Dunkle Tage

Harry Potter - J. K. Rowling
M/M
G
Dunkle Tage
Summary
Eines Nachts klopft Albus Dumbledore an Lupins Tür, und hat jemanden im Schlepptau, mit dem dieser so gar nicht gerechnet hat...Die Figuren sind aus Rowlings Büchern geborgt und gehören mir nicht.Ihre Ansichten zu trans* Menschen teile ich nicht!
Note
"Sorrow found me when I was young.Sorrow waited. Sorrow won."(Sorrow, The National)
All Chapters Forward

Chapter 9

Es war ein paar Tage später, als sie wieder in der winzigen Küche saßen. Remus hatte eine Eule von Albus Dumbledore erhalten, in welcher dieser ankündigte, für eine Weile unterzutauchen, um dem Geheimnis von Voldemorts Untersterblichkeit auf den Grund zu gehen. Er riet ihnen, sich ebenfalls für die nähere Zukunft bedeckt zu halten, und dass sie über alles sprechen konnten, wenn er wieder zurück war.
„Ich warte doch nicht unbekannte Zeit ab, bis Pettigrew gänzlich vom Erdboden verschluckt ist“, sagte Sirius stur.

Severus sagte nichts, aber sein mürrischer Gesichtsausdruck machte deutlich, dass er tatsächlich mit Sirius einer Meinung war.

Remus seufzte, und trank etwas Tee. Er hatte versucht, beide von dem waghalsigen Plan abzubringen, war aber bei beiden kläglich gescheitert. Sirius wollte seine Argumente schlicht nicht hören, und Severus ließ ihn zwar alles erzählen, aber schüttelte am Ende trotzdem nur den Kopf.

„Mir ist einfach unwohl dabei, mich bei dieser Sache nur auf Gerüchte zu verlassen“, sagte Remus erneut.

Severus berichtete, dass Greyback allem Anschein nach in einem Waldgebiet in Schottland untergetaucht war, und wenn sie einmal vor Ort wären, es ein Leichtes wäre, ihn ausfindig zu machen. Sirius schaute sehnsüchtig zu seinem Motorrad, dass sie vorerst in dem baufälligen Schuppen untergestellt hatten.

Remus aß ein weiteres Stück harten Käse und rieb sich mit den Händen über das Gesicht.

„Wenn ihr gesehen werdet, kommen wir alle in Teufels Küche!“, versuchte er es ein letztes Mal.

„Genau deshalb tun wir ja alles, um möglichst unentdeckt zu bleiben“, versicherte Sirius.

Remus war immer noch nicht überzeugt, aber ihm fiel auch nichts mehr ein, was er nicht die letzten Tage schon an Bedenken geäußert hatte.

„Du machst Dir zu viele Sorgen“, sagte Severus, dessen Hände immer noch leicht zitterten, der allerdings ohne Gehstock wieder laufen konnte. Doch nach ein paar Minuten musste er sich trotzdem noch irgendwo anlehnen, und für einen Augenblick verschnaufen. Auch, wenn er das niemals zugeben würde.

Remus nahm die Teekanne und goss sich den Rest des Tees ein, ohne die anderen beiden zu fragen. Dann leerte er diese in einem Schluck.

„Dann schlagen wir also diese Nacht zu?“, fragte er resigniert.

Bei dem Gedanken, Pettigrew wiederzusehen, war ihm leicht übel. Die letzten Tage hatten sich unbeschwert angefühlt und er hatte etwas weniger an die Leere gedacht, die ihn immer noch ausfüllte. Aber Pettigrew würde das alles wieder aufwühlen und ihm war überhaupt nicht wohl bei der Sache.

Severus schaute grimmig, und Sirius hatte eine wilde Entschlossenheit, die nicht gerade dazu diente, Remus‘ Sorgen zu lindern. Den Rest des Tages verbrachten sie schweigend.

Sirius schraubte an seinem Motorrad herum und polierte es auf Hochglanz, Severus verschwand in dem Sessel am Kamin mit seiner Algen-Abhandlung und Remus lief in der Küche unruhig auf und ab. Als es endlich dunkel wurde, war Remus angespannt und nervös.

