
Tom Riddle, 14jähriger Schüler der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei, dem Hause Slytherin zugehörig, war ein intelligenter junger Mann mit mehr Ambition, als gut für ihn war.
Doch gerade eben zweifelte er an seinem Verstand, den er im Da-und-Fort-Raum beschäftigen wollte. Der Raum konnte Rätsel erstellen, die selbst für Tom eine stundenlange Herausforderung waren.
Irgendwas musste aber ganz gehörig schief gegangen sein, denn anstatt des erwarteten Kesselkuchens (Salazar, er liebte Kesselkuchen!) schwebte eine Djinn aus dem Kasten, der nur durch eine Folge sehr komplexer Gedankengänge zu öffnen gewesen war. Eine sehr hübsche Djinn, wie Tom zugeben musste, obwohl - oder vielleicht gerade, weil - alles an ihr eine Schattierung von Grün war. Die Haut (pistazie), die Haare (wald), die Augen (jade), die spektakulär enganliegende Robe (smaragd).
“Sterblicher!” Die Stimme füllte Toms Geist mit nicht jugendfreien Bildern, wiewohl er bis jetzt dafür nicht das geringste Interesse gezeigt hatte. “Blablabla, befreit, blablabla, Wunsch, blablabla. Du weißt ja, wie so etwas geht.” Der Junge sah das grüne Wesen mit großen Augen an und fragte sich, ob er eventuell mit einem Fluch getroffen worden war.
Die Djinn runzelte die Stirn. Sie hatte doch nicht etwa mit einem als intelligenten Burschen getarnten Dummkopf zu tun? Ihre Finger schnippten vor dem Gesicht des Zauberers. “Junge, sagst du Ilana jetzt, was du dir wünschst?”
In Tom brachen alle Dämme, als er endlich begriff, wer da vor ihm in der Luft schwebte. So viele Möglichkeiten! Aber trotzdem durfte er es nicht übereilen. Andererseits: was gab es viel zu überlegen? Er wusste, was er wollte. Macht. Er wollte der mächtigste Zauberer der Welt sein. Niemand sollte sich ihm entgegenstellen können. Niemand sollte je wieder auf ihn herabblicken.
Er wandte sich an die Djinn. “Ilana, nicht wahr?” Sie nickte. “Ilana, ich, Tom Riddle, wünsche mir, der mächtigste Zauberer des Universums zu sein.” Tom schloss die Augen und wartete, doch es tat sich nichts. Sollte er sich nicht grandios fühlen mit all der Macht? Er fühlte sich immer noch wie Tom Riddle. Er öffnete die Augen und sah Ilana, die ihn gedankenverloren anstarrte.
“Nein.” Tom schüttelte sich. “Wie - nein? Du bist eine Djinn, ich habe dich befreit, du musst mir einen Wunsch erfüllen.” Ilana schwebte zu dem jungen Zauberer, bis sie Nase an Nase standen. “Wenn du mich befreit hättest. Hast du aber nicht.” Er plusterte sich auf. “Und ob ich das habe. Du bist aus dem Kasten geschwebt, den ICH geöffnet habe.” Ilana lächelte maliziös. “Ja. Doch ich war nie gefangen.”
Ilana lebte seit Jahrhunderten im Da-und-Fort-Raum. Sie war der Grund, dass er überhaupt existierte. Es ist Hogwarts selbst gewesen, das ihr Zuflucht gewährt und einen versteckten Raum für sie erschaffen hatte. Die Djinn war einst vor einem besonders - er nannte sich wissbegierig, sie ihn brutal - widerwärtigen Exemplar von Zauberer geflohen. Er wollte ihre magische Essenz extrahieren und diese dann für Experimente verwenden. Dass Ilana gestorben wäre, war ihm gleich. Im Laufe der Zeit begann ihre Magie mit dem des Raumes zu interagieren und jeder, der den Raum fand, konnte ihn sich so wünschen, wie er ihn gerade brauchte. Man konnte sich auch Bücher, Essen oder ein Bett wünschen; Ilanas Magie bewerkstelligte es.
