Lord Voldemort today

Harry Potter - J. K. Rowling
F/M
G
Lord Voldemort today
Summary
Diese Story ist ein Gedankenspiel, wie Lord Voldemort wohl wäre, wenn er heutzutage aufgewachsen wäre, welches eine meiner besten Freundinnen und ich uns gemeinsam ausgedacht haben (60% der Ideen kommen von ihr, ich habe sie nur für uns beide umgesetzt). Tom Marvolo Riddle ist ungefähr im Jahr 2003 oder so geboren und wurde über einen anonyme Geburt im Wool's Orphanage abgegeben. Bloß der Vorname seines Erzeugers und seines Großvaters sind ihm bekannt. Mit den anderen Kindern des Waisenhauses und seinen Mitschülern versteht er sich nicht sonderlich gut, da diese ihn als Weirdo abstempeln. Bloß Amy Benson, ihre jüngere Halbschwester Clarissa und sein Klassenkamerad Dennis Bishop bewundern ihn für seine Andersartigkeit. Doch dann wird er von Amy verraten und Dennis schlägt sich auf ihre Seite. Auf einem Trip ans Meer plant Tom grausame Rache. Danach ist er alleine, bis er auf einmal einen Besucher empfängt, der ihn auf eine mysteriöse magische Schule einlädt, auf der er nach einigen Jahren Myrtle Elizabeth Warren begegnet, die er als Knecht braucht. Allerdings begegnet er Amy nach einigen Jahren wieder und braucht sie ebenfalls als Knecht. Zum Ende hin stellt sich die Frage, welche der beiden er lieber mag.
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Die Entdeckungstour

Nachdem sich der ganze Trubel um den Hasen gelegt hatte, hatte Tom den Hasen mithilfe seiner Magie vom Dachbalken heruntergeholt, als er unbeobachtet war, und an Jeanette verfüttert, die ab dem Vorfall seine einzige Freundin war. Die anderen Kinder fürchteten ihn und Amy und Dennis vermieden es, ihm über den Weg zu laufen. Clarissa hatte er gedroht, wenn sie erzählen würde, dass er ihre Spielsachen nicht zurückgegeben hatte, würde er einen Dämon heraufbeschwören, der sie überall orten konnte und sie bis an ihr Lebensende quälen würde, indem er alle Menschen, die sie jemals liebte, töten würde. Clarissa, diese dumme Nuss (offensichtlich schien das in der Familie zu liegen), glaubte ihm und ein Gefühl tiefster Zufriedenheit durchströmte ihn. Dank seinem Status als Zauberer hatten fast alle seine Taten keine Konsequenzen für ihn und er genoss, dass er allen Kindern einfach ungestraft schreckliche Dinge antun konnte, wenn ihm danach war. Die nächste Ferienwoche verging wie im Flug und er konnte die Zeit auch einigermaßen gut ohne seine Freunde totschlagen. Nur manchmal vermisste er, dass er sich ab und zu Bücher von Amy oder Dennis ausleihen konnte, wenn er seine fertig gelesen hatte oder die gemeinsamen Basketball Matches, bei denen er immer haushoch gewann. Nun rannten die beiden jedes Mal davon, wenn sie ihn bereits auf hundert Meter Entfernung ankommen sahen. Aber er kam auch ohne sie zurecht.

Durch die Hausaufgaben, das Packen seiner Sachen für den Urlaub am Meer und die Shoppingtour war er gut beschäftigt. Die Shoppingtour dauerte einen ganzen Tag lang und Tom war endgenervt. Die Kinder waren auf mehrere Gruppen verteilt, Mrs Cole kümmerte sich um die kleinen Kinder bis zum Alter von sieben Jahren, Mrs Sweeney kümmerte sich zum großen Ärger Toms um die Kindergruppe von acht bis elf Jahren, zu welcher er leider auch gehörte, und eine neue Auszubildende kümmerte sich um die Teenager ab zwölf Jahren, darunter auch Billy Stubbs. Tom bekam mit, wie Billy und Chris sich darüber unterhielten, wie wohlgeformt sie die Brüste der Auszubildenden fanden und Tom bereute keine Sekunde, was er den beiden angetan hatte. Dumme, hormongesteuerte und gehirnamputierte Teenager! Mit einer gewissen Genugtuung bedachte Tom außerdem, dass Billy Stubbs bei dem Mädchen, um das es ihm eigentlich ging, nicht landen konnte. Eigentlich könnte er Billy zusätzlich noch einen reinwürgen, wenn er so tat, als liefe etwas zwischen Amy und ihm, wenn er es sich recht überlegte. Aber dafür war ihm seine Würde zu dem Zeitpunkt dann doch zu wichtig. Niemals würde er mit einer dummen, normalsterblichen, magisch unbegabten Schnepfe wie Amy eine romantische Beziehung anfangen, zumal er generell an so etwas nicht interessiert war und auch nicht glaubte, dass sich das jemals ändern könnte. Er sah, wie Amy gemeinsam mit der etwas jüngeren Lissy Sportbikinis aussuchte und Dennis sich von ihr beraten ließ, welche Badehosenschnitte gerade im Trend und am besten für sportliche Aktivitäten geeignet waren. Irgendwie, selbst wenn er es äußerst ungern zugab, versetzte es ihm doch einen Stich, wie viel Spaß seine ehemaligen Freunde oder Anhänger ohne ihn hatten, obwohl er früher das Zentrum und der Tonangeber ihrer Clique gewesen war.

Wie gerne wäre er auch von Amy beraten worden! Einfach, um das Gefühl zu haben, noch irgendwie Teil ihrer Gruppe zu sein und ihre volle Aufmerksamkeit und Bewunderung ganz für sich alleine zu haben. Sie hätte ihm mit schwärmerischem Blick und Ton in ihrer Stimme gesagt, dass ihm schwarz sicher vorzüglich stehe, weil das sein Bad Boy Image unterstriche und sich wie seine schwarzen Haare und Augen vorzüglich von seiner blassen Haut abhebe. Doch die Realität sah anders aus. Keine Amy, die ihn bewunderte. Er liebte sie zwar nicht, aber er liebte es, von ihr bewundert zu werden und die Anerkennung zu erhalten, die ihm seitens seiner Eltern und der Erzieherinnen fehlte. Statt mit Amy gemeinsam Badehosen auszusuchen, nahm er wie angekündigt das vorherige Modell nur etwas größer und dreimal in verschiedenen Farben und war auch am schnellsten fertig. Er händigte Mrs Sweeney, die ihn wie immer verächtlich ansah, die Badehosen aus und setzte sich auf einen Sessel im Shop. Bis auf ihn war noch niemand fertig. „Dieser High-Waist Sportbikini mit geradem Beinausschnitt ist so praktisch, man kann einem nichts weggucken, er verrutscht nicht und das Muster passt perfekt zu unser leicht goldfarbenen Haut“, erklärte Amy Lissy, „Lass uns diesen Bikini im Partnerlook holen!“ „Gute Idee“, Lissy nahm sich das Modell in ihrer Größe und reichte es der Verkäuferin. Genervt rollte Tom mit den Augen. Bei bestem Willen konnte er nicht verstehen, wie sich zwei Individuen bewusst gleich machten. Ihm war es schon seit er festgestellt hatte, dass er zaubern konnte und nicht wie die anderen Kinder war, enorm wichtig gewesen, sich von diesen in jeder möglichen Form abzugrenzen und zu zeigen, dass er etwas Besonderes war. Amys und Lissys Getue trieb ihn echt zur Weißglut. Hoffentlich wurden auch ein paar andere Kinder früher fertig, damit sie gemeinsam Mrs Sweeney dazu überreden konnten, sich schon einmal in ein Restaurant setzen und Essen bestellen zu dürfen. Nach zehn Minuten gaben endlich auch drei achtjährige Jungen, Zac, Seth und Ryan ihre Badehosen bei Mrs Sweeney ab und fragten, ob sie bereits etwas essen gehen dürften.