Sie aßen schweigend die Nudeln zu Abend, die Remus zubereitet hatte. Draußen schneite es in dichten, weißen Flocken und die Sterne leuchteten ein wenig zu hell am Himmel. Sirius hatte angemerkt, dass es eine perfekte Nacht sei, doch Remus konnte ihm nicht so recht glauben. Es fühlte sich einfach wie eine furchtbare Idee an, und wenn es schiefging, könnten die anderen beiden sich vor Dumbledore rechtfertigen.

„Immerhin ist es noch eine ganze Weile bis Vollmond“, stellte Severus fest.

„Ich habe in Azkaban gehört, dass Greyback keinen Vollmond braucht“, sagte Sirius und erschauderte.

Aber Severus schnaubte nur verächtlich.

„Das ist Unsinn, alle Werwölfe brauchen den Vollmond für die Verwandlung“, erwiderte er belehrend.

„Wenn Du das sagst…“, gab Sirius skeptisch zurück und widmete sich wieder seinen Nudeln.

Dann schwiegen sie wieder, aber Remus war sich nicht wirklich sicher, ob das so viel besser war. Am Ende legte er wortlos zwei Zauberstäbe auf den Tisch, und schaute beide herausfordernd an.

Sirius griff als Erster zu, bevor auch Severus zögernd die Hand nach dem verbliebenen Zauberstab ausstreckte.

„Woher sind sie?“, fragte er, während Sirius bereits grüne und rote Funken über den Küchentisch tanzen ließ.

Remus verzog den Mund zu einem schmalen Strich.

„Was denkst Du denn, woher sie sind?“, fragte er zurück und Severus fragte nicht weiter nach.

Auch Severus ließ jetzt ein sanftes Licht erglühen, welches sich schimmernd über den Küchentisch ergoss. Dann zuckte er schmerzhaft zusammen und Sirius schaute nur unschuldig aus dem Fenster.

„Ich nehme sie euch beiden wieder weg“, drohte Remus, und Severus legte den Zauberstab bedächtig wieder auf dem Küchentisch ab.

Daraufhin hing wieder ein unangenehmes Schweigen in der Küche, bevor Sirius seinen halbleeren Teller von sich wegschob. Sie ließen das Geschirr stehen und zogen sich warme Wintermäntel an. Als sie ihre Ellbogen ineinander verhakten und mit einem letzten Blick auf Remus‘ schiefes Haus und den schneebedeckten kargen Garten disapparierten, fühlte es sich fast wie Abschied an.

Dann standen sie auch schon an den Rändern eines dunklen Waldes. Es roch nach frischem Schnee und kalter Erde, und den letzten herabgefallenen Laubblättern, die jetzt am Boden verwelkten. Ein paar Krähen flatterten erschreckt auf, doch sonst war es fast schon unheimlich still. Nichts regte und rührte sich um sie herum und Remus spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Er hatte überhaupt kein gutes Gefühl bei der Sache.

„Also wie besprochen?“, wisperte Sirius leise.

Remus nickte, und umarmte seinen Schulfreund ein letztes Mal.

„Alles wird gut“, sagte Sirius, bevor er als schwarzer Hund in den Wald hineinrannte.

Irgendwo erklang ein wehklagendes Heulen, das sich verdächtig nach einem Werwolf anhörte. Aber vermutlich war es nur ein ganz gewöhnlicher Wolf, und die Nacht ließ alles düsterer erscheinen, als es in Wirklichkeit war.

Die Stunden verstrichen und langsam zog am Horizont schon die Morgendämmerung herauf. Trockene Zweigen knackten unter ihren klobigen Winterstiefeln und die Stille hing schwer zwischen ihnen.

„Hoffentlich ist Sirius nichts passiert“, flüsterte Remus.

„Das wäre eine furchtbare Tragödie“, erwiderte Severus und er klang nur ein bisschen schadenfroh.

Aber Remus sagte nichts, immerhin hatte Severus die ganze Nacht immer wieder Schutzzauber in den Wald geschickt und seinen Patronus, den niemand bislang gesehen und demnach ihm hätte zuordnen können, nach Sirius Ausschau halten lassen. Es war ein Wolf, was Remus nicht erwartet hatte, doch der Gesichtsausdruck von Severus hielt ihn davon ab, das in irgendeiner Art und Weise zu kommentieren.

Sie fröstelten im kalten Wind, und Remus beschwor einen Wärmezauber, der ein bisschen Schutz gegen die Minustemperaturen bot.

„Danke“, sagte Severus leise, dessen Haare matt und farblos herabhingen und der erschöpft und müde an einem Baumstumpf lehnte.

