
Chapter 18
Am nächsten Abend war die Hotelbar in ein gedämpftes, warmes Licht getaucht. Die Atmosphäre wirkte entspannt, fast friedlich, doch die Ruhe war trügerisch. In einer Ecke saßen Uli und Eva, jede mit einer Tasse Kaffee vor sich. Während Eva sich zurückgelehnt hatte, die Beine elegant übereinandergeschlagen, und eine fast provokant entspannte Haltung einnahm, sprach Ulis Körpersprache eine ganz andere Sprache. Ihre Finger umklammerten die Tasse so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, und ihr Blick huschte unruhig durch den Raum.
Eva, deren Augen wachsam über die Bar glitten, bemerkte die Anspannung sofort. Mit einer sanften Bewegung legte sie ihre Hand auf Ulis und drückte sie beruhigend. „Schatz, beruhig dich,“ flüsterte sie mit einer Stimme, die ruhig und voller Zuversicht klang. „Ich bin hier. Und ich bleibe hier.“
Noch bevor Uli antworten konnte, bemerkte sie ihn. Jeremy. Er war gerade hereingekommen, und sofort beschleunigte sich ihr Herzschlag. Sie griff instinktiv nach Evas Hand und suchte Halt. Jeremy bewegte sich langsam durch den Raum, seine Schritte zögerlich. Er wirkte nervös, angespannt, und doch war seine Haltung defensiv, als wolle er vermeiden, mehr Unruhe zu stiften.
Als er schließlich vor ihrem Tisch stand, blieb Eva in ihrer Haltung. Ihr Blick war kühl, beinahe herablassend, und sie rührte sich keinen Zentimeter, während sie Jeremy musterte. Uli, die ihre Fassung wiederzufinden versuchte, brach schließlich die Stille. „Setz dich,“ sagte sie knapp, ihre Stimme etwas zittrig.
Jeremy ließ sich auf den Stuhl fallen, als wäre allein das ein Kraftakt. Seine Hände ruhten auf den Knien, und für einen Moment wusste er nicht, wohin mit seinem Blick. Er begann zu sprechen, leise, fast flehend. „Es tut mir leid,“ sagte er, und seine Stimme klang rau. „Ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Mein verletzter Stolz… hat mich Dinge tun lassen, die ich bereue.“ Während er sprach, wanderte sein Blick flüchtig zu Evas Füßen, die in eleganten Pumps steckten. Doch er wandte sich schnell wieder ab, als würde er fürchten, ihre Reaktion herauszufordern.
Eva, deren Arme vor ihrer Brust verschränkt waren, nickte langsam, ohne ein Wort zu sagen. Doch ihre Augen durchbohrten ihn, als suchten sie in jedem Wort nach der Wahrheit.
Jeremy redete weiter, seine Stimme unsicher, aber bemüht, glaubwürdig zu wirken. „Ich habe einen neuen Job. In Kiel. Ich werde weit weg sein, und das ist besser so.“ Er hielt kurz inne und senkte den Blick. „Aber… ich will Ivy regelmäßig sehen. Alle zwei, drei Wochen vielleicht, je nachdem, wie es passt. Ich weiß, dass ich vieles falsch gemacht habe, aber… ich bin trotzdem ihr Vater.“
Uli hörte ihm zu, ihr Blick immer wieder unsicher zu Eva gleitend. Schließlich nickte sie. „Das klingt… in Ordnung,“ murmelte sie. Doch die Entscheidung schien sie nicht allein treffen zu wollen.
Eva, die bisher geschwiegen hatte, sprach nun mit einer ruhigen, festen Stimme. „Das mit Ivy ist allein eure Sache. Hauptsache, sie ist glücklich. Dafür bin ich da – um sicherzugehen, dass es ihr gut geht.“ Ihr Ton ließ keinen Raum für Verhandlungen.
Die folgenden Minuten waren von sachlicher Ruhe geprägt. Sie besprachen die Details: Wie oft Jeremy Ivy sehen durfte, dass Uli mit ihr bei Eva lebte und ihre alte Wohnung bald kündigen würde. Jeremy stimmte allem zu, und am Ende wirkte er erleichtert, fast dankbar.
Als er schließlich aufstand und sich verabschiedete, fiel eine spürbare Last von Uli ab. Sie atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen. Noch bevor sie etwas sagen konnte, zog Eva sie in eine feste Umarmung. Es war eine jener Umarmungen, die nicht nur Trost spendeten, sondern Schutz und Stärke ausstrahlten. „Es ist vorbei,“ flüsterte Eva, ihre Stimme voller Zuversicht. „Kein Drama mehr. Nur noch wir.“
Uli schloss die Augen und ließ sich in Evas Arme sinken. Zum ersten Mal seit langem fühlte sie sich sicher. Endlich frei.
Unbeeindruckt von den neugierigen Blicken der Hotelmitarbeiter nahm Eva Ulis Gesicht in ihre Hände. Sie zog sie zu sich und küsste sie, langsam, intensiv und voller Leidenschaft. Es war ein Kuss, der Besitz und Liebe zugleich ausdrückte, ein stiller Triumph über all die Schwierigkeiten, die hinter ihnen lagen.
Nicht weit entfernt standen Paolo und Eddy an der Bar. Paolo, der die Szene aufmerksam beobachtet hatte, zog eine Augenbraue hoch. „Unangenehm… aber auch irgendwie beeindruckend,“ murmelte er, während Eddy sich bemühte, nicht zu offensichtlich hinzuschauen.
Uli und Eva, die den kurzen Moment der Aufmerksamkeit bemerkten, brachen in Gelächter aus. Ihre Stirnen berührten sich, und ihre Augen leuchteten vor Erleichterung. „Ein neues Leben,“ flüsterte Eva, und ihre Stimme war von einem leisen Zittern erfüllt.
„Zu dritt,“ ergänzte Uli mit einem sanften Lächeln. Frieden und Zuversicht spiegelten sich in ihrem Blick wider.
Hand in Hand verließen sie die Bar. Zuhause angekommen, ließ die letzte Anspannung endgültig nach. Sie standen in der Dunkelheit ihres Schlafzimmers, und Eva umarmte Uli von hinten, ihre Arme fest um Ulis Taille geschlungen.
„Ich liebe dich,“ flüsterte Eva, ihre Lippen sanft an Ulis Ohr.
„Ich liebe dich auch,“ erwiderte Uli, während ein leises Lächeln über ihr Gesicht huschte.
In dieser Nacht schrieben sie das erste Kapitel eines Lebens ohne Drama, ohne Angst – ein Leben voller Liebe, Freiheit und neuer Möglichkeiten.