Der junge Zauberer vor ihr kam oft in den Raum. Er wünschte sich immer schwierigere Aufgaben. Irgendwann hatte Ilana angefangen, Kesselkuchen erscheinen zu lassen, wenn er die Rätsel löste. Heute hatte sie sich in der Kiste versteckt, mit dem Versprechen an sich selbst, ihm einen Wunsch zu erfüllen, sollte er sie öffnen können. Sie hatte darauf gehofft, dass er sich Glück wünschte, eine Familie, etwas, das bleibt. Doch er hatte sie enttäuscht. Er war intelligent, sonst hätte er die meisten Rätsel nicht lösen können oder viel länger dafür gebraucht. Und doch war das, was er sich am meisten wünschte, Macht? Etwas, das keinen Bestand hatte? Etwas, das immer dazu führte, tief zu fallen? Das Unglück brachte? Nicht nur anderen, sondern auch einem selbst?
Trotz allem war auch sie an die Magie des Raums gebunden und ein gegebenes Versprechen musste erfüllt werden. Das hieß, einen Wunsch hatte er frei. Sie fühlte in die Magie des Raumes und in ihre eigene. Vor ihrem inneren Auge entfaltete sich der Schrecken, den der junge Zauberer entfachen würde, wäre er so mächtig, wie er es wünschte. Die Magie zeigte ihr aber auch einen anderen Weg. Ilana lächelte in sich hinein. Vielleicht konnte sie ihn überzeugen? Sie könnte Wege ebnen und Richtungen weisen. Denn die Gesetze der Magie und die der Djinn ließen es nicht zu, direkt einzuschreiten.
“Tom, ich werde dir diesen Wunsch gewähren, wenn du ihn immer noch haben willst,…” Sofort nickte der Zauberer. “...nachdem ich dir zwei Möglichkeiten gezeigt habe. Gib mir deine Hand.” Fest davon überzeugt, dass sein Wunsch Bestand haben würde, umschloss Tom die zarte grüne Hand mit seiner eigenen ohne zu zögern, spürte einen leichten Sog und sah nur noch Spiralen, was ihn schwindlig werden ließ, so dass er die Augen schließen musste.
“Du kannst sie wieder öffnen, Tom. Wir sind da.” Er tat, wie geheißen. Irgendwie waren sie in einer der Mädchentoiletten gelandet. Ein Mädchen weinte; Tom verdrehte die Augen. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich die Säule mit den Waschbecken bewegte. Dem so entstandenen Loch entstiegen er selbst, ein wenig älter als jetzt gerade, und - ein Basilisk! War also die Legende der Slytherins wahr? Tom hörte sich selbst in Parsel sprechen und dem Basilisk einen Befehl erteilen. “Töte!” Das Schluchzen des Mädchens hatte etwas gestockt und Tom, der kurz zu Ilana blickte, merkte, wie sich die Tür der Kabine langsam öffnete. Dann war auch schon der Basilisk zur Stelle und das Mädchen starb. Der zukünftige Tom zeigte kein Bedauern.
Ilana schwebte zur Kabine und Tom erkannte die Schülerin. “Das ist Myrtle Warren.” “Hat sie den Tod verdient?” Der Junge zuckte mit den Schultern. “Vielleicht nicht. Aber es ist kein großer Verlust.” Die Kälte in seiner Stimme ließ sie zittern. Sie hatte gesehen, wozu er mit Macht fähig wäre; aber er war noch so jung. “Lass uns weitergehen, Tom.”
Wieder fühlte Tom den Sog; seine Augen schloss er diesmal sofort. Ilana tippte auf seinen Handrücken, er öffnete sie. Sie standen an einem sonnigen Tag in der Nähe eines Hauses, das Tom nicht kannte. Dann sah er sich wieder selbst, wieder etwas älter, wie er den Weg zu dem schönen Haus ging, mit hassverzerrtem Gesicht und Blutdurst in den Augen. Es erschreckte Tom ein wenig.