Tom schlenderte zu ihnen und sagte, er würde auch gerne mitkommen. Mrs Sweeney kniff ihre strichartigen Lippen zusammen, übergab Seth genug Geldscheine für alle, schickte die drei jüngeren Kinder schon einmal vor und zischte Tom zu: „Dass du mir die Kinder ja nicht verhext! Ich behalte dich im Auge. Gott sieht außerdem auch alles. Und Hexerei ist ein Werk des Teufels. Früher war es bei Todesstrafe verboten. Eines Tages wirst du für deine Schandtaten mal in der Hölle schmoren!“ Tom runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, wovon sie sprechen…“ „Du sollst nicht lügen! Kind, der Teufel sieht dir aus den Augen! Du Ausgeburt des Bösen!“, mahnend hob Mrs Sweeney ihren knochigen Zeigefinger und Tom fand, sie ähnelte der klassischen Bilderbuchhexe optisch mehr, als er dem Klischee eines Zauberers ähnelte. „Dürfte ich nun gehen, Madame?“, fragte er höflich und schlug die Augen nieder. „Oh ja, gehe mir aus den Augen, du Kind des Satans!“, sie wedelte mit der Hand, um ihn zu vertreiben und das ließ er sich nicht zweimal sagen. Mit zügigen Schritten holte er die drei Kleinen ein, die alle zusammenzuckten, als sie ihn sahen. Tom grinste. Diese Opfer! Aber es polierte sein Ego ungemein, dass jeder ihn fürchtete und er so große Macht über die anderen Kinder besaß. „Wir gehen in die Pizzeria!“, entschied Tom. „Ich will aber zum Fischrestaurant!“, Seth schob trotzig seine Unterlippe vor. „Ich bin der älteste, ich habe entschieden und wir gehen jetzt in die Pizzeria. Was du willst, zählt nicht. Gib mir das Geld!“, befahl Tom mit scharfer Stimme. Seth zuckte zusammen und überreichte Tom die Geldscheine. „Warum gehen wir nicht zum Dönermann? Da gibt es auch Pizza! Und ich will lieber eine Dönerbox mit Pommes haben!“, maulte Zac. „Weil ich lieber Spaghetti Bolognese und einen Caesarsalat essen will, also machen wir das so, Punkt!“, beendete Tom die einseitig verlaufene Diskussion und schlug den Weg zur Pizzeria schräg gegenüber des Sportgeschäftes ein. Weil Tom das Geld dabeihatte und die Kinder ihn fürchteten, folgten sie ihm, wenn auch extrem beleidigt und mit Tränen in den Augen, zur Pizzeria. Tom suchte einen Vierertisch aus und setzte sich auf einen gemütlichen Korbsessel. Er zählte das Geld und stellte zufrieden fest, dass Mrs Sweeney nicht geizig gewesen war und es bei allen für ein Hauptgericht, eine Limonade oder ein Cocktail und eine Beilage reichte. Weil Tom beschloss, ein gnädiger Lord zu sein, half er den kleinen Kids bei der Auswahl ihrer Gerichte. Er entschied sich dazu, sich einen alkoholfreien Kindercocktail und seine zuvor genannten Gerichte zu bestellen. Seth bestellte sich eine Tomatensuppe und eine Thunfischpizza und Tom amüsierte sich innerlich über Seths große Vorliebe für Fischgerichte, weil er Seths Leidenschaft dafür absolut nicht nachvollziehen konnte. Dazu trank Seth eine Orangenlimonade und verlangte noch Schirmchen und Eiswürfel für sein Getränk. Weil die junge Kellnerin nett und kinderlieb war, musste Tom nicht extra draufzahlen, denn so viel Geld für Extrawünsche dieser Art hatte ihnen Mrs Sweeney dann doch nicht mitgegeben. Alles in allem waren die vier dann doch zufrieden und arrangierten sich gut miteinander und Tom genoss seinen restlichen Tag.

Zwei Tage nach der großen Shoppingtour fuhren sie in der Früh mit einem Reisebus zur Jugendherberge ans Meer. Tom hatte darauf geachtet, möglichst weit hinten, weg von Mrs Sweeney, einen Zweiersitz für sich alleine zu beanspruchen. Amy und Dennis, die einen großen Bogen um Tom machten, liefen an ihm vorbei nach hinten zur Fünferreihe, Lissy, Seth und Zac im Schlepptau. Vorsichtig spähte Tom nach hinten und sah, wie Amy und Lissy sich Amys Ohrstöpsel teilten und gemeinsam ein Video auf ihrem Smartphone ansahen. „Lass uns Miraculous ansehen, hoffentlich gesteht Marinette Adrien endlich ihre Liebe!“, forderte Lissy Amy auf und Amy leistete ihrer Bitte Folge. Vor einiger Zeit hatten Amy und Tom manchmal gemeinsam auf Toms Bett gesessen und auf Amys Smartphone DC angeschaut, natürlich bevorzugt Extrafilme über die Schurken, weil Tom so magisch unbegabte Menschen wie Batman, die mithilfe von Technik wie dem Batmobil kämpften, langweilig fand. Die Schurken hingegen, die irgendwelche übermenschlichen Kräfte oder übermenschliche körperliche Fähigkeiten besaßen, interessierten ihn um einiges mehr. Außerdem war Bruce Wayne doch bloß ein langweiliger Milliardär! Weil Amy sich grundsätzlich nach Tom richtete, schaute sie die Filme, die er sehen wollte. Tom ärgerte sich, dass Amy alles, was sie früher in ähnlicher Form mit ihm unternommen hatte, nun mit ihren neuen besten Freunden teilte. Neu war übertrieben, schließlich war sie schon vorher mit ihnen befreundet gewesen, aber er hatte auf ihrer Rangliste immer besonders weit oben gestanden und seit sie nicht mehr befreundet waren, waren ihre weiteren Freunde halt eben einfach aufgerückt. Vor Ort musste er unbedingt eine geeignete Location finden, an der er seine Rache ausüben konnte! Erst dann könnte er planen, was er alles mit Amy und Dennis anstellen würde und sich eine Strategie überlegen, wie er die beiden mit sich mitlocken könnte. So lange müsste er sich allerdings auf der Fahrt langweilen.

Auf einmal räusperte sich Mrs Sweeney und verkündete über das Mikrophon die Zimmeraufteilung. Es gab Viererzimmer und Tom überhörte getrost, wer mit wem in ein Zimmer kam. Nur bei seinem Zimmer hörte er zu. Glücklicherweise kam er mit Seth, Zac und Ryan in ein Zimmer, mit denen hatte er wenigstens keine Rechnung offen, denn sonst wäre das selbst für ihn unangenehm gewesen, die ganze Zeit mit Zimmernachbarn zu verbringen, mit denen er im Streit auseinandergegangen war. Nicht, dass er sich nicht zu wehren gewusst hätte, aber Entspannung sah anders aus und wenn er sich jeden Tag eine neue Rache oder Maßnahme hätte überlegen müssen, um seine Autorität wiederherzustellen, wären es definitiv anstrengende Ferien geworden und auch der finstere Lord brauchte mal eine Pause, damit er mit voller Kraft zurückkehren und seine Feinde endgültig fertigmachen konnte. Nicht auszudenken, wie es gewesen wäre, wenn er mit Billy, Dennis und Chris in ein Zimmer gemusst hätte! Allein schon wenn er es sich vorstellte, war er tierisch genervt. Nein, es war gut, dass die Person, wer auch immer die Liste erstellt hatte, die Gruppe so eingeteilt hatte, wie sie jetzt war. Nach vielen Stunden waren sie endlich angekommen. Zwischendurch hatte Tom geschlafen oder aus dem Fenster geschaut, weil sich sonst keiner mit ihm beschäftigte. Als der Bus vor der Jugendherberge parkte, beeilte sich Tom aus dem Bus auszusteigen und er nahm sein Gepäck von Mrs Cole entgegen. Er ging gemeinsam mit Seth, Zac und Ryan zu seinem Zimmer und räumte sein Gepäck ein. Es gab ein eigenes Badezimmer für jedes Viererzimmer und alles in allem hatten sie eine sehr schöne Jugendherberge erwischt. Man musste schon zugeben, dass das Wool’s Orphanage sehr viel dafür tat, den Kindern einige familienähnliche Aktivitäten wie einen gemeinsamen Urlaub zu ermöglichen. Als er alles eingeräumt hatte, ging er nach draußen und suchte nach Mrs Cole.

Er fand sie in einem Gespräch mit der Leiterin der Jugendherberge und er wartete, bis die beiden das Gespräch beendet hatten. Daraufhin fragte er sie nach der weiteren Tagesplanung für den Spätnachmittag. Mrs Cole teilte ihm mit, dass sich viele Kinder langweilten und weil schönes Wetter sei, würde sie heute noch mit ihnen an den Strand gehen und allen, die wollten, ein Eis spendieren. Wer Lust hatte, konnte schwimmen, wer weniger begeistert vom Schwimmen war oder es noch nicht konnte, durfte gerne ein paar Spiele am Strand spielen oder am Sandburgenwettbewerb teilnehmen. Tom seufzte innerlich, als er sich daran zurückerinnerte, dass Amy, Dennis und er fast immer beim Sandburgenwettbewerb gemeinsam gewonnen hatten. Das waren noch Zeiten, als sie eine unzerstörbare Clique mit ihm als Anführer waren. Tom beschloss dennoch, nicht schwimmen zu gehen, sondern einfach ein Sonnenbad am Strand zu unternehmen und anderen Kindern dabei zuzusehen, wie sie beim Sandburgenwettbewerb kläglich scheiterten. Wenn er keinen Spaß haben durfte, sollten andere es auch nicht dürfen. Zu gerne amüsierte er sich auf ihre Kosten, wenn sie versuchten, ohne ihn etwas auf die Beine zu stellen und es ihnen nicht gelang. Seine Eifersucht auf alles Schöne, an dem er nicht teilhaben durfte, brannte glühend heiß.

