
Die erste Woche im Hotel liegt hinter Eva. Sie hat sich langsam an die neue Umgebung gewöhnt, ihre Pläne durchstrukturiert und damit begonnen, ihr Konzept in die Tat umzusetzen. Ihr Ziel ist klar: das Hotel schnellstmöglich auf Vordermann bringen, einen Käufer finden und dann verschwinden. Je weniger Zeit sie hier verbringen muss, desto besser. Doch eine Person macht ihr das Leben schwer – Uli.
Seit Evas Ankunft stehen sie auf Kriegsfuß. Es ist, als hätte Uli sich vorgenommen, jede ihrer Entscheidungen infrage zu stellen oder direkt zu sabotieren. Sie ignoriert Anweisungen, bleibt Besprechungen fern und zeigt keinerlei Einsicht. Für Eva, die klare Strukturen und Effizienz gewohnt ist, ist dieses Verhalten unbegreiflich.
Heute Morgen ist der Punkt erreicht, an dem ihr Geduldsfaden endgültig reißt. Eva sitzt in ihrem Büro, die Fingerspitzen trommeln ungeduldig auf die Schreibtischplatte. Der Stuhl ihr gegenüber bleibt leer – wie so oft. Die Uhr tickt, jede Minute verstärkt ihre Wut. Sie atmet tief ein, aber es hilft nicht. Mit einem ruckartigen Stoß schiebt sie ihre Kaffeetasse beiseite, die Flüssigkeit schwappt beinahe über den Rand. Ihre Stimme ist ein scharfes Zischen:
„So ein respektloses Verhalten habe ich noch nie erlebt!“
Was Eva nicht weiß: Während sie in ihrem Büro auf Uli wartet, sitzt diese in einem überfüllten Wartezimmer. Neben ihr Ivy – blass, erschöpft, viel zu still. Seit Wochen geht es ihr immer schlechter, und doch nimmt sie niemand ernst. Die Ärzte vertrösten sie mit vagen Antworten, Untersuchungen werden verschoben oder als unnötig abgetan. Uli spürt, wie sich Wut in ihr zusammenbraut. Ihre Fäuste sind geballt, ihr Herz rast vor Frustration. Wie kann es sein, dass es so schwer ist, Hilfe zu bekommen?
Endlich öffnet sich die Tür. Eine Arzthelferin ruft Ivy auf, die sich mühsam erhebt. Uli beobachtet, wie sie zögernd ins Behandlungszimmer geht, wie sie den Arm zur Blutabnahme ausstreckt, obwohl ihr jede Bewegung sichtlich schwerfällt. Die Arzthelferin verspricht, dass die Ergebnisse in zwei bis drei Tagen vorliegen werden. Zwei bis drei Tage. Eine Ewigkeit.
Die Rückfahrt verläuft in eisigem Schweigen. Keiner von beiden hat die Kraft für Worte. Uli bringt Ivy nach Hause, hilft ihr ins Bett, deckt sie vorsichtig zu. Ihre Hand zittert, als sie ihr eine Haarsträhne aus der Stirn streicht. Ihr Hals ist wie zugeschnürt. „Ruh dich aus“, flüstert sie schließlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch, erstickt von Sorge.
Ohne ein weiteres Wort dreht sie sich um, geht hinaus, steigt ins Auto und fährt zurück zum Hotel. Sie weiß, dass Eva bereits auf sie wartet. Und sie weiß, dass sie sich ihrer Wut stellen muss. Doch im Moment ist ihr das egal.
Kaum hat sie die Tür zur Küche geöffnet, spürt sie Evas durchdringenden Blick auf sich brennen. Die Chefin steht da wie eine Statue der Wut – die Arme fest vor der Brust verschränkt, die Lippen zu einer schmalen Linie gepresst. Ihre Augen funkeln wie ein drohendes Gewitter, in ihnen tobt ein Sturm, der jeden Moment losbrechen könnte. Die Atmosphäre im Raum verändert sich schlagartig. Die Luft ist aufgeladen, schwer wie kurz vor einem Sommergewitter. Es gibt kein Zurück mehr. Kein Entkommen.
„Frau Kersting!“
Evas Stimme durchschneidet die Stille wie eine scharfe Klinge, präzise und unerbittlich. Es ist kein lauter Ausbruch, keine Explosion – sondern eine kalte, messerscharfe Präzision, die jeden Widerstand im Keim ersticken soll.
Uli bleibt abrupt stehen. Ihr ganzer Körper strafft sich, als würde sie sich instinktiv für einen Kampf rüsten. Ihre Kiefermuskeln spannen sich, ihre Schultern versteifen sich. Genervt verdreht sie die Augen, ein demonstrativer Akt der Rebellion, bevor sie sich langsam umdreht und Eva direkt ansieht.
„Was ist jetzt schon wieder?“
Ihre Stimme trieft vor Spott, jedes Wort ein vergifteter Tropfen, der leise in die Spannung zwischen ihnen fällt. Doch in ihren Augen lodert etwas anderes – ein gefährliches Feuer, eine unterschwellige Herausforderung, die sagt: Komm doch. Versuch es.
Für einen Moment scheint es, als halte der Raum den Atem an. Die Spannung zwischen den beiden Frauen ist greifbar, beinahe sichtbar. Zwei Gegner auf einem Schlachtfeld, die nur auf das kleinste Zucken des anderen warten, um loszuschlagen. Es ist dieser eine Moment, dieser Hauch von Stille, in dem sich entscheidet, ob Worte genügen – oder ob das Unvermeidliche eskaliert.
Evas Blick wird schärfer, ihre Miene verhärtet sich, als würde sie sich für den entscheidenden Schlag rüsten. Dann erhebt sie die Stimme – nicht laut, aber mit der Präzision und Wucht eines Peitschenhiebs.
„Wo waren Sie, als wir verabredet waren?“
Mit jedem Wort kommt sie näher, ihr Schritt bestimmt, ihr Körper gespannt wie eine Raubkatze vor dem Sprung. Ihre Hände sind so fest zu Fäusten geballt, dass die Knöchel weiß hervortreten.
„Sie versetzen mich seit Tagen! Sie ignorieren jede Besprechung, jeden verdammten Termin! Und ich lasse das nicht länger durchgehen!“
Der Raum scheint sich weiter zu verengen, die Luft dicker, schwerer. Doch Uli weicht nicht zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde weiten sich ihre Augen – nicht aus Angst, sondern aus Überraschung über die rohe Heftigkeit dieses Angriffs. Doch dann findet sie ihre Haltung wieder, bleibt stehen wie ein Fels in der Brandung, unerschütterlich, unbeeindruckt.
Ihre Stimme, ruhig, eiskalt, durchschneidet die Spannung wie eine scharf geschliffene Klinge.
„Tut mir leid, Frau de Vries, aber ich habe Wichtigeres zu tun, als mich um Ihre Scheiß-Zahlen zu kümmern.“
Die Worte sind wie ein Schlag ins Gesicht. Für einen Moment ist da nur Stille. Eva blinzelt, fassungslos, als hätte sie nicht erwartet, dass jemand es wagt, ihr so zu antworten. Doch dann flackert ihre Wut erneut auf, heißer als zuvor.
„Wichtiger?“ zischt sie, ihre Stimme nun eine gefährliche Mischung aus Spott und ungezügelter Verärgerung. Ihre Augen funkeln, bohren sich in Uli wie Dolche. „Und was genau, Frau Kersting, ist so viel wichtiger als Ihre Arbeit?“
Für einen Moment hält die Welt den Atem an. Ein Augenblick, der sich in die Ewigkeit zu dehnen scheint. Dann, in einer kaum wahrnehmbaren Regung, verändert sich Ulis Haltung. Kein sichtbares Zittern, kein Zusammenbruch – und doch bricht sie. Innerlich.
Es ist in ihren Augen zu sehen, in der Härte, die plötzlich spröde wirkt, als könnte sie im nächsten Moment in tausend Splitter zerspringen. Es ist in ihrer Stimme zu hören, die, obwohl noch immer fest, eine unüberhörbare Erschütterung trägt.
„Meine Tochter.“
Nur zwei Worte. Leise gesprochen, und doch so gewaltig, dass sie den Raum erschüttern.
Die Worte hängen in der Luft, schwer wie Blei. Eine unausweichliche Wahrheit, die sich nicht mehr zurücknehmen lässt.
Uli vermeidet Evas Blick, doch ihre Augen verraten sie. Tränen schimmern darin, ungefragt, ungewollt – eine ungewollte Offenbarung, die sie ausgerechnet hier, vor dieser Frau, nicht zulassen will. Warum jetzt? Warum vor ihr? Sie presst die Lippen zusammen, zwingt sich zur Fassung, doch ihr Körper spricht eine andere Sprache.
Eva steht noch immer wie versteinert. Ihre Wut, eben noch lodernd, prallt an dieser einen, simplen Wahrheit ab. In ihrem Blick geschieht etwas – eine kaum merkliche Veränderung. Erst ist da noch der Widerstand, der ungläubige Trotz, doch dann… etwas anderes. Ihre Züge verhärten sich für einen Moment, als wolle sie sich dagegen wehren, dann aber weichen sie auf. Fast widerwillig.
Schließlich bricht sie das Schweigen, ihre Stimme leiser als zuvor, aber noch immer fest.
„Und warum sagen Sie das nicht? Warum kommen Sie nicht zu mir? Dann passen wir die Termine an, verdammt nochmal.“
Es klingt nicht mehr wie eine Anklage, sondern fast… verständnisvoll. Fast.
Und doch bleibt die Spannung zwischen ihnen bestehen, spürbar wie eine unsichtbare Wand. Eine Mahnung, dass diese Auseinandersetzung noch nicht vorbei ist.
Uli schüttelt den Kopf. Ihre Schultern sind steif, ihr Atem flach. Als sie spricht, klingen ihre Worte abgehackt, als kämpfe sie darum, die Kontrolle zu behalten.
„Entschuldigung, aber ich kann nicht planen, wann mein Kind krank wird oder nicht.“
Eva hebt eine Augenbraue. Ihre Lippen verziehen sich zu einem Lächeln – kühl, berechnend. Kein echtes Verständnis, nicht wirklich.
„Das mag sein, Frau Kersting. Aber ich kann auch nicht planen, wann mein Team zuverlässig funktioniert.“
Einen Moment lang ist der Raum in vollkommene Stille getaucht. Die Spannung liegt schwer in der Luft, fast greifbar, als könne sie jeden Moment zerreißen. Uli spürt, wie sich ihre Kehle zuschnürt, ein brennender Kloß sitzt dort, doch sie schluckt ihn hinunter. Sie darf jetzt nicht schwach wirken. Nicht vor ihr.
Eva mustert sie einen Moment lang, dann nickt sie langsam. Ihr Blick ist unergründlich, ihre Stimme scharf wie eine frisch geschliffene Klinge.
„Kommen Sie beim nächsten Mal einfach spontan vorbei. Sie wissen doch, wo mein Büro ist. Ich verstehe das Problem nicht.“
Ulis Kiefer spannt sich an. Eine Mischung aus Erschöpfung und Wut kocht in ihr hoch, und sie zwingt sich, ruhig zu bleiben. Ihre Hände sind zu Fäusten geballt, doch ihre Stimme bleibt kontrolliert, auch wenn eine gefährliche Schärfe darin mitschwingt.