“Komm mit.” Ilana zog ihn mit sich, seinem anderen Ich hinterher. Dann hörte Tom, wie die Menschen in dem Haus um Gnade flehten und sah, wie sein älteres Ich sein noch älteres Ich tötete. “Habe ich mich gerade selbst umgebracht?” “Nein, du hast deinen Vater getötet, deinen Großvater und deine Großmutter.”
“Ich werde es nicht grundlos getan haben.” Tom blickte herausfordernd zu Ilana, die nickte. “Es mag sein, dass dein zukünftiges Ich einen Grund dafür hatte. Aber mittlerweile sind vier Menschen tot, Tom. Und es ist erst der Anfang.”
Das Bild vor seinen Augen änderte sich wieder. Er war nur ein, zwei Jahre älter als bei den vorhergegangenen Morden und saß mit einer alten Dame in einem Raum, der vollgestopft war mit Memorabilia. Der ältere Tom schüttete gerade etwas in den Kakao seiner Gesprächspartnerin, nachdem sie aufgestanden war und die Tasse mit dem Dachs aus einer der Vitrinen holte. “Ein weiterer Mord, Tom. Und du bist gerade einmal 20 Jahre.” “Ich tue selten etwas ohne Grund, Ilana.” “Was aber rechtfertigt den Mord an dieser netten, alten Frau?” Darauf wusste Tom keine Antwort.
Ilana führte ihn weiter. Er sah, wie er Anhänger um sich scharrte; hörte, wie sie ihn “Lord Voldemort” nannten; fühlte die Macht, die er über die Menschen hatte. Es gefiel ihm. Was ihm weniger gefiel, war, dass sein Aussehen sich änderte. Seine dunklen Locken wichen einem Kahlkopf, seine blauen Augen schimmerten rot, seine Haut bekam eine mehr als ungesunde Blässe, war fast weiß, seine Nase wich zwei kleinen Öffnungen und auch seine vollen Lippen schwanden und waren lediglich zwei dünne Striche.
Die Bilder kamen jetzt schneller. Tom sah einen Krieg, den scheinbar er provoziert hatte; er sah viele Tote; er sah, wie er den Zauberstab auf ein kleines Kind richtete und den Todesfluch sprach. Nur leise in alle dem Lärm hörte er Ilana sagen: “Ein Kind, Tom. Niemals hat irgendetwas den Mord an einem Kind gerechtfertigt.” Er sah sich selbst fallen und in Dunkelheit versinken, bevor er sich nach langen Jahren der Einsamkeit und des Bodenkriechens auf einem Friedhof wiederfand. Sein Magen revoltierte, als er das Etwas erblickte, das von einem rattenähnlichen Mann gehalten wurde.
Dann war er plötzlich auf einem Schlachtfeld, vor seinem geliebten Hogwarts. Es war dabei, zerstört zu werden. Von ihm selbst, wie es schien! Er erkannte McGonagall (sie hatte erst dieses Jahr als Professorin angefangen) und Slughorn (ob er in dieser Zukunft immer noch Hauslehrer war?), die das Schloss gegen Riesen und - Salazar, waren das Acromantula? - verteidigten; Schüler, etwas älter als er, kämpften auf beiden Seiten. Sein kahlköpfiges Ich stand einem Jungen mit wilden schwarzen Haaren gegenüber, sie richteten ihre Zauberstäbe aufeinander und das Licht explodierte.
Als Tom wieder sehen konnte, war von dem Mann, den man Lord Voldemort nannte, nichts mehr übrig. Er atmete schwer. Das konnte doch nicht alles gewesen sein!
“Sie werden dich vergessen, Tom. Du wirst eine Zeitlang in ihren Köpfen herumspuken, aber am Ende nicht mehr als eine Randnotiz der Geschichte sein.” Ilana wusste, dass es nicht in den Jahren nach dem Krieg geschehen würde, sondern erst nach zwei, drei Generationen - wenn überhaupt -, aber nichts könnte sie dazu bringen, Tom in seinem Wunsch nach Macht zu ermutigen. “Und wenn sie jemals an dich denken sollten, wird es immer ablehnend sein, niemals bewundernd.”
