Lord Voldemort today

Harry Potter - J. K. Rowling
F/M
G
Lord Voldemort today
Summary
Diese Story ist ein Gedankenspiel, wie Lord Voldemort wohl wäre, wenn er heutzutage aufgewachsen wäre, welches eine meiner besten Freundinnen und ich uns gemeinsam ausgedacht haben (60% der Ideen kommen von ihr, ich habe sie nur für uns beide umgesetzt). Tom Marvolo Riddle ist ungefähr im Jahr 2003 oder so geboren und wurde über einen anonyme Geburt im Wool's Orphanage abgegeben. Bloß der Vorname seines Erzeugers und seines Großvaters sind ihm bekannt. Mit den anderen Kindern des Waisenhauses und seinen Mitschülern versteht er sich nicht sonderlich gut, da diese ihn als Weirdo abstempeln. Bloß Amy Benson, ihre jüngere Halbschwester Clarissa und sein Klassenkamerad Dennis Bishop bewundern ihn für seine Andersartigkeit. Doch dann wird er von Amy verraten und Dennis schlägt sich auf ihre Seite. Auf einem Trip ans Meer plant Tom grausame Rache. Danach ist er alleine, bis er auf einmal einen Besucher empfängt, der ihn auf eine mysteriöse magische Schule einlädt, auf der er nach einigen Jahren Myrtle Elizabeth Warren begegnet, die er als Knecht braucht. Allerdings begegnet er Amy nach einigen Jahren wieder und braucht sie ebenfalls als Knecht. Zum Ende hin stellt sich die Frage, welche der beiden er lieber mag.
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Happy Birthday, Tom!

Am 31. Dezember in den Weihnachtsferien hatte Tom seinen elften Geburtstag. Im Vergleich zu seinen anderen Geburtstagen seit Amy da war, schlief er ausnahmsweise aus. Sonst hatte Amy immer angeklopft, gemeinsam mit Dennis und er war dadurch geweckt worden. Er hatte ihnen dann immer die Tür geöffnet und sie waren Happy Birthday singend zu ihm hereingekommen. Amy hatte ihm zu seinem letzten Geburtstag Cake Pops in Form von Harley Quinns Jack-in-a-box-Bombe gemacht. Ursprünglich wollte sie ihm irgendetwas Joker-Thematisiertes machen, sie hatte aber nichts Rundes gefunden, weshalb sie diese Jack-in-a-box-Bombe aus dem Spiel Arkham Knight gewählt hatte, die besser mit der Form von Cake Pops gematcht hatte. Tom hatte sich damals riesig darüber gefreut, weil sonst nie irgendwelche Mitschüler von ihm kamen und auch sonst sein Geburtstag weitestgehend ignoriert wurde. Klar, er erhielt wie alle anderen Kinder auch standardmäßig Geschenke vom Waisenhaus, aber keine zahlreichen Freunde aus der Schule kamen zu ihm, um extra im Partyzimmer des Wool’s Orphanage zu feiern. Nicht so wie bei Amy. Diese war gleich vom ersten Tag an, als sie in ihre Klasse kam, beliebt gewesen, zumindest bei den Mädchen. Sie hatte Trendinteressen, konnte Best of both worlds aus Hannah Montana auswendig, seit sie fünf Jahre alt war und bei allen angesagten Themen mitreden. Häufig war Tom neidisch auf seine beste Freundin. Gut, er hätte sich mehr bemühen können, Anschluss zu finden, aber ihn interessierte all das, was seine Mitschüler gerne mochten, einfach nicht. Punkt. Er wäre auch nicht bereit dazu gewesen, ein völlig anderer, extrovertierter Mensch zu werden, der sich außerdem über Trends informiert und bei allen Dingen, die gerade angesagt sind, mitzumachen. Er interessierte sich eben mehr für düstere Literatur oder mochte DC Schurkenfilme. Mit den Schurken konnte er sich einfach besser identifizieren, weil sie vom selben Planeten stammten. Sie kamen nicht aus einer heilen Vater-Mutter-Kind Familie mit einem Kinderzimmer voller Spielzeugastronauten und einer lieben Mama, die ihnen zum Einschlafen eine Geschichte vorlas und Gute-Nacht-Küsse verteilte, sondern sie waren in einer ähnlich haltlosen Umgebung voller Unterdrückung, Konkurrenz, Neid und Gewalt aufgewachsen.

Gut, er trug definitiv auch seinen Teil dazu bei, dass diese Umgebung im Wool’s Orphanage so düster war, auch wenn er den Fehler natürlich nie bei sich suchte und seine Taten damit rechtfertigte, dass er auch  Bedürfnisse hatte, die nie erfüllt worden waren und er musste ständig dafür kämpfen musste, das zu bekommen, was ihm seiner Meinung nach zustand. Er stand auf, machte eine kurze Katzenwäsche und zog sich Kleidung an. Gleich würde er alleine frühstücken gehen und er hatte keine Ahnung, wie er seinen Geburtstag irgendwie sinnvoll verbringen könnte. Er erinnerte sich zurück an seinen letzten Geburtstag. Amy hatte ihre Tante darum gebeten, dafür, dass sie in den Ferien ihren Rasen mähte und die Toiletten putzte, ihr dafür auf YouTube den Film Batman Beyond: Return of the Joker zu kaufen, damit Tom ihn sich anlässlich seines Geburtstags mit Dennis und ihr gemeinsam anschauen konnte. Sie hatten zu dritt auf seinem Bett gesessen, er saß in der Mitte, Amys Smartphone in den Händen, und hatten sich nahe aneinandergerückt um den Bildschirm gedrängt. Zum Frühstück hatten sie alle Cake Pops, welche Amy zuvor glücklicherweise abfotografiert hatte, vernascht und richtig ungesund, aber sinnerfüllt in den Tag gestartet.

Die Erinnerung an diesen Tag vor einem Jahr erfüllte ihn mit Freude und mit Schmerz zur gleichen Zeit. An diesem Tag war auch das gemeinsame Selfie zu dritt entstanden, von welchem Amy jedem von ihnen eins ausgedruckt hatte. Und das Selfie mit dem Hundefilter, welches sie mit dem Geburtstagskind alleine machen wollte. Dieses hatte sie jeweils für Tom und sich in einem größeren Format ausgedruckt. Die Fotos hingen immer noch an Toms Schrank, mittlerweile hing auch noch das Foto von der Höhle, welches Mrs Sweeney aufgenommen und für alle ausgedruckt hatte, daneben. Tom fragte sich, ob er die Fotos mit Amy und Dennis und die Fotos von den Jack-in-a-box-Bomben abhängen und zerreißen sollte. Doch so wütend er auf Amy und Dennis war, so schwer fiel es ihm auch, die einzigen positiven Erinnerungen an seine Zeit im Waisenhaus unwiederbringlich zu zerstören. Nein, er würde die Fotos irgendwo verstecken, falls er sie nicht doch mal wieder brauchen sollte. Mit einem leichten Klumpen im Magen hängte er seine Geburtstagsfotos vom letzten Jahr ab. Er sah sich das große Selfie von Amy und ihm an. Fröhlich lächelnd hatte sie ihn umarmt und frech die Zunge herausgestreckt, wie es bei diesem Hundefilter Trend war. Ob sie damals auch schon so verräterische Gedanken gehegt hatte? Mit Lexy war sie ja bereits damals befreundet gewesen, ein bisschen weniger als ein halbes Jahr vor seinem Geburtstag. Er wollte sich gar nicht ausmalen, dass Amy vielleicht schon damals ihre Freundschaft ihm gegenüber nur gespielt haben könnte. Aber dazu wirkte es zu echt, wie sehr sie sich für ihn ins Zeug gelegt hatte und sogar die undankbarsten haushaltlichen Tätigkeiten bei ihrer Tante übernommen hatte, damit sie ihm zu seinem Geburtstag diesen Film zeigen konnte. Er fühlte sich hin und hergerissen. Mit verbitterter Miene öffnete er den Schrank und schob das Selfie zwischen seine Bücher. Das Dreierselfie schob er dazu. Dann betrachtete er das Foto von den Jack-in-a-box-Bomben in Form eines Harlekinkopfes, welche ihn frech angrinsten, mit einem offenen Auge und einem X als Auge und dem roten Fondant als Narrenmütze. Amy hatte sich damals wirklich Mühe gegeben und es schmerzte ihn ungemein, dass das alles nur ein Jahr her war. Wie schnell sich menschliche Beziehungen ins Negative verändern konnten! Bei dem Anblick des weichen, süßen Teiges mit dem mit Bitterschokolade aufgezeichneten Gesicht und dem zuckersüßen Fondant knurrte ihm der Magen. Wirklich schade, dass ihn zu seinem elften Geburtstag nicht so ein köstlicher Schmaus erwarten würde. Stattdessen würde er sich mit einem gewöhnlichen Frühstück begnügen müssen.

Mürrisch lief er in den Speisesaal. Er erblickte Dennis, der zusammen mit Seth, Zac und Ryan an einem Tisch saß. Das gemeinsame Bauen der Sandburg schien vor allem Dennis und Ryan sehr zusammengeschweißt zu haben. Amy saß gemeinsam mit Lissy an einem Tisch. Sie war muskulöser geworden, war aber dennoch schlank und sportlicher denn je. Lissy ebenfalls, da die beiden so gefühlt acht Tage die Woche gemeinsam in der Turnhalle zu Earrape Musik trainierten. Beide hatten sich zu einem Tanzwettbewerb angemeldet und trainierten fleißig. Sie wollten zu dem Song Don’t call me up vortanzen. Scheint also, als hätte Amy ihn und ihre Mädchenclique an der Schule inzwischen durch Lissy und ganz viel gemeinsamen Erfolg ersetzt. Er hingegen musste sich nun ganz alleine irgendwo hinsetzen. Keiner gratulierte ihm. Einen schlechteren Geburtstag hätte er sich kaum vorstellen können, doch es sollte nicht so bleiben. Nachdem er gegessen und am Vormittag von Mrs Sweeney mit zusammengekniffenen Lippen ein paar DC Comics über Harley Quinn, Roman Sionis, den Joker, Deadshot und die Suicide Squad erhalten und den frühen Nachmittag alleine lesend in seinem Zimmer verbracht hatte, hörte er auf einmal Stimmen vor seinem Zimmer.