Er beschloss, seinen negativen Gedanken ein Ende zu setzen und noch zu duschen, bevor er sich den anderen anschloss. Kurzerhand beschlagnahmte er das gemeinsame Badezimmer für sich, holte eine dunkelblaue Jeans und ein kurzärmeliges, blauweiß gestreiftes Polo Hemd und frische Unterwäsche und Socken aus dem Schrank neben seinem Bett und stieg unter die Dusche. Als er fertig gestylt war und seine leicht feuchten Haare gekämmt hatte, sodass sie nur noch lufttrocknen mussten, ging er mit einem Strandtuch unter den Arm geklemmt nach draußen und sah, wie die Kindergruppe bereits ungeduldig auf ihn wartete. „Sorry, musste noch kurz duschen“, entschuldigte er sich für sein Zuspätkommen und folgte den anderen auf dem kurzen Weg zum Strand. Die Sonne stand nicht mehr ganz so hoch am Himmel und eine leichte Brise wehte. Es duftete nach Salz und nach unendlicher Freiheit. Eigentlich war das Meer ein schöner Ort, würde er ihn mit netteren Leuten besuchen. Wäre er doch nur mit seiner richtigen Familie hier gewesen! Trauer überflog ihn für kurze Zeit, doch er verdrängte das Gefühl mit aller Macht. Er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren! Nämlich darauf, andere zu erniedrigen und sich über sie lustig zu machen. DAS war das, was ihm Freude bereitete! Und er musste sich nach einem Ort für seine Rache umschauen. Zeit also, auf Entdeckungstour zu gehen.

Mrs Sweeney fotografierte mit ihrer neuesten Canon Kamera einen riesigen Felsen am Rand vom Strand. Unauffällig näherte Tom sich ihr. Klaffte dort oben am Felsen nicht ein Loch? Es sah fast so aus, als gäbe es dort eine Höhle, die man nur betreten konnte, wenn man besonders gut im Klettern wäre. Leider war Tom das nicht, beziehungsweise zum Glück, sonst hätte er kein Alibi für die Sache mit dem Hasen gehabt. Aber vielleicht würde er mithilfe seiner Zauberkraft dort hochkommen? Er müsste erst einmal warten, bis sich Mrs Sweeney entfernt hatte. Solange konnte er ja schon einmal seine Opfer zusammensuchen! Er zog sich wieder langsam zurück, damit Mrs Sweeney ihn nicht bemerkte, und lief zu den anderen Kindern zur Mitte des Strandes. Da entdeckte er auch schon sein erstes Opfer! Amy lief gerade nass und außer Atem aus dem Wasser, wahrscheinlich war sie die ganze Zeit lang geschwommen, so sportsbesessen, wie sie war. Allerdings schien ihr der Sport gutzutun, sie hatte eine wohlgeformte, V-förmige Figur mit breiten Schultern und definierten Armen vom vielen Turnen, einer mädchenhaften Taille und einem schmalen Becken mit definiertem Hüftknochen. Sie sah aus wie eine Barbie, von der Figur her. Ihr weiches Gesicht mit hohem Wangenknochen und Schmollmund ähnelte jedoch eher dem einer Porzellanpuppe von früher. Fehlte nur noch ein Schleifchen im Haar und das Image wäre vollkommen. Sie lief, ohne ihn zu bemerken, denn sonst wäre sie längst schon kreidebleich geworden und davongerannt, auf den Eisstand zu und bestellte sich ein Himbeereis. Dann setzte sie sich auf ihr Strandtuch und genoss gedankenverloren ihr Eis. Tom schlich sich leise von hinten heran, damit sie nicht unter einem Vorwand davonrennen konnte, sobald sie ihn sah. Er kam näher und näher und Amy bemerkte ihn erst, als er direkt hinter ihr stand und sein Schatten auf sie fiel. „Hallo Amy, darf ich mich ein wenig zu dir setzen, machst du mir Platz?“, er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Wenn er sie dazu bewegen wollte, mit ihm in die Höhle zu kommen, musste er sie in Sicherheit wiegen! Amy nickte schwach und rückte soweit es ging auf ihrem Strandtuch beiseite, ohne sich auf den Sand setzen zu müssen. Denn das wäre schädlich für den neuen Bikini, der ihr tatsächlich sehr gut stand. Wortlos schleckte sie weiter an ihrem Eis. Die Stille zwischen ihnen wurde langsam unangenehm.

„Amy, ich habe mich ein wenig beruhigt“, teilte Tom ihr mit, „Wenn du magst, kann ich dir etwas Cooles zeigen, was ich vorher entdeckt habe. Dennis kann uns auch gerne begleiten. Wie früher. Also vor unserem Streit.“ Hoffnungsvoll hob Amy ihre wohlgeformten Augenbrauen. „Wirklich?“, fragte sie erstaunt, „Und ich dachte, ich hätte es mir mit dir für immer verbockt! Ich würde natürlich gerne mitkommen. Ich habe dich vermisst.“ Sie sah zu Boden und leckte weiter an ihrem Eis. Dieses dumme, naive Mädchen! Glaubte sie wirklich und wahrhaftig, der finstere Lord hätte ihr ihren Verrat so schnell ohne irgendeine Strafe verziehen? Tom musste sich schwer beherrschen, um nicht laut und filmreif loszulachen. „Dennis kommt sicher gleich, er und Ryan nehmen noch am Sandburgenwettbewerb als Zweierteam teil. Gegen Billy und Chris. Ich hoffe, Dennis und Ryan zeigen es ihnen so richtig!“, informierte ihn Amy. Tom freute sich vor allem, dass in Amys Stimme immer noch solch eine Verachtung für Billy Stubbs mitschwang. Irgendwann konnte er ja mal, wenn Billy ihn erneut provozierte, diesem mitteilen, wie wenig Amy ihn leiden konnte. Sicher wäre Billy daraufhin am Boden zerstört! „Das hoffe ich auch“, beantwortete Tom Amys Aussage, „Aber bei Billy kann ich mir auch ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, dass er irgendetwas hinbekommt, was auch nur minimale Ähnlichkeit mit einer Sandburg hat.“ „Hm“, meinte Amy, „Ich will jetzt auch nicht mehr so viel lästern, ich habe mir tatsächlich vorgenommen, ein besserer Mensch zu werden.“ „Dein Ernst jetzt? Also Billy hätte es auf jeden Fall verdient!“, entgegnete Tom. Seiner Ansicht nach sparte Amy, was Gemeinheiten anbetraf, eindeutig an den falschen Enden! „Eigentlich verdient das niemand so wirklich. Ich war echt ein schlechter Mensch in letzter Zeit“, Amy biss ein Stück von ihrem Hörnchen ab, „Ich hab die Lästergruppen verlassen. Beide. Ich habe Lexys Chat archiviert und mich bis jetzt noch nicht getraut reinzuschauen. Ich habe echt Angst davor, nach den Ferien wieder in die Schule zu gehen. Ich will gar nicht wissen, wie es dann für mich aussehen wird. Lexy wird mich lynchen, obwohl ich ihr persönlich eigentlich gar nichts getan habe, außer, dass ich mich enthalte.“ Tom schluckte. Amy hatte die Lästergruppen verlassen? „Aber du hast auch nicht irgendwie etwas dagegen gesagt, was sie über mich geschrieben haben?“, Tom beäugte sie skeptisch. Amy schwieg und ihr Gesicht wurde rot. Sie aß ihr restliches Hörnchen auf und trank ein wenig Wasser hinterher. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie einfach feige die Gruppe verlassen, ohne irgendwie Position zu beziehen. Seine Rache geschah ihr also nach wie vor recht!

