
Chapter 14
Es waren nur noch zwei Tage bis zum Ende der Weihnachtsferien, und Hogwarts war merklich ruhiger als sonst. Die wenigen Schüler, die über die Feiertage geblieben waren, verbrachten die meiste Zeit mit Plaudern, Faulenzen oder — im Fall der Slytherins — mit Plänen für das nächste Halbjahr.
Harry saß zusammen mit Draco und Theo in einer abgelegenen Ecke des Slytherin-Gemeinschaftsraums. Der Kamin warf ein warmes Licht auf die grünen Vorhänge, während draußen der Schnee langsam auf den Ländereien von Hogwarts fiel.
„Also, wann starten wir?“ fragte Draco, die Arme vor der Brust verschränkt. Er lehnte sich auf dem dunkelgrünen Sofa zurück und musterte Theo abwartend.
Dieser blätterte gedankenverloren in einem Buch, ohne wirklich zu lesen. „Wenn alle zurück sind, am besten noch in der ersten Woche.“
„Und was, wenn Umbridge Wind davon bekommt?“ warf Harry ein.
Draco schnaubte. „Dann haben wir ein Problem. Aber ehrlich, Potter, du glaubst doch nicht wirklich, dass wir uns von ihr einschüchtern lassen?“
Harry verzog das Gesicht. „Ich denke nur, dass wir vorsichtig sein sollten. Wir wissen jetzt, dass sie foltert, nicht nur nachsitzen lässt.“
Theo klappte das Buch zu. „Dann tun wir es so wie geplant. Der Raum der Wünsche bleibt unsere beste Option.“
Draco nickte, aber Harry konnte sehen, dass er noch skeptisch war.
„Wir brauchen ein Zeichen, um uns zu versammeln,“ überlegte Draco laut.
„Wie wäre es mit einer kleinen Verzauberung?“ schlug Theo vor. „Jeder bekommt ein Objekt, das warm wird, wenn wir uns treffen. Nichts Kompliziertes.“
„Geniale Idee,“ meinte Harry anerkennend.
Theo grinste leicht. „Natürlich.“
Als der Abend hereinbrach, verwandelte sich der Gemeinschaftsraum von Slytherin in eine Festhalle. Jedes Jahr feierten die Slytherins den Jahresbeginn mit einer wilden Party — ein Brauch, den selbst die strengsten Regeln von Hogwarts nie ganz unterbinden konnten.
Die Tische waren mit Leckereien gefüllt, Butterbierflaschen stapelten sich und irgendwo war sogar Feuerwhisky aufgetaucht. Blaise hatte eine Ecke mit einem Schachbrett eingenommen, während Pansy und Daphne laut über eine Schulhof-Romanze tuschelten.
Harry lehnte mit einem Butterbier in der Hand an einer der steinernen Säulen und beobachtete das Treiben. Theo stand neben ihm, ebenfalls mit einem Getränk.
„So etwas hatten wir in Gryffindor nicht,“ bemerkte Harry amüsiert.
Theo hob eine Augenbraue. „Lass mich raten. Tee und Kekse?“
Harry lachte. „Ziemlich genau das.“
Theo lehnte sich näher. „Ich würde sagen, du bist aufgestiegen, Potter.“
Harry musterte ihn von der Seite. Irgendetwas an Theos Art war so mühelos charmant, dass es ihn nervös machte.
„Na, wenn das mal kein Kompliment war,“ murmelte Harry.
Theo nahm einen Schluck und erwiderte den Blick. „Ich verteile nicht viele davon, also genieße es.“
„Hm. Ich sollte es mir aufschreiben.“
Theo schmunzelte.
Die Feier wurde ausgelassener, Gelächter erfüllte den Raum. Blaise hatte inzwischen begonnen, feuerrote Funken aus seinem Zauberstab zu schießen, und Draco beschwerte sich lauthals über den Lärm.
Harry drehte sich wieder zu Theo.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich hier landen würde,“ sagte er ehrlich.
Theo beobachtete ihn einen Moment. „Und? Bist du unglücklich?“
Harry zögerte. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein.“
Ein Lächeln zuckte über Theos Lippen. „Gut.“
Ihre Blicke hielten sich einen Moment zu lange.
Dann, fast beiläufig, griff Theo nach Harrys Hand. Nur eine Sekunde lang. Aber es war genug.
„Komm,“ sagte Theo schließlich. „Lass uns sehen, ob wir Blaise davon abhalten können, den Gemeinschaftsraum abzufackeln.“
Harry lachte und ließ sich mitziehen. Irgendetwas in ihm sagte ihm, dass dies nicht das letzte Mal war, dass er sich von Theo mitreißen ließ.
Die Feier war längst außer Kontrolle geraten. Überall standen leere Butterbierflaschen und ein paar halb geleerte Gläser mit Feuerwhisky herum. Blaise hatte irgendwann angefangen, eine inoffizielle Trink-Challenge auszurufen, und selbst Draco hatte mitgemacht, auch wenn er jetzt mit glasigen Augen auf einem Sessel lümmelte und gelegentlich vor sich hin murmelte.
