaven. Er würde seine Rache bekommen, doch all das ging Amy nichts an und er würde versuchen, ihr gegenüber ein halbwegs höfliches Image zu wahren. Außerdem durfte er sie auch nicht zu sehr verletzen, um sie noch als willigen Knecht zu behalten. Deshalb beschloss er, sachlich mit ihr zu sprechen. „Zu deinem Punkt, der Hass zwischen Zauberern und Muggeln sei was Gegenseitiges… Ich gebe dir Recht, aber ich würde sagen, in meinem Fall haben die Muggel eindeutig angefangen, nämlich mein verdammter Vater!“, echauffierte er sich und seine Augen wurden erneut rot. Doch Amy versuchte, nicht auf seine Augen einzugehen, auch wenn sie jedes Mal leicht zusammenzuckte. „Möchtest du mir die genaueren Umstände nennen oder lieber den Film ansehen?“, wollte Amy wissen, aus Angst, eine falsche oder zu private Frage zu stellen. „Das mit meinem Vater geht dich tatsächlich nichts an“, sagte er leicht abweisend, „Wir sehen uns den Film an.“ Irgendwie war es etwas anderes gewesen, mit Jonathan von Mann zu Mann über schlechte Väter zu lästern, als mit Amy über seine Gefühle bezüglich seines Vaters zu sprechen und sich vor ihr verletzlich zu zeigen. „Lord Voldemort?“, fragte Amy leise, „Versprichst du mir, nicht sauer auf mich zu sein?“ „Warum?“, misstrauisch kniff Voldemort die Augen zusammen. „Darf ich fragen, ob du damit einverstanden bist, wenn wir vor Suicide Squad noch Mamma Mia schauen? Die letzten Male durftest immer du die Filme aussuchen, die wir uns angesehen haben, aber ich würde gerne auch mal Mamma Mia ansehen, alle meine Klassenkameradinnen kennen die Songs daraus und Clarissa hat den Film schon auf ihrem Account gekauft, beziehungsweise von unserer Tante kaufen lassen und sie meinte, der ist echt gut“, bat Amy und sah ihn aus ihren dunklen Rehaugen an. Voldemort vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Das konnte nicht ihr Ernst sein! Diese Earrape Musik! Allerdings hatte sie schon Recht damit, es war immer nach ihm gegangen und er fand, zurecht. Aber sonst wäre Amy sicher wieder heimlich beleidigt, wenn er sie immer herumkommandierte, weshalb er beschloss, ein gnädiger Lord zu sein.

„Meinetwegen“, knurrte er, „Der finstere Lord ist barmherzig.“ „Echt?“, quietschte Amy freudig, „Ich hätte nie gedacht, dass du ja sagst!“ „Hätte ich bis jetzt auch nicht gedacht, Muggel“, stöhnte er und rollte mit den Augen. Amy war erschöpft von der langen vorherigen Diskussion, da sie immer noch krank war und Kopfschmerzen hatte und bat darum, sich den Film im Liegen ansehen zu dürfen. „Noch irgendwelche Extrawünsche, du verwöhnter Muggel?“, knurrte er. „Nein, das war alles“, murmelte Amy und legte sich unter die Bettdecke. Voldemort legte sich neben sie, um auf das Tablet schauen zu können. Amys unglaublich gut duftendes Parfum stieg ihm in die Nase, doch er roch auch ihren natürlichen Duft und stellte fest, dass dieser ihm sogar besser gefiel. Sie duftete leicht nach Vanille. Er setzte sich auch eine Maske auf, damit er nicht von ihr abrücken musste, um sich nicht anzustecken und zog sie leicht zu sich herüber. Amy lehnte sich mit ihrem Kopf in seine Armbeuge und suchte seinen Blick. Sie hatte echt schöne, dunkelgraue Augen mit langen Wimpern, nur im Gegensatz zu ihm hatte sie eher einen warmen Ton, welcher auch besser mit ihrer Haut matchte. Er strich ihr eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Er beschloss, nicht mehr dagegen anzukämpfen, er war Lord Voldemort und durfte machen, was er wollte, egal, was seine Todesser dazu sagen würden! Und wenn er einen Muggel attraktiv fand, dann hatte er auch das Recht, seinen Bedürfnissen, auch wenn es für ihn nach wie vor beschämend war, diese zu haben, nachzugehen. Amy drehte ihr Gesicht wieder zu dem Tablet, um sich kurz die Zusammenfassung vom Film durchlesen zu können, bevor ihr Blick glasig wurde und sie den Film schloss. „Sorry, hab mich doch umentschieden, weil der Plot uns beiden wahrscheinlich negative Erinnerungen bringen würde“, sagte sie und öffnete Suicide Squad. „Echt? Warum? Wenigstens bleibt mir nun die Earrape Musik erspart!“, sagte Voldemort erleichtert. „Naja, der Grund ist, dass ich vorher nicht über den Plot Bescheid wusste, alle meine Mitschüler bis auf mich die Songs, die auf Partys gespielt wurden, auswendig kannten und Clarissa mir nur gesagt hat: ‚Ja, den Film kennt jeder bis auf dich, guck ihn dir mal an‘ und dann habe ich halt jetzt in der Zusammenfassung gelesen, dass das Mädchen vaterlos ist und ihren Vater sucht und ich denke, darauf haben wir keine Lust, oder?