Es war eine fremde, heisere, nach einem älteren Mann klingende Stimme. „Könnten sie mir vielleicht etwas über Tom Riddles Vergangenheit erzählen…“, schnappte Tom ein paar Wortfetzen auf. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. War das etwa sein Vater, der ihn hier herausholen wollte? Er legte die DC Comics beiseite und saß kerzengerade auf seinem Bett. Er spitzte die Ohren und bekam mit, dass Mrs Cole ihn über ein paar gemeine Dinge informierte, die er getan hatte. Dass sie ihn verdächtigte, Billys Hasen getötet und Amy und Dennis verletzt zu haben. Sie teilte dem Mann mit, Tom sei vermutlich ein Mobber, aber schwer zu erwischen. Dem konnte Tom nichts entgegensetzen. Doch warum erzählte sie diesem Mann das alles? Was ging es diesen Mann an? Tom wurde langsam unruhig und spürte Panik in sich hochkriechen. Warum war dieser Mann hier und was wollte er von ihm? Was ist, wenn dieser Mann doch nicht sein Vater war? „Sicher werden viele Leute froh sein, wenn Tom Riddle das Waisenhaus endlich verlässt“, hörte er Mrs Cole sagen. Diese Aussage fand Tom Riddle einerseits extrem verletzend, weil er wusste, dass ihn kaum jemand leiden konnte und er den Status als Weirdo hatte. Seine gewalttätigen Ausraster magischer Natur hatten ihn bei den anderen Kindern nicht gerade beliebter gemacht. Andererseits… Hatte Mrs Cole nicht gerade eben erwähnt, dass er das Waisenhaus verlassen könnte? Das war das Beste, was er je zu hoffen gewagt hatte! Auf einmal ging die Tür auf. Tom blieb still auf seinem Bett sitzen, mit starrer Miene und tat, als hätte er nichts gehört. Er musterte den alten Mann, der durch die Tür zu ihm hereinkam. Er hatte lange Haare und einen langen Bart, der ihm bis zum Bauch reichte. Seine Nase war krumm und schief und insgesamt wies dieser Mann wenig Ähnlichkeit mit ihm selbst auf.

Nein, sein Vater konnte dieser Mann unmöglich sein und Tom merkte förmlich, wie ihm sein Herz in die Hose rutschte. Alle Hoffnungen, die er sich bis zu diesem Zeitpunkt gemacht hatte, waren nun zerstört worden! Die letzten Worte seiner Mutter sollen gewesen sein, sie hoffe, er sähe so aus wie sein Vater. Da er zumindest laut den Beschreibungen, die andere ihm zu seiner Mutter gemacht hatten, wenig Ähnlichkeit mit ihr hatte, musste er nach seinem Vater kommen. Erneut kroch tiefe Enttäuschung in ihm hoch. Die ganze Zeit hatte er gehofft, sein verschollener Vater würde auftauchen und ihn endlich mitnehmen, raus aus diesem finsteren Ort. Doch wenn der Mann nicht sein Vater war, wer konnte er dann sein? War der Mann vielleicht von der Psychiatrie? Eiskalt lief es Tom den Rücken herunter. Deshalb sollte er also das Waisenhaus verlassen! Aber er wollte nicht in die Psychiatrie! Wenn er nur an das Arkham Asylum dachte, in welchem der Joker in einer Zwangsjacke sitzen musste! Oder wo man irgendwelche Spritzen gegen seinen eigenen Willen bekam! Schaudernd stellte er sich vor, wie man ihm auch eine Zwangsjacke anlegen würde und ihn einsam und alleine in den Hochsicherheitstrakt sperren würde. Das wollte er alles nicht erleben!

„Wie geht es dir, Tom?“, erkundigte sich der Mann. Diese Frage bestätigte Toms Befürchtungen. Solche Fragen stellte doch bloß ein Arzt! Warum sonst sollte sich irgendein Fremder für seinen Gemütszustand interessieren? „Wer sind sie?" „Ich heiße Professor Dumbledore und ich arbeite an einer Schule namens Hogwarts. Ich bin gekommen, um dir einen Platz an meiner Schule anzubieten – deiner neuen Schule, wenn du gerne kommen möchtest.“ Ach ja, war das etwa die Masche, um ihn erst in Sicherheit zu wiegen, dass er mitkam und ihn dann in eine Zwangsjacke zu stecken? Er war ja nicht blöd! Von dieser Schule namens Hogwarts hatte er noch nie gehört und mit Sicherheit war diese Schule einfach nur erfunden! Doch so leicht konnte man das nicht mit ihm abziehen. „Sie können mich nicht hinters Licht führen! Sie sind mit Sicherheit von der Psychiatrie, oder? Professor, ja, natürlich“, echauffierte sich Tom über diesen äußerst dumm eingefädelten Versuch, ihn doch noch für den Vorfall mit dem Hasen und seinen ehemaligen Kameraden zu bestrafen, „Tja, ich komme nicht mit, verstanden? Die Alte sollte in die Psychiatrie. Ich habe der kleinen Amy Benson oder Dennis Bishop nie etwas getan und sie können die beiden fragen, sie werden es ihnen sagen!“ „Ich bin nicht aus der Psychiatrie“, sagte Dumbledore geduldig, „Ich bin ein Lehrer und wenn du dich ruhig hinsetzen wirst, kann ich dir von Hogwarts erzählen. Natürlich wird dich niemand zwingen zu kommen, wenn du nicht an diese Schule willst.“ Tom schnaubte verächtlich. „Das würde ich gerne sehen“, spottete er. „Hogwarts“, fuhr Dumbledore fort, „ist eine Schule für Personen mit besonderen Fähigkeiten.“ „Ich bin nicht verrückt!“, regte Tom sich auf. Konnte dieser Mann nicht einfach aufhören, seinen ohnehin schon schrecklichsten Geburtstag seines Lebens noch mehr zu ruinieren? „Ich weiß, dass du nicht verrückt bist. Hogwarts ist keine Schule für Verrückte, Hogwarts ist eine magische Schule. Du kannst Dinge tun, die andere Kinder nicht können, oder?“ „Ich kann Dinge bewegen, ohne sie zu berühren. Ich kann Tiere meinen Willen befolgen lassen, ohne sie zu trainieren.“ Er stoppte und dachte an Amy und Dennis, auch wenn er nicht ins Detail gehen wollte. „Ich kann Personen, die gemein zu mir sind, schlimme Dinge passieren lassen.“ Er erinnerte sich an die Foltermethoden, welche er in der Höhle angewandt hatte. „Ich kann sie verletzen!“, schob er hinterher und visualisierte vor seinem inneren Auge, wie er Dennis‘ Atemwege mit einem riesigen Blutklumpen verstopft und Amy beinahe ertränkt hätte.

Dumbledore reagierte vorerst nicht, nachdem Tom ihm für seinen Geschmack zu viele Geheimnisse von sich preisgegeben hatte, dafür, dass er ihn kaum kannte. So viel von sich hatte er nicht einmal Amy erzählt, als sie mit Clarissa, welche ihren Finger umklammert hielt, neu ins Waisenhaus gekommen war, schüchtern und mit niedergeschlagenen Augen. Und nun erzählte er seine finstersten Geheimnisse einfach einem erwachsenen Mann? „Ich bin wie du Tom, ich habe auch magische Fähigkeiten“, teilte ihm der angebliche Lehrer einer magischen Schule mit. Zweifelnd zog Tom die Augenbrauen hoch. Das wollte er sehen. „Beweisen sie es mir!“, sagte er scharf. Plötzlich fing der Schrank an, zu brennen. Zuerst erschrak Tom, doch dann zog sich ein feines Lächeln über sein Gesicht. Endlich kannte er jemanden, der so war wie er, auf einem Level, bei dem er sich nicht seltsam vorkommen musste und der ihn nicht dafür verurteilte, dass er so war, wie er war. Vor dem er sein magisches Talent nicht zu verstecken brauchte. „Ich denke, da ist etwas in deinem Schrank, das versucht, herauszukommen“, durchdringend sah Dumbledore ihn an und der Schrank öffnete sich wie von Geisterhand. Was konnte er damit meinen? Tom lief auf den Schrank zu und inmitten der Flammen lag seine Spielzeugkiste mit den abgezockten Spielsachen. Woher um Himmels Willen wusste der Mann Bescheid? Das musste auch zu seinen Kräften gehören! Tom griff nach der Spielzeugkiste und die Flammen erloschen. „Diebstahl wird in Hogwarts nicht toleriert!“, informierte ihn Dumbledore und Tom rollte innerlich mit den Augen und fühlte sich zugleich extrem in seinen Rechten beschnitten. Hier im Waisenhaus war er der einzige, der zaubern konnte und hatte dies immer ausgenutzt, um keine Konsequenzen für sein Verhalten zu erfahren. In Hogwarts würde er dann also mit Zauberern und Hexen zusammen sein, die ihm das Wasser reichen konnten. Na toll! Er freute sich zwar, dass es Leute gab, die so waren wie er, aber dass er dann keine uneingeschränkte Macht mehr besaß, missfiel ihm sehr.

„In Hogwarts wirst du nicht nur lernen, Magie zu benutzen, sondern auch, sie zu kontrollieren“, fuhr der Dumbledore fort, „Hast du mich verstanden?“ Tom sah ihn trotzig an. Er war es nicht gewohnt, Moralpredigten zu erhalten, die er tatsächlich ernstnahm. Mrs Sweeney machte sich alleine schon durch ihre Morddrohungen und ihre ewige „Früher war alles besser“-Leier extrem lächerlich und Mrs Cole konnte ihm nie etwas nachweisen. In dubio pro reo. Doch bei diesem magischen Professor nahm er die Moralpredigt ernst, weil dieser ihm auf unerklärliche Weise seine Schandtaten nachweisen konnte. Und das fuchste Tom extrem. Er musste also wohl oder übel SEINE Spielsachen Clarissa wiedergeben. Dumbledore wandte sich zum Gehen, doch Tom hatte noch eine Frage an ihn. Da war die Sache mit Jeanette, wegen der Mrs Cole und die anderen ebenfalls vermutet hatten, dass er psychische Probleme hatte. Er musste in Erfahrung bringen, ob es für Zauberer und Hexen normal war, mit Schlangen sprechen zu können. „Warten sie… Ich kann mit Schlangen sprechen, sie flüstern zu mir. Ist das normal für Zauberer und Hexen?“, wollte Tom wissen. Sein zukünftiger Professor informierte ihn, dass das durchaus vorkommen konnte. Dann verschwand er. Mit gemischten Gefühlen blieb Tom zurück und wusste nicht, ob er Professor Dumbledore mögen oder verabscheuen sollte. Einerseits freute Tom sich extrem, dass er nun endlich seine wertvolle Lebenszeit nicht mehr mit Normalsterblichen verschwenden musste, für die er sowieso viel zu gut war. Andererseits fürchtete er Konkurrenz. Er musste unbedingt zu den besten, zu der Elite gehören, so wie Amy sich mit Lexy verbündet hatte!