„Oh, da kommt Dennis!“, erfreut winkte sie diesen zu sich her. Dennis winkte zurück, doch als er Tom erblickte, erstarrte er. „Wir haben uns wieder vertragen und Tommy wollte uns noch was zeigen!“, rief Amy mit einem glücklichen Lächeln auf ihren Lippen, ohne zu wissen, dass sie sich gerade eben ihr eigenes Grab geschaufelt hatte. Genau so wollte es Tom! Amy war einfach so berechenbar! Und sobald Amy grünes Licht gab, war der gutmütige Dennis auch zufrieden und bereit dazu, ihm zu folgen. „Kommt mit, wir gehen los!“, Tom lief voran und schaute sich um, wo sich gerade Mrs Sweeney befand. Doch um diese brauchte er sich keine Sorgen zu machen! Mrs Sweeney saß gemeinsam mit ein paar dicken, älteren Damen in einem Halbkreis aus Strandkörben, mit einer kleinen Torte auf einem Teller, und unterhielt sich über Klatsch und Tratsch aus der Region. Zufrieden, dass sie keine Notiz von den dreien nahm, huschte er an der Damenrunde vorbei und bemerkte die Sandburgen. Billy und Chris saßen neben ihrer Sandburg, die dafür, dass sie von zwei minderbemittelten Hillbillys gebaut worden war, erstaunlich gut aussah. Spontan kam Tom eine Idee. Er sah sich nach Amy um, die ein wenig hinter ihm lief, wartete, bis sie ihn eingeholt hatte, und nahm ihre Hand. Leider musste er doch so etwas Würdeloses tun. Amys Hand war angenehm warm und fühlte sich dafür, dass sie zu einer Normalsterblichen gehörte, gar nicht mal schlecht an. Zuerst zuckte Amy zusammen, doch dann umschloss ihre Hand die seine und sie lächelte ihn mit leicht geröteten Wangen an. „Komm, Dennis, warum läufst du so weit hinten?“, wollte Tom wissen und winkte ihn zu sich her, „Wer hat eigentlich gewonnen?“ „Leider Billy“, murmelte Dennis enttäuscht und schloss zu den beiden auf. Als Billy seinen Namen hörte, sah er erstaunt auf und erstarrte, als er Tom und Amy Hand in Hand laufen sah. Um ihn noch ein wenig mehr zu verletzen, schob Tom mit einem diabolischen Grinsen in Billys Richtung seine Finger zwischen Amys Finger, so wie er es auf manchen dämlichen, von Paparazzi aufgenommenen Fotos von Promipärchen, welche Amy ihm sabbernd gezeigt hatte, gesehen hatte.

„Hallo Billy“, grinste Tom ihm triumphierend zu, „Schöne Sandburg übrigens.“ Billy war sprachlos und Tom konnte förmlich sehen, wie in Billys Kopf die Rädchen ratterten, als dieser ihn mit weit geöffneten Augen und halboffen stehendem Mund angaffte. Erneut war es ihm gelungen, seinen Erzfeind so richtig fertigzumachen, indem er ihm alles nahm, was ihm etwas bedeutete. Zufrieden lief Tom mit seinen nichtsahnenden Opfern auf den Felsen zu und ließ den völlig in sich zusammengesunkenen Billy Stubbs weit hinter sich. Abrupt blieb er stehen. „Seht ihr da oben? Da befindet sich der Eingang zu einer Höhle. Zu gerne würde ich mir die mal ansehen.“ „Aber das ist doch viel zu hoch“, Dennis runzelte die Stirn. „Nicht für einen Zauberer“, grinste Tom, „Ich mache eine Probe. Erst versuche ich, ob ich mit meiner Magie dort hochkomme, wenn ja, dann nehme ich euch mit, okay?“ „Hört sich nach einem Plan an“, befand Dennis. „Alright, dann versuche ich es mal“, beschloss Tom und entzog Amy seine Hand. Enttäuscht sah sie zu Boden. Er strich ihr über die Wange. Der Zweck heiligte die Mittel und er würde alles dafür tun, die beiden in die Höhle zu locken, wo ihn niemand dabei erwischen konnte, wie er sie mithilfe seiner Magie folterte. „Ich bin ja gleich wieder da“, tröstete er sie, „Aber ich muss da erst einmal alleine hoch.“ Er schloss die Augen und stellte sich vor, er hätte Angst, was zwar selten vorkam, weil er immer irgendein Ass im Ärmel hatte, aber er wusste, dass seine Magie am stärksten war, wenn er ängstlich, traurig oder wütend war. Er stellte sich vor, er wäre auf der Flucht vor einer wilden Bestie und müsste ganz dringend hoch auf die Klippe. Aus der Ferne unter ihm hörte er überraschte Rufe. Hatte es geklappt? Voller Neugier und Interesse schlug er die Augen auf und sah in die Ferne auf das weite, blaue Meer.

Der Wind wehte stärker und unter seinen Füßen befand sich kein Sand mehr, sondern grauer Felsen. Hinter ihm war der Eingang zur Höhle, welcher glücklicherweise größer war, als er von unten aussah. Sie würden problemlos in die Höhle hineinkommen! Nun musste er es nur wieder herunterschaffen, als stellte er sich vor, er fiel und müsse deshalb fliegen und sanft auf dem Boden aufkommen. Nach ungefähr fünf Sekunden hörte er die überraschten Stimmen von Amy und Dennis neben ihm und er öffnete seine Augen. „Das war ja heftig, Mann, du bist richtig geflogen! Du hast echt ein außergewöhnliches Zaubertalent!“, die Bewunderung sprach Dennis förmlich aus den Augen. Tom grinste selbstgefällig. Er fühlte, wie sein schwaches, gekränktes Ego durch diese Bewunderung ins Unermessliche wuchs. Er war eben etwas ganz Besonderes, auch wenn sein verschollener Vater das offensichtlich nicht so sah, er nie Besuche von anderen Verwandten oder Freunden aus der Schule erhielt, er nie von irgendwem mit nach Hause genommen wurde und auch keine Angebote erhielt, adoptiert zu werden. Ein Freund von Billy Stubbs war tatsächlich adoptiert worden, obwohl dieser mit Sicherheit ein viel anstrengenderes Kind war als Tom, aber die Erwachsenen schienen aus unerklärlichen Gründen die anderen Kinder immer schon lieber gemocht zu haben als ihn, selbst bevor er angefangen hatte, diese zu terrorisieren. Da kam ihm die Bewunderung durch Amy und Dennis gerade recht. „Wer von euch will zuerst?“, fragte er. „Wenn du magst, kannst du zuerst“, bot Amy Dennis an und ließ ihm den Vortritt. Das ließ Dennis sich nicht zweimal sagen. „Okay, ich muss dich nun umarmen – leider, denn Jungs dürfen sich nicht umarmen – und dann fliegen wir gemeinsam hoch“, ordnete Tom an.

Verdammt, noch nie hatte er einen anderen Jungen umarmt und er wollte das auch nie tun. Die anderen Jungen waren für ihn entweder Konkurrenz oder einfach Waschlappen, aber definitiv keine Kuschelobjekte! Widerwillig ließ er es gewähren, dass Dennis ihm den Arm um die Taille schlang und legte diesem umgekehrt die Arme um die Schultern, wenn auch sehr unbeholfen (wer auch immer außer Sunshinechains das liest und das Voldemort und Draco Video NICHT gesehen hat, zieht euch das rein, dann wisst ihr, wie schlecht Tom Riddle aka Lord Voldemort in Sachen Umarmung und so ist, zumindest bei den Dudes, hehe) und stellte sich vor, dass sie gemeinsam auf der Flucht vor dieser unliebsamen Situation wären und auf der Plattform der Klippe landen würden. Schon spürte er den festen Boden unter seinen Füßen und öffnete seine Augen. Dennis, der einen halben Kopf kleiner war als er, schaute zu ihm hoch und die beiden Jungen blickten sich um. Sie hatten es geschafft! „Also dann, man sieht sich“, Tom winkte ihm zu und sprang die Klippe herunter. Nun hatte er wahrhaftig Todesangst. Das wirklich Letzte, was er wollte, war zu sterben. Er sah die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens als Schwäche an, die es durch Magie zu überwinden galt. Er konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als zu sterben, da seine Mutter auch kurz nach seiner Geburt verstorben war. Deshalb stellte er sich so schnell wie möglich vor, sanft neben Amy auf dem Boden zu landen und es klappte wie am Schnürchen. Schon stand er neben der jüngeren Amy, die anderthalb Köpfe kleiner war als er und erwartungsvoll zu ihm heraufsah. Sie wurde rot im Gesicht und von ihrem leicht goldenen Teint blieb nichts mehr übrig. Tom grinste breit und vielsagend, streckte seine Arme aus und winkte sie zu sich her. Zögerlich lief sie auf ihn zu.