Tom schluckte schwer. Er war nicht sicher, ob er das wollte. Sein kahlköpfiges Ich schien zwar alterslos gewesen zu sein, doch McGonagalls und Slughorns grauen Haaren zufolge dürfte ihn der Tod mit etwa 70 - ein paar Jährchen mehr oder weniger - ereilt haben. Für einen Zauberer war das die Blüte seines Lebens. Er hätte noch gut 70 weitere Jahre leben können.
“Bist du bereit, dir die andere Möglichkeit anzusehen?” Der Junge nickte und der wohlbekannte Sog zerrte an ihm und als das Ziehen endete, befanden Tom und die Djinn sich in einem Wald. Nicht weit entfernt von ihnen stand mit dem Rücken zu ihnen ein Mädchen, etwa in Toms Alter, und sang. Das war an und für sich nichts ungewöhnliches. Allerdings sang es auf Parsel. Tom hatte nicht gewusst, dass das überhaupt möglich war.
“Wer ist sie?” Ilana lächelte. “Merope. Deine Mutter.” Sie schlugen einen kleinen Kreis, um vor Merope stehen zu bleiben. “Hübsch ist sie ja nicht gerade.” Die nächsten Worte der Djinn waren kalt. “Gerade ähnelst du deinem Vater nicht nur äußerlich, Tom. Und das war kein Kompliment.” Ihr Blick wanderte wieder zu Merope. “Er sah nicht das Mädchen, das zu Schlangenkindern sang, um sie zu trösten.” Tatsächlich hielt Merope eine kleine Schlange in der Hand, wie Tom feststellte. “Er sah nicht das Mädchen, das von seinem Vater und seinem Bruder gequält wurde und trotzdem genügend Güte in sich hatte, anderen zu helfen. Er sah nicht das Mädchen, das ihm sein Herz und seine Liebe schenkte.”
“Liebe?” Sein Ton war spöttisch. “Was soll das sein?” Ilana straffte die Schultern. “Etwas, das den Unterschied macht.” Sie strich Merope über das strohige blonde Haar, wohlwissend, dass die junge Hexe es nicht fühlen konnte. In wenigen Augenblicken konnte Tom sich entweder dafür entscheiden, sowohl seiner Mutter und seinem Vater als auch sich selbst ein besseres Leben zu geben oder nichts zu ändern.
“Siehst du den schmalen Weg dort drüben?” Ilana zeigte mit dem Finger in die ungefähre Richtung. “Dort reitet dein Vater öfters entlang. Deine Mutter ist bereits mit 14 in ihn verliebt, beobachtet ihn aus der Ferne, ist aber viel zu schüchtern wegen ihres Aussehens. Wenn er heute hier entlang kommt, können zwei Dinge geschehen: entweder er reitet unbehelligt weiter oder der Ast des großen Baumes dort bricht genau über ihm und schlägt ihn vom Pferd.”
“Ich nehme an, ich sollte mir ansehen, was geschieht, wenn der Ast bricht? Es muss einen Grund haben, dass du uns genau hierher gebracht hast.” “Ich kann es dir nicht sagen; du musst es selbst entscheiden.” Kaum hatte Ilana gesprochen, kam sein Vater auf einem schwarzen Pferd angeritten. “Lass den Ast brechen, Ilana.”
Mit schreckgeweiteten Augen hatte Merope den Sturz verfolgt. Toms Pferd hatte beim Geräusch des herabbrechenden Astes gescheut und seinen Reiter abgeworfen. Sie glaubte gesehen zu haben, dass Tom mit dem Kopf ziemlich hart aufgeschlagen ist. Schneller, als sie es selbst für möglich gehalten hatte, kniete sie neben dem hübschen Jungen. Sanft streichelte sie über seine Wange. “Tom? Kannst du mich hören?” Der Verletzte antwortete nicht, dafür bemerkte Merope, dass unter seinem Kopf Blut hervorquoll.