Er musste sich einen guten Status verschaffen, um auch unter Seinesgleichen, die ebenfalls zaubern und ihm vielleicht sogar etwas entgegensetzen konnten, das Sagen zu haben. Bezüglich zu Dumbledore persönlich sollte er also einerseits Dankbarkeit empfinden, dafür, dass er ihm die Möglichkeit bot, aus diesem Drecksort zu entfliehen, aber stattdessen fühlte Tom sich allein durch die Vorstellung, Dumbledore würde ein scharfes Auge auf ihn haben und seine Handlungen gegenüber den anderen Kindern würden in Zukunft Konsequenzen für ihn haben, extrem bedroht, was zu einer spontanen Antipathie gegenüber Dumbledore führte. Warum hatte er ihm gegenüber nur so viel preisgegeben, die Einsamkeit und das Gefühl von Andersartigkeit und endlich jemanden getroffen zu haben, der so war wie er, hatten ihn unvorsichtig, unvernünftig und schwach gemacht. Allerdings hatte Mrs Cole dem Professor sowieso bereits nur Schlechtes über ihn erzählt, sodass der erste Eindruck sowieso schwer zu retten gewesen wäre. Bei den anderen Lehrern würde er sich mehr Mühe geben, beschloss Tom. Nun musste er aber wohl oder übel Clarissa die Spielsachen zurückgeben. Zähneknirschend nahm er die Box mit den Spielsachen an sich und verließ sein Zimmer Nummer 27. Solch eine Demütigung und was für ein Statusverlust für ihn! Er würde an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn er einen auf nett und auf kusch machte und dieser dummen Nuss das Spielzeug zurückgab, aber wenn er diesen finsteren und erbärmlichen Ort, welcher definitiv unter seiner Würde als Zauberer war, verlassen wollte, musste er eben in den sauren Apfel beißen.

Auf dem Weg zu Clarissas Zimmer rauschte er an Amys Zimmer vorbei, aus welchem wie immer laute Earrape Musik schallte, doch solange Amy beschäftigt war, konnte ihm das nur recht sein. In dem Fall Ohren zu und durch. Damit ihm nicht Billy oder Chris begegneten, beeilte er sich und klopfte an Clarissas Tür. Als sie ihn erblickte, erschrak sie und er sah sie finster an. „Was ist los, Tommy… äh… Tom? Ich habe wirklich nichts gemacht!“, wimmerte sie und blickte ihn aus ihren großen, dunkelgrauen Rehaugen an. „Da, ich brauche das Spielzeug nicht mehr. Ich bin ja nun kein kleines Baby mehr und gehe auch nicht mehr auf die Grundschule“, sagte er von oben herab, „Für das kleine Spielkind. Schon traurig, dass du jetzt niemanden mehr zum Spielen hast und deine Schwester so gar kein Interesse an dir zu haben scheint.“ Mit hämischem Grinsen drückte er ihr die Kiste in die Hand und machte auf dem Absatz kehrt. Verdutzt und mit Tränen in den Augen sah Clarissa ihm hinterher, bevor sie wütend ihre Tür zuknallte. Der hatte er es ordentlich gegeben! Nun musste er doch nicht mit Einbußungen in puncto Status kämpfen, er hatte durch diese Herabwürdigungen Clarissa immer noch ziemlich deutlich gemacht, wer hier das Sagen hatte und hatte es so dastehen lassen, als hätte er ihr das Spielzeug zurückgegeben, weil er zu hoch dafür sei, es noch zu nutzen. Niemals würde er zugeben, dass ihn der Verlust von dem einzigen Spielzeug, welches er nicht mit anderen teilen musste, enorm schmerzte. Vor allem nicht vor solch einem gewöhnlichen, normalsterblichen Kind.

Die Monate, welche er noch an einer Muggelschule verbringen musste, zogen sich hin wie zäher Kaugummi. Das einzige Highlight, worüber er sich lustig machen konnte, war der Tag von Amys Tanzwettbewerb.  Als er mal wieder alleine und ausnahmsweise mit Jeanette auf seinem Schoß auf dem Innenhof saß, sah er eine aufreizend gekleidete Frau Ende Zwanzig auf High Heels und mit Netzstrumpfhose auf die Tür zum Gang zulaufen. Er kniff die Augen zusammen. „Oh, diese Frau sieht aber appetitlich aus“, zischte Jeanette und richtete sich auf. „Ach was!“, knurrte Tom auf Schlangensprache, „Das ist eine Prostituierte und ich glaube, sie ist Amys Mutter. Ich muss mir das aus der Nähe ansehen, denn ich brauche Stoff zum Lästern! Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus. Leider muss ich dich nun verlassen. Ich habe dir aber noch was zu essen mitgebracht. Ich hasse zwar Fisch, aber ich weiß ja, dass du welchen magst. Hier, guten Appetit und bis bald dann irgendwann, wenn mich keiner sieht. Denn sonst holt Mrs. Cole echt noch den Psychiater!“ „Die ist doch nur neidisch, weil sie selbst unfassbar gerne mit mir befreundet gewesen wäre. Danke übrigens für den Fisch. Man sieht sich!“ , Jeanette kroch von seinem Schoß und machte sich über das Essen her. Tom folgte Mrs Benson unauffällig den Gang entlang und versteckte sich hinter jeder Ecke. Angewidert musterte er sie. Ihre Beine waren dünn und ihre Schultern spitz und im Gegensatz zu Clarissa und Amy hatte sie keine helle, leicht golden schimmernde, sondern kalkweiße Haut, unter der ihre Adern hervortraten. Ihr Oberteil war dunkelrot und extrem tief ausgeschnitten und dem Push-Up sei Dank sahen ihre bleichen und konturierten Brüste extrem groß und rund aus, was kaum zu ihrem ausgezehrten, verlebt wirkenden Körper passte. Aus ihren knapp geschnittenen, schwarzen Lackshorts schaute der untere Teil ihres knochigen Hinterteils hervor. Ihre Haare waren zu dicht im Vergleich zu ihrem bemitleidenswerten Körper, woraus er schloss, dass sie eine Perücke trug. Außerdem war das bläulich schimmernde, nahezu weiße Blond ein sehr unnatürlicher Farbton, welchen man sonst nur durch viele Färbedurchgänge und das regelmäßige Nutzen von Silbershampoo erreichen konnte, wenn man Amys Schilderungen Glauben schenken konnte.

Amy hatte sich immer über ihr helles, leicht zitronengelbes Naturblond beschwert, aber sich gleichzeitig darüber aufgeregt, dass sie vom Silbershampoo immer Ausschläge auf ihrer Kopfhaut bekommen hatte. Und so wenig sichtbar, wie die Kopfhaut ihrer Mutter wirkte, schien es nahezu ausgeschlossen, dass sie regelmäßig Silbershampoo verwendete, da Amy nicht die einzige mit dieser Unverträglichkeit war. Amys Kopfhaut hatte sich davon nämlich jedes Mal geschuppt und sie hatte Ekzeme von dem Shampoo, welche Tom dann tatsächlich mithilfe seiner magischen Kräfte noch geheilt hatte, als er Amy noch zu seinen Verbündeten gezählt hatte. Als sie vor Amys Zimmertür stehenblieb und anklopfte, konnte er einen Blick auf ihr Profil erhaschen. Sie hatte im Vergleich zu Amy ein eher ovales Gesicht mit eingefallenen Wangen und bereits leicht sichtbarer Nasolabialfalte. Bloß an ihren, wenn auch grünen, Rehaugen konnte man eine gewisse Ähnlichkeit zu Amy erkennen. Das ovale Gesicht schien eher Clarissa von ihr geerbt zu haben. Amy öffnete ihrer Mutter und sie trug bereits ihre Turnkleidung. Ihre Mutter drückte sie und murmelte, wie unendlich stolz sie auf sie sei, doch Amy schien wenig erfreut über diesen Besuch zu sein und versteifte sich leicht in der Umarmung. Unauffällig wanderte ihr Blick zu der Narbe, die sie ihrer Mutter zu verdanken hatte. Tom grinste hämisch. Das hatte Amy echt verdient, hoffentlich würde ihre Mutter ihr noch mehr solcher Narben verpassen und hoffentlich trug Amy auch von seinen Tritten bleibende Schäden davon. Er erfreute sich daran, dass er nun über einen von Amys wunden Punkten Bescheid wusste und dass Amys Verhältnis zu ihrer Mutter und ihrer Tante schlechter war, als er zuvor angenommen hatte. Schon traurig, dass sie nur dann stolz auf mich ist, wenn ich irgendeine Leistung erbringe, schnappte er einen von Amys Gedanken auf. Aha, noch ein wunder Punkt von ihr, welchen er demnächst mal nutzen könnte, um sie zu verletzen, falls sie ihm noch einmal blöd kommen sollte! Die Spionagerunde hatte echt etwas gebracht! Zufrieden lachte er sich ins Fäustchen, als ihn auf einmal Amys Blick traf. Sie hatte ihn entdeckt. Drohend funkelte er sie aus seinen dunkelgrauen, nahezu schwarzen Augen an. Wage es nicht, ihr irgendetwas zu sagen, versuchte er ihr durch seinen wütenden Blick zu übermitteln und Amy zuckte zusammen, als hätte sie ihn tatsächlich in ihren Gedanken gehört. Vielleicht konnte er ja nicht nur Gedanken lesen, sondern auch in Gedanken zu anderen sprechen, überlegte er sich. Wie unfassbar mächtig würde ihn das bitteschön machen? Ob das alle Zauberer schon so früh so gut konnten wie er? Bevor Amys Mutter ihn auch zufällig entdecken konnte, schlich er sich lieber wieder davon. Hoffentlich hielt Amy ihren Mund, sonst könnte sie noch etwas erleben, solange er noch mit ihr im Waisenhaus wohnte. Er dachte an die neuen Geheimnisse und wunden Punkte von Amy, welche er nun herausgefunden hatte.