„Stört es dich nicht, wenn ich dich nassmache? Ich war schließlich vorher noch schwimmen und meine Haare tropfen immer noch“, murmelte sie und besah sich eine ihrer nassen Haarsträhnen. „Bestimmt kann ich uns dann trocknen, bis jetzt sind mir fast alle Zauber gelungen, die ich ausüben wollte, ohne dass es mir je irgendjemand beigebracht hätte“, flexte er, „Worauf wartest du noch, Dennis wird sicher schon ungeduldig.“ „Ich kann das nicht, geht ohne mich“, Amys Kopf glich viel mehr einer Tomate als einem menschlichen Gesicht. „Aber ohne dich sind wir nicht komplett“, heuchelte Tom und fürchtete zugleich, dass er auf seiner Schleimspur ausrutschte. Er hasste es, nett zu anderen sein zu müssen, es war definitiv unter seiner Würde, Amy so viele Komplimente zu machen und er fühlte sich sehr unwohl dabei, einer Nichtmagischen so viele Zuneigungsbekundungen machen zu müssen. Aber diese blöde Kuh schien ihm auch alles zu glauben, was er ihr sagte. „Na gut, wenn du das sagst“, Amy lief auf ihn zu und schlang ihre Arme um seinen Brustkorb. Weil Amy so klein war, konnte er ihr den Arm schlecht um die Schulter legen und musste sich sehr herabbeugen. Er spürte ihren schnellen und unregelmäßigen Herzschlag und schmunzelte belustigt. Sie war so verliebt in ihn! Amy schien seinen leichten Spott allerdings nicht mitzubekommen, denn sie kniff ihre Augen feste zu und hielt ihn mit aller Kraft umschlungen, ob aus Angst, sie könnte herunterfallen, oder aus Verliebtheit ließ sich schlecht beurteilen und es war Tom auch herzlich egal. Als er ihre Hand genommen hatte, hatte er sie bloß ausgenutzt, um seinem Feind erneut einen reinzuwürgen und nun war sie an der Reihe. Mit diesen Vorsätzen nahm er abermals seine ganze Willenskraft zusammen, visualisierte den Vorsprung vor seinem inneren Auge und erhob sich in die Lüfte. Schon landete er neben Dennis und öffnete seine Augen, die er bis zum jetzigen Zeitpunkt konzentriert geschlossen gehalten hatte. Amy kniff ihre Augen immer noch zu.

„Aufwachen Amy!“, Dennis gab ihr eine Kopfnuss, „Wir können jetzt los!“ „Uh… Äh… Cool“, Amy schlug ihre Augen auf, löste sich von Tom und lief allen voraus in die Höhle hinein. „Ist aber ganz schön kalt hier drin, so im nassen Bikini! Hättest du mir nicht vorher mitteilen können, dass wir eine Höhle besichtigen und nicht erst, wenn wir direkt am Fuß der Klippe stehen?“, nörgelte Amy und ihre Stimme hallte von den Wänden wider. Dämliche Schnepfe, dass sie es wagte, ihm die Schuld zu geben, er müsste ihr dringend einmal zeigen, wo ihr Platz war! „Gib doch zu, dass du im Liebesrausch mit Tom selbst nicht daran gedacht hast!“, zog Dennis sie auf, als er sie eingeholt hatte, „Seid ihr beiden eigentlich jetzt ein Paar?“ „Gute Frage, Tom, sind wir beide jetzt eigentlich ein Paar, oder warum hast du vorher…“, sie drehte sich um. Tom war als letzter in die Höhle gegangen und folgte ihnen über den felsigen, schmalen Weg ins Innere der Höhle. Es wurde immer finsterer, doch auf einmal gelangten sie in einen großen runden Raum mit einem See. In dem See funkelte und glitzerte es, es musste sich um leuchtende Algen handeln. „Wow!“, staunte Amy und sah sich um, „Diese Höhle ist echt cool, Tommy! Ob man in dem See schwimmen kann? Oder ist das ein Säure See?“ „Amy, bist du dumm?“, rief Dennis entrüstet, „Einen Säure See gibt es meist nur bei Vulkanen und außerdem sind dort mit Sicherheit keine Algen drin!“ Dennis streckte die Hand ins Wasser. „Hilfe, ich verätze mich!“, schrie er theatralisch und Tom dachte für eine klitzekleine Sekunde mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen darüber nach, ob er den See vielleicht in einen Säure See verwandeln sollte, aber das wäre eine dämliche Entscheidung gewesen. Erstens hätten sie dann kein Licht mehr und zweitens würde er sich selbst in immense Schwierigkeiten bringen. Im Gegensatz zu Amy war er nicht dumm und er wusste, wo die Grenzen lagen. Eine gute Rache musste seiner Ansicht nach bösartig und schädlich für seinen Gegner sein, aber durfte niemals so offensichtlich seinen Gegner zerstören, dass es ihn selbst in Schwierigkeiten brachte. Nein, er würde bei seinem ursprünglichen Plan bleiben. „Leute…“, unterbrach er die beiden bei ihren Albereien. Es wurde totenstill. Er stand genau vor dem Ausgang der Höhle und die beiden konnten nicht vor ihm fliehen. „Jetzt mal Klartext…“, fuhr er fort und enthüllte ein fieses Lächeln, „Ihr dachtet ernsthaft, ich hätte euch verziehen? Denkt ihr wirklich, ich lasse euch so einen Mist durchgehen und ihr könnt mit mir umspringen, wie ihr wollt? Irgendwelchen Lästergruppen über mich beitreten, wie Amy es getan hat, Mrs Cole auf mich hetzen, so wie Dennis es getan hat und mich auch noch wochenlang ignorieren?“ Er lachte schrill und hämisch und sein Lachen wurde von den Wänden tausendfach zurückgeworfen. Erschrocken klammerten sich Amy und Dennis aneinander.

„Bitte lass uns gehen!“, wimmerte Amy jetzt schon den Tränen nahe. Riddle lachte nur und fuhr sich durch seine perfekt liegenden schwarzen Haare. Die Welle an seinem leicht seitlich gezogenen Scheitel fiel perfekt und er war sich der Wirkung seines guten Aussehens mehr als bewusst. Trotz seiner Bösartigkeit ihr gegenüber, schaute Amy ihn immer noch gebannt an und ihr Blick sah so aus, als ob etwas in ihrem Inneren zerbrach. Dieses Mädchen hatte sich echt viel zu viele Hoffnungen gemacht! „Den Gefallen kann ich euch leider nicht tun! Auf die Knie mit euch!“, mit seiner Gedankenkraft, welche durch seine Wut vielfach beflügelt wurde, ließ er Amy und Dennis vor ihm zu Boden fallen. Er liebte es, die beiden vor ihm am Boden zu sehen, als Rache für all die Demütigung, die er durch sie erfahren hatte. Dann überlegte er sich, was er als nächstes tun sollte. Bauchschmerzen wären mehr als einfallslos gewesen, diese hatte er bereits bei Chris angewendet, als er diese blöde Schnepfe namens Amy noch gemocht und verteidigt hatte. Ein weiterer Schwall von Wut ergriff ihn. Wie wäre es mit inneren Blutungen? , schoss es ihm durch den Sinn. Und kaum hatte er diesen Gedanken gefasst, fingen Dennis und Amy synchron an, zu zucken und Blut lief ihnen aus dem Mund. „Das kannst du uns nicht antun, Tommy, Gnade“, röchelte Dennis, während er Tom einen weiteren Schwall Blut vor die Füße spuckte. Tom lachte ihn aus. „Du siehst doch, dass ich das kann! Oder ist dir das hier immer noch nicht Beweis genug?“, höhnte er, während er Dennis Luftröhre mit einem weiteren Schwall Blut verstopfte. Dennis konnte kaum noch atmen und war ganz zu Boden gefallen, mit letzter Kraft zog er sich mit seinen Armen vorwärts auf Tom zu und röchelte. Sein Gesicht war leicht bläulich angelaufen. „An deiner Stelle würde ich um Gnade winseln“, riet ihm Tom mit vor Hohn triefender Stimme. Kaum hörbar röchelte Dennis „Gnade“, doch Tom kniete sich mit einem fiesen Grinsen neben Dennis‘ Gesicht und fragte schadenfroh: „Könntest du vielleicht nochmal wiederholen, was du gesagt hast, ich habe dich leider nicht verstanden.“ Dennis schluckte und lief noch bläulicher an.