„Du hättest heute Abend nicht mitkommen sollen“, tadelte Remus ihn mit einem Lächeln.

Doch wie erwartet schüttelte Severus nur den Kopf.

„Es hätte sich falsch angefühlt“, erwiderte er.

„Du weißt, dass die Sache mit – mit meinen alten Freunden nicht Deine Schuld ist?“

„Wenn ich nichts von der Prophezeiung gesagt hätte…“

Severus beendete den Satz nicht, aber Remus wusste, was er meinte.

„Dafür ist es jetzt zu spät“, sagte er nur, und dann schwiegen sie wieder.

Remus reichte Severus eine Hand, um ihn wieder nach oben zu ziehen, und er schob ihm aus seiner Manteltasche einen kleinen Zaubertrank zu, den er in der Apotheke in der Winkelgasse mal gegen Müdigkeit und Erschöpfung erworben hatte. Dankbar lächelte Severus ihn an und für einen Moment berührten sich ihre Hände, bevor sie wieder auseinandertraten und die dunklen Bäume beobachteten, die sich still im Wind wiegten. Manchmal ertönte aus der Ferne ein wehklagendes Heulen, und ein kleiner Kauz flatterte aufgeschreckt auf.

Dann brach Sirius plötzlich aus dem Dickicht hervor und in seinen Fängen hielt er eine verzweifelt um sich schlagende Ratte. Er schlitterte vor ihnen zum Stehen und Remus machte eine komplizierte Bewegung mit seinem Zauberstab, sobald der riesige Hund seinen Fang vor ihnen in den Schlamm spuckte.

Peter zitterte in der kalten Winternacht und sah sich immer wieder über die Schulter, als ob er im inzwischen nicht mehr ganz so düsteren Wald Zuflucht oder Hilfe finden würde.

„Du entkommst uns nicht“, zischte Sirius und Remus erschrak vor dem Hass in seiner Stimme. Sirius war wild und impulsiv und unüberlegt und manchmal zu schnell aufbrausend, aber so kalt war seine Stimme in all den Jahren, die er ihn kannte, noch nie gewesen.

„Si-Si-Sirius“, stammelte Peter verschreckt.

„Ja, Sirius, und Remus, und Snivellus“, spie Sirius zurück, sobald er die Hundegestalt abgeschüttelt hatte.

Seine Haare tropften, seine Hände waren weiß vor Kälte und in seinen Augen funkelte etwas Gefährliches. Remus trat nach vorne, um ihn an der Schulter zu packen, während Severus seinen Zauberstab weiter auf ihren ehemaligen Mitschüler gerichtet hielt.

Anders als Sirius schien er nicht länger über Emotionen zu verfügen. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos, und Peter wandte sich halb zum Fliehen, bevor ein Flickern von Severus‘ Zauberstab ihn in einer Ganzkörperklammer traf. Mit einem dumpfen Geräusch fiel er auf den gefrorenen Waldboden.

„Lasst uns von hier verschwinden“, sagte Remus, während er mit der Stiefelspitze Peters schäbigen Mantel berührte. Mit der anderen Hand griff er nach Severus‘ Handgelenk und sie drehten sich schon im Wirbel der Disapparation, als aus dem Wald ein grauer, fast verfließender Schatten erschien.

Der Wolf grollte und stürzte mit gefletschten Zähnen auf sie zu. Severus, der als Jugendlicher eine Zeitlang nach dem Vorfall in der Heulenden Hütte alles über Werwölfe gelesen hatte, was er in die Hände bekam (oder nachts heimlich in der Verbotenen Abteilung der Bibliothek einsehen konnte), erkannte sofort, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Wolf handelte. Remus sah, wie sich seine Augen weiteten und er den Zauberstab auf den Wolf richteten.

Doch es war zu spät. Alles ging fürchterlich schnell, Remus spürte nur ein Reißen an seiner Schulter, dann Schwärze und den Strudel des Verschwindens. Irgendwo in der Ferne hallte noch ein Heulen nach, und ein gleißender Blitz. Sie schlugen in einem Durcheinander von Armen und Beinen hart auf seinem Küchenboden auf.