Doch Amy blieb die nächsten Monate ruhig und gewann gemeinsam mit Lissy zu Toms großem Ärger den Tanzwettbewerb und ihre Bewerbung für das Sportinternat wurde auch angenommen. Schon gleich durfte sie sich für das nächste Jahr in das Team der Cheerleader für die schuleigene Rugbymannschaft einschreiben und Tom wurde blass vor Neid, dass seine ehemalige WABFFIUE das klassische Prep-Leben führen durfte, während er an der Schule für Normalsterbliche leider immer noch zu den Weirdos gehörte. Umso weniger konnte Tom erwarten, dass er schließlich zum Ende der Sommerferien hin seine Schuluniform, Bücher und sonstige Ausstattung für Hogwarts aussuchen konnte. Dumbledore hatte ihm zwar angeboten, ihn in die Winkelgasse zu begleiten und ihm behilflich zu sein, Tom wollte all das jedoch lieber alleine tun. Erstens waren es nun wirklich keine Dinge, wofür er die Hilfe anderer benötigen würde, und zweitens konnte er Dumbledore nicht wirklich leiden, Dankbarkeit und Abhängigkeitsverhältnis hin oder her. An dem Tag als es endlich soweit war stand Tom so früh es eben ohne Wecker ging auf. Er hätte Amy zwar reintheoretisch dazu erpressen können, ihm ihr Smartphone erneut auszuleihen, aber er wusste nicht, wie viel Dumbledore mitbekam und für solche Kleinigkeiten die einzige Chance zu riskieren, als einziger Übermächtiger den Normalsterblichen um ihn herum zu entfliehen, kam für Tom definitiv nicht infrage. Leider war er nicht so früh aus dem Bett gekommen, wie er es sich erhofft hatte, sodass er sich mit dem Waschen und Zähneputzen beeilte und das Frühstück entfallen ließ. Weil die Kinder nicht alleine mit der U-Bahn fahren durften, musste Tom zu seinem großen Ärger in Begleitung von Bessie Bridges, einer siebzehnjährigen Mitbewohnerin des Wool’s Orphanage zur Charing Cross Road  fahren. Einerseits war er erleichtert, dass man nicht Billy oder Chris gewählt hatte und somit Rücksicht auf seine Antipathien gegenüber gewissen Mitbewohnern nahm, doch auch wenn Bessie an sich keine Feindin von ihm war, war sie nicht weniger nervig.

Er machte sich extreme Sorgen, dass sie ihm nicht von der Seite weichen würde und vielleicht sogar versuchte, ihn in den Tropfenden Kessel zu begleiten, welcher für Muggel, wie Dumbledore die Normalsterblichen nannte, eigentlich unsichtbar war. Zielstrebig bahnte sich Bessie den Weg durch die Menschenmenge und zog Tom entschieden zur Seite, als ein paar Jugendliche mit Alkoholfahne an ihnen vorbeizogen. Tom konnte sehen, dass einer von ihnen einen Joint zwischen den Lippen hatte. „Halte dich bloß fern von solchen Junkies, wenn jemand betrunken ist, ist die Person häufig unberechenbar“, wies Bessie ihn an und Tom ballte die Fäuste. Was fiel diesem dämlichen, minderwertigen Muggelmädchen ein, ihn, einen Zauberer, einfach herumzukommandieren und hinter sich herzuziehen? „Wir müssen mit Linie 5 fahren“, entnahm Bessie ihrem mobilen Fahrplan auf ihrem Smartphone, „Kommt in zehn Minuten. Wie hieß diese Schule nochmal?“ „Hogwarts“, grummelte Tom. Er hatte überhaupt keine Lust, noch in irgendeiner Form mit einem Muggel über Magie zu sprechen. „Ah, cool, kann ich ja mal googeln“, Bessie tippte den Namen in die Suchleiste ein, doch sie konnte nichts finden. „Online werden keine Ergebnisse angezeigt“, murmelte sie, „Bist du dir sicher, dass diese Schule seriös ist und nicht eine fiese Locknummer von Pädophilen sein könnte?“ „Hundertprozentig sicher“, knurrte Tom und sah rot. Konnte diese lästige Göre nicht einfach mal ihren Mund halten? Merkte sie denn so gar nicht, dass er sich nicht mit ihr unterhalten wollte? Er hoffte inständig, dass Bessie ihm nicht auch noch in den Tropfenden Kessel folgen würde. Ansonsten würde er einen Herzinfarkt vor lauter Stress erleiden, bevor er überhaupt in die Zauberwelt gelangt war. Nach ein paar Minuten, welche Tom wie Jahre vorkamen, fuhr endlich die U-Bahn ein und sie konnten einsteigen. Bewusst setze er sich abseits von Bessie neben einen Jungen mit schwarzen Haaren und einer kaputten Brille, welcher gegenüber von einem riesigen, bärtigen Mann saß, der so groß war, dass er glatt zwei Sitze für sich beanspruchte. Bessie quittierte dies mit einer hochgezogenen Augenbraue, woraufhin Tom trotzig seine Unterlippe vorschob und sie aus seinen dunklen Augen wütend anfunkelte.

„Undankbares Kind“, zischte Bessie, bevor sie ihr Smartphone herausholte und endlich nach zehn Millionen Jahren einmal schwieg und sich irgendwelchen sinnbefreiten Aktivitäten widmete. Tom interessierte das nicht, solange sie ihn in Ruhe ließ. „Wahnsinn, was sich die Muggels alles einfallen lassen“, rief der Riese und deutete auf Bessies Smartphone und lauter andere technische Geräte, unter anderem den Bildschirm, welcher die Haltestellen anzeigte und ein Mikrofon enthielt, aus welchem die nächste Haltestelle angesagt wurde. Der Junge mit den schwarzen, unordentlichen Haaren lächelte immer leicht. Tom war bei dem Wort Muggels hellhörig geworden. Offensichtlich mussten der Junge und der Riese auch zur Zauberwelt gehören. Bessie linste zu ihnen herüber und winkte Tom zu sich her. Doch Tom wollte nicht aufstehen und blieb trotzig auf seinem Platz sitzen. Das waren die Seinesgleichen, bei denen er saß, er, Tom Marvolo Riddle, würde sich ganz sicher nicht zu einer gewöhnlichen Normalsterblichen zurücksetzen, nein, die waren für ihn alle gestorben! Bessie kniff die Lippen zusammen. Als die Haltestelle in der Nähe der Charing Cross Road durchgerufen wurde und der Zug langsam abbremste, zog sie ihn zu sich her. „TOM MARVOLO RIDDLE!“, zischte sie wütend, „Ich bin hier für dich verantwortlich und soll auf dich aufpassen, also hast du gefälligst bei mir zu bleiben, hast du mich verstanden?“ „Ja, aber mir scheint, du hast mich nicht verstanden“, Tom grinste frech und fuhr sich die perfekt fallende Welle seiner Haare nach. Es war einfach zu erbärmlich, wie ernst dieses Muggelmädchen die Aufsichtspflicht zu nehmen schien. „Ich möchte nämlich ALLEINE in den Tropfenden Kessel und mein Schulmaterial für Hogwarts besorgen und kann deine Hilfe dabei nicht gebrauchen“, betonte er und verschränkte die Arme, „Kannst du nicht irgendwie ins Starbucks gehen oder so, es erfährt auch niemand davon, dass du mich alleine gelassen hast und der neue Pumpkin Spice Latte soll echt lecker sein, habe ich gehört. Deal?“ Er streckte ihr versöhnlich die Hand hin. Wenn er mit seinen Drohungen oder trotzigen Aufständen nicht weiterkam, musste er eben seinen Charme spielen lassen und die anderen Personen mit irgendwelchen für sie unwiderstehlichen Angeboten in Versuchung führen. Er sah, wie Bessie mit sich haderte. Einerseits hatte sie wahrscheinlich von Mrs Cole und Mrs Sweeney den Auftrag erhalten, ein extra scharfes Auge auf ihn zu haben. Andererseits war das Starbucks Café der Traum vieler Naschkatzen und Bessie gehörte ganz offensichtlich nicht zu der Minderheit an Personen, welche permanent auf einer Low Carb Diät waren, sondern zu der Mehrheit, die sich für das Starbucks Café begeistern konnte. „Verdammt, du bist so fies“, knurrte sie, „Aber na gut. Wenn du jedoch nach einer halben Stunde nicht im Starbucks auftauchst, dann rufe ich bei Mrs Cole an und sage, du wärst abgehauen. Deal?“ „Einverstanden“, Tom reichte ihr die Hand und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Er hätte nicht gedacht, dass es so einfach wäre, sie loszuwerden!

Dann hielt er nach dem Riesen Ausschau, der nicht zu übersehen war, und folgte ihm. Zum Glück war es nicht möglich, ihn aus den Augen zu verlieren! Der Riese pflügte sich den Weg durch die Menge und es war nicht schwer, zügig voranzukommen, solange man sich hinter ihm hielt. Misstrauisch blickte sich der Junge mit seiner kaputten Brille um. „Hagrid, ich glaube, da folgt uns jemand!“, er zupfte Hagrid am Ärmel. Der Riese, dessen Name Hagrid sein musste, drehte sich zu ihm um. Bevor er irgendetwas sagen konnte, lächelte Tom charmant und stellte sich vor. „Hallo, ich bin Tom Marvolo Riddle und werde bald auf Hogwarts gehen. Sie müssen also Hagrid sein. Und wer bist du?“ „Ich bin Harry James Potter“, stellte sich der Junge vor und musterte ihn. Harry war um einiges kleiner als Tom, war sehr dünn, nahezu unterernährt, und hatte ein schmales Gesicht. Er war nicht hässlich oder so, aber hatte eine leicht nerdige Ausstrahlung und sah bei weitem nicht so gut aus, wie er hätte aussehen können. Wenn er mehr essen und mal zum Friseur gehen würde, sähe Tom sogar eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Jungen und sich selbst. Auch er selbst hatte wellige, pechschwarze Haare, aber im Vergleich zu denen von Harry fielen diese immer perfekt im Scheitel, ohne dass er sie großartig hätte stylen müssen. Beide hatten ein fein geschnittenes, kantiges Gesicht, aber das von Tom war weniger schmal und seiner eigenen Ansicht nach angenehmer proportioniert. Ansonsten hatten sie beide eine eher wenig dominante Nase im Vergleich zur angenehm geschnittenen Jawline perfekt geformte, dunkle Augenbrauen. Lediglich in Haut- und Augenfarbe unterschieden sie sich. Zudem war Harrys Nase minimal gebogen, was ihm zu seinem leicht bronzenen Teint eine mediterrane Ausstrahlung verlieh. Aber der Rest der beiden Jungen unterschied sich kaum. Die Ähnlichkeit zwischen ihnen war wirklich verblüffend. Ob sie wohl verwandt waren? Nein, das konnte nicht sein, oder? „Habt ihr beiden einander genug angestarrt?“, unterbrach Hagrid die Jungen schmunzelnd, „Wir sollten weitergehen!“ Zielstrebig steuerte Hagrid auf ein Lokal zu. Das musste der Tropfende Kessel sein!