“, erklärte Amy, „Darf ich übrigens fragen, was für Musik du denn überhaupt magst, irgendwelche musst du doch auch mögen, oder, aber zu fast jedem Genre hast du bis jetzt gesagt, dass es Earrape wäre!“ Voldemort nahm ihr das Tablet aus der Hand und spielte ihr ein paar Songs von Sisters of Mercy, Rammstein und von ein paar Death Metal und Hard Tech Bands vor. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff Amy sich an den Kopf. „Bitte, mein Kopf explodiert gleich! Ich kannte bis auf Rammstein vorher keine der Bands und Rammstein auch nur vom Namen her, weil mal an einem Tag lauter Rammstein Fans in der Stadt waren! Willst du meine ehrliche Meinung hören?“, erkundigte sich Amy. „Sag halt“, Voldemort zuckte mit den Schultern, „Ich kann dich immer noch mit dunkler Magie foltern, sobald ich siebzehn bin. Reintheoretisch kann ich dich aber auch jetzt schon mit der Musik foltern, was zwar eventuell zu sehr Muggelstrategie ist, aber egal. Kommt Zeit, kommt Rat. Leider werde ich noch getrackt, allerdings nur noch ein halbes Jahr.“ Amy zögerte. Voldemort lachte hoch und fies.

„Hat die kleine Amy jetzt Angst?“, höhnte er. „Schon irgendwie, es handelt sich doch bloß um unterschiedliche Musikgeschmäcker...“, murmelte sie, „Aber ich werde meine Meinung jetzt sagen, ich habe sowieso schon angedeutet, dass diese nicht positiv ausfällt: Ich bin der Ansicht, was den „Rape“- Aspekt angeht, vergewaltigt diese harte Musik mit den rauen und heiseren Stimmen die Ohren viel mehr als die melodische Popmusik. Nicht böse gemeint.“ „Ich mag sowieso keine Muggelmusik mehr. Auch wenn es ein wenig schade ist, aber ich hasse Muggel und bin sehr konsequent. Ich habe die Musik erst recht spät entdeckt, weil sie im Gegensatz zur Popmusik nicht andauernd im Radio läuft oder von irgendwelchen hobbylosen Turnerinnen wie deinen früheren Vorbildern und dir in der Turnhalle gespielt wurde. Deshalb hast du mich auch nie dabei gesehen, wie ich Musik gehört hätte oder so. Und bei Popmusik geht es mir nicht einmal zwangsweise um die Melodie, sondern um die Texte, die ich absolut armselig finde. Yes, I’ve been brokenhearted, blue since the day we parted… Wie armselig ist das denn bitte? Das zeigt doch nur, dass Liebe einen schwach und abhängig macht. Liebe ist schlecht und bringt einen kein Stück weiter. Und dagegen darfst du nichts einwenden, sonst stehst du genauso weit oben auf meiner Liste mit Leuten, die ich gerne töten würde, wie Dumbledore.“ „Ah, euer Schulleiter, oder?“ „Richtig. Aber nun stelle mir keine weiteren Fragen mehr und lass mich den Film sehen“, Voldemort suchte den Film heraus und drückte auf Play. Der Film war recht spannend und Voldemort war entsetzt, dass Amy, die durch die ganzen Diskussionen über kontroverse Themen ziemlich geschafft war, einfach nach ungefähr einem Viertel des Filmes eingeschlafen war. Er fragte sich, ob ihr das bei einem Film ihrer Wahl auch passiert wäre. Allerdings… Sie war ein schwacher, bemitleidenswerter Muggel und war immer noch ziemlich krank und auch generell eine Schlafmütze. Es konnte nicht am Film liegen! Er genoss auf jeden Fall, dass die Hexe Enchantress seine Ansichten, Muggel sollten Zauberer und Hexen wieder als Götter verehren so wie früher und nicht durch ihre Technik ersetzen, teilte und hoffte inständig, dass sich die Suicide Squad entweder mit Enchantress verbündete, oder durch sie vernichtet wurde. Schon interessant, wie viel Muggel immer noch über Zauberer und Hexen wussten oder ahnten! Eventuell könnte er auch aufgrund der negativen Darstellung des Personals in Belle Reve und von Amanda Waller, die selbst nicht weniger grausam als die Superschurken war, den Film als Propaganda gegen Muggel nutzen. Er blickte auf die friedlich schlafende Amy neben ihm und  amüsierte sich insgeheim darüber, dass sie ihm einen Film zeigte, der seine Meinung so perfekt widerspiegelte. Sie war so naiv! Gedankenverloren wickelte er sich eine ihrer losen Haarsträhnen um seine Finger. Ihre Haare waren so weich! Vielleicht sollte er doch darauf achten, dass Amy ihre Dienste als Versuchskaninchen überlebte. Wenn er die Welt beherrschte und Muggel versklavte, könnte er Amy sicher als seine Sklavin beanspruchen. Sie gehörte ihm! Sein Fangirl.