„Was wollen Sie eigentlich von mir, Frau de Vries?“ Sie hebt eine Augenbraue, ihre Muskeln sind so angespannt, dass ihr Körper fast zittert. „Ich tue doch schon alles, was ich kann. Oder reicht das nicht?“
Eva seufzt leise, als hätte sie sich längst auf diesen unausweichlichen Konflikt vorbereitet. Für einen kurzen Moment sacken ihre Schultern ein wenig herab, als würde sie für den Bruchteil einer Sekunde nachgeben – doch ihre Worte bleiben unnachgiebig, präzise, emotionslos.
„Ich brauche für übermorgen Fingerfood. Nichts Exquisites, nur etwas, das normale Leute essen. Bekommen Sie das hin?“
Uli starrt sie an, ihr Herz schlägt zu schnell, ihr Blut rauscht in ihren Ohren. Der Zynismus, die Kälte in Evas Stimme – es macht sie wahnsinnig. Die Wut sitzt tief, doch sie weiß, dass es keinen Sinn hat, weiter zu diskutieren. Also schluckt sie sie hinunter.
„Ja, das kriege ich hin.“
Die Worte sind hart, fast tonlos. Und ohne ein weiteres Wort dreht sie sich um, ihr Schritt bestimmt, ihre Haltung steif. Kein Abschied, keine höfliche Floskel. Sie beendet das Gespräch so abrupt, wie es begonnen hat.
Am nächsten Morgen scheint die Lage noch hoffnungsloser als zuvor. Ivy hustet unaufhörlich, ihr Fieber ist weiter gestiegen, und Uli fühlt sich, als würde ihr Herz mit jeder Minute schwerer. Der Gedanke, ihre Tochter in diesem Zustand alleine zu lassen, schnürt ihr die Kehle zu. Doch sie weiß auch, dass sie schon zu viele Krankentage genommen hat und kaum noch eine Wahl hat. Ihre Gedanken sind wirr, der Raum scheint sich immer weiter zu verengen.
„Ich bleibe bei Ivy“, sagt Jeremy plötzlich, mit einer Bestimmtheit in der Stimme, die Uli beinahe aus der Fassung bringt.
„Was?“, fragt sie, die Stimme brüchig, fast ungläubig, während die Tränen drohen, ihr Gesicht zu überfluten.
„Du kannst nicht alles allein schaffen, Uli.“ Seine Worte treffen einen Punkt in ihr, den sie verzweifelt zu verbergen versucht hatte. Etwas, das sie nie wirklich aussprechen konnte, weil sie dachte, dass es zu viel Schwäche zeigen würde. Aber in diesem Moment fühlt sie, wie seine Worte sie auf eine Weise erreichen, die sie sich nie gewünscht hätte, aber jetzt unaufhaltsam wirkt.
Trotz allem fällt der Abschied von Ivy schwer. Als Uli die Haustür hinter sich schließt, lastet das Schuldgefühl wie ein eisiges, erdrückendes Gewicht auf ihrer Brust, das sich mit jedem Atemzug verstärkt. Jeder Schritt, den sie vom Haus weggeht, fühlt sich an, als würde sie sich von einem Teil ihrer selbst entfernen, doch sie weiß, dass sie keine andere Wahl hat.
Als Eva bei ihrer regelmäßigen Runde durch das Hotel die Küche betritt, bleibt sie abrupt stehen. Die Küche, die normalerweise von geschäftigem Treiben erfüllt ist, liegt nun still und leer wie ein verlassenes Schlachtfeld. Inmitten dieser Leere steht Uli. Ihre Schultern hängen erschöpft, ihre Bewegungen wirken stumpf und mechanisch, fast als würde sie ihre Aufgaben ausführen, ohne noch wirklich anwesend zu sein. Eva sieht es sofort: Die Erschöpfung in Ulis Gesicht ist nicht nur die eines Körpers, der an seine Grenzen gestoßen ist, sondern auch die einer Seele, die sich verzweifelt nach Ruhe sehnt, aber nie Gelegenheit bekommt, sich zu regenerieren.
„Frau Kersting,“ sagt Eva schließlich, ihre Stimme ungewöhnlich leise, fast zögerlich, als könnte sie Ulis Zustand nicht völlig ertragen.
Uli zuckt leicht zusammen und blickt auf, überrascht, als hätte sie Evas Anwesenheit nicht wahrgenommen. Ihre Augen sind gerötet, als ob sie in den letzten Tagen viel geweint hätte, und ihre Haltung wirkt angespannt, als kämpfe sie gegen etwas in sich an, das sie nicht benennen kann. Sie wirkt wie ein zerbrechliches Gleichgewicht zwischen Überforderung und einer Resignation, die sie noch nicht ganz akzeptiert hat. Doch sie antwortet nicht. Stattdessen senkt sie den Blick wieder und widmet sich weiter ihrer Arbeit, als wolle sie sich vor dem Moment der Konfrontation flüchten.
Die Spannung in der Luft ist greifbar – schwer und dicht. Sie fühlt sich nicht wie der enge Druck eines Seils, das kurz vor dem Reißen ist, sondern eher wie ein unendlich tiefer Abgrund, der still zwischen ihnen klafft. Ein Abgrund, den beide wahrnehmen, aber keiner wagt, ihn zu überqueren oder zu füllen.
„Frau Kersting,“ setzt Eva erneut an, diesmal fester, mehr aus dem Wunsch heraus, irgendeine Reaktion zu provozieren, irgendetwas, das Ulis stilles Leiden durchbricht. „Wo sind denn alle?“
„Pause,“ antwortet Uli knapp. Ihre Stimme klingt brüchig, wie durch einen Schleier gesprochen, und in ihren Worten schwingt eine tiefe Müdigkeit mit, die sich nicht nur auf die Arbeit bezieht. Sie bleibt mit dem Rücken zu Eva stehen, ihre Schultern steif, als wolle sie jeglichem emotionalen Austausch entkommen. Es ist eine Haltung der inneren Abwehr, als ob sie sich vor der Welt, vor allem, was sie fühlen könnte, schützen möchte.
Eva tritt näher, ihre Schritte hallen in der stillen, verlassenen Küche, die von einer seltsamen Schwere durchzogen ist. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Etwas, das sie nicht fassen kann, aber deutlich spürt. Mit einer Mischung aus Besorgnis und Zögern geht sie um die Kücheninsel und stellt sich schließlich direkt hinter Uli. Für einen Moment bleibt sie still, fast wie in Erwartung einer Reaktion, die sie nicht kennt, aber die sie befürchtet. Dann hebt sie ihre Hand und legt sie vorsichtig auf Ulis Schulter, in dem Versuch, Nähe zu schaffen, ohne aufzudrängen.
Die Reaktion ist heftig und schockierend. Uli zuckt zusammen, als hätte Eva sie körperlich getroffen. Ihr Körper spannt sich an, ihre Augen weiten sich, funkeln wie das eines Tieres, das in die Enge getrieben wurde. Sie dreht sich blitzschnell halb um, ihre Stimme schneidet durch die Stille. „Was soll das?“, fragt sie scharf, ihre Worte flach, aber durchzogen von einem schmalen, unüberhörbaren Hauch Wut.
Eva zieht sofort ihre Hand zurück, lässt sie sinken, doch sie bleibt an ihrem Platz. Ihre Augen sind sanft, die Sorge darin unverhohlen. „Alles okay bei Ihnen?“, fragt sie leise, fast zaghaft, als ob die Frage selbst eine Grenze überschreiten könnte, die sie nicht sicher weiß, ob sie überschreiten darf. Die Worte klingen in diesem Moment überraschend verletzlich, als ob sie mehr für sich selbst als für Uli ausgesprochen wären.
Uli starrt sie an, lange, zu lange. Ihre Augen verraten alles, was ihre Lippen nicht sagen können: die Erschöpfung, die Sorgen, die Last, die sie in sich trägt und auf niemanden abwälzen kann. Ihre Schultern sind immer noch angespannt, ihr Blick wie eine undurchdringliche Mauer, doch nach einem Moment des Schweigens nickt sie knapp. Es ist ein sturer Reflex, ein Abwehrmechanismus, der keine weiteren Nachfragen zulässt.
Eva hebt leicht die Augenbrauen, ihre Stirn zieht sich nachdenklich in Falten. Sie misst Uli mit einem prüfenden Blick, als ob sie einen Moment länger bräuchte, um zu erfassen, was unter der Oberfläche verborgen liegt. „Wenn etwas ist, sagen Sie mir bitte Bescheid. Oder wenn Sie Hilfe brauchen“, sagt sie sanft, ihre Stimme ist ungewöhnlich weich, als würde sie in diesem Moment eine andere Seite von sich selbst preisgeben.
„Danke,“ murmelt Uli, ohne sie anzusehen. Ihr Blick bleibt starr auf den Boden gerichtet, als wolle sie sich vor den Augen von Eva verbergen. „Aber das geht Sie nichts an.“ Ihre Worte sind scharf, fast verletzend, und dennoch dringt in ihrer Stimme eine Erschöpfung durch, die sie nicht länger verbergen kann.
Die Worte treffen Eva wie ein Schlag, härter als sie erwartet hatte. Sie schaut Uli für einen Moment an, still, fast wie in einer inneren Auseinandersetzung, als wolle sie hinter die müde Fassade blicken, die Uli so sorgfältig aufgebaut hat. Doch sie sagt nichts mehr. Stattdessen nickt sie nur kurz, dreht sich dann langsam um und verlässt die Küche, ihre Schritte leise und bedacht, als hätte sie einen unausgesprochenen Pakt mit der Stille geschlossen, die sie hinterlässt.
Doch als Eva wieder in ihrem Büro sitzt, lässt sie die Begegnung nicht los. Der Moment mit Uli, die kühle, fast greifbare Abwehr, hatte etwas … Rohes, Echtes, das sich in ihr festgesetzt hat. Es war kein gewöhnliches Gespräch, keine alltägliche Interaktion. Die leere Küche, das Gefühl der Stille, das zwischen ihnen hing, und Ulis Reaktion – all das bleibt wie ein Echo, das nicht verklingen will. Es nagte an ihr, obwohl sie versuchte, es zu ignorieren.
Am nächsten Tag, als Uli das Fingerfood für die Gäste vorbereitet, ist der Konferenzraum makellos. Jedes Detail ist perfekt abgestimmt, von den glitzernden Gläsern bis zu den feinen Häppchen, die fast wie aus einer Hochglanzbroschüre zu stammen scheinen. Die Tischdecke liegt glatt, und die Blumenarrangements sind einstudiert arrangiert. Doch Ulis Bewegungen sind mechanisch, als ob ihr Körper die Routine vollzieht, während ihr Geist weit weg ist. Ihre Augen wirken leer, ihre Gedanken scheinen immer noch bei dem, was sie in der Nacht und am Morgen durchgemacht hat.
Eva betritt den Raum, ihre Absätze hallen auf dem Boden, während ihr prüfender Blick die Tische überfliegt. Sie bleibt kurz stehen und nickt anerkennend, als sie das Ergebnis von Ulis Arbeit sieht. „Das sieht doch wunderbar aus, Frau Kersting. Danke Ihnen.“ Ihre Stimme klingt ehrlich, fast warm, ein Moment der Anerkennung, der zwischen den beiden selten geworden ist, seitdem alles zwischen ihnen so unausgesprochen geblieben ist.
Uli dreht sich um, überrascht von der unaufdringlichen Höflichkeit, doch bevor sie antworten kann, klingelt ihr Handy. Sie zieht es sofort aus der Tasche und nimmt den Anruf entgegen, ohne Eva weiter zu beachten. Ihre Aufmerksamkeit wechselt sofort, ganz in das Gespräch vertieft, das sie offensichtlich erwartet hatte.