„Und die Muggel können das wirklich nicht sehen?“, erkundigte sich Harry, als er sah, wie die Menschenmassen an dem Lokal vorbeizogen ohne auch nur in seine Richtung zu schauen. „Nein, das ist nur für Zauberer und Hexen sichtbar“, bestätigte Hagrid. Tom folgte den beiden in das Lokal. Als sie zu dritt das Lokal betraten, waren alle Blicke auf sie gerichtet. Sogleich stürmte eine Hexe aufgeregt auf die drei zu. „Guten Tag, mein Name ist Doris Crogfort! Ich bin so stolz sie zu treffen, Mr Potter, so stolz! Ich wollte ihnen schon immer die Hand schütteln, mir ist so schwindelig!“ Sie ergriff Harrys Hand und schüttelte diese so feste, dass man befürchten musste, sie könnte Harry den Arm ausreißen. Was zur Hölle war denn jetzt los? Tom musste innerlich lachen. Wie bitteschön konnte einer Dame ihres Alters fast schwindelig werden, wenn sie solch einem, in seinen Augen, bemitleidenswert aussehenden elfjährigen Jungen begegnete? Er hatte zwar mal davon gehört, dass reihenweise weibliche Groupies im Teenageralter auf den Beatles Konzerten in Ohnmacht gefallen sein sollten, aber die Beatles waren doch ein ganz anderes Kaliber als Harry, fand Tom. Er konnte den ganzen Hype, der Harry entgegengebracht wurde, bei bestem Willen nicht nachvollziehen. Womit hatte dieser Junge das verdient? Waren vielleicht seine Eltern berühmt und färbte das auf ihn ab? Glühende Eifersucht erfasste Tom. Wie gerne hätte er auch berühmte Verwandte gehabt, falls diese Hypothese auf Harry zutreffen sollte. Welche, die ihm so viel positive Aufmerksamkeit verschafften. Mrs Crogfort schien nicht die einzige zu sein, die Harry gegenüber in Toms Augen völlig unangebrachte Bewunderung zeigte, nein, alle Hexen und Zauberer in diesem Pub stürzten sich auf Harry. Harry schüttelte Hände hier und da und Tom regte sich innerlich extrem darüber auf, dass ihn nun keiner beachtete. Nicht einmal gegrüßt hatten sie ihn!

Er war also auch in der Zauberwelt offensichtlich ein Nichts und schien jedem egal zu sein. Kaum hatte Harry den Raum betreten, drehte sich alles nur um ihn und Tom wusste nicht, weshalb. Er schaute sich nach Hagrid um, welcher die Backsteinmauer, welche die Wand bildete, abscannte. Was trieb er da? Suchte er nun den Eingang in die Zauberwelt? Toms Vermutung wurde bestätigt, als Hagrid zielstrebig auf einen Stein an der Wand klopfte und wie von Geisterhand ein Spalt entstand, welcher sich verbreitete und bald die ganze Wand einnahm. Ein riesiger Torbogen erschien, durch welchen selbst Hagrid mit seiner immensen Größe problemlos durchpasste. Hagrid winkte Tom und Harry, welcher sich nun endlich von seinen ganzen unverdienten Fans löste, hinter sich her. „Willkommen in der Winkelgasse!“, sagte er. Staunend sahen sich Tom und Harry um und Tom vergaß für einen ganz klitzekleinen Moment seine spontanen Hassgefühle gegenüber Harry, der seiner Ansicht nach hässlicheren Version seiner selbst. Die Winkelgasse war einfach zu überwältigend. So etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. In einem Shop gab es Schleiereulen und Schneeeulen zu verkaufen und ein wenig weiter hinten bestaunten einige Jungen den neuen Nimbus 2000, welcher der schnellste Besen überhaupt sein sollte. Moment einmal, war an dem Klischee, dass Hexen auf einem Besen ritten etwa tatsächlich etwas dran? Und taten Zauberer das etwa auch? Tom bewegte sich auf den Shop zu. Der Nimbus 2000 sah jedoch viel schöner, eleganter und moderner aus als die alten Reisigbesen, welche Hexen immer in den ganzen Schauermärchen, die sich die Muggel über sie erzählten, zur Fortbewegung nutzten. Auf einmal hörte er Hagrids Stimme. „Komm Harry, lass uns zu Gringott‘s gehen und Geld abheben, deine Eltern haben dir schließlich viel hinterlassen.“

Tom glaubte, nicht richtig zu hören. Harry war also nicht nur berühmt, nein, er war auch Waise wie er selbst. Allerdings ein reicher Erbe wohlhabender Eltern. Seine Eltern hatten IHM gar nichts hinterlassen. Entweder sie hatten nichts, oder aber sie wollten ihm nichts geben. Erneut krochen düstere Hassgefühle gegenüber Harry in Tom hoch. Sie beide hatten wahrhaftig viel gemeinsam, aber dennoch war Harry in allem besser dran als er. Harry war sofort bei allen anerkannt und beliebt, ohne irgendetwas dafür zu tun. Nicht, dass Tom unbedingt beliebt sein wollte, nein, aber geachtet und anerkannt wollte er definitiv sein. Respekt, Wertschätzung und Anerkennung ernten, so wie Harry es tat, ohne es sich irgendwie erarbeitet zu haben. Tom bezweifelte, dass Harry vorher jemals mit all den Erwachsenen gesprochen hatte, sonst hätten sie sich nicht erst vorstellen müssen, von daher hatte Harry selbst absolut NICHTS dafür getan, was diese Anerkennung, die er erhielt, irgendwie rechtfertigte. Er hatte offensichtlich bloß tolle Eltern, mehr nicht. Tom beschloss, sich nicht mehr länger Harry zu widmen, der sowieso schon genug unverdiente Aufmerksamkeit erhielt und widmete sich der Abarbeitung seiner Liste. Zuerst ging er zu Madame Malcolms, welche ihn freudig begrüßte. Sie war eine stämmige und freundlich lächelnde Hexe, welche ausschließlich malvenfarbene Kleidung trug. „Ich bin Madame Malcolms und wer bist du?“ „Ich bin Tom Marvolo Riddle“, stellte er sich vor. „Sehr schön, Tom, dann komm mal mit mir mit, mir wurde bereits gesagt, dass du den alten Umhang von Terence Higgs haben kannst. Wir werden den jetzt mal abstecken und dann passend machen. Setz dich mal bitte hierhin.“  Tom folgte ihren Anweisungen.

Soweit er informiert worden war, war Terence Higgs ein Sucher der Slytherin Quidditchmannschaft, auch wenn Tom nicht so recht wusste, was Quidditch war. Dass es ein Sport so ähnlich wie Fußball in der Muggelwelt war, hatte er von Dumbledore in Erfahrung bringen können, aber wie man diesen Sport genau spielte, hatte ihn einfach viel zu wenig interessiert. Während Madame Malcolm an dem Umhang herumzog, bemerkte Tom, wie ein blasser, gutaussehender Junge mit platinblonden Haaren und spitzem Gesicht den Raum betrat. Er wirkte auf ihn mit den eisigen Nuancen fast so wie ein männliches Pendant zu Elsa aus Frozen, dem Disney Film, über welchen sich Amy und ihre Tussis so gefühlt acht Tage die Woche unterhielten und die Songs daraus sangen, wie Love is an open door, von welchen Tom befürchtete, Ohrenkrebs zu bekommen. Welch ein Glück, dass er diese Zicken nun alle nie wieder sehen würde. Alles schmutzige, wertlose Muggel, fand er, und ihm graute innerlich, wenn er daran zurückdachte, dass er sich jemals hatte von Amy umarmen lassen, ohne sie angemessen dafür zu bestrafen, oder gemeinsam mit Dennis und ihr auf seinem Bett gesessen hatte. Igitt! Alles voller Muggelbakterien! Er konnte es gar nicht erwarten, endlich in Hogwarts einzuziehen, in ein neues, frisches Bett, in welchem hoffentlich noch nie ein Muggel geschlafen oder darauf gesessen hatte. Schließlich hatten Amy und Dennis glücklicherweise nie in seinem Bett geschlafen und erst recht nicht gemeinsam mit ihm. Bei Dennis graute es ihm alleine schon davor, weil er sich nichts aus Jungen machte. Er hatte zwar nichts gegen Homosexualität und war auch kein Sexist oder so, trotz all seiner rassistischen Ansichten, welche er nach und nach gegenüber Muggeln entwickelte. Bei Amy hätte es ihm, wenn beide älter, Amy kein Muggel und nicht mit Lexy befreundet gewesen wäre, eventuell gar nicht mal so viel ausgemacht, sie war schließlich ganz neutral betrachtet ein hübsches, niedliches Mädchen, welches sich garantiert zu einer schönen jungen Frau entwickeln könnte.

Die leiernde, leicht gelangweilt klingende Stimme des Eisprinzen, beziehungsweise des Jungen, der Elsas Bruder sein könnte, unterbrach Toms Gedanken, bevor sie eine falsche Richtung einschlagen konnten. Der Junge war bereits von einer anderen Hexe in Empfang genommen worden und wurde nun ebenfalls eingekleidet. „Gehst du auch nach Hogwarts? Mein Vater sucht gerade nebenan Bücher aus und meine Mutter kauft Zauberstäbe. Ich will sie nachher mitschleifen, um mir einen Rennbesen auszusuchen. Ich sehe nicht ein, warum Erstklässler keinen eigenen haben dürfen. Ich werde meinem Vater so lange auf die Nerven gehen, bis er mir einen eigenen kauft und dann werde ich diesen Besen irgendwie hereinschmuggeln.“ Kein Wunder, dass die Stimme des Jungen so gelangweilt klang, wahrscheinlich war er von seinem eigenen Gerede genauso gelangweilt wie Tom, den er offensichtlich zu seinem Zuhörer auserkoren hatte. Was zur Hölle sollte es Tom interessieren, was die Eltern dieses Jungen gerade machten? Die einzige für ihn interessante Information war, dass er sich offensichtlich nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch so noch keinen Nimbus 2000 kaufen durfte. Eventuell könnte Tom den Jungen fragen, ob er seine Eltern überreden konnte, ihm selbst auch einen Rennbesen zu kaufen, wenn dieser Junge tatsächlich rhetorisch und in puncto Manipulation von Erwachsenen so begabt sein sollte, wie er tat.  Tom beschloss also, den höflichen Zuhörer zu mimen, eventuell könnte ihm dieser nervige Zwillingsbruder von Elsa noch von Nutzen sein. Auf einmal sah Tom Harrys altbekannte Hackfresse und stöhnte innerlich genervt auf. Warum musste dieser Idiot nun hereinkommen? Bestimmt würde er wieder alle Aufmerksamkeit unverdienterweise auf sich ziehen! Doch das schien der blonde Junge nicht zuzulassen und er schnalzte mit der Zunge, verärgert über die Tatsache, dass die Aufmerksamkeit der Personen in dem Raum nicht mehr ihm galt. „Besitzt ihr beide überhaupt einen eigenen Besen?“, fragte er mit hochnäsigem Gesichtsausdruck. Harry, welcher sich durch diese Frage an ihn leicht überrumpelt zu fühlen schien, schüttelte bloß den Kopf. Tom wollte es möglicherweise auf einen Versuch ankommen lassen, den Jungen dazu zu bringen, ihm einen Besen zu kaufen. „Noch nicht, aber es wäre toll, wenn ich an einen kommen könnte. Wie viel kostet denn ein Nimbus 2000?“, erkundigte sich Tom beiläufig.