Am Zittern ihrer Hände konnte Tom ablesen, dass seine Mutter panisch wurde. Hatte sie vergessen, dass sie eine Hexe war? Warum zauberte sie nicht? “Heile”, zischte da die kleine Schlange, die noch immer um ihr Handgelenk gewunden war. Merope nickte, wischte sich die Tränen vom Gesicht und sprach einige kleine Heilzauber, die nicht besonders gut ausgeführt waren. Dafür schien aber das Bluten aufgehört zu haben. Die Hexe versuchte nochmal, seinen Vater zu wecken.
Tom und die Djinn gingen etwas näher an die beiden heran. Stöhnend öffnete der andere Tom die Augen und sog scharf die Luft ein. Beruhigend sprach Merope auf ihn ein. “Keine Angst, Tom. Dein Pferd hat gescheut und hat dich abgeworfen.” Sein Vater schien etwas orientierungslos zu sein, da er den Kopf hin- und herdrehte, um scheinbar die Quelle der Stimme auszumachen. ‘Warum benutzt der Hohlkopf nicht einfach seine Augen?’ dachte Tom, während er noch näher herantrat. Dann sah er es: die Augen seines Vaters blickten starr und unbeweglich.
“Hat der Sturz ihn erblinden lassen?” Ilana nickte. “Ja, die Kopfverletzung. Und nichtsdestotrotz das Beste, was Merope und deinem Vater passieren konnte. Leider war der Tom, den du getötet hast, zu sehr auf Äußerliches bedacht und hat deine Mutter verschmäht, weil sie nicht seinem Standard entsprach. Sein Leben mit der Muggelfrau war kurz und kinderlos.” Wieder strich sie Merope übers Haar, dann nahm sie seine Hand. “Komm.”
Sie waren jetzt wieder vor dem Haus, in dem er in einem anderen Leben seinen Vater ermordet hatte und folgten Merope, die jetzt etwa 16 sein mochte, hinein. Schon im Foyer hörten sie die wütende Stimme eines älteren Mannes, vermutlich Riddle senior. “Du tust, was ich dir sage, Tom!” “Vater, ich werde nicht zu noch einem Arzt gehen. Er wird dasselbe sagen wie die dreizehn davor. Es gibt keine Heilung. Ich werde blind bleiben. Hast du eine Ahnung, wie schmerzhaft manche dieser Untersuchungen sind?”
Mittlerweile hatte Merope den kleinen Salon erreicht, in dem so heftig gestritten wurde, blieb aber vor der angelehnten Tür stehen. Riddle senior tigerte vor dem Kamin auf und ab. “Was willst du mit deinem Leben anfangen, wenn du blind bleibst?” “Großer Gott, Vater! Ich komme gut zurecht. Und Merope hilft mir ungemein.” Riddle senior schnaubte. “Aja, das Gaunt-Mädchen. Wärst du sehend, keinen zweiten Blick hättest du ihr gegönnt.” Tom senior lief rot an; vor Scham, wenn sein Gezapple ein Indikator war.
“Das mag sein, Vater. Und doch war sie das einzige Mädchen, das sich nach dem Unfall um mich gekümmert hat. Was mich zum eigentlichen Grund des Gespräches bringt, Vater.” Riddle senior drehte sich zu seinem Sohn. “Der da wäre?” Tom senior sah aus, als wüsste er, dass das, was er zu sagen hatte, nicht gefallen würde. “Ich möchte dich bitten, Merope hier einziehen zu lassen. Bevor du losbrüllst -” Tom senior hatte das Luftholen seines Vaters wohl richtig interpretiert, “- hör mich bitte an.”