„Ja?“ Ulis Stimme ist angespannt, fast gereizt, als sie mit dem Anrufer spricht. „Wie geht es ihr? … Was? Hat sie wieder Fieber? … Nein, ich kann nicht schon wieder…“
Eva bleibt stehen, überrascht und irritiert von der offensichtlichen Missachtung. Es fühlt sich seltsam an, nicht angesprochen zu werden, und für einen Moment fragt sie sich, ob sie vielleicht zu viel erwartet hat. Doch dann hört sie die Sorge in Ulis Stimme, das Zucken der Worte, das unüberhörbare Gewicht der Angst, das sie unterdrücken muss. Ohne es zu wollen, bleibt Eva stehen und lauscht dem Gespräch, ihre eigene Neugier und Besorgnis überkommen sie.
Uli wechselt zwischen dem Gespräch und dem Blick auf Eva, die noch immer vor ihr steht, als wolle sie sich von der Situation befreien. Ihre Finger krallen sich in den Rand der Tischdecke, eine fast unbewusste Bewegung, die die Anspannung in ihr widerspiegelt. Sie wirkt unruhig, hin- und hergerissen zwischen den Anforderungen des Moments und der Sorge, die sie kaum unter Kontrolle halten kann. Schließlich endet der Anruf abrupt. Uli steckt das Handy zurück in ihre Tasche, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Der Raum wird wieder still, doch die Luft zwischen ihr und Eva ist schwer, als hätten beide einen unausgesprochenen Konflikt hinterlassen, den niemand wagt, anzusprechen.
Kaum hat Uli ihr Handy weggelegt, klingelt es erneut. Ein tiefer Seufzer entweicht ihren Lippen, ihre Hände zittern leicht, als sie das Handy wieder an ihr Ohr hält. „Ja,… Was? Direkt vorbeikommen? … Okay, ich bin unterwegs.“
Eva spürt die plötzliche Dringlichkeit in Ulis Haltung, die sich wie ein unsichtbarer Druck auf die Atmosphäre legt. Ohne zu zögern, fragt sie: „Ist alles in Ordnung?“ Ihr Ton ist diesmal schärfer, mit mehr Nachdruck als zuvor.
Uli schaut sie an, doch ihre Augen sind schwer zu deuten. Ein mix aus Panik, Sorge und einer tiefen Überforderung, als wüsste sie nicht, wie sie alles alleine bewältigen soll. Sie schluckt, die Worte wirken wie eine schwere Last, bevor sie mit einer leisen, beinahe zitternden Stimme sagt: „Der Arzt hat gesagt, ich soll sofort kommen. Es geht um meine Tochter.“
Eva zögert keine Sekunde. Ihre Entschlossenheit wird deutlich, als sie schnell reagiert. „Ich fahre Sie“, sagt sie ruhig, aber mit einem unmissverständlichen Unterton der Bestimmtheit.
„Das … das müssen Sie nicht“, beginnt Uli, doch ihre Stimme verliert rasch an Überzeugung. Sie wirkt plötzlich erschöpft, als ob die Belastung sie zermürbt hätte.
„Doch, muss ich“, entgegnet Eva, ohne Zweifel. Sie greift nach ihrer Handtasche, ihre Entschlossenheit spürbar. „Keine Diskussion.“ Es ist eine einfache, aber feste Antwort, die den Raum um sie herum verengt. Sie trifft ihre Entscheidung, ohne Platz für Widerstand zu lassen.
Ohne ein weiteres Wort folgen sie einander durch die Hotelflure, hinaus auf den Parkplatz. Der Drang, schnell zu handeln, ist spürbar in jedem ihrer Schritte, und doch gibt es zwischen ihnen eine ungesagte Verständigung – ein Moment des stillen Zusammenhalts, auch wenn beide sich mit ihren eigenen Gedanken beschäftigen.
Im Auto herrscht eine merkwürdige Stille, die einzige Ablenkung sind Ulis hektische Versuche, Jeremy zu erreichen. Doch jedes Mal landet sie auf der Mailbox. Ihre Finger trommeln nervös auf dem Display, die Panik ist in ihrem Atem zu hören. Die Stille im Auto wird immer dichter, als ob sie in einer anderen Dimension gefangen sind, zwischen der Dringlichkeit des Moments und der Leere der ungesagten Worte.
„Geht es Ihrer Tochter sehr schlecht?“ fragt Eva schließlich, ihre Augen fest auf die Straße gerichtet, als wolle sie sich nicht von der Bedeutung des Moments ablenken lassen.
Uli hält inne, starrt aus dem Fenster und spricht dann mit leiser, brüchiger Stimme, als ob sie sich die Worte aus dem Inneren ihrer Brust herauszwingen muss: „Sie hat hohes Fieber. Seit Tagen. Und jetzt … jetzt meint der Arzt, es könnte was Ernstes sein.“ Ihre Stimme zittert am Ende, und für einen Moment scheint es, als ob die ganze Last der Situation sie erdrücken will.
Eva sagt nichts, doch ihre Finger umklammern das Lenkrad etwas fester, als sie die Straße entlangfährt. Sie wirft Uli einen kurzen Seitenblick zu, als wolle sie die Worte, die sie gleich sagen wird, abwägen. Dann spricht sie mit einem entschlossenen Tonfall, als wolle sie Ulis Verzweiflung selbst mit einer klaren Aussage durchdringen: „Sie schaffen das. Was auch immer es ist.“ Ihre Stimme trägt eine seltsame Wärme, die jedoch fest und unbeugsam ist, als wolle sie Uli einen Funken Hoffnung inmitten des düsteren Augenblicks schenken.
Uli blickt überrascht zu Eva, als diese Worte an sie gerichtet sind. Etwas in ihr scheint zu flackern, vielleicht ein Funke Hoffnung, der in dem Moment fast verloren schien. Ein schwaches Lächeln zuckt über ihre Lippen, doch es verschwindet fast sofort wieder, als ihre Schultern erneut schwer werden. Leise, fast unsichtbar, murmelt sie: „Danke.“
Die Fahrt geht weiter, die Luft im Auto bleibt angespannt und schwer. Doch für einen Moment scheint zwischen den beiden etwas aufzubrechen. Eine stille Verbindung, ein unausgesprochenes Bündnis, das sie füreinander in diesem Chaos finden, ohne es direkt zu benennen. Es ist ein Augenblick, der trotz all der Dunkelheit da ist – ein kleiner, flimmernder Lichtblick.
Als sie vor der Praxis ankommen, bricht Eva schließlich die Stille. „Kommt Ihr Mann, oder soll ich warten?“ Ihre Stimme ist sachlich, aber in ihrem Blick ist eine Spur von Besorgnis zu lesen, die sie nicht verstecken kann.
Uli atmet tief ein, als wolle sie sich sammeln, und blickt dann auf die Praxis vor sich, als ob sie den Schritt schon hundertmal in Gedanken gegangen wäre. Sie sieht müde aus, als wäre sie kaum noch fähig, die Welt um sich zu fassen. Schließlich antwortet sie resigniert: „Bitte warten Sie. Ich weiß aber nicht, wie lange das dauert.“ Ihre Worte klingen wie eine Entschuldigung, doch sie sind auch ein Ausdruck der Ungewissheit, die sie quält.
Eva nickt stumm, ohne ein weiteres Wort zu sagen, und bleibt im Auto sitzen. Ihre Gedanken fließen in unzählige Richtungen, aber sie bringt sich dazu, ihre Aufmerksamkeit auf ihr Handy zu lenken, scrollt gedankenverloren durch E-Mails, um nicht zu sehr in ihrer eigenen Sorge zu versinken. Trotzdem kann sie ihre Gedanken nicht von Uli abwenden, von der unbestimmten Schwere, die sie von der Praxis ausstrahlen sieht.
Nach etwa einer halben Stunde erblickt Eva Uli, wie sie aus der Praxis tritt. Ihr Gesicht ist fahl, fast kreidebleich, und ihre Schultern hängen, als trüge sie die Last der Welt. Ihre Schritte wirken, als ob sie jeden Moment zusammenbrechen könnte. Eva fühlt eine plötzliche, fast körperliche Reaktion in sich – eine Mischung aus Mitgefühl und einem tiefen Verlangen, Uli zu stützen, sie in diesem Moment nicht alleine zu lassen.
Eva zögert nicht. Sie steigt aus dem Auto und eilt auf sie zu, ihre Schritte drängen sie, sie ist schneller als ihr Kopf es will. Als sie vor Uli steht, fragt sie, ihre Stimme brüchig vor der eigenen Nervosität: „Was ist los, Frau Kersting?“ Es ist eine Frage, die wie ein zartes Band zwischen Sorge und Befürchtung in der Luft schwingt.
Uli sieht sie mit glasigen Augen an, ihre Lippen bewegen sich, doch es scheint, als ob die Worte sie übermannen würden. Es dauert einen Moment, bis sie sich fassen kann, bis die Worte aus ihr hervortreten. Schließlich flüstert sie, leise und gebrochen: „Ivy … Ivy hat wahrscheinlich Krebs.“
Die Worte treffen Eva wie ein Schlag. Für einen Moment bleibt alles still. Ulis Gesicht, der Schmerz, der in ihren Augen liegt, breitet sich wie ein dunkler Schatten aus und hüllt auch Eva ein. Die Luft um sie wird dicht, als ob sich alles um diese einfache, furchtbare Wahrheit zusammenzieht.
Die Worte, die Uli mit zitternder Stimme flüstert, fallen wie ein schwerer Stein in die Stille und zerbrechen alles um sie herum. Ein unvorstellbarer Schmerz breitet sich aus, als Uli beginnt zu zittern, ihre Beine nachgeben, und Eva sie instinktiv stützen muss, um sie aufrecht zu halten.
„Nein … nein, das darf nicht wahr sein,“ murmelt Uli, ihre Stimme bricht, und sie wird plötzlich von einem heftigen Schluchzen geschüttelt. Die Kontrolle, die sie bis zu diesem Moment noch aufrechtzuerhalten versuchte, zerfällt, und sie klammert sich an Eva, als wäre sie der einzige Halt in einer Welt, die gerade zusammenzubrechen scheint. Ihre ganze Fassade bricht in sich zusammen.
Eva zögert keinen Augenblick. Sie zieht Uli sanft in eine Umarmung, die ihre sonst so makellose Fassade aus kühler Professionalität zum Zerbrechen bringt. Ihre Hände ruhen beruhigend auf Ulis Rücken, ihre Stimme ist sanft, aber fest, als sie flüstert: „Es tut mir so leid, Frau Kersting.“
Zwischen den Schluchzern hört Eva Uli murmeln: „Entschuldigung … ich heul Ihre teure Bluse voll.“ Die Worte, obwohl gequält und voller Scham, sind so menschlich, dass sie Eva noch näher an Uli zieht.
Eva schüttelt den Kopf, ohne sie loszulassen. Ihre Hand fährt beruhigend über Ulis Rücken. „Das ist mir egal. Kommen Sie. Ich bringe Sie nach Hause.“ Ihre Stimme trägt die Ruhe, die Uli jetzt so dringend braucht.
Uli nickt schwach, als ob sie die Energie, etwas mehr zu sagen, nicht mehr aufbringen kann. Ihre Züge sind leer, erschöpft von der emotionalen Überwältigung, doch sie ist dankbar für die stille Unterstützung, die Eva ihr gibt.