„Nicht einmal das weißt du?“, spottete der Junge und Tom hasste ihn dafür, dass er sich über ihn lustig machte. „Spielt ihr denn kein Quidditch? Die Nimbus Reihe hat den Sauberwisch abgelöst und ist die beste, schnellste und gleichzeitig auch teuerste Rennbesenreihe, welche sich natürlich nur die High Society leisten kann. Es kann halt nicht jeder das Glück haben, wohlhabende Eltern zu haben. Apropos Eltern… Mein Vater meinte, es sei eine Schande, wenn ich nicht für mein Haus in die Quidditchmannschaft aufgenommen würde, so gut spiele ich, und ich finde, da hat er recht.“ Innerlich musste Tom lachen und regte sich zugleich über die Arroganz dieses Jungen auf. Klar, er selbst war auch sehr von sich überzeugt, aber er hatte ja auch allen Grund dazu. Bei so dämlichen Zwillingsbrüdern von Elsa hingegen kam solch eine Angeberei einfach nur lächerlich herüber. Bei allen anderen war es unbegründete Angeberei, bei ihm selbst hingegen war es die Wahrheit, dass er etwas unfassbar Besonderes war. Das Gewäsch des Jungen fand Tom so ermüdend, dass er der Ansicht war, dieser Junge könnte mit seinen Anekdoten auf jeden Fall Einschlaf CDs für Muggel mit Schlafproblemen aufnehmen.

„Wo wir schon beim Haus sind, wisst ihr beide eigentlich schon, in welche Häuser ihr kommt?“, auffordernd sah der Eisprinz die beiden an und sowohl Tom als auch Harry schüttelten synchron ihre Köpfe. Tom fühlte sich verärgert und bloßgestellt, da er nun einen richtig unwissenden Eindruck gemacht hatte und nun möglicherweise genauso dumm wirkte wie Amy. Das durfte ihm auf keinen Fall passieren, weshalb er sich vornahm, bei seinen nächsten Antworten so herüberzukommen, als wäre er bereits in der Zauberwelt aufgewachsen und wüsste über alles Bescheid. „Das weiß eigentlich keiner“, fuhr der Junge mit seinem ellenlangen Monolog fort, „Aber ich weiß, dass ich auf jeden Fall nach Slytherin komme, weil meine ganze Familie bereits dort war. Aber stellt euch einmal vor, ihr kämt nach Hufflepuff, also ich würde dann abhauen, und ihr?“ Tom schwieg auf diese Frage hin, schließlich hatte er sich vorgenommen, seine Unwissenheit nicht zuzugeben. Was waren die Unterschiede der Häuser? Wodurch zeichneten sich die Häuser aus? Fragen über Fragen… Hoffentlich würde sich dieser blöde Harry anstelle von ihm lächerlich machen! „Hm“, machte Harry ziemlich einfallslos und Tom grinste in sich hinein. Der großartige, berühmte Harry Potter brachte nichts als ein simples „Hm“ zustande! Einfach lächerlich! Er merkte, wie seine Mundwinkel leicht zuckten, doch leider ging der Junge nicht auf Harrys unkreative Antwort ein und widmete sich stattdessen Hagrid, welcher mit zwei Tüten Eiscreme am Fenster stand und diese hochhielt. „Herrje, schaut euch mal diesen Mann an!“ „Das ist Hagrid!“, rief Harry mit erfreutem Gesichtsausdruck, „Er arbeitet in Hogwarts.“

„Ah, ich habe schon von ihm gehört, er ist ein Knecht oder sowas, nicht wahr?“, überlegte der Junge. Harrys Miene versteinerte sich und Tom beschloss, dass nun der Moment gekommen war, Harry eins auszuwischen und ihm heimzuzahlen, dass er ihm die ganze Aufmerksamkeit und Beachtung gestohlen und dafür gesorgt hatte, dass sich Tom wie ein Nichts neben ihm vorkam. „Er ist der Wildhüter, aber das ist ja so gut wie dasselbe, wer kümmert sich schon freiwillig um sowas?“, antwortete Tom mit arrogantem Lächeln, bevor Harry den Mund aufmachen und irgendetwas erwidern konnte. „Sag sowas nicht!“, rief Harry empört und funkelte Tom böse an, „Ich halte ihn für brillant!“ „Tatsächlich?“, entgegnete der Junge, der sich immer noch nicht namentlich vorgestellt hatte, mit hochgezogenen Augenbrauen, „Warum ist er mit dir zusammen? Wo sind deine Eltern? Und warum bist du ganz alleine hier?“ Bei dem letzten Satz blickte er in Toms Richtung und musterte ihn prüfend. Sowohl Tom als auch Harry sagten knapp und wie aus einem Munde: "Sie sind tot." Tom fügte hinzu: „Zumindest meine Mutter.“ „Oh, tut mir leid“, sagte der Junge mit leicht ironischem und spöttischem Unterton. Tom und Harry sahen sich an. Aufgrund dieser Situation dachte sich Tom für einen kurzen Moment, der Feind seines Feindes sei sein Freund, selbst wenn Harry noch so sehr bevorzugt wurde und Tom ihn dafür inbrünstig hasste und beneidete, in dem Moment hasste er den fremden blonden Typen mit spitzem Gesicht erstaunlicherweise mehr als Harry. Wahrscheinlich, weil dieser ihn ähnlich wie Billy Stubbs an einem sehr wunden Punkt getroffen hatte. Er schlotterte leicht und in seinem Brustkorb zog es. Tatsächlich konnte sich seelischer Schmerz auch körperlich äußern und immer, wenn er an den frühen Verlust seiner Mutter zurückerinnert wurde, spürte er dieses leichte Ziehen in seinem Brustkorb und er sorgte sich, dass der vielleicht sterben müsste, vor Trauer. Er hätte solch ein schönes Leben mit seiner Mutter haben können, wenn sie nicht gestorben wäre! Und das gemeinsame Schicksal schweißte ihn und Harry, spontane Antipathie hin oder her, in irgendeiner Form zusammen.

„Aber sie gehörten zu uns, oder?“, bohrte der Junge bezüglich der Herkunft ihrer Eltern nach. Tom konnte dazu nichts sagen, er bezweifelte nach wie vor, dass seine Mutter eine Hexe sein könnte, weil er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass Zauberer und Hexen einfach so früh an einer Krankheit oder körperlichen Schwäche sterben konnten, ohne dass es irgendeine Möglichkeit gab, sich selbst mithilfe von Magie zu retten. Und über seinen Vater, von dem sich seine Mutter getrennt haben musste oder umgekehrt, konnte er nichts sagen. Abermals kam Harry ihm glücklicherweise mit einer Antwort zuvor. „Meine Mutter war eine Hexe und mein Vater ein Zauberer, falls du das meinst“, beantwortete Harry die Frage des Jungen und Tom fing an, Harry wieder zu hassen, weil er eifersüchtig auf Harrys Herkunft war, mit der er sich bei allen brüsten konnte. Harry war mit den berühmten Potters verwandt, Tom hingegen wusste gar nichts über seine Herkunft und konnte damit nicht flexen, selbst wenn er es liebend gerne getan hätte, denn er liebte es, anzugeben und von anderen bewundert zu werden. Er wollte positive Aufmerksamkeit, Unterwürfigkeit anderer und Macht und die Tatsache, dass Harry das alles so zuflog und ihm selbst nicht, verursachte unermessbaren Neid und Hass gegenüber Harry und er wünschte diesem den Tod an den Hals. „Ich halte überhaupt nichts davon, die anderen aufzunehmen, die sind anders erzogen worden als wir und gehören eben nicht dazu, stelle dir vor, manche von ihnen wissen nicht einmal von Hogwarts bis sie ihren Brief bekommen, ich meine, die alten Zaubererfamilien sollten unter sich bleiben. Wie heißt ihr beide eigentlich mit Nachnamen?“ Riddle ärgerte sich und schämte sich maßlos für seine Herkunft, weder bei den Muggeln war er akzeptiert, weil er zaubern konnte, noch in der Zauberwelt brachte man ihm die Anerkennung entgegen, die er seiner Ansicht nach verdient hätte. Er schwitzte. Er wusste nicht, ob er zu einer alten Zaubererfamilie gehörte und er hatte auch, bis Dumbledore höchstpersönlich ihn besucht hatte, nichts von Hogwarts gewusst. Wahnsinnig frustriert spannte er den Kiefer an. Er hatte sich doch so feste vorgenommen, in der Zauberwelt zu den Besten zu gehören! Er wollte besser sein als die Muggels und zu den höchsten Kreisen, zu der Zaubererelite gehören! Doch bevor er den Mund zu einer Antwort öffnen konnte, schickte Madame Malcolm Tom und Harry glücklicherweise hinaus. „Ihr beide seid nun fertig!“, befand sie, „Macht’s gut!“ „Dankeschön, sie auch.“