Tom wusste, dass er die Grenzen nicht überstrapazieren und keine bleibenden, sichtbaren, äußerlichen Schäden bei Dennis hinterlassen durfte und er löste den Blutklumpen in Dennis Luftröhre. Dennis hustete diesen aus und blieb schluchzend am Boden liegen. Sein Gesicht nahm langsam wieder eine menschliche Farbe an. Tom trat ihn beiseite und schlenderte langsam auf Amy zu, die immer noch Blut hustend am Boden kniete. „Mir scheint, du willst mal eine Runde schwimmen gehen, beste Freundin“, feixte er und ließ durch einen Zauber Amys Körper zurückfallen und er stellte sich vor, wie ein tiefer, tödlicher Strudel sein ehemaliges Groupie unter Wasser zog. Amy schrie gurgelnd, während sie immer noch Blut hustend unter Wasser gezogen wurde und sich das leuchtende Wasser des Sees mit dunkelroten Schlieren ihres Blutes vermischte. All seinen Hass auf diese Welt, auch wenn er teilweise selbst nicht wusste, woher dieser immense Hass kam, ließ er an seiner ehemaligen, Mädchen würden vielleicht sagen WABFFIUE, wobei man das „FÜR IMMER UND EWIG“ mal getrost einklammern konnte, aus. Er ließ für circa zwei Minuten den Strudel Amy einmal auf den Grund ziehen, bevor er sie schließlich wieder an die Wasseroberfläche beförderte und aus dem Wasser zog. Sie fiel neben Dennis zu Boden, beide wimmerten nur noch. „Oh, warum so traurig?“, verspottete Tom Amy und verwuschelte ihr mit einem fiesen Grinsen ihre Haare, „Hast du dir diesen äußerst praktischen High Waist Bikini nicht zum Schwimmen angeschafft?“ Er lachte dreckig. Plötzlich sagte er: „Die Show ist beendet, wir sollten gehen, bevor sich irgendjemand hier Sorgen um die liebe kleine Amy und den lieben kleinen Dennis macht. Das war ein Denkzettel für euch beide. Kein Wort zu irgendwem, solltet ihr mich noch einmal provozieren kommt ihr da nicht so unbeschadet wieder heraus.“ Beide husteten und weinten nur noch und machten keine Anstalten dazu, sich in Bewegung zu setzen. Er verpasste Amy einen heftigen Tritt gegen ihren Kopf. Und dann noch einen. Er trat sich beinahe in Rage, so groß war sein Zorn auf Amy. Er verabscheute Dennis zwar auch dafür, dass er sich auf Amys Seite geschlagen und ihn ignoriert hatte, aber Amy war diejenige, die ihn am meisten verärgert hatte, selbst wenn er nicht genau wusste, warum ihr Verrat ihn mehr störte als der von Dennis. Vielleicht, weil er sie, auch wenn er ihre Gefühle nie erwidert hatte, immer als SEIN Fangirl angesehen hatte und ihr nicht das Recht zugestand, ihre Zicken einfach IHM, dem finsteren Lord vorzuziehen.

„Habe ich nicht gesagt, ihr sollt aufstehen?“, knurrte er. Amy schrie mehrmals auf und hielt sich schluchzend ihren Kopf. Aber als er aufgehört hatte, auf sie einzutreten, setzte sie sich in Bewegung. Ging doch! Auf wackligen Beinen, nass und mit verweintem Gesicht stand sie auf, beugte sich zu Dennis herab, strich ihm übers Haar und sagte: „Komm, steh auf, sonst macht er dasselbe mit dir!“ Dann zog sie Dennis hoch, beziehungsweise versuchte es, kippte beinahe selbst hintenüber und konnte sich so gerade noch abfangen. Tom gluckste leise. „Also, bevor ihr geht, sollte ich vielleicht noch die Spuren entfernen“, er grinste spöttisch und machte einen Schritt auf Dennis zu, dessen Kleidung über und über mit Blut befleckt und dessen Knie und Handballen aufgeschürft waren. Tom zauberte Dennis‘ Kleidung sauber und schloss die Wunden an den Knien und Handballen. Man sollte äußerlich nichts erkennen, aber innerlich sollten seine ehemaligen besten Freunde auf immer und ewig zerstört sein. „Nun zu dir, Amy“, raunte er und ordnete ihre Haare, sodass niemand die dicke Beule sehen konnte, welche er ihr durch die Tritte an den Kopf verpasst hatte, „Die kannst du Lexy ja mal als kleines Exempel dafür zeigen, was mit Leuten passiert, die mir nicht den nötigen Respekt entgegenbringen und es sogar wagen, hinter meinem Rücken über mich zu lästern. So traurig, wo du doch beschlossen hast, ab heute ein besserer Mensch zu werden.“ Er lachte erneut sein hohes, irres Lachen, welches ihn fast ein wenig an den Joker erinnerte. Den hatte er schon immer gemocht. Zurück zum Wesentlichen, er wollte mit seinen Gedanken nicht abschweifen. Dazu fehlte ihm die Zeit. Tom beseitigte auch an Amy die Blutschlieren, welche sich durch das Wasser über ihren ganzen Körper zogen und zauberte auch das Nasensekret weg, welches ihr in Bächen hinunterlief. Dann trocknete er sie.

Rein optisch waren nun alle unversehrt, aber Amy und Dennis schwiegen wie in Trance, gedemütigt und traumatisiert. Als er sie hinunterbrachte, machten sich beide steif wie ein Brett und die fröhliche Gelöstheit, die sie vorher umgeben hatte, hatten sie verloren. So sollte es sein, fand Tom und war sehr zufrieden mit sich, dass er bereits am ersten Tag ihrer Reise seine Rache bekommen hatte. Als sie zu den anderen stießen, ging die Sonne bereits unter und tauchte das Meer in ein tiefes, blutiges Rot. „Wo seid ihr geblieben?“, erkundigte sich Mrs Cole besorgt, „Billy hat uns zwar so ungefähr informiert, in welche Richtung ihr gegangen seid, aber wir konnten euch nirgends finden.“ Abwesend starrten Amy und Dennis ins Leere. „Wo sind meine Sachen?“, fragte Amy tonlos, „Ich habe sie hier liegengelassen.“ „Das war nicht meine Frage“, wies Mrs Cole sie zurecht, „Wir haben deine Sachen bereits an uns genommen, bevor sie dir jemand klaut. Moment mal… Ist alles in Ordnung bei dir, warum siehst du mir nicht in die Augen? Um Himmels Willen, du bist ja leichenblass! Was ist passiert?“ Amy ignorierte sie. Sehr zeitverzögert zuckte sie mit ihren Schultern. „Wie, du weißt nicht, was passiert ist?“, Mrs Cole runzelte die Stirn. „Wir waren in der Höhle“, Amy deutete auf Dennis, Riddle und sich selbst. „Dennis, Tom, was ist passiert?“, rief sie entsetzt, als sie Dennis‘ leere und bleiche Miene ebenfalls erblickte. Als Dennis nichts sagte, beschloss Tom, ihr die Frage zu beantworten, bevor sie misstrauisch wurde. „Wir haben uns nur die Höhle dort hinten angesehen“, sagte er mit einer Unschuldsmiene. „Jaja, genau“, mischte sich Mrs Sweeney mit ironischem Unterton ein, „Ich glaube dem Jungen kein Wort. Er ist unverändert geblieben, während die beiden anderen Kinder völlig still und verängstigt sind. Er ist die Ausgeburt der Hölle!“ Tom ärgerte sich, dass Mrs Sweeney ihn durchschaute. Mit lammfrommem Blick hob er seine Finger feierlich zum Schwur und sagte: „Ich schwöre, wir haben uns wirklich nur die Höhle gemeinsam angeschaut. Warum sollte ich meinen zwei besten Freunden etwas antun? Wie kommen sie darauf?“ Enttäuscht sah Amy zu Boden, falls sie das überhaupt mitbekommen hatte. Geistig schien sie noch abwesender zu sein als sonst, weil sie war in der Regel schon immer sehr verträumt, unachtsam und naiv gewesen. Vielleicht war sie auch einfach noch so schockiert und in Gedanken so sehr bei den Vorfällen in der Höhle, dass sie deshalb so leer dreinschaute. „Du sollst nicht schwören, das stammt von Bösen!“, keifte Mrs Sweeney und unterbrach Toms Gedanken über Amy, „Du Kind des Satans, er wird dich eines Tages holen kommen und auf ewig wirst du im Fegefeuer schmoren. Etwas Schreckliches musst du getan haben! Durch und durch verdorben bist du!“ Hätte Mrs Sweeney damit nicht direkt ins Schwarze getroffen, hätte Tom laut loslachen müssen, doch diese Frau durchschaute ihn ganz genau, mochte ihr Gerede vom Teufel auch noch so altmodisch klingen. Er schluckte. „Tut mir leid“, murmelte er und sah in gespielter Reue zu Boden.