Sirius rappelte sich als Erster wieder auf und stürzte sich mit einem wilden Gesichtsausdruck auf Peter, der Remus‘ Zauberstab aus dessen schlaffer rechten Hand zu greifen versuchte. Remus wollte seinen Arm schützend wegziehen, doch seine Schulter kooperierte nicht länger. Ein stechender, scharfer Schmerz durchzuckte ihn und er stöhnte leise. Dann war da Severus‘ besorgtes Gesicht direkt über ihn, und dessen schwarze Haare fielen matt herab, während er noch bleicher als sonst wirkte.

In diesem Moment klopfte es unter ihnen mehrmals abgehackt an die alte Haustür.

„Wir sind nicht da“, brüllte Sirius, und Severus rollte herablassend die Augen.

„Wir sind beschäftigt“, rief er hinterher, doch das schien den Besucher nicht abzuschrecken.

Erneut ertönte das Klopfen, und Remus hörte die bellende Stimme von Alastor Moody.

„Entweder ihr macht auf, oder ich breche gleich die Tür nieder. Eure Entscheidung“, hallte es von unten hinauf.

Remus verzog das Gesicht, und Severus strich ihm vorsichtig mit einer kühlen Hand das Haar aus der Stirn. Erst jetzt realisierte er, dass das Dunkle und Nasse auf dem Küchenboden unter ihm sein eigenes Blut war, das aus einer klaffenden Wunde an seinem oberen Arm herabtröpfelte.

„Ich lasse ihn auf gar keinen Fall auch nur für eine Sekunde aus den Augen“, sagte Sirius und betonte die letzten Silben mit einem wütenden Zucken seines Zauberstabs. Peter hob die Hände vor sein Gesicht und kroch weiter unter den Küchentisch.

„Bitte, ich wollte es nicht…“, stammelte er, doch niemand schenkte ihm Beachtung.

„Ich kann mich nicht bewegen“, seufzte Remus, der immer noch Schwierigkeiten hatte, ihre Situation zu erfassen. Es half auch nichts, dass die Farben um ihn herum immer mehr verschwammen und er sich irgendwie schwindelig fühlte.

Severus erhob sich steif.

„Ich komme“, rief er, und stolperte die Stufen zur Haustür hinunter.

Wenig später folgte ihm ein mürrischer Alastor in die Küche, dessen Mantel von nassem Schnee durchtränkt war, und dessen dünne Handschuhe kaum die Kälte des inzwischen draußen tobenden Wintersturms abzuwehren vermochten.

Bei Remus‘ Anblick donnerte er wütend los.

„Ich habe von Anfang an gesagt, dass es eine schlechte Idee ist, zwei Schwerverbrecher bei einem Werwolf unterkommen zu lassen“, fuhr er sie an, bevor er Peters zusammengekauerte Gestalt unter dem Küchentisch ausmachen konnte.

Sirius schaute ihn triumphierend an, Peter sah erschrocken von einem zum Anderen und Severus kniete wieder hilflos über Remus.

„Es kann nicht sein, ein Werwolf, ein echter Werwolf…“, murmelte er.

„Ich habe doch gesagt, dass Greyback keinen Vollmond braucht“, erwiderte Sirius hitzig.

„Bitte, ich kann euch alles verraten“, stotterte Peter.

Alastor schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

„Sirius, Du kommst mit mir ins Ministerium und wir nehmen Pettigrew gleich mit“, befahl er im Befehlston.

„Ich kümmere mich um Remus“, versprach Severus noch, bevor die anderen drei verschwanden. Remus blinzelte, und schwarze Flecken schwammen in seinem Sichtfeld herum.

„Ich schließe die Wunde, aber es könnte wehtun“, sagte Severus.

Remus nickte und biss die Zähne zusammen.

Doch was dann kam, war einfach zu viel für eine Nacht. Remus schrie, und schrie, bis seine Stimme heiser war.

„Shh“, wisperte Severus währenddessen, „alles wird gut, es ist gleich vorbei!“

Er strich ihm die schweißnassen Haare aus dem Gesicht, und fasste ihn beruhigend an der Schulter, bevor er den nächsten Heilzauber wirkte, der Remus endlich in einen tiefen Schlaf wegsinken ließ. Das letzte, woran er sich erinnerte, war ein Vorhang von schwarzen Haaren und besorgte dunkle Augen, die düster auf ihn hinabstarrten. Dann kamen die Albträume, mit schwarzen Schatten und dichten Wäldern und dem Heulen eines Wolfs, wehmütig und irgendwie unheimlich in der Winternacht.

Forward
Sign in to leave a review.