Unendlich erleichtert darüber, dass ihm nun eine Antwort bezüglich seiner schleierhaften Herkunft erspart geblieben war, machte Tom auf dem Absatz kehrt. Schließlich konnte er sich nicht zu hundert Prozent sicher sein, ob sein Vater ein Zauberer war oder nicht, aber er würde es auf jeden Fall im Laufe der Zeit herausfinden. Das hatte er sich fest vorgenommen. Zuerst einmal würde er Dumbledore fragen und wenn dieser es nicht wusste, musste er eben selbst aktiv werden und seine Ahnenreihe recherchieren. „Gut, wir sehen uns in Hogwarts, nehme ich an!“, rief ihnen der grundunsympathische Junge hinterher während sie hinausgingen und Harry auf Hagrid zulief. Freudig nahm Harry das Eis entgegen, als sein Blick auf den von Tom traf, verfinsterte sich seine Miene jedoch, weil er Tom offensichtlich immer noch nicht verziehen hatte, dass dieser sich über Hagrid lustig gemacht hatte. Tom freute sich, Harry offensichtlich so schwer damit getroffen zu haben, dass sich dieser immer noch über ihn ärgerte. So hatte Tom sein Ziel erreicht. Hagrid fragte Harry, was los sei, doch Harry stritt ab, dass irgendetwas passiert sei. Wenigstens schien dieser lauchige, wenig stylishe Nerd keine Petze zu sein, obwohl das Toms Ansicht nach gut zu Harry und seinem Nerd Image gepasst hätte. Tom folgte den beiden, weil sie leider alle dasselbe kaufen mussten. Er wollte nicht dazu gezwungen sein, den ganzen Tag über den Anblick von Harrys dünnen Beinen mit knubbeligen Knien, seiner unordentlichen Frisur und seiner verhassten Visage ertragen zu müssen. Zudem konnte er sich nicht oft genug darüber aufregen, dass Harry vor seinen Augen mit seinen Goldmünzen die schönsten neuen Sachen kaufte, während er selbst nur gebrauchte, leicht abgenutzte Sachen erhielt. Ihn ergriff eine unfassbare Wut auf seinen Vater. Sollte dieses kleine Miststück keinen triftigen Grund für seine Abwesenheit haben und zusätzlich auch noch Finanzen besitzen, welche eigentlich auch Tom als seinem Sohn zustanden, dann würde Tom es ihm heimzahlen, dass er ihn nie so versorgt hatte, wie es gekonnt hätte und wie es seine Pflicht als Vater gewesen wäre. Aufgrund seiner Armut würde gleich zu den Uncoolen gehören und nahm sich vor, alle zu unterdrücken, welche ihn nicht von sich aus cool fanden. Denn wenn sie einen nicht um seiner selbst willen mochten, dann musste man sie eben dazu zwingen, einen zu fürchten. Er war unfassbar stolz auf seine ausgefeilte Logik und perfekt und liebevoll kreierte Überlebensstrategie. If I can't have love, I want to have power. Seine äußerst tiefsinnigen Gedanken über zukünftige Racheakte und Strategien zur Machtausübung wurden dadurch unterbrochen, dass ein Buch mit Flüchen und Gegenflüchen seine Aufmerksamkeit erregte. Verzaubern sie ihre Freunde, verhexen sie ihre Feinde, welches die neuesten Racheakte wie Haarausfall, Gummibeine und vieles mehr enthielt. Ein fieses Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich vorstellte, wie er Amy Haarausfall hätte zaubern können, sodass sich alle ihre Tussifreundinnen über sie lustig gemacht hätten und sie gemobbt hätten, bis sie Suizid begangen hätte.

Dann hätte er wenigstens nicht nachhelfen müssen und der Verdacht wäre nicht auf ihn gefallen. Trotzdem wäre seine erklärte Erzfeindin tot und er selbst zufrieden und voller Genugtuung gewesen. Doch die Realität sah anders aus, denn leider hatte er kein Geld zur Verfügung und bezweifelte stark, dass das Kinderheim ihm Bücher dieser Art kaufen würde, damit er noch gefährlicher würde, als er sowieso schon war. Außerdem wüssten alle spätestens dann, dass er magische Kräfte besaß und dazu bereit war, diese nicht nur zum Guten einzusetzen und sie könnten dann schlussendlich nachweisen, dass nur er in Frage kam, Billys Hasen erhängt zu haben. Zu Toms großem Erstaunen hatte auch Harry sofort dieses Buch bemerkt und wollte es gerne kaufen, um einen gewissen Dudley, welchen Tom nicht kannte, zu verhexen, doch Hagrid teilte ihnen zu Toms blankem Entsetzen mit, man dürfe außer in Gefahrensituationen in der Muggelwelt nicht hexen. Weil Dumbledore ihm mitgeteilt hatte, dass man leider über die Sommerferien nicht in Hogwarts bleiben konnte, fragte er sich ernsthaft, wie er ohne seine Zauberkräfte diese verdammt lange Zeit im Waisenhaus überleben sollte. Hagrid und Harry unterhielten sich noch weiter und Tom erfuhr, dass Harry wohl letztens Geburtstag gehabt hatte und Hagrid ihm noch etwas schenken wollte. Warum schenkte ihm niemand etwas? Dumbledore hatte ihm kein Geburtstagsgeschenk mitgebracht, im Gegenteil, er hate ihn sogar dazu gezwungen, all seine abgezockten Spielsachen wieder an Clarissa, dieses kleine, wertlose Muggel – Miststück zurückzugeben. Ich hasse Harry so sehr, kann er nicht einfach sterben?, dachte sich Tom und schaute Harry finster aus seinen dunklen Augen an. Doch Harry hatte ihm den Rücken zugedreht und bemerkte ihn gar nicht. Stattdessen diskutierten Hagrid und Harry darüber, was Harry nun als Geschenk bekommen sollte. „Ich werde dir eine Eule schenken!“, beschloss Hagrid und die beiden verließen den Laden. Tom beschloss, damit er nicht sehen musste, wie gut es Harry im Vergleich zu ihm selbst ging, zuerst zur Apotheke zu laufen und daraufhin Herrn Ollivanders Laden für Zauberstäbe aufzusuchen. Sein Aufenthalt in der Apotheke war recht kurz und so beeilte er sich voller Neugier auf seinen Zauberstab, zu Herrn Ollivanders Laden zu kommen.

Als er den Raum betrat, klingelte ein Glöckchen und ein weißhaariger Mann mit leuchtenden, blassilbernen Augen und einem starren Blick lief die Treppe herunter. „Guten Tag, wer bist du?“, sagte er mit einer sanften Stimme. „Ich bin Tom Marvolo Riddle“, stelle Tom sich vor und reichte dem Mann die Hand. So sehr es ihm zuwider war, in irgendeiner Form körperlichen Kontakt zu anderen Personen zu haben, er musste höflich sein und einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Je weniger Feinde, desto besser für seinen persönlichen Werdegang. Herr Ollivander reichte ihm die Hand und lief zu einem Regal. In dem Regal waren unzählige Schachteln mit verschiedenen Zauberstäben aufgereiht. „Wie wäre es mit diesem hier?“, murmelte Herr Ollivander und zog eine lange Schachtel hervor. Voller Neugier nahm Tom diese entgegen und zog den langen, eher dicken Zauberstab heraus. „Nun probier mal, wie dieser auf dich reagiert. Er ist mit Rosenholz und einer Drachenherzfaser“, wies Ollivander ihn an. „So?“, leicht ungelenk fuchtelte Tom mit dem Zauberstab herum und auf einmal krachte ein dickes Buch aus einem Regal herunter. Tom zuckte zusammen und Schamesröte schoss ihm ins Gesicht. Mist! Anstatt einen großen Auftritt als Naturtalent hinzulegen, hatte er sich bis auf die Knochen blamiert und er war wahnsinnig frustriert. Die Umsetzung seines Planes, der mächtigste Zauberer der Welt zu werden, fing schon einmal sehr schlecht an. „Der scheint dich nicht zu mögen. Dann suchen wir einen anderen. Weil du musst wissen, der Zauberstab sucht sich seinen Herrn aus und nicht umgekehrt. Nur wenn der Zauberstab dich mag, kannst du gut mit ihm arbeiten“, informierte ihn Herr Ollivander und durchforstete ein anderes Regal. Erleichtert fuhr Tom sich durch die Haare und atmete tief durch, bevor er wieder seinen leicht arroganten Gesichtsausdruck aufsetzte. Es lag also gar nicht an ihm, sondern an dem blöden Zauberstab! Dann war ja alles gut. Wie hätte es auch anders sein können. Er war schließlich ein Naturtalent und etwas ganz Besonderes, weshalb es einzig und allein an dem Zauberstab liegen konnte und nicht an ihm selbst, wenn irgendetwas nicht funktionierte. Erneut reichte ihm Herr Ollivander eine lange Kiste. „Warum ist diese Kiste so lang, wäre ein kurzer Zauberstab nicht praktischer?“, fragte Tom mit gelangweiltem Gesichtsausdruck und strich sich die perfekt fallende Welle an seinem Scheitel nach. „Ach was, der Zauberstab muss zu seinem Herrn passen und du bist eher groß“, gab Ollivander zurück. „Aber der Zauberstab vorher sah ziemlich dick aus und meine Figur ist unglaublich perfekt in Form“, erwiderte Tom hochnäsig und leicht pikiert.

So ganz gelang es ihm nicht, sein großes Ego zu verbergen, wenn er dieses in Gefahr sah. Warum hatte Ollivander diesen dicken Zauberstab ausgesucht? Missfiel ihm etwa Toms Körperbau? Bisher hatte er immer nur mehr als positives Feedback für sein Aussehen erhalten und war indirekte Kritik dazu nicht gewöhnt. Außer von Billy Stubbs vielleicht, aber da wusste Tom ja, dass dieser ihn einfach nur aus Prinzip schlechtmachte, weil er neidisch war, dass Tom bei Amy landen konnte und er nicht. „Vielleicht mag der Zauberstab dich ja deshalb nicht, weil er optisch nicht zu dir passt, zufrieden?“, Ollivander nickte ihm versöhnlich zu, „Nun schau dir mal diesen an. Vielleicht klappt es mit dem Zauberstab besser.“ Tom öffnete die Schachtel und zog einen langen, eher schlanken Zauberstab heraus. „Woraus besteht der?“, erkundigte er sich. „Elderholz und Einhornhaar“, gab Ollivander zurück, während die Tür klingelte und Harry den Raum betrat. Tom stöhnte genervt auf und auch Harry betrat den Raum nur zögerlich. Zwar hatte Tom damit gerechnet, dass er Harry früher oder später begegnen würde, aber hätte er nicht wenigstens noch mit seinem Zauberstab experimentieren können, ohne dass Harry ihn dabei durch seine bloße Anwesenheit störte. „Ah, du musst Harry Potter sein, ich dachte mir schon, dass du auch eines Tages mal hierher kommen würdest. Aber bitte warte einmal kurz, ich muss noch Herrn Riddle bedienen, er ist noch nicht fertig. Nimm schon einmal Platz. Tom, bitte nutze mal diesen Zauberstab.“ Tom fuchtelte erneut mit diesem Zauberstab herum und eine Lampe zersprang. Ein Splitter flog auf Harry, der nicht rechtzeitig in Deckung gegangen war und fügte ihm einen Schnitt an der Schulter zu. Ein Blutfleck breitete sich auf seinem T-Shirt aus und schmerzerfüllt presste Harry seine Hand auf die Wunde.