Allerdings verletzte ihn insgeheim schon sehr, dass er es Mrs Sweeney nie recht machen konnte. Diesmal und beim Vorfall mit Billy Stubbs‘ Hasen hatte er tatsächlich etwas Schwerwiegendes und Grausames angestellt, aber ansonsten verurteilte sie ihn seiner Ansicht nach häufig zu Unrecht. „Mrs Sweeney, verängstigen sie den armen Jungen bitte nicht so. Das ist pädagogisch nicht wertvoll. Du, Amy und Dennis kommt nachher zu mir, denn ich habe trotz eurer Aussagen, es sei nichts passiert, das Gefühl, es sei etwas zwischen euch vorgefallen. Da das privat ist, will ich es aber nicht vor allen anderen besprechen. Wir sollten uns jetzt auf den Rückweg machen, es wird dunkel.“ „Früher hatte man Sünder wie ihn öffentlich an den Pranger gestellt oder ausgepeitscht“, zeterte Mrs Sweeney, „Eine Schande ist dieser verweichlichte Umgang mit den Kindern heutzutage, früher wussten die Kinder sich noch zu benehmen.“ „Öffentliche Demütigung in wichtigen Entwicklungsphasen kann zu schwerwiegenden psychischen Problemen führen. Die Kinder, die zu uns kommen, sind bereits traumatisiert genug und wir haben gefälligst Rücksicht darauf zu nehmen. Wir müssen jetzt nicht über Erziehungsmethoden diskutieren, die Erziehungsmethoden heutzutage wurden wissenschaftlich belegt, ein autoritativer und konsequenter, aber dennoch liebevoller Erziehungsstil gilt als der beste zur Entwicklungsförderung.“ Innerlich grinsend hörte Tom der weiteren, ellenlangen Diskussion zwischen Mrs Sweeney und Mrs Cole zu, welche sich nach diesen unterschiedlichen Auffassungen aufspannte. „Man muss ihnen den Satan austreiben, so wie es sich früher gehört hatte!“, schrie Mrs Sweeney, als sie fast angekommen waren und die, in Toms Augen äußerst sinnlose Diskussion, immer noch kein Ende gefunden hatte. „Und ich sage nein! Fall mir jetzt bitte nicht in den Rücken, Abigail, sonst bist du deinen Posten hier ganz schnell los.“ „So lasse ich nicht mit mir reden! Früher hatte man Respekt vor dem Alter!“, Mrs Sweeney presste ihre dünnen Lippen zusammen. So unterschiedlich konnten also die Ansichten über Moral sein, weshalb Tom deren Legitimation grundsätzlich infrage stellte. Für ihn gab es nur Macht und diejenigen, die zu schwach dazu waren, nach ihr zu streben. Denn für das Verlangen nach Macht gab es seiner Ansicht nach eine gute Legitimation: Die innere Befriedigung, die er dadurch verspürte, andere zu kontrollieren und zu demütigen, die es seiner Ansicht nach verdient hatten, war ihm Legitimation genug für seine sehr problematische Auffassung von Moral. Gedankenversunken folgte er Mrs Cole und Dennis in Mrs Coles Zimmer. Amy würde sich noch etwas anziehen, bevor sie sich zu ihnen gesellte. „Dennis, ist irgendetwas passiert? Tom, habt ihr euch irgendwie vorher gestritten? Mir ist aufgefallen, dass du in den letzten Wochen nicht mehr bei Amy und Dennis gesessen hast und als ich Amy und dich in mein Büro zitiert habe, um euch zu befragen, hatte sie sich auch seltsam in deiner Gegenwart verhalten. Ihr könnt mit mir über alles reden“, versuchte Mrs Cole, ein Gespräch anzufangen.

„Zwischen uns ist nichts vorgefallen“, sagte Tom mit zuckersüßer Engelsstimme, „Zumindest nichts Großes. Hat Billy ihnen nicht erzählt, dass Amy und ich uns längst schon wieder vertragen haben und sogar glücklich Hand in Hand über den Strand gelaufen sind?“ „Ja, er hat tatsächlich erwähnt, dass ihr beide Hand in Hand gelaufen seid, allerdings macht mich das misstrauisch. Ich war zwar keine Zeugin bei dem Vorfall, aber die Art, wie du Amy bei der letzten Befragung hinter dir hergeschleift hast, sah für mich sehr gewalttätig aus und Amy wirkte in deiner Gegenwart nicht gerade glücklich und hat sich damals auch schon anders verhalten als sonst. Was hast du mit den beiden gemacht?“ Bevor Tom antworten konnte, ging die Tür auf und Amy kam mit ausgewaschenen hellblauen Hotpants und einem zitronengelben, ombrierten T-Shirt herein. „Sorry“, murmelte sie mit niedergeschlagenem Blick und setzte sich so weit wie möglich weg von Tom und nahe zu Dennis. Doch dieser rückte zu Toms positivem Erstaunen von ihr ab. Wahrscheinlich gab Dennis Amy die Schuld dafür, was mit ihm passiert war, da sie ihn davon überzeugt hatte, Tom und sie hätten sich wieder vertragen. Zufrieden grinste Tom in sich hinein. Es lief besser, als er es sich je ausgemalt hätte! Nun hatte er nicht nur die beiden gefoltert und ihre psychische Gesundheit nachhaltig geschädigt, noch mehr, als sie sowieso schon geschädigt war, denn fast jedes Kind im Waisenhaus hatte mit irgendwelchen psychischen Problemen zu kämpfen, sondern er hatte auch noch ihre Freundschaft zerstört. Er übertraf sich wirklich immer wieder selbst, was das perfekte Ausüben seiner Rache anbetraf!  Stolz schwoll seine Brust an und er fühlte sich so mächtig und überlegen wie nie zuvor. Wahrscheinlich war es pädagogisch gesehen wirklich problematisch, dass er für all seine schlechten Taten indirekt belohnt wurde oder aber mit einem blauen Auge davonkam, falls er sich dumm angestellt hatte. „Hattet ihr Streit? Oder warum rückt ihr voneinander ab?“, startete Mrs Cole einen letzten verzweifelten Versuch, irgendeine Information aus den dreien herauszubekommen, doch dieser Versuch scheiterte erneut.

Mit niedergeschlagenem Blick seufzte sie und sagte: „Nun gut, wir leben in einer Demokratie beziehungsweise einer Parlamentarischen Monarchie und ihr habt das Recht zu schweigen. Ich kann euch nicht dazu zwingen, mir von euren Problemen zu erzählen. Aber falls ich euch irgendwie bei der Lösung eures Konfliktes behilflich sein kann, dann lasst mich das wissen.“ Na endlich konnten sie gehen! Darauf hatte Tom nur gewartet. Außerdem verlieh es ihm eine tiefe Genugtuung, selbst Autoritäten mürbe machen zu können und sein Selbstbewusstsein stieg nach diesem Vorfall weit über ein gesundes Maß hinaus. Ihm konnte niemand etwas anhaben, mit ihm sollte man sich besser nicht anlegen! Falls es so etwas wie einen Gott geben sollte, so hatte er fast das Gefühl, einer zu sein, allmächtig und über all den anderen stehend. Mit aufrechter Haltung verließ er Mrs Coles Zimmer und lief in das Zimmer, welches er sich mit Seth, Zac und Ryan teilte. Er genoss die restlichen Ferien sehr, da er nun allen, die es gewagt hatten, sein Ego auch nur ein klitzekleines bisschen anzukratzen, gehörige Lektionen erteilt hatte. Amy hütete erst einmal eine ganze Woche lang das Bett, weil sie unter Schwindel litt und ein Arzt ihr eine leichte Gehirnerschütterung diagnostiziert hatte. Außerdem wurde Amy ihr Smartphone weggenommen, da Bildschirme bei einer Gehirnerschütterung wenig förderlich für die Genesung waren. Mrs Cole wunderte sich, wie es bei einer harmlosen Entdeckungstour zu einer Gehirnerschütterung kommen konnte, aber Amy hatte nur lapidar erwidert, sie habe möglicherweise in der dunklen Höhle einen Stalagmiten oder Stalagtiten,  sie wisse nicht, welche Bezeichnung auf die Tropfsteine von oben und welche Bezeichnung auf die Tropfsteine von unten zutreffe, übersehen und sich den Kopf angeschlagen. Sie könne sich aber durch die Gehirnerschütterung nicht mehr wirklich an Details erinnern, die in der Höhle stattgefunden hatten. Sie wusste also eventuell kaum noch Bescheid? Das war praktisch für Tom! Aber selbst wenn sie noch so grob wissen sollte, dass er sie gefoltert hatte, so müsste diese Erfahrung dazu ausreichen, dass sie sich nicht traute, irgendetwas zu sagen, da er sie sonst endgültig fertigmachen würde. Tom war überrascht, wie heftig er zutreten konnte, ohne irgendeine Art von Krafttraining zu betreiben, auch wenn er Gewalt durch Zauberei der rein körperlichen Gewalt eindeutig vorzog. Er war schlicht und ergreifend zu hoch dafür, seine Gegner einzig und allein durch Prügeln fertigzumachen. Als Add-On zur zusätzlichen Demütigung fand er menschliche Gewalt jedoch äußerst legitim. Außerdem war diese seiner Ansicht nach ein klitzekleines bisschen effektiver, was das Herauslassen von Aggressionen anging. Allerdings nur ein bisschen. Dennis hingegen konnte nach zwei Tagen Bettruhe wieder mit den anderen Kindern am üblichen Ferienprogramm teilnehmen. Er hatte wahrscheinlich bloß ein paar leichte blaue Flecken am Oberkörper, welche er jedoch unter seiner Kleidung verbarg.