Eva führt sie vorsichtig zum Auto, hilft ihr hinein und schnallt sie an. Die Fahrt verläuft in einer bedrückenden Stille, nur unterbrochen von Ulis leisen Schluchzern, die immer wieder wie schmerzliche Nadelstiche durch Eva hindurchdringen. Jede Träne von Uli ist ein Stich, der auch sie trifft, doch sie fährt weiter, weil sie weiß, dass es das Einzige ist, was sie gerade tun kann.
Als sie vor Ulis Haus ankommen, hilft Eva ihr aus dem Auto. Sie sieht Uli an, ihre Augen voller Sorge und Fürsorge. „Sind Sie sicher, dass Sie jetzt allein klarkommen?“ fragt sie leise, ihre Stimme vorsichtig und besorgt.
Uli zögert, ihre Stimme heiser und erschöpft: „Ich muss,“ sagt sie, als ob sie sich selbst davon überzeugen muss. Ihre Augen sind immer noch von Tränen überschattet, und sie wirkt so verletzlich, dass es Eva das Herz zerreißt. Sie bedankt sich mit einer leisen Stimme, dreht sich dann um und geht langsam auf das Haus zu. Die Tür schließt sich leise hinter ihr, und Eva bleibt einen Moment lang regungslos stehen, blickt auf die geschlossene Tür und atmet tief durch, als würde sie den Schmerz und die Trauer, die sie in Ulis Augen gesehen hat, noch in sich tragen.
Eva steigt ins Auto und fährt zurück zum Hotel, aber ihre Gedanken sind völlig bei Uli und ihrer Tochter. Der Gedanke, was sie wohl gerade durchmacht, und die Schwere der Diagnose, die so plötzlich und unerbittlich in ihr Leben getreten ist, lassen sie nicht los. Es ist eine Trauer, die sich nicht leicht ablegen lässt.
Eva weiß, dass die kommenden Wochen alles verändern werden – nicht nur für Uli und ihre Familie, sondern vielleicht auch für sie selbst. Die Situation, in der sie sich wiederfindet, dringt tiefer in ihre Gedanken als je zuvor. Es geht nicht mehr nur um das Hotel, um die Abläufe, um den geschäftlichen Erfolg. Es geht um Menschen, um Verletzlichkeit, um etwas, das weit über den gewohnten Rahmen hinausgeht.
Als sie in ihrem Büro sitzt und einen weiteren Koch einstellen möchte – zumindest vorübergehend, um die Arbeitslast zu verteilen –, spürt sie, dass etwas in der Luft liegt, das mehr erfordert als bloße organisatorische Lösungen. Es ist, als ob sich eine neue Verantwortung, ein neues Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen, die sie umgeben, in ihr formt. Zum ersten Mal fragt sie sich, ob sie Uli vielleicht mehr helfen könnte, als sie bisher bereit war zuzugeben. Vielleicht ist es nicht nur ihre Aufgabe, den reibungslosen Ablauf im Hotel zu gewährleisten – vielleicht muss sie auch als Mensch mehr da sein, als sie es je erwartet hätte.
Uli sitzt zu Hause am Küchentisch, ihre Haltung ist gebeugt, der Kopf in die Hände gestützt. Das Bild, das vor ihr liegt, könnte nicht trauriger sein. Neben ihr blättert Jeremy durch die Unterlagen der Spezialklinik, immer wieder ein tiefer Seufzer entweicht ihm, der die Anspannung in der Luft verdichtet. „Ivy muss zu diesen Untersuchungen“, sagt er schließlich, seine Stimme klingt fest, aber hinter jedem Wort schwingt die Last einer Entscheidung mit. „Das ist jetzt das Wichtigste.“
Uli nickt nur, ihre Hände zitternd, als sie die Worte nicht in der Lage ist, mit derselben Klarheit zu sprechen. Ihre Stimme bricht, als sie flüstert: „Das weiß ich. Aber ich… verliere so schnell die Nerven. Und wenn sie Ivy an all diese Geräte anschließen, dann…“ Ihre Worte verstummen, als der Gedanke an all das, was kommen könnte, sie einholt – das Gefühl der Ohnmacht, das sich immer mehr in ihr Herz gräbt.
Jeremy legt ihr eine Hand auf den Arm, ein beruhigendes Gewicht, das sie für einen Moment fast festhält. „Ich mache das“, sagt er, seine Stimme ruhig und entschlossen. „Ich fahre mit ihr. Ich verstehe mehr von den Abläufen, und sie braucht jemanden, der ruhig bleibt.“ Es ist die Sicherheit, die sie in diesem Moment so dringend braucht.
Uli atmet tief durch, als ob sie einen schweren, unsichtbaren Ballast loslassen könnte. „Danke“, murmelt sie leise, ihre Stimme voller Erschöpfung und Dankbarkeit. „Ich weiß nicht, wie ich das alleine schaffen würde.“ In dieser einfachen Geste der Unterstützung – dem Vertrauen, das Jeremy ihr schenkt – liegt für Uli ein Moment des Loslassens. Sie weiß, dass sie auf ihn zählen kann, und dennoch bleibt ein leises Schuldgefühl, das sie durchzieht, wie ein Schatten, den sie nicht abschütteln kann.
Die Entscheidung ist getroffen: Jeremy wird mit Ivy zur Klinik fahren. Es ist die vernünftigste Lösung, doch auch die schwerste. Uli fühlt sich dennoch schuldig, obwohl sie tief in sich weiß, dass es die einzige Möglichkeit ist, diese Last zu tragen – zumindest einen kleinen Teil davon.
In diesem Moment, während sie auf Jeremy schaut, der mit Zuversicht und Entschlossenheit die nächsten Schritte plant, spürt Uli die Leere, die sie umgibt. Sie weiß, dass es nicht nur um die medizinischen Untersuchungen geht. Es geht um den Kampf, den sie nicht alleine führen kann – und um die Verantwortung, die sie an andere abgibt, um selbst irgendwie zu überleben.
Am nächsten Tag beginnt Eva ihren Rundgang im Hotel. Ihre Augen streifen durch die Küche, und sie atmet erleichtert auf, als sie Uli entdeckt. Sie sieht zwar erschöpft aus, aber sie ist immerhin da.
„Frau Kersting“, sagt Eva, während sie auf sie zugeht, „könnten Sie bitte kurz in mein Büro kommen?“
Uli wendet sich an Pit. „Pit, kannst du bitte übernehmen?“ Sie wischt sich die Hände an einem Handtuch ab und folgt Eva in das Büro.
Eva setzt sich an ihren Schreibtisch, während Uli stehen bleibt. Ein Moment der Stille entsteht. Eva spürt, wie unangenehm es ihr ist, private und persönliche Fragen zu stellen. Doch die Gedanken, die sie die Nacht zuvor wachgehalten haben, drängen sie jetzt zum Handeln.
„Geht es Ihnen besser?“, fragt Eva schließlich, bemüht, ihre Besorgnis zu verbergen.
Uli nickt nach einer kurzen Pause. „So gut es einem in einer solchen Situation eben gehen kann.“
Eva lehnt sich leicht nach vorne, ihre Miene wird ernster. „Darf ich fragen, wie es jetzt weitergeht?“
Uli atmet tief ein, als würde sie sich auf das Gespräch vorbereiten. „Ivy muss in eine Spezialklinik. Dort werden weitere Untersuchungen gemacht, und dann sehen wir weiter.“
Eva nickt ernst, die Besorgnis bleibt in ihrem Gesicht. „Verstehe. Wann brauchen Sie dann frei?“
Uli hebt überrascht den Kopf, ihre Augen weiten sich. „Gar nicht. Mein Mann ist gerade mit ihr hingefahren.“
Eva blinzelt ungläubig, ihre Miene wird steif und fast versteinert. „Wie bitte?“ Ihre Stimme wird lauter, beinahe scharf. „Warum sind Sie nicht bei ihr?“
„Was?“ fragt Uli, völlig unsicher, was sie nun falsch gemacht haben könnte.
„Sie müssen mit Ihrer Tochter ins Krankenhaus!“ Evas Stimme überschlägt sich fast vor Entsetzen. „Das ist doch nicht nur ein einfacher Arztbesuch!“
Uli starrt sie an, völlig verwirrt von der plötzlichen Wut in Evas Stimme. „Jeremy fährt mit ihr. Er kann besser damit umgehen.“
„Das spielt doch keine Rolle!“ Evas Stimme wird immer lauter, fast schon ein Befehl. „Fahren Sie jetzt zu Ihrer Tochter!“
Uli blickt beschämt zu Boden, ihre Stimme fast ein Flüstern. „Ich hab kein Auto.“
Das ist der Moment, in dem Eva abrupt aufspringt, ihre Handtasche schnappen und ihre Jacke überziehen. „Kommen Sie!“ sagt sie mit fester Stimme. „Ich bringe Sie! Das ist wichtiger als alles andere. Merken Sie sich das!“
Uli schluckt schwer und wird von Evas Entschlossenheit beinahe eingeschüchtert. „Aber das sind immerhin 90 Kilometer.“
Eva funkelt sie an, ihre Augen stechend scharf. „Frau Kersting, das ist mir völlig egal. Und wenn es 500 Kilometer wären!“ Sie hält inne, ihre Stimme wird ruhiger, doch sie bleibt eindringlich: „Ihr Kind ist das Wichtigste für Sie. Und wenn es für Sie wichtig ist, dann ist es das auch für mich.“
Uli blinzelt und kämpft gegen die Tränen an. Es ist, als würde die ganze Last der Situation sie plötzlich erdrücken. Schließlich nickt sie, ihre Lippen zittern. „Danke“, sagt sie leise, ihre Stimme bricht fast, als sie mit Eva das Büro verlässt.
Die Fahrt im Auto verläuft in bedrückender Stille. Es gibt keine Worte, die die Schwere des Moments wirklich fassen könnten, doch in dieser Stille entsteht ein Band zwischen den beiden – ein stilles Versprechen, dass Eva Uli in dieser schwierigen Zeit nicht allein lassen wird. Sie fährt, den Blick fest auf die Straße gerichtet, während ihre Gedanken auf das Unausgesprochene fokussiert bleiben.
Uli bricht schließlich die Stille und schaut Eva irritiert an. „Warum machen Sie das alles? Warum sind Sie so… besorgt?“
Eva atmet tief durch, ihre Hände fest am Lenkrad, als würde sie durch den physischen Akt des Fahrens ihre eigenen Gedanken ordnen. „Weil meine Mitarbeiter mir wichtig sind“, sagt sie, ihre Stimme ist sachlich, aber ein Funken von Wärme schwingt mit. „Und wenn es ihnen nicht gut geht, dann müssen wir etwas daran ändern.“
Uli mustert sie nachdenklich, als würde sie Eva zum ersten Mal wirklich sehen, ihre Augen weiten sich ein Stück weit. „Warum trifft es Sie so tief? Warum ist das für Sie so… persönlich?“
Eva spürt die Frage in sich aufsteigen und zögert einen Moment, ehe sie mit angespannten Kiefermuskeln antwortet. Ihre Stimme wird leiser, fast ein Flüstern. „Meine beste Freundin hat vor drei Jahren ihr Kind verloren. Es war… furchtbar. Und sie macht sich bis heute Vorwürfe, dass sie an diesem Tag bei der Arbeit war. Dass sie nicht da war, als es wirklich wichtig gewesen wäre.“
Uli schluckt schwer, die Worte hallen in ihrem Kopf nach. „Das… tut mir leid“, murmelt sie, ihre Stimme fast unhörbar. „Sie wirken immer so kalt, aber innerlich sind Sie, glaube ich, ganz anders.“
Eva nickt langsam, ihre Augen bleiben auf die Straße gerichtet, als würde sie die Erinnerung daran wie ein unsichtbares Band in sich tragen. „Ich möchte nicht, dass Sie sich irgendwann auch Vorwürfe machen, Frau Kersting. Ihr Mann und Sie können das nicht alleine bewältigen, zumindest nicht, was die Gefühle angeht. Ich bin für Sie da. Auch wenn wir uns vielleicht noch nicht lange kennen.“
Uli blickt aus dem Fenster, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch. „Danke.“
Eva wirft ihr einen flüchtigen Blick zu, sagt jedoch nichts weiter. Das Auto gleitet ruhig durch die Straßen, und die Stille zwischen ihnen ist schwer, doch auf ihre eigene Weise auch tröstlich. Es scheint, als würde sich in diesem Moment die Zeit dehnen, als ob jedes Wort zu viel wäre.