Tom grinste hämisch. „Verflixt“, fluchte Ollivander, „Episkey!“ Offensichtlich musste das ein Wundheilzauber sein, denn Harrys Wunde schloss sich und Harry lächelte schwach. „Vielen Dank, Sir“, sagte er. „Tergeo!“, wendete Ollivander einen weiteren Zauber an und das Blut verschwand von Harrys T-Shirt. Enttäuscht wandte Tom den Blick ab. Ollivander schien Toms Reaktion sehr wohl gesehen zu haben, denn er sah ihn starr aus seinen grauen Augen an. „Ich glaube, ich weiß, welcher Zauberstab zu dir passen könnte“, seine sanfte Stimme klang erstaunlich kalt. Er kramte lange im Regal herum. „Hier“, mit steinerner Miene überreichte er Tom einen Karton, „Eibenholz und Phönixfederkern. Versuche es einmal damit.“ Gierig öffnete Tom den Karton und zog einen dünnen, hellen Zauberstab mit dickerem Griff und einer gebogenen Spitze, so ähnlich geformt wie ein Schlangenzahn, hervor. Er fuchtelte mit diesem herum und auf einmal leuchtete es und seine Haare wurden zurückgeweht. „Der ist es, der passt zu deinem Charakter“, Ollivander lächelte ihm gezwungen zu. „Ich möchte gerne noch dableiben und sehen, was für einen Zauberstab Harry Potter erhält. Es muss ein Missverständnis vorliegen, dass sie glauben, ich könne ihn nicht leiden. Es tut mir sehr leid, ihnen Anlass zu dieser Annahme gegeben zu haben.“ Riddle lächelte ihn versöhnlich an. Er musste einen guten Eindruck hinterlassen! Harry warf ihm einen erstaunten und leicht skeptischen Blick zu. „Mich interessiert das wirklich, Harry. Oder hättest DU etwa was dagegen, wenn ich hier bleibe?“, leicht drohend schaute Tom Harry an. Würde Harry bejahen, dann stünde er als der Ausgrenzende da. Harry kniff die Lippen zusammen. „Meinetwegen kannst du bleiben“, sagte er kühl, stand von seinem zugewiesenen Sitzplatz auf und nahm die Zauberstäbe entgegen, welche Ollivander für ihn ausgesucht hatte. Auch Harry musste viele Zauberstäbe ausprobieren. Einmal leerte sich ein ganzes Regal und ein andermal ging eine weitere Lampe kaputt und Riddle konnte so gerade noch den umherfliegenden Splittern ausweichen. Doch schließlich hielt auch Harry seinen Zauberstab in den Händen. „Seltsam, wirklich seltsam. Der Phönix ließ genau zwei Federn und diese beiden Federn habe ich für eure Zauberstäbe verwendet. Es verwundert mich, dass ausgerechnet eure Zauberstäbe miteinander vergeschwistert sind.“ Toms Miene erstarrte. Er versuchte, unter seinem Pokerface den Schock zu verbergen, dass ausgerechnet sein eigener Zauberstab und der seines Feindes vergeschwistert waren. Das war unmöglich! Harry ließ seinen Arm sinken und starrte Tom an. Eine Weile lang starrte Tom ebenso entsetzt wie finster zurück, bevor er sich schließlich aufrappelte und verabschiedete. „Wiedersehen, schönen Tag noch, ich muss jetzt los, ich habe gerade auf meiner Armbanduhr gesehen, dass ich länger als eine halbe Stunde gebraucht habe und Bessie wird ausrasten, wenn ich sie noch länger warten lasse. Bis dann in Hogwarts, Harry. Man sieht sich.“

Er betonte den letzten Satz bewusst so, dass Harry diesen sowohl als Drohung als auch als Versprechen deuten konnte. Zu offen durfte er Harry nicht vor Zeugen bedrohen, aber Harry wusste wahrscheinlich bereits aufgrund seiner vorherigen Handlungen, dass Tom ihn bis auf den Tod nicht ausstehen konnte. Er nickte beiden jeweils zu und verließ mit großen Schritten, seine Utensilien und seinen Zauberstab unter den Arm geklemmt, den Raum. Er beeilte sich, durch die Winkelgasse zurück in den Tropfenden Kessel zu gelangen und verließ das Lokal. Zielstrebig bahnte er sich den Weg in Richtung Starbucks, wo er sich mit Bessie treffen wollte. Doch als er beim Starbucks ankam, konnte er weit und breit keine Bessie erkennen. Er durchkämmte das ganze Café, doch nirgends war sie aufzufinden. Völlig fertig mit den Nerven nach der langen, erfolglosen Suche beschloss er, eine der Mitarbeiterinnen an der Theke zu fragen, ob und wann Bessie gegangen war. „Guten Tag, junger Mann, sie wünschen?“, die junge Mitarbeiterin mit leicht rötlichen Haaren wandte sich im zu. „Guten Tag, ich hätte mal eine Frage an sie. Ich war zusammen mit Bessie am Bahnhof, ein leicht molliges Mädchen, blondierte Haare mit Highlights und dunklem Ansatz, leichtem Karamellstich, Nirvana T-Shirt und Mom Jeans. Haben sie zufällig gesehen, wo sie hin ist? Ohne sie komme ich leider nicht nach Hause.“ „Oh je, aber ja, ich habe sie gesehen, sie ist ungefähr vor fünf Minuten raus in Richtung Hotdog Stand dort hinten im Gang. Ich hoffe, ich konnte dir behilflich sein. Hier, noch einen heißen Kakao und ein Cookie zum Trost.“ Sie reichte ihm einen Kakao und einen Cookie und freudig nahm Tom diese entgegen. Ja, es hatte schon seine Vorteile, einen auf hilfloses Kind zu machen. „Vielen herzlichen Dank und einen schönen Tag noch“, verabschiedete er sich höflich und lief vollgepackt in Richtung Hotdog Stand. Er musste trotz Deckel aufpassen, dass der Kakao nicht überschwappte, während er nach links und rechts blickte, in der Hoffnung, zwischen all den Menschenmassen irgendwo Bessie zu erblicken, denn sie hatte die Tagestickets für die öffentlichen Verkehrsmittel bei sich. Wie dumm, dass er kein eigenes Handy und auch keine Eule besaß, überall war er sozial benachteiligt. Frustriert nippte er an seinem Kakao, welches ihm die nette junge Frau geschenkt hatte. Okay, nicht alle Muggel waren schlecht, aber die meisten. Auf einmal tippte ihm jemand auf die Schulter.

„Wo warst du?“, rief Bessie hysterisch, „Ich bin die ganze Zeit den Gang rauf und runtergelaufen, um dich irgendwie zu finden und du bist mittlerweile zwanzig Minuten zu spät! Mrs Cole hat mich richtig zusammengestaucht, dafür, dass ich dich hab alleine gehen lassen.“ „Mädchen, entspann dich mal“, Tom trank einen großen Schluck aus seinem Kakaobecher,  „Die Einkaufstour hat sich halt einfach ein wenig in die Länge gezogen, das ist alles. Ich bin ja nun wohlbehalten wieder zurück. Welche U-Bahn müssen wir jetzt nehmen?“ „Du hast vielleicht Nerven!“, zischte Bessie und rümpfte die Nase, „Und dann hast du dir auch noch seelenruhig im Starbucks einen Kakao und einen Cookie geschnorrt, oder was? Mit dieser Dreistigkeit durch die Welt zu gehen… Das habe ich gerne!“ „Naja, ich habe dich gesucht und die junge Frau hatte Mitleid mit mir. Dann haben wir uns hier im Gang getroffen. Das ist alles“, entgegnete Tom frech und biss ein Stück von seinem Cookie ab. Der schmeckte wirklich ausgezeichnet! „Das ist mal wieder so typisch! Früher haben die Kinder noch das Alter geehrt und nun kommst du daher, brichst sämtliche Regeln und wirst dafür auch noch mit einem Kakao und einem Cookie belohnt. Ich glaub, es hackt!“, wütend runzelte Bessie die Stirn und scrollte sich durch den Online-Fahrplan. „Deinetwegen können wir jetzt eine Dreiviertelstunde warten. Schönen Dank auch!“, knurrte sie. Sein Hass auf Muggel, welcher durch die großzügigen Spenden der hübschen rothaarigen Bedienung ein wenig gedämpft worden war, wuchs nun wieder ins Unermessliche. Bessie war einfach zu anstrengend, wie alle anderen Kinder aus dem Waisenhaus auch. Und die Erzieherinnen. Wenigstens hatte Bessie den Ärger erhalten und nicht er. Er hoffte inständig, dass es auch so bleiben würde. „Hast du eine Idee, wie wir irgendwie die Zeit totschlagen können?“ „Hotdogs essen“, schlug Tom vor, „Und danach DC auf deinem Smartphone ansehen. Diesmal einen Film, in dem Poison Ivy vorkommt. Die hat wenigstens ein bisschen übernatürliche Fähigkeiten mit ihren pflanzlichen Giften. Im Vergleich zu ihr ist der Joker auch nur ein Normalsterblicher.“ Nachdem er schwarz auf weiß hatte, dass er ein Zauberer war, fand er den Joker nämlich auch zu gewöhnlich für seinen Geschmack. Und Poison Ivy hatte wenigstens die Kraft namens „Green“ und war immun gegenüber allen Giften, Bakterien und Viren. Einfach viel stärker als der Joker, zumindest seiner Ansicht nach. „Verfressener Fettsack. Und denkst du ernsthaft, ich werde extra für dich einen DC Film streamen, nachdem du dich mir gegenüber so schlecht benommen hast? Unartige Kinder sollten wenn überhaupt bestraft werden. Aber meinetwegen essen wir die Hotdogs.“ Bessie war echt so nervig! Sie hatte doch Netflix auf ihrem Handy, war es dann nicht möglich, damit alle Filme ihrer Wahl gegen eine regelmäßige Gebühr kostenlos zu streamen? Sie teilte sich die Kosten mit einer Freundin, soweit er wusste und sie nutzten den Account gemeinsam. Und dass sie es einfach wagte, ihn als Fettsack zu bezeichnen, obwohl sie selbst viel mehr Kilos auf den Rippen hatte! Seine Figur war durchschnittlich und athletisch, so, wie es einem Jungen gut stand. Natürlich war Schönheit vielfältig und er würde nicht behaupten, dass seine Figur zu den wenigen Figurtypen gehörte, welche eine extrem ungesunde Form angenommen hatten. Also setzten sie sich gemeinsam in das Hotdog Restaurant, aßen etwas und schwiegen sich die ganze Zeit über an. Tom konnte es gar nicht mehr erwarten, endlich seine Ruhe von den verdammten Muggeln zu haben. Er leerte seinen Kakao, warf den Becher in den Mülleimer und aß den restlichen Cookie auf. Dann wartete er darauf, dass die Zeit endlich verstrich.

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