„Okay, okay, nächste Runde!“ rief Pansy lachend und ließ einen Würfel über den Tisch rollen. „Wahrheit oder Pflicht, Zabini?“
Blaise streckte theatralisch die Arme aus. „Ich bin ein offenes Buch, Parkinson. Wahrheit.“
Pansy überlegte kurz, dann grinste sie gemein. „Wenn du eine Person aus diesem Raum küssen müsstest, wen würdest du wählen?“
Blaise zog eine Augenbraue hoch. „Das ist zu einfach. Ich würde mich selbst küssen.“
Daphne stöhnte. „Merlin, bist du selbstverliebt.“
„Habe ich je etwas anderes behauptet?“ Blaise zwinkerte ihr zu und nahm einen großen Schluck aus seinem Glas.
Harry saß neben Theo, die Schultern leicht aneinander gelehnt, beide zu träge, um sich zu bewegen. Er fühlte sich angenehm warm, leicht benebelt vom Alkohol. Ein Teil von ihm fragte sich, ob das eine gute Idee gewesen war, aber dann sah er sich um – Draco, der leise lachte, Pansy, die mit Blaise stritt, Daphne, die das ganze mit einem amüsierten Lächeln verfolgte – und ihm wurde bewusst, dass er sich zum ersten Mal seit Langem einfach wohlfühlte.
„Potter!“ Blaise zeigte plötzlich auf ihn. „Wahrheit oder Pflicht?“
Harry blinzelte ihn an. „Äh… Wahrheit?“
„Feigling,“ murmelte Draco.
Blaise grinste breit. „Okay. Wenn du eine Person aus diesem Raum zu deinem… sagen wir, bevorzugten Gesellschaftspartner wählen müsstest, wer wäre es?“
Harrys Magen zog sich kurz zusammen. Er spürte Theos Blick auf sich und wusste, dass alle auf eine Antwort warteten.
Er tat das Einzige, was ihm einfiel – er nahm einen Schluck aus seinem Butterbier, lehnte sich zurück und sagte mit einem schiefen Lächeln: „Ich denke, das bleibt mein kleines Geheimnis.“
Ein lautes Stöhnen ging durch die Runde.
„Feige, Potter!“ rief Pansy.
„Denk dir deine eigenen Regeln aus, warum nicht?“ meinte Draco trocken.
Theo neben ihm schmunzelte leicht.
Nach ein paar weiteren Runden wurde das Spiel zunehmend unkoordinierter, bis irgendwann Blaise halb auf dem Sofa lag, Draco sich aus dem Staub gemacht hatte und Daphne und Pansy überlegten, ob es sich lohnen würde, sich für die Nacht bis in den Gryffindor-Turm zu schleichen, nur um ein paar Gryffindors zu ärgern.
Harry wusste nicht mehr genau, wie er es ins Bett geschafft hatte. Er wusste nur, dass er sich nach einem kurzen „Gute Nacht“ in seinen Schlafsaal geschleppt hatte, den Umhang irgendwo auf den Boden geworfen und sich ins Bett fallen ließ.
Doch der Schlaf kam nicht.
Sein Kopf drehte sich leicht vom Alkohol, und jedes Mal, wenn er die Augen schloss, fühlte es sich an, als würde der Raum schwanken. Er seufzte genervt und drehte sich zur Seite. Vielleicht half frische Luft?
Oder…
Seine Gedanken schweiften zu Theo.
Fast ohne nachzudenken – oder vielleicht doch mit ein bisschen zu viel nachgedacht – stand er auf, zog sich eine Jacke über sein Pyjamaoberteil und schlich sich aus dem Zimmer.
Der Slytherin-Gemeinschaftsraum war fast leer. Nur ein paar übrig gebliebene Flaschen standen herum, einige Polster waren verrückt worden, als hätte jemand in letzter Minute noch einen Kampf mit Kissen angefangen.
Leise trat Harry an die Tür zu Theos Schlafsaal. Er wusste, dass sich Theo den Raum mit Crabbe und Goyle teilte, aber die beiden schliefen in der Regel tief und fest. Vorsichtig öffnete er die Tür.
Theo lag noch wach, sein Kopf an das Kopfteil gelehnt, ein Buch in den Händen. Er sah auf, als Harry eintrat.
„Potter?“ Theo klang nicht wirklich überrascht. Eher amüsiert. „Kannst du nicht schlafen?“
Harry schloss die Tür hinter sich und zuckte mit den Schultern. „Mein Kopf dreht sich. Ich glaube, ich habe zu viel getrunken.“
Theo schmunzelte leicht. „Kein Wunder. Du hast mit Zabini gefeiert.“
Harry trat näher an das Bett. „Kann ich… hier bleiben?“
Theo sah ihn einen Moment lang an, als würde er überlegen, ob er sich über ihn lustig machen oder es einfach hinnehmen sollte. Dann rutschte er zur Seite und machte Platz.
Harry zögerte nicht lange, sondern ließ sich neben ihm nieder.
„Wenn du kotzt, Potter, dann nicht auf mein Bett,“ bemerkte Theo trocken.
Harry lachte leise. „Ich geb mein Bestes.“
Es dauerte nicht lange, bis die Wärme des Bettes und Theos ruhige Atmung seine Gedanken beruhigten. Vielleicht war es der Alkohol oder einfach nur die Erschöpfung, aber zum ersten Mal an diesem Abend fühlte er sich vollkommen entspannt.
„Weißt du, Nott…“ murmelte er schläfrig. „Du bist meine bevorzugte Gesellschaft.“
Theo verzog leicht die Lippen. „Komplimente von dir? Jetzt wird’s ernst.“
„Mhm,“ war alles, was Harry noch von sich gab, bevor er langsam in den Schlaf glitt.