Kurz bevor sie das Krankenhaus erreichen, vibriert Ulis Handy. Sie wirft einen Blick auf die Nachricht von Jeremy und erstarrt. Ihr Gesichtsausdruck verändert sich sofort, die Farbe aus ihrem Gesicht weicht, als sie die Nachricht liest. Sie sieht Eva an, ihre Augen weit aufgerissen, voller Schock.
„Was ist los?“, fragt Eva, als sie Ulis verstörten Blick bemerkt.
„Jeremy ist einfach nach Hause gefahren. Obwohl Ivy hierbleiben muss“, flüstert Uli, ihre Stimme zittert vor Wut und Enttäuschung. „Was für ein Vater…“
Eva schüttelt ungläubig den Kopf, die Überraschung über das Verhalten von Jeremy kann sie kaum fassen. „Wir fahren trotzdem hin.“ Sie stoppt sich jedoch, merkt, dass sie sich schnell korrigieren muss. „Äh, Sie fahren trotzdem hin.“
Uli nickt, aber ihre Hände zittern leicht, die Unsicherheit und die Enttäuschung lassen ihre Bewegungen zögerlich erscheinen. „Der hätte doch wenigstens bis abends bleiben können“, murmelt sie, fast wie in einem selbstgespräche. Ihre Worte sind voller Enttäuschung, und sie schaut aus dem Fenster, als könnte sie die Antwort irgendwo in der Ferne finden. „Ich… ich verstehe ihn einfach nicht.“
Eva parkt das Auto vor dem Krankenhaus. Sie dreht sich zu Uli und legt eine Hand sanft auf ihren Arm, als wolle sie ihr etwas Halt geben. „Hören Sie zu“, sagt sie mit einer ruhigen, entschlossenen Stimme. „Sie gehen jetzt zu Ihrer Tochter, und ich besorge uns ein Hotel und Schlafsachen. Sie müssen nicht gleich wieder zurückfahren.“
Uli sieht sie mit großen, überraschten Augen an. „Ein Hotel?“
„Ich lasse Sie nicht alleine, Frau Kersting. Sie haben genug um die Ohren“, sagt Eva mit fester Stimme. „Ich muss nur im Hotel Bescheid geben – ich kann auch von hier aus arbeiten.“
Uli schluckt schwer, überwältigt von Evas unerwarteter Unterstützung. Ihre Augen füllen sich mit einem Hauch von Dankbarkeit, aber auch mit einer tieferen Erschöpfung. „Ich… danke Ihnen. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“
Eva schenkt ihr ein kleines Lächeln, das Trost spenden soll. „Das müssen Sie nicht. Jetzt gehen Sie zu Ihrer Tochter. Sie braucht Sie.“
Während Uli sich auf den Weg ins Krankenhaus macht, fährt Eva weiter in die Stadt. Sie hat ein Ziel vor Augen, etwas zu erledigen, aber ihre Gedanken schweifen immer wieder zu Uli und ihrer Tochter ab. Sie kauft Schlafsachen und einfache Kosmetikartikel – nichts Aufwendiges, sondern nur das Nötigste, was sie brauchen könnten. Doch als sie an einer Ecke des Ladens vorbeigeht, bleibt ihr Blick an einem kleinen Stofftier hängen. Es ist ein rosa Schweinchen, niedlich und irgendwie tröstlich. Sie zögert einen Moment, bevor sie es aufnimmt, lächelt bei dem Gedanken, dass Ivy vielleicht ein kleines Lächeln damit geschenkt bekommen könnte.
Nachdem sie ihre Einkäufe erledigt hat, fährt sie zum Hotel, das nicht weit vom Krankenhaus entfernt ist. Sie checkt ein, lässt ihr Gepäck auf das Zimmer bringen und beginnt, einige dringende Anrufe zu führen. Trotz der Umstände bleibt sie ihrer Verantwortung treu und organisiert alles im Hotel aus der Ferne. Sie informiert Raik und das Team, dass sie für ein paar Tage abwesend sein wird, und bittet sie, sich um die nötigen Details zu kümmern.
Doch während sie all das erledigt, kehren ihre Gedanken immer wieder zu Jeremy zurück. Sie kann einfach nicht fassen, dass er Ivy zurückgelassen hat. „Was ist bloß mit diesem Mann los?“, murmelt sie kopfschüttelnd, als sie das Hotelzimmer vorbereitet. Der Gedanke an seine Reaktion lässt sie immer noch fassungslos zurück.
Am Abend erhält Eva eine Nachricht von Uli:
„Ich bleibe noch bei Ivy, bis sie eingeschlafen ist. Danke für alles.“
Eva liest die Worte auf ihrem Handy, ihre Lippen formen ein leises „Du musst mir nicht danken“, auch wenn niemand sie hören kann. Sie lässt das Handy langsam sinken und starrt einen Moment lang aus dem Fenster, den Blick auf das beleuchtete Krankenhaus gerichtet. Es ist, als könne sie die Sorgen von Uli und Ivy durch die Dunkelheit hindurch spüren, und die Stille des Raumes um sie herum wird schwer und undurchdringlich.
„Manche Dinge“, denkt Eva sich, „sind wichtiger als Arbeit. Und vielleicht ist das hier genau der Ort, an dem ich gerade sein sollte.“
Eva saß in der ruhigen Hotelbar, das iPad vor sich auf dem Tisch, und scrollte durch Berichte und Tabellen. Ihre Gedanken waren ganz auf die Arbeit gerichtet, die Zahlen und Informationen verschmolzen zu einer einzigen, unaufhörlichen Flut von Aufgaben, die zu erledigen waren. Doch dann, wie ein leiser Windhauch, der plötzlich die Stille durchbricht, riss eine sanfte Stimme sie aus ihren Gedanken.
„Guten Abend“, sagte Uli, ihre Stimme zögerlich, fast unsicher.
Eva zuckte überrascht zusammen und sah auf. „Oh, Frau Kersting. Alles gut. Sie haben mich nur erschreckt.“
„Entschuldigung, das wollte ich nicht“, murmelte Uli, ihre Augen senkten sich einen Moment. „Ich dachte, ich schau mal vorbei.“
Eva legte das iPad beiseite und betrachtete sie aufmerksam. Es war offensichtlich, dass Uli mehr auf dem Herzen hatte, als sie zeigte. „Was gibt es Neues?“, fragte sie mit einer ruhigen, fürsorglichen Stimme.
Uli zog einen Stuhl heran und setzte sich mit einer Bewegung, die fast wie ein müder Seufzer wirkte. „Die richtigen Untersuchungen starten erst morgen“, begann sie, ihre Stimme trug die Erschöpfung des Tages. „Heute wurde nur nochmal Blut abgenommen und eine Knochenmarkspunktion gemacht. Ivy ist erschöpft, aber sie ist stark.“
Eva nickte nachdenklich, während sie die Informationen aufnahm. „Das klingt nach einem anstrengenden Tag“, sagte sie schließlich, als sie versuchte, das Ausmaß des Stresses, den Uli und ihre Tochter gerade durchmachten, zu begreifen. „Kommen Sie, ich lade Sie zum Essen ein. Oder möchten Sie lieber auf Ihr Zimmer gehen und sich ausruhen?“
Uli hob eine Augenbraue, als hätte sie diese Möglichkeit nicht erwartet. „Eigentlich sollte ich Sie einladen. Das ist das Mindeste, was ich tun kann“, erwiderte sie, ihr Blick strahlte eine Mischung aus Dankbarkeit und Verlegenheit aus.
Eva lächelte leicht, ein sanftes, fast verschmitztes Lächeln. „Dann machen wir es so: Beim nächsten Mal laden Sie mich ein. Aber jetzt kommen Sie. Lassen Sie uns das Essen genießen, wenn Sie schon einmal hier sind.“
Die beiden gingen zu einem kleinen Italiener in der Nähe des Hotels, dessen gemütliche Atmosphäre sofort eine willkommene Ablenkung von den Sorgen des Tages bot. Der Duft von frischem Basilikum und geröstetem Knoblauch lag in der Luft, und das gedämpfte Licht des Restaurants schuf eine entspannte Stimmung. Während des Essens begannen sie, über ihre Vergangenheiten zu sprechen, was zunächst noch etwas zaghaft und unsicher wirkte.
Uli erzählte von der Zeit vor der Geburt ihrer Tochter, von den Ängsten und Zweifeln, die sie damals geplagt hatten. „Ich hatte nie gedacht, dass es so schwer werden würde“, sagte sie leise, als sie auf ihren Teller blickte. „Es war alles so ungewiss, und als Ivy dann kam… ich wusste nicht, wie ich all die Verantwortung tragen sollte.“
Eva hörte aufmerksam zu, ein wenig überrascht von der Offenheit, mit der Uli sprach. Nach einer kurzen Pause begann sie, sich ebenfalls zu öffnen. „Meine Erziehung war… streng“, sagte sie nachdenklich, ihre Worte schwer und bedacht. „Ich habe nie gelernt, was es heißt, wirklich weich zu sein. Zu lange hatte ich das Gefühl, alles alleine stemmen zu müssen, dass niemand mich brauchte. Dann sind die Beziehungen auseinandergegangen, und ich musste mich ganz neu finden.“
Die Gespräche wurden immer persönlicher, und beide merkten, dass sie mehr Gemeinsamkeiten hatten, als sie zunächst gedacht hätten. Es war, als würden sich die Schalen, die sie im Laufe der Jahre aufgebaut hatten, langsam ablegen, während die Worte zwischen ihnen flossen. Der Abend, der mit einer zufälligen Einladung begonnen hatte, entwickelte sich zu einer Momentaufnahme von Nähe und Verständnis, die sie beide tief berührte.
Spät am Abend kehrten sie ins Hotel zurück. Der frische, kühle Luftzug vor der Tür ließ sie kurz innehalten, ehe sie eintraten.
„Ich habe noch ein paar Sachen für Sie“, sagte Eva, als sie die Zimmertür öffnete. Ihr Tonfall war freundlich, doch es lag eine gewisse Beharrlichkeit darin, die Uli nicht entging.
Uli blieb zögerlich vor der Tür stehen, als ob sie ein wenig unsicher war, ob sie überhaupt hereinkommen sollte. „Das wäre nicht nötig gewesen“, murmelte sie, ihre Augen auf den Boden gerichtet. Doch Eva winkte ab, ein Lächeln auf den Lippen, das ihre Worte untermalte.
„Ach was, kommen Sie ruhig rein. Hier gibt es nichts Privates zu sehen“, sagte sie mit einem Lächeln, das die Anspannung aus der Luft nahm.
Unsicher trat Uli ein und ließ ihren Blick durch das schlichte, aber stilvolle Zimmer gleiten. Es war alles funktional, ohne übermäßigen Luxus, aber dennoch angenehm und einladend. „Danke“, sagte sie schließlich, als sie sich auf das Sofa setzte und das Glas Wein, das Eva ihr anbot, entgegennahm.