Meropes blasse Wangen hatten bei Toms Worten etwas Farbe bekommen und sie hielt den Atem an. “Vater, Merope braucht eine sichere Unterkunft. Ihre Familie behandelt sie nicht gut. Du hast sicher gesehen, was ich jedes Mal fühle, wenn sie mir ihren Arm reicht. Sie ist viel zu dünn. Und erschöpft. Ich glaube nicht, dass sie die leisen, schmerzerfüllten Seufzer überhaupt bemerkt, die sie ausstößt. Aber wenn ich mit ihr darüber sprechen will, weicht sie aus.” Dem Gesichtsausdruck von Riddle senior nach zu urteilen, hatte dieser all das ebenso bemerkt. “Mein Sohn, das ist nicht so einfach.” Resolut stand Tom auf. “Doch, ist es. Lass dich zu Meropes Vormund machen. Wenn sie weiß, dass sie dann in Sicherheit ist, wird Merope bestimmt ja sagen. Und schuldet dir der Richter nicht noch den einen oder anderen Gefallen, falls die Gaunts Schwierigkeiten machen?”
Tom hörte nicht mehr, was die beiden Männer weiter besprachen, denn er folgte seiner Mutter, die nach dem letzten Satz hinauslief, so leise sie konnte, bis sie den Elderbaum erreichte, der im Garten stand. “Warum weint sie, Ilana? Das ist doch etwas Gutes, oder nicht?” Wieder strich die Djinn dem Mädchen über die Zöpfe. “Sieh genauer hin.” Toms Verwirrung löste sich, denn unter ihren Tränen lächelte Merope. “Komm.”
Die Bilder folgten jetzt viel schneller. Meropes und Toms erster Kuss. Die Hochzeit mit einer sehr glücklichen und sehr schwangeren Braut und einem strahlenden Bräutigam. Toms Geburt. Die Liebe seiner Eltern. Seine Mutter, schwanger. Die Geburt seiner Schwester Aislinn. Sein Vater, stolz. Er selbst, ein großer Bruder. Drei weitere Geschwister. Rigby, Imogen und Hayden. Tom fühlte so vieles auf einmal, dass es beinahe weh tat.
“Werde ich auch haben, was meine Eltern in dieser Realität haben?” Ilana lächelte sanft. “Du meinst Liebe und Glück? Kinder?” Tom nickte. “Ja, das alles.” “Das wirst du. Wenn du dich richtig entscheidest.” Unsicher sah der Junge das grüne Wesen an. “Wie werde ich sie erkennen?” Nun strich Ilana dem Kind vor ihr über das Haar. “Sobald du sie siehst, wirst du es wissen.”
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In all den Jahren hatte Tom es nicht einmal bereut, den Ast brechen zu lassen. Mittlerweile war er sechzig, seit vierzig Jahren Professor für Verteidigung in Hogwarts, seit siebzehn Jahren glücklich verheiratet, seit fünfzehn Jahren Vater (Etamin, fünfzehn; Sirrah, zehn; Kitalpha, sechs; Antares, zwei) und seit einer Stunde Animateur für fünf Sechsjährige, die vor dem Schlafengehen noch unterhalten werden wollten, weil Kitalpha eine ihrer berühmten Pyjamapartys mit ihren besten Freunden veranstaltete.
Jetzt saßen sie da, sein kleines Mädchen, Harry, Ron, Draco und Hermione und sahen zu, wie er Drachen vor bösen Prinzen rettete und die mächtige Hexe einen Muggel zum glücklichsten Mann der Welt machte. Es war Toms Einfluss zu verdanken, dass Muggelgeborene wie Hermione bereits beim ersten Magieausbruch in die Zaubererwelt integriert und nicht mit elf einfach ins kalte Wasser geworfen wurden. Er hatte die Zeit vor Ilana nicht vergessen.
Und er war der Djinn so unendlich dankbar, jedes Mal, wenn er seine wunderschöne Frau anblickte. Denn in der ersten Vision starb sie lange vor ihrer Zeit, gebrochen, verletzt. Er musste lange auf sie warten, doch Ilana hatte Recht behalten: Er hatte sie erkannt und um sie geworben, kaum, dass sie die Schule verlassen hatte.
Seine Augen leuchteten auf, als seine Frau das Kinderzimmer betrat, was sie mit einem Lächeln und einer Umarmung antworten ließ. Er vergrub seine Nase in der dunklen Lockenpracht, die immer nach Orangen duftete, und flüsterte: “Ich liebe dich, Bellatrix.”
Ende