Während er weiterhin dem Film zuhörte, beobachtete er Amy und zog sie näher an seine Brust. Leider war Amys Körper immer noch recht knochig und spitz, sodass es nicht so angenehm war, sie an sich zu drücken, aber sie duftete so unwiderstehlich gut. Er fuhr ihr während er den Film anschaute immer wieder durch ihre weichen Haare und fragte sich, warum ihm nicht bereits viel eher aufgefallen war, wie entzückend sie aussah. Gut, er musste zugeben, als sie ganz neu im Waisenhaus gewesen war, hatte sie mehr als bemitleidenswert ausgesehen. Ihr Kopf war recht klein und verkümmert gewesen, ihre oberen Schneidezähne waren ausgefallen, weil sie gerade ihre Milchzähne verloren hatte und sie lispelte deswegen permanent. Damals hatte sie auch dunkle Augenringe, wahrscheinlich hatte sie bei ihrer Mutter zu wenig Schlaf und zu schlechtes Essen bekommen und ihre damals noch hüftlangen Haare waren recht dünn und altmodisch zu zwei Zöpfen geflochten. Glücklicherweise hatte Amy kurze Zeit später, seit sie mit älteren Mädchen in der Sporthalle geturnt hatte, die Entscheidung getroffen, sich einen Long Bob schneiden zu lassen, da dieser beim Sport praktischer war und ihr auch um einiges besser stand und sie war Clarissa aus dem Weg gegangen, sodass diese nicht mehr ihre Haare ausreißen konnte. Voldemort war echt verwundert darüber, wie solch ein gewalttätiges Kleinkind wie Clarissa sich zu einer Hufflepuff Hexe entwickeln konnte. Beide Schwestern hatten sich sehr verändert.

Amy hatte sich optisch zu ihrem Vorteil entwickelt, als sie mit ungefähr acht Jahren endlich einmal einen Großteil des Zahnwechsels hinter sich hatte. Als Jugendliche war Amy jedoch bildhübsch. Auch wenn er jetzt durch die Maske nicht ihr ganzes Gesicht sehen konnte, fand er ihre Augenpartie und den Ansatz ihrer geraden, kleinen Nase und ihren angenehmen Haaransatz, welcher ihre leicht gewölbte Stirn perfekt betonte, echt entzückend. Sie war zwar ein Muggel und Muggel waren seiner Ansicht nach immer noch Dreck, aber sie war leider verdammt schöner Dreck! Auf einmal zuckte sie im Schlaf und schrie mehrmals auf. Ob sie einen Albtraum hatte? Voldemort las ihre Gedanken und stellte fest, dass sie davon träumte, auf ihrem Rücken auf dem Grund eines leuchtenden Sees zu liegen und irgendeine unsichtbare Kraft presste sie in diese Position. Über sich konnte sie ganz verschwommen die Oberfläche erkennen und die Luft stieg in Blasen aus ihrer Lunge, zusammen mit einer Blutschliere. Sie träumte von dem Ereignis in dem See! Voldemort wusste nicht, was er davon denken sollte. Mrs Cole hatte ja bereits gesagt, dass Amy und Dennis danach schwer unter Schock standen und eigentlich hatte es ihn immer mit tiefster Genugtuung erfüllt, es ihnen so gründlich und effektiv heimgezahlt zu haben. Allerdings hatte ihm Clarissa auch Amys Sicht ihres Konflikts geschildert und irgendwie nagte in seinem Unterbewusstsein, dass er es eventuell übertrieben haben könnte und er zuvor auch nicht so ein Unschuldslamm gewesen war, wie er immer geglaubt hatte. Grundsätzlich fühlte sich Voldemort nämlich immer im Recht und war der Ansicht, dass es immer einen Grund für sein schlechtes Verhalten gegenüber anderen gab und diese es verdient hatten, schlecht von ihm behandelt zu werden. Allerdings hatte Amy sich um ihn immer relativ viel Mühe gegeben und konnte auch nichts dafür, dass sie wenigstens noch eine Tante hatte, die sich ab und zu die Mühe machte, sie zu besuchen und gut auszustatten und es war nicht Amys Schuld gewesen, dass er keine Erwachsenen hatte, die sich um ihn kümmern wollten und er aus Neid immer bissig ihr gegenüber gewesen war. Im Schlaf rannen ihr ein paar Tränen die Wange herunter und er beschloss, den Film auf Pause zu stellen und sie aufzuwecken. Er könnte sonst nicht in Ruhe weiterschauen!