Die beiden Frauen saßen eine Weile schweigend nebeneinander, das leise Klingen des Weins in den Gläsern war der einzige Sound, der den Raum füllte. Dann begannen sie wieder zu sprechen – diesmal über ihre jüngeren Jahre, ihre Träume und was sie sich für die Zukunft wünschten. Die halbe Nacht verbrachten sie damit, Geschichten zu erzählen – manchmal lachten sie über kleine Anekdoten, dann wurde es stiller, nachdenklicher, und die Gespräche vertieften sich.
Eva, die irgendwann die Uhr an der Wand sah, seufzte leise und rieb sich die Augen. Die Müdigkeit hatte sie inzwischen eingeholt. „Wir sollten schlafen. Sie müssen bestimmt früh zu Ihrer Tochter“, sagte sie mit einem Hauch von Bedauern, dass der Abend nun zu Ende ging.
Uli nickte, ihre Augen waren ebenfalls schwer vom Gespräch und den emotionalen Momenten des Abends. „Ja, danke noch einmal“, sagte sie, bevor sie aufstand. „Ich… ich weiß nicht, was ich ohne Ihre Unterstützung tun würde.“
Eva reichte Uli eine Tüte. „Hier, das sind die Sachen, die ich für Sie besorgt habe. Ich hoffe, es passt alles.“
Uli nahm die Tüte entgegen und öffnete sie vorsichtig. Ihre Finger zitterten leicht, als sie das kleine Plüschtier – ein rosafarbenes Schweinchen – entdeckte. Ein zarter Ausdruck von Überraschung und Rührung zog über ihr Gesicht, doch dann stockte sie. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und ein leises Seufzen entglitt ihr. „Danke… für alles“, flüsterte sie, ihre Stimme brüchig.
Die beiden Frauen standen einen Moment lang nebeneinander, ohne ein Wort zu sagen. Die Stille zwischen ihnen war gefüllt mit unausgesprochenen Gedanken, die sich in diesem kleinen Moment der Zuneigung vermischten.
Ulis Blicke suchten Eva, als sie einen Schritt nach vorn machte. Ohne nachzudenken beugte sie sich zu Eva und küsste sie sanft. Es war ein flüchtiger Kuss, mehr ein Ausdruck von Dankbarkeit und Verwirrung, aber auch von einem tieferen Bedürfnis nach Nähe, das sie nicht mehr zurückhalten konnte.
Eva reagierte schneller, als sie erwartet hatte. Sie schob Uli vorsichtig zurück, ein verwirrter Ausdruck auf ihrem Gesicht. „Ähm…“, brachte sie hervor, ihre Stimme war unsicher.
Uli, die die Situation sofort überblickte, schüttelte hastig den Kopf. Ihre Wangen erröteten in einem intensiven Rot, als ihr klar wurde, was sie getan hatte. „Entschuldigung. Das… das war ein Fehler“, stammelte sie, ihre Hände fuhren nervös durch ihr Haar. Hastig drehte sie sich um und verließ das Zimmer, bevor Eva überhaupt in der Lage war, etwas zu sagen.
Im Flur blieb Uli stehen, ihre Hände zitterten, als sie sich die Tür noch einmal ansah. „Was ist bloß mit dir los?“, flüsterte sie sich selbst zu, als sie sich gegen die Wand lehnte. Der Kuss war nicht geplant gewesen, es war ein impulsiver Moment gewesen, und jetzt war alles so unklar. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander.
Eva stand im Zimmer, verwirrt und mit einem Gefühl von Unbehagen, das sie nicht ganz einordnen konnte. Sie atmete tief durch, als wolle sie die aufkommenden Gedanken und Gefühle vertreiben. „Eine Ausnahmesituation“, murmelte sie leise zu sich selbst. Sie versuchte, sich zu beruhigen, als sie sich langsam fürs Bett fertig machte. „Das war einfach zu viel für sie… zu viel für uns beide“, dachte sie. Aber irgendetwas an diesem Moment blieb in ihr haften, und sie konnte es nicht ganz abschütteln.
Am nächsten Morgen, noch im Halbschlaf, hörte Eva ein leises Klopfen an der Tür. Mit schweren Augenlidern öffnete sie, und zu ihrer Überraschung stand Uli vor ihr.
„Was gibt’s, Frau Kersting?“, fragte Eva, ihre Stimme müde und noch leicht heiser von der Nacht.
Uli grinste schwach, ihre Augen immer noch von der Müdigkeit des Vortages gezeichnet. „Ich gehe ins Krankenhaus. Wollte nur Bescheid geben.“
Eva blinzelte und bemerkte, dass Uli sie ebenfalls genauer ansah. Ihr Blick fiel auf Evas Schlafanzug – der gleiche, den sie selbst gestern besorgt bekommen hatte. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass sie denselben trugen. Uli schmunzelte und hob eine Augenbraue. „Schicke Auswahl“, sagte sie mit einem leicht spöttischen Ton.
Eva, immer noch halb verschlafen, nickte nur müde. „Sie wissen, wo Sie mich finden“, antwortete sie, mit einem mühsam zurückgehaltenen Gähnen.
„Ja, im Bett“, erwiderte Uli trocken, bevor sie sich mit einem letzten Blick umdrehte und den Gang hinunterging. „Bis später.“
Als Eva die Tür schloss und wieder ins Bett fiel, fühlte sie sich für einen Moment noch etwas benommen. Doch der Schlaf kam nicht mehr. Ihre Gedanken kreisten, und sie konnte das Gefühl der Unruhe nicht abschütteln, das sie den ganzen Morgen über begleitet hatte.
Später am Vormittag, der Himmel hatte sich inzwischen aufgehellt, fand sich Eva in einem Café gegenüber dem Krankenhaus wieder. Der Duft von frischem Kaffee und gebackenem Brot lag in der Luft, doch ihre Gedanken waren weit entfernt von der entspannten Atmosphäre. Auf ihrem iPad hatte sie Dokumente geöffnet, doch ihre Konzentration ließ zu wünschen übrig. Sie starrte mehr auf den Bildschirm, als dass sie tatsächlich etwas las.
Plötzlich bemerkte sie eine vertraute Gestalt, die in Eile die Straße entlangging. Es war Jeremy. Sein Gesicht war angespannt, und seine Schritte schienen hastig, als würde er einen inneren Kampf mit sich selbst austragen. Sie wollte ihn ansprechen, doch er bemerkte sie nicht und verschwand bald hinter einem der Gebäude.
Eva setzte ihren Stift auf das iPad und starrte in die Richtung, in die er verschwunden war. Sie konnte das mulmige Gefühl in ihrer Magengegend nicht abschütteln. Irgendetwas an Jeremys Verhalten ließ sie nicht los. Sie hoffte, dass alles in Ordnung war, dass es Ivy gut ging, doch ein Schatten der Besorgnis blieb in ihr haften. Sie hatte das Gefühl, dass sie mehr tun musste, als nur aus der Ferne zu beobachten. Aber was?
Während sie weiter überlegte, versank sie wieder in ihre Arbeit, auch wenn sie wusste, dass ihr Kopf irgendwo anders war.
Eine halbe Stunde später, als Eva gerade wieder in ihre Arbeit vertieft war, vibrierte ihr Handy. Sie sah auf den Bildschirm und sah die Nachricht von Uli:
„Wo bist du?“
Eva antwortete knapp und ohne nachzudenken: „Café vor der Tür.“
Wenige Minuten später, als Eva gerade einen Schluck von ihrem Kaffee nahm, betrat Uli das Café und setzte sich ohne ein weiteres Wort zu ihr. Ihre Augen waren müde, aber sie schien zumindest einen Moment der Ruhe zu brauchen.
„Jeremy ist jetzt da“, sagte Uli, als sie sich setzte, und blickte kurz aus dem Fenster, bevor sie Eva ansah. „Aber Ivy wird noch untersucht.“
Eva nickte langsam und lehnte sich in ihren Stuhl zurück. Ein Gefühl der Erleichterung durchzog sie, auch wenn es nur für einen Moment war. „Gut, dass er gekommen ist“, murmelte sie, mehr zu sich selbst als zu Uli.
Uli nahm einen weiteren Schluck von Evas Kaffee, seufzte tief und sah dann direkt in Evas Augen. „Also, wenn du möchtest, kannst du nach Hause fahren“, sagte sie, die Worte leicht zögerlich, aber dennoch mit einer gewissen Klarheit in ihrer Stimme.
Eva legte das iPad zur Seite und beugte sich leicht vor. Sie betrachtete Uli eine Weile, als versuche sie, zwischen den Zeilen zu lesen. „Und was machst du?“ fragte sie schließlich neugierig, ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen.
„Ich bleibe hier“, antwortete Uli ohne zu zögern, ihre Stimme fest und entschlossen, als ob ihre Entscheidung schon längst getroffen war.
Eva lächelte erneut, aber dieses Mal war es ein Lächeln, das von einem tiefen Verständnis und Mitgefühl zeugte. „Dann bleibe ich auch“, sagte sie, ihre Worte ruhig, aber voller Bedeutung.
Ein kurzer Moment der Stille folgte. Es war der gleiche Moment, in dem beide Frauen begriffen, dass sie nun irgendwie miteinander verbunden waren – in einer schwierigen Situation, die keine einfachen Antworten bot. Doch die Stille war diesmal anders. Sie war nicht von Unbehagen oder Unsicherheit geprägt, sondern von einer warmen, unausgesprochenen Solidarität. In diesem Moment war klar, dass sie sich gegenseitig stützen würden – auf welche Weise auch immer.
Eva spürte, wie sich ihre Gedanken wie ein schwerer Nebel über sie legten. Ein Teil von ihr wollte einfach nur aufhören, nachzudenken, und sich von den Ereignissen treiben lassen. Doch der andere Teil wusste, dass sie nicht einfach zurücktreten konnte, dass das, was hier geschah, bedeutungsvoll war. Und sie wollte nicht einfach den Rückzug antreten, wenn so viele ungelöste Fragen in der Luft hingen.
„Ich glaube ich werde doch dann mit Jeremy zurückfahren, später“, sagte Uli schließlich, ihre Stimme ruhig, aber Eva konnte die leise Unsicherheit darin hören. Es war kaum zu bemerken, aber es war da – der leise Zweifel, der ihre Worte begleitete.
Eva seufzte tief und versuchte, ihre Emotionen unter Kontrolle zu bringen. Doch sie konnte nicht anders, als sich von ihren Gefühlen leiten zu lassen. „Nein, wir bleiben hier, bis alle Untersuchungen abgeschlossen sind“, sagte sie mit fester Stimme. Doch sie spürte sofort, dass ihre Entscheidung bei Uli nicht gut ankam.
Uli schüttelte leicht den Kopf, ihre Miene von Sorge und Verlegenheit gezeichnet. „Eva, das ist alles teuer, und du hast damit gar nichts zu tun“, entgegnete sie, als wollte sie die Verantwortung von sich schieben, als würde sie sich schuldig fühlen, Eva in diese Situation zu ziehen.
Eva blickte sie mit einem entschlossenen Blick an. „Das ist mir egal. Geld ist nicht alles“, sagte sie mit Nachdruck, und die Worte fühlten sich für sie richtig an, als hätte sie sich gerade selbst in ihrer Entscheidung bestärkt. Sie wusste, dass sie mehr für Uli tun wollte, als nur auf Abstand zu bleiben und sich hinter ihrem beruflichen Status zu verstecken. Sie wollte einfach da sein – für Uli, als Freundin, als jemand, der versteht, wie überwältigend und belastend diese Situation war.