Allerdings zog er sich viel mehr zurück als vorher und war nie wieder der offene, kontaktfreudige Dennis, der er vorher gewesen war. Nach dem Urlaub, als Amy das Bett wieder verlassen durfte, erkannte Tom sie kaum wieder. Sie war um einiges dünner geworden und ihre Arme waren deutlich weniger definiert als zuvor. Er erfreute sich an ihrem sportlichen Glow Down. Das musste ihr einen ordentlichen Dämpfer versetzen, denn Turnen, Ballett und Tanzen im Allgemeinen waren das, was Amy nach ihren Freunden am wichtigsten in ihrem Leben war. Umso mehr war Amy also nach ihrer Bettruhe darum bemüht, wieder so sportlich zu werden wie vor dem Ereignis in der Höhle wenn nicht sogar noch sportlicher. In zwei Jahren würde sie auf die weiterführende Schule kommen, Tom im nächsten Schuljahr und Amy nahm sich feste vor, es auf ein Sportinternat zu schaffen, nachdem sie die Lästergruppen verlassen und somit auch Lexy gegen sich aufgebracht hatte. Nach den Sommerferien ging Tom also auf die weiterführende Schule und bekam deshalb nicht mit, ob Amy gemobbt wurde oder nicht, obwohl es ihn sehr freuen würde, wenn sie nun die Quittung für ihr feiges Verhalten erhielt. Hätte sie ihn von Anfang an eingeweiht, hätte er ihr geholfen, Lexy zu zeigen, wo ihr Platz ist, aber so musste Amy halt eben den Preis dafür zahlen, ihn hintergangen zu haben. Zumindest wurde sie offensichtlich nicht mehr zu ihren alten Freundinnen eingeladen und erhielt auch umgekehrt keine Besuche mehr von diesen. Stattdessen turnte sie nur noch gemeinsam mit der jüngeren Lissy und eignete sich sogar aufgrund ihres neu entfachten Ehrgeizes das Geräteturnen an. Tom nahm an, dass sie sich unter anderem in den Sport flüchtete, um ihre seelischen Verletzungen, die er ihr zugefügt hatte, zu verdrängen und um darüber hinwegzukommen, dass Dennis sie auch nicht mehr leiden konnte. Dennis verbrachte viel Zeit mit Seth, Ryan und Zac und Tom amüsierte sich darüber, dass Dennis es ganz offensichtlich nötig hatte, sich mit kleinen Kindern abzugeben. Da war er, Tom, doch definitiv die coolere Gesellschaft gewesen und dass er selbst nun auch keine gleichaltrigen Freunde mehr hatte, ignorierte er getrost. Er wollte sich nicht eingestehen, dass er bei den gleichaltrigen, sportliebenden und fantasielosen, magisch unbegabten Jungen einfach den Status als Weirdo und Misfit hatte. Dieses Eingeständnis wäre zu schmerzhaft und zu kränkend für seinen Stolz gewesen. Insgeheim hatte er sich manchmal gefragt, auch wenn er es niemals zugeben würde, warum die, zu dem Zeitpunkt wahnsinnig beliebte, sportliche Amy ihm überhaupt die ganze Zeit hinterhergelaufen war und ihn von Anfang an so toll fand. Deshalb verletzte es ihn auch so sehr, dass sie ihn dann doch noch für Lexy hatte fallenlassen, so wie sein Vater ihn und seine Mutter offensichtlich auch hatte fallenlassen. Wenn er daran dachte, dass sich sein verschollener Vater nicht für ihn interessierte, sank sein sorgsam aufgebautes Selbstwertgefühl ins Bodenlose.

Wenn er sich schon nicht um ihn kümmern konnte, wie all die anderen alleinerziehenden Elternteile, warum besuchte er ihn dann nicht wenigstens zu besonderen Anlässen? Es musste an ihm selbst liegen, dass niemand ihn leiden konnte! Er sagte sich zwar immer, er sei etwas ganz Besonderes, aber auch nur als Kompensation dafür, dass ihn offensichtlich alle anderen besonders seltsam oder besonders abstoßend fanden und es seiner Ansicht nach bis auf sein ansprechendes Äußeres nichts gab, was andere an ihm in irgendeiner Form lobten und wertschätzten. Mittlerweile war er verdammt einsam, so wie zu dem Zeitpunkt, bevor Dennis, Amy und er sich zu einer Clique zusammengefunden hatten. Ab und zu traf er sich mit Jeanette und sprach mit ihr. Niemand, der vorbeikam, traute sich, sich darüber lustig zu machen, aber offensichtlich musste Mrs Cole davon Wind bekommen haben, denn sie machte sich Sorgen, ob Tom vielleicht Stimmen hörte und unter Wahnvorstellungen leiden könnte, da niemand sonst die Schlange sprechen hörte. Mrs Cole wollte Tom dringend auf psychische Störungen untersuchen lassen und einen Termin in der Klinik für einen Gehirnscan vereinbaren, aber Tom fing daraufhin so bitterlich zu weinen an und ließ sie glauben, sie wäre diejenige, die sich das alles nur einbilde. Er schämte sich, zu Mitteln dieser Art greifen zu müssen, da er niemandem die Genugtuung geben wollte, ihn in einem schwachen Moment zu erwischen. All das würde ihn bloß angreifbar machen, weshalb er schon extrem früh gelernt hatte, seine Emotionen versteckt zu halten und schließlich ganz zu unterdrücken, sodass sie kaum noch existierten. Ansonsten würde man an einem harten Ort wie diesem nur zerbrechen. Seitdem Mrs Cole anonym informiert worden war, vertraute er jedenfalls niemandem mehr und achtete sehr darauf, sich nicht mit Jeanette erwischen zu lassen. Jeanette war über seine immer seltener werdenden Besuche sehr traurig, vielleicht auch, weil er ihr zu fast jedem Besuch etwas zu Essen mitbrachte und sie nun für sich selbst jagen musste. Im Grunde war er auch für Jeanette nur ein Zweckbündnis, aber was soll’s. Er selbst hatte sich auch schon sehr früh angewöhnt, nur Zweckbündnisse mit anderen zu schließen, weil dann tat es nicht so weh, wenn dieses Zweckbündnis zerbrach. Dann musste er sich nur jemand neues suchen, der ihm wieder zu etwas nutze war.

Vielleicht, kurz um seine Geburt herum, hatte er einmal rudimentäre Ansätze gehabt, eine nicht zweckmäßige Bindung zu seinen Eltern aufbauen zu wollen, doch diese zu seinem Vater war ihm wahrscheinlich schon während der Schwangerschaft oder kurz nach der Zeugung genommen worden, je nachdem, wann seine Eltern sich getrennt hatten, und die zu seiner Mutter wenige Stunden nach seiner Geburt. Als Baby soll er selten geweint haben und bereits damals hatten sich die Erwachsenen sein Verhalten zum Anlass genommen, ihn zu gefühlt zwanzig Ärzten zu schleppen. Mrs Cole, die damals noch ziemlich neu und sehr übereifrig gewesen war, machte sich Sorgen, dass er eventuell taub oder autistisch sein könnte oder unter einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leiden könnte, da sie gelesen hatte, dass Babys mit ADS besonders ruhig und in sich gekehrt seien und dass Stress in der Schwangerschaft neurologische Veränderungen und somit ADHS und ADS begünstigen konnte. Sie wollte nicht ausschließen, dass Mütter, die ihr Baby unter einer anonymen Geburt abgegeben hatten, keine erholsame und entspannte Zeit während ihrer Schwangerschaft hatten. Glücklicherweise stellten sich ihre Vermutungen, er wäre taub, autistisch oder hätte eine Lernstörung als falsch heraus und er war zumindest körperlich ein gesundes Kind, auch wenn für ihn die ganzen Arztbesuche wahrscheinlich einen enormen Stress dargestellt hatten. Zwar konnte sich Tom kaum daran erinnern, aber er bekam immer mal wieder mit, wie die Erwachsenen hinter seinem Rücken über ihn lästerten, wie seltsam er sei. Durch Amy und Dennis konnte er sich zeitweise mal einer Gruppe zugehörig fühlen und auf Einschüchterungsversuche die meiste Zeit über verzichten, da die beiden ihn offensichtlich größtenteils auch so respektiert hatten, ohne dass er sie hätte gefügig machen müssen, aber diese Zeiten waren ja nun auch vorbei. Selbst sie hatten ihn verraten. 

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