„Amy, wach auf!“, er rüttelte an ihrer Schulter. Sie schreckte aus dem Schlaf hoch, sah ihn einmal mit einer Mischung aus Wut und Angst in ihren Augen an, befreite sich aus seinem Arm und rückte ein wenig von ihm ab. Zum zweiten Mal sah Voldemort, dass es ihm zwar wirklich viel Macht verlieh, wenn ihn alle fürchteten, aber er hatte wirklich keine Freunde, die ihn so mochten. Amy schnäuzte sich geräuschvoll in ein Taschentuch. Dann drehte sie sich zu ihm herum. „Ich hatte gerade einen Albtraum, sorry“, sagte sie mit erstickter Stimme und tat das coronaverseuchte Taschentuch in einen Plastikbeutel, bevor sie sich wieder ihre Maske aufsetzte. „Ich weiß. Und ich bin auch darüber informiert, worum es in deinem Traum ging“, antwortete Voldemort. Amy schnappte nach Luft. „Du hast mit Legilimentik meine Träume gestalkt? Ich glaube, es hackt! Das ist echt gruselig!“, keuchte sie und fügte nach einer Weile hinzu: „Findest du es nach wie vor gut, was in der Höhle passiert ist?“ Fragend und abwartend sah sie ihn aus ihren großen, grauen, verweinten Rehaugen an. Voldemort überlegte sich, was für eine Antwort strategisch gesehen am klügsten wäre. Natürlich bereute er es kein Stück, was er getan hatte – er war wütend auf sie gewesen und hatte sie für das bestraft, was sie ihm angetan hatte, waren ihre Beweggründe dafür auch noch so verständlich. Er wollte ihr damals eins auswischen und das war ihm erfolgreich gelungen. Warum sollte es ihm jetzt auf einmal leidtun? Es war ihm, ehrlich gesagt, ziemlich gleichgültig, was er da angerichtete hatte. Er konnte es einfach nicht nachfühlen. Natürlich beherrschte er als maligner Narzisst eine gewisse Form von kognitiver Empathie, dass er sehr genau erahnen konnte, was er bei den anderen Personen an Leid auslöste, nur im Gegensatz zu einem psychisch gesunden Menschen war es ihm völlig egal, er setzte es sogar bewusst ein, um die Personen fertigzumachen, durch die er sich gekränkt gefühlt hatte. Aber das alles reflektierte er nicht. So gut er darin auch war, die Gefühle anderer zu erkennen und gegen sie zu nutzen, so schlecht war er darin, sich seiner eigenen Gefühle und der Ursachen seines Handels bewusst zu werden. Seine eigenen Gefühle unterdrückte er aus Selbstschutz. Er konnte Amy jedoch auf gar keinen Fall wissen lassen, wie egal ihm ihr Leid war, denn wie er inzwischen realisiert hatte, war sie nur solange ein guter und ergebener Knecht, solange sie sich geliebt fühlte. Also musste er auf jeden Fall so tun, als ob sie und ihre Gefühle ihm wichtig wären. „Nein, ich finde es nicht gut, was ich damals in meiner Wut getan habe, mein kleiner Engel“, heuchelte er und strich ihr eine ihrer leicht golden bis karamellfarben schimmernden Haarsträhnen aus dem Gesicht, „Ich werde das ganz sicher nicht noch einmal tun.“ Amy schien sehr zufrieden mit dem zu sein, was er ihr gesagt hatte, denn ihre verzweifelte Miene wirkte nun sichtlich gelöster. „Ich werde dich auch nie wieder verraten“, versprach sie ihm mit entschlossener Miene, „Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst. Tut mir auch echt leid, dass ich dich jetzt gerade von dem Film abgehalten habe. Darf ich wissen, wie viel ich verpasst habe?“

Forward
Sign in to leave a review.