Uli atmete tief ein, als ob sie sich darauf vorbereitete, ein weiteres, unangenehmes Thema anzusprechen. „Eva, wir müssen über den Kuss reden“, sagte sie dann, ihre Stimme von Nervosität durchzogen, als ob sie wusste, dass die Worte, die sie jetzt aussprechen würde, alles verändern könnten.
Eva erstarrte für einen Moment. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander, doch sie versuchte, ruhig zu bleiben. „Schon okay, der ist nicht passiert. Alles gut“, antwortete sie schnell, beinahe reflexartig, obwohl sie wusste, dass sie die Situation damit nicht wirklich auflöste. „Das war einfach eine Überschwemmung von Gefühlen, und alles gut“, fügte sie hinzu, aber der Zweifel, der in ihrer Stimme mitschwang, verriet, dass auch sie noch nicht wusste, wie sie den Vorfall einordnen sollte. Es war der Kuss einer Situation, die von so vielen intensiven, unausgesprochenen Gefühlen überflutet war – mehr nicht. Oder vielleicht doch mehr? Eva konnte es selbst nicht sagen.
Uli schwieg für einen Moment, und die Luft zwischen ihnen war plötzlich dicker, schwerer. Doch keiner der beiden sprach das Ungesagte aus. Es war klar, dass beide mehr auf dem Herzen hatten, doch aus unterschiedlichen Gründen schienen sie den Moment noch nicht bereit zu sein, wirklich zu entwirren.
„Ich sollte wieder zu Ivy“, murmelte Uli dann, und als ihre Blicke sich trafen, knisterte es in der Luft. Der Moment war aufgeladen, und es schien, als würde die Zeit stillstehen. Eva nickte nur, ihre Augen folgten Uli, als sie sich in Richtung Tür bewegte.
„Ich geh aufs Zimmer, weiterarbeiten“, sagte Eva leise, froh, der Situation irgendwie zu entkommen. Doch sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Es war nicht nur die unerklärliche Spannung in der Luft, sondern auch ein anderes Bewusstsein, dass sie beide in dieser schwierigen Zeit auf eine Weise miteinander verbunden waren, die sie vorher nicht gekannt hatten. Sie war immer noch froh, aus dem Hotelstress raus zu sein, aber dieses Gespräch, dieser Moment, das war nicht einfach. Es war kompliziert.
Am Abend, als es an Evas Tür klopfte, war es Uli, die wie eine gelebte Erschöpfung wirkte, aber auch Erleichterung in ihrem Blick trug. „Untersuchungen abgeschlossen, Ergebnis kommt morgen“, sagte sie und trat ein, dabei eine Tüte mit Döner in der Hand. „Ivy hat sich über das Schwein gefreut. Danke, Eva.“
„Setz dich, willst du Wein?“ fragte Eva, ihre Stimme weicher als zuvor, als sie Uli einlud, sich neben sie zu setzen. Die beiden setzten sich auf das Bett, und Eva bemerkte, wie die vertraute Atmosphäre sie einhüllte. Sie aßen zusammen ihren Döner. Es war ein merkwürdiger, aber irgendwie wohltuender Moment. Der kleine Raum fühlte sich plötzlich weniger kalt an, weniger distanziert.
„Schön, viele Zwiebeln drauf“, dachte sich Eva, als sie einen Bissen nahm und die Zwiebeln scharf auf ihrer Zunge schmeckte. Uli grinste und lehnte sich leicht zurück. „Gut, dass wir alleine schlafen, hm?“
Eva nickte und schmunzelte verlegen. „Ja…“ Ihre Stimme war ein Hauch leiser, als sie versuchte, den Moment zu entkrampfen. Es war, als würde etwas zwischen ihnen in der Luft hängen, und sie wusste nicht ganz, wie sie es einordnen sollte.
„Bevor ich mir die Bluse voll sau, geh ich mich eben umziehen“, sagte Eva, als sie spürte, dass die Zwiebeln langsam ihre Wirkung taten. Sie stand auf, um sich umzuziehen, und Uli sah ihr nach, als sie sich auf den Weg zum Bad machte. Sie seufzte dann, legte ihren Döner beiseite und ließ den Blick durch den Raum wandern. Ihre Gedanken schienen plötzlich stillzustehen. Etwas hatte sich verändert, und auch wenn die Worte nicht ausgesprochen waren, wusste sie, dass der Moment mehr war als nur eine zufällige Begegnung.
„Toll, hättest du mir das mal eher gesagt. Ich hab mich schon eingesaut“, sagte sie, als sie auf ihre eigene Bluse blickte. „Ich hoffe, Ivy kann morgen nach Hause. Noch ein Tag ohne Unterwäsche halte ich nicht aus“, fügte Uli mit einem kleinen Lächeln hinzu, das Eva amüsiert zurückließ.
Uli warf einen Blick auf Eva. „Soll ich dir noch ein Bier aus meinem Zimmer holen?“ fragte sie, als sie mit frischem Wein ankommt.
„Wieso haben wir eigentlich zwei Zimmer?“ fragte Uli, als sie sich wieder auf Evas Bett warf und Eva weiterhin beim Arbeiten zuschaute. „Wir hätten uns doch auch eins teilen können.“
Eva sah sie überrascht an und hob eine Augenbraue. „Weil ich deine Chefin bin und wir uns kaum kennen.“
„Naja, jetzt kennen wir uns schon besser. Immerhin kenne ich dich im Schlafanzug.“ Uli lachte, und Eva konnte nicht anders, als zu schmunzeln. „Ja, wirklich sexy sind die“, sagte sie sarkastisch.
„Aber besser als nichts“, erwiderte Uli, und der Raum war für einen Moment von einem leichten, warmen Humor erfüllt.
Die beiden saßen nebeneinander, auf dem Bett und Eva arbeitete weiter an ihrem iPad, während Uli ihren Wein genoss und sie dabei beobachtete. Eva war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie kaum bemerkte, wie Uli sich langsam entspannte.
„Du solltest wirklich aufhören zu arbeiten, Eva“, sagte Uli schließlich, als sie merkte, dass Eva auf das iPad starrte.
„Ja, gleich. Ich muss das noch zu Ende machen, das ist wichtig.“ Eva konnte sich nicht ganz von der Arbeit losreißen, aber sie wusste, dass sie jetzt auch nicht länger darauf fixiert bleiben konnte.
Uli legte vorsichtig ihren Kopf auf Evas Schulter und schaute ihr beim Arbeiten zu. „Okay so?“ fragte sie leise, fast fragend.
Evas Atmung wurde etwas schwerer, und sie nickte leicht, ein zaghaftes Lächeln auf ihren Lippen. Doch dann konzentrierte sie sich wieder auf die Arbeit, obwohl sie die Nähe von Uli deutlich spürte. Sie wusste, dass sie ihre Grenzen testen musste, aber sie konnte nicht anders – sie fühlte sich sicher und gleichzeitig verwirrt.
Schließlich legte sich Uli fast unbewusst auf Evas Arm, und es war klar, dass sie dabei einschlief. Eva legte das iPad weg und seufzte, während sie leise flüsterte: „Meinst du nicht, du solltest ins Bett gehen?“
„Mhm, mhm, bin ich doch. Lass mich“, murmelte Uli, als sie sich noch enger an Eva schmiegte.
Eva grinste leicht, nahm die Decke und deckte sich und Uli zu. In einem Moment von unerklärlicher Nähe flüsterte sie, fast nur für sich selbst: „Ausnahmsweise.“
Es war ein stiller Moment zwischen den beiden, der ihre Verwirrung, ihre Unsicherheiten und ihre neu entdeckte Nähe widerspiegelte. Es war der Beginn von etwas, das sie beide nicht so recht verstehen konnten, aber in diesem Augenblick war es genug, einfach nur zu sein.
Eva lag noch wach, den Kopf auf das Kissen gebettet, und spürte Ulis Atmung ganz nah an ihrem Hals. Der Geruch von Zwiebeln, gemischt mit dem Duft von Schlaf, war fast beruhigend. Sie musste schmunzeln, als sie an den Moment dachte, als sie beide gesagt hatten, wie gut es sei, alleine zu schlafen. Jetzt lag Uli, völlig unbewusst, an ihr, und Eva konnte nicht umhin, sich in diesem Augenblick zu verlieren.
Uli wachte langsam auf, eingehüllt in eine Wärme, die sie fast vergaß, wo sie war. Es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass sie sich an Evas Arm geklammert hatte. Als sie die Augen öffnete, sah sie Evas schlafendes Gesicht nur wenige Zentimeter entfernt. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und ein leises, rhythmisches Schnarchen entkam ihr.
„Sexy“, dachte Uli mit einem leisen Schmunzeln, wobei sie ihre eigene Ironie erkannte. Dennoch fühlte sie sich wohl. Sie kuschelte sich unbewusst noch näher an Evas Arm und suchte den Komfort, den sie im Schlaf so selbstverständlich gefunden hatte.
Fast ohne es zu merken, begann sie, mit ihrem Daumen über Evas Arm zu streichen. Die Bewegung war beruhigend, fast meditativ, bis sie spürte, wie Eva sich leicht regte.
„Mhm, was ist?“ murmelte Eva, ihre Stimme noch schwer vom Schlaf.
Uli zuckte zusammen, als hätte sie etwas Verbotenes getan. „Nichts“, flüsterte sie schnell und drehte sich halb weg, ihre Wangen plötzlich heiß vor Verlegenheit.
Eva blinzelte träge und lächelte verschlafen. „Du hast mich geweckt“, stellte sie fest, ihre Stimme weich und ruhig.
„Nee, hab ich nicht“, erwiderte Uli reflexartig, doch als sie an sich herabblickte, bemerkte sie, dass ihr Daumen immer noch sanft über Evas Arm strich. Hastig zog sie die Hand zurück. „Oh, tut mir leid“, stotterte sie und setzte sich leicht auf.
„Alles gut“, murmelte Eva, „schlaf weiter. Es ist noch früh.“ Sie drehte sich wieder zur Seite, zog die Decke höher und schien im nächsten Moment wieder einzudösen.
Doch Uli blieb wach. Etwas in ihr war unruhig, ein Kribbeln, das sie nicht ganz deuten konnte. Sie seufzte leise, ihre Gedanken kreisten. Schließlich flüsterte sie, fast unhörbar: „Eva?“
Ein leises „Mh?“ kam zurück, schwer atmend, halb zwischen Traum und Wachsein.
Uli biss sich auf die Lippe, zögerte einen Moment, bevor sie die Worte hervorpresste: „Kann ich deinen Arm wieder haben? Der war so bequem.“
Eva öffnete ihre Augen nur halb und sah Uli an. Einen Moment lang war da ein unausgesprochener Austausch, ein stilles Verständnis, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Etwas, das keiner von ihnen ganz benennen konnte – und vielleicht auch nicht benennen musste.
Nach einem langen Atemzug nickte Eva schließlich. „Dann komm her“, murmelte sie leise. Sie hob die Decke an und zog Uli behutsam näher. „Aber weiterschlafen. Ich bin müde.“
Uli zögerte einen Moment, doch dann ließ sie sich an Eva schmiegen. Sie legte ihren Kopf an Evas Schulter, während diese ihre Arme um sie schlang. Der gleichmäßige Takt von Evas Herzschlag beruhigte sie, eine seltsame Sicherheit breitete sich in ihr aus.
„Bequem?“ fragte Eva mit geschlossenen Augen, ein leises Lächeln auf ihren Lippen.
„Ja“, flüsterte Uli, ihre Stimme kaum hörbar. Sie schloss die Augen und ließ sich von der unerwarteten Nähe davontragen. Es war ein Moment voller Geborgenheit und Verwirrung zugleich – aber gerade das machte ihn so kostbar.
Als sie schließlich in den Schlaf sanken, blieb nur die Wärme zwischen ihnen und die unausgesprochenen Worte, die über allem schwebten. Was auch immer sich hier anbahnte, es war greifbar, selbst im Schweigen.
Im Laufe der nächsten zwei Stunden schliefen sie erneut ein, eng aneinander geschmiegt. Als die Uhr halb acht schlug, weckte Eva Uli sanft.
„Guten Morgen“, flüsterte Eva und versuchte, ihren Arm aus Ulis festem Griff zu befreien.
„Hey, ich brauch meinen Arm, ich muss zur Toilette,“ sagte Eva leise, während sie vorsichtig versuchte, sich aus dem Bett zu bewegen. Doch Uli klammerte sich im Halbschlaf fest an sie und drückte sich enger an ihre Seite.
„Hm, okay,“ murmelte Uli verschlafen, ohne ihre Augen zu öffnen oder sich auch nur einen Zentimeter zu rühren.
Eva versuchte noch ein wenig geduldiger zu sein, spürte die sanfte Wärme von Uli an ihrem Körper und der vertraute, zarte Duft ihrer Haut hing in der Luft. Schließlich gab sie nach und schlüpfte behutsam aus dem Bett. Sie wollte weder Uli stören noch sie aus dem Schlaf reißen. Leise und ruhig schlich sie in das Badezimmer, um sich frisch zu machen.
Während sie sich die Hände wusch, blieb ihr Blick für einen Moment auf ihrem eigenen Spiegelbild hängen. Doch ihre Gedanken waren ganz bei Uli, die immer noch ruhig auf ihrem Kissen lag, der Kopf tief in die Kissen vergraben. Das Bild von Uli, zerzaust und verschlafen, ging ihr nicht aus dem Kopf. Es war dieser Moment der Intimität, der so still und gleichzeitig so bedeutsam war. Unwillkürlich zog ein leichtes, fast unmerkliches Lächeln über Evas Gesicht, während sie sich an den zarten Duft von Ulis Haut erinnerte, der noch in der Luft lag.
Als sie das Badezimmer verließ und ins Schlafzimmer zurückkehrte, fand sie Uli in derselben Position vor, der Körper immer noch in der gleichen bequemen, fast kindlichen Haltung, als wäre der Schlaf sie noch nicht ganz losgelassen. Eva öffnete vorsichtig das Fenster, um die kühle Morgenluft hereinzulassen, die den Raum durchflutete und eine wohltuende Frische verbreitete. Dann beugte sie sich sanft über sie, legte eine Hand auf ihren Arm und flüsterte leise: „Aufstehen, dein Mann kommt gleich.“
Uli reagierte wie aus einem Traum gerissen. Ihre Augen öffneten sich nur widerwillig, und ein verwirrter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. „Was? Oh …“ Ihre Stimme war rau und verschlafen, und es dauerte einen Moment, bis sie die Worte richtig zu ordnen vermochte.
Eva konnte sich ein schüchternes Lächeln nicht verkneifen und kicherte leise. „Das ging schnell,“ sagte sie mit einem warmen, fast amüsierten Ton, der die Vertrautheit des Moments widerspiegelte.
Uli richtete ihren Blick langsam auf Eva, die immer noch neben dem Bett kniete, die Haare wild vom Schlaf zerzaust. Ein zarter Schimmer von Unverständnis lag in ihren Augen, bevor sie leise nachfragte: „Eva?“ Ihre Stimme war ein flüsterndes Hauch, als würde sie sich vergewissern wollen, dass sie sich nicht noch in einem halben Traum befand.
„Ja?“ antwortete Eva ebenso leise, als wollte sie die Ruhe des Augenblicks nicht stören.
Ulis Blick vertiefte sich, und dann, fast schüchtern, flüsterte sie: „Du hast wunderschöne Augen.“ Die Worte kamen so ehrlich und sanft, dass der Raum sich plötzlich mit einer schlichten, fast magischen Stille füllte. Es war, als wäre der Moment für eine Ewigkeit eingefroren, so ruhig, dass selbst die Zeit für einen kurzen Augenblick innehielt.
Eva spürte, wie ihre Wangen sich leicht röteten, ein sanftes, fast scheues Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. „Danke … du auch,“ antwortete sie mit einem ebenso schüchternen Lächeln, das die Wärme der Komplimente in sich trug.
Für eine Weile herrschte Schweigen. Es war keine unangenehme Stille, sondern eine, die von unausgesprochenen Gedanken und Gefühlen durchzogen war, die in der Luft lagen wie ein zarter Hauch. Schließlich räusperte sich Eva, um den Moment nicht zu lang werden zu lassen, und lenkte sanft das Gespräch in eine andere Richtung. „Du solltest wirklich langsam aufstehen,“ sagte sie in einem sanften Ton, der deutlich machte, dass es Zeit war, den Tag zu beginnen.
Doch bevor Eva sich zurückziehen konnte, griff Uli nach ihrer Hand und zog sie, mit einer überraschenden Zartheit, näher zu sich. Ihre Augen suchten Evas, und für einen kurzen Moment schien die Welt außerhalb dieses Raumes zu verschwinden, als wäre die Zeit selbst eingefroren. Die Stille zwischen ihnen war geladen, und der Raum schien sich aufzulösen, bis nur noch ihre Blicke und die ungesagten Worte übrig blieben. In diesem Augenblick, in dem sich alles andere ausblendete, beugte sich Uli vor und küsste Eva – zärtlich, suchend, aber auch voller Intensität. Der Kuss war lang und tief, wie eine stille, aber mächtige Offenbarung. Es war, als würde die Welt in diesem einen Moment stillstehen.
Die Zeit schien tatsächlich stillzustehen, als ihre Lippen sich trennten und die Realität langsam wieder einsetzte.
„Entschuldigung, das hätte ich nicht tun sollen,“ flüsterte Uli nach dem Kuss, ihre Stimme zitterte ein wenig, und ein Hauch Unsicherheit mischte sich in ihre Worte. Ihre Hand, immer noch in Evas, fühlte sich plötzlich schwer und unsicher an.
Eva schaute sie mit einem ruhigen, warmen Blick an. „Doch, doch,“ antwortete sie leise und zog Uli noch näher an sich. Diesmal war der Kuss nicht nur ein sanftes Zusammentreffen von Lippen, sondern ein stilles Versprechen – intensiver, ehrlicher. Beide spürten es, dieses feine Zucken der Veränderung zwischen ihnen. Etwas war nun anders, und es fühlte sich unvermeidlich an, als ob etwas Unausgesprochenes nun endlich an die Oberfläche kam.
Schließlich löste sich Eva mit einem leichten Seufzer von Uli und richtete sich auf. „Steh jetzt bitte auf, Uli,“ sagte sie sanft, aber bestimmt, als wollte sie den Moment festhalten, aber auch weitergehen, als wäre der Kuss nur ein Teil eines größeren, unausgesprochenen Plans.
Uli nickte stumm, ihre Augen noch immer von der Intensität des Moments getäuscht, und verließ den Raum, um sich fertig zu machen. Ihre Schritte klangen gedämpft, doch in ihrem Inneren tobte ein Sturm. Was war das gerade gewesen? Ein impulsiver Moment der Zuneigung? Oder vielleicht der Beginn von etwas, das sich tief in ihr verbarg? Sie konnte es nicht genau sagen, doch eines war klar: Ihre Gefühle für Eva hatten sich auf eine Weise verändert, die sie nicht mehr ignorieren konnte.
Auch Eva blieb zurück, der Raum nun leer, aber ihre Gedanken wirbelten. Das Gefühl des Kusses war noch immer in ihr, eine Mischung aus Sehnsucht und Verwirrung. Sie hatte es nicht erwartet, aber es war da, unbestreitbar und nicht zu leugnen. Hatte sie sich tatsächlich in Uli verliebt? Oder war es nur ein Moment der Nähe, der das Band zwischen ihnen verstärkte? Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte, aber sie konnte das Kribbeln in ihrem Herzen nicht ignorieren. Etwas war passiert, und es war unmöglich, es zurückzunehmen.
Allein in ihrem Zimmer, nachdenklich und unsicher, saß auch Uli und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Der Kuss war kein bloßer Zufall gewesen – das wusste sie mit jeder Faser ihres Körpers. Aber was bedeutete das für sie? Was bedeutete es für ihre Familie, für Ivy? Ihr Herz pochte noch immer schneller, während sie versuchte, die Bedeutung dieses Moments zu begreifen. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie sich keine weiteren Verwirrungen leisten konnte. Der Alltag, die Verpflichtungen, die Verantwortung gegenüber ihrer Tochter, all das wartete. Es gab mehr zu klären als das Chaos, das jetzt in ihrem Herzen wütete. Doch ein Teil von ihr konnte den Drang, mehr zu wissen, nicht abstellen.
Als Uli sich schließlich fertig angezogen hatte, Eva gerade dabei war, das Auto zu packen und den Check-out zu erledigen. „Ich fahre später mit Jeremy und Ivy nach Hause,“ sagte sie, ihre Stimme ruhig, aber es lag etwas Unausgesprochenes in der Luft.
Eva nickte, aber etwas in ihr zog sich zusammen. Sie hielt inne, blickte auf die Uhr und spürte, wie ein nagendes Gefühl sie überkam, ein Gefühl, das sie nicht losließ. Irgendetwas sagte ihr, dass es falsch war, jetzt auseinanderzugehen. Doch Uli hatte entschieden, und das war die Tatsache, die zählte. Sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als es zu akzeptieren. Trotzdem blieb dieses unbestimmte Unbehagen in ihr, wie ein Schatten, der sich hartnäckig in ihrem Inneren festsetzte.
Der Tag verstrich in einem langsamen Rhythmus. Die Stunden zogen sich quälend hin. Als der Abend anbrach und Eva nach einer erfrischenden Dusche in ihr Bett fiel, scrollte sie gedankenverloren durch ihre Arbeitsunterlagen. Doch eine leise, immer stärker werdende Unruhe kroch in ihr hoch. Es war ungewöhnlich, dass sie den ganzen Tag nichts von Uli gehört hatte. Normalerweise hatten sie sich wenigstens kurz gemeldet, ein Wort, eine Nachricht. Aber jetzt war es schon spät, und die Stille schien sich immer weiter auszudehnen. Je länger es dauerte, desto mehr wuchs das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, als würde der Tag eine Lücke hinterlassen, die sie nicht erklären konnte.
Kurz vor Mitternacht, als Eva sich bereits bettfertig gemacht hatte und langsam in den Schlaf sinken wollte, hörte sie plötzlich ein leises Klopfen an der Tür. Überrascht fuhr sie hoch und schaute auf die Uhr. Es war spät, viel später als gewöhnlich. Sie stand auf, ging zur Tür und öffnete sie.
Vor ihr stand Uli. Ihr Gesicht war blass, ihre Augen gerötet, als ob sie gerade geweint hatte. Sie zitterte leicht, als ob sie etwas von sich wegdrückte, und die Panik in ihrem Blick war unübersehbar. Ihre Haare waren wirr und zerzaust, als hätte sie sich nicht die Zeit genommen, sich zu ordnen. Es war offensichtlich, dass sie in Eile oder Aufregung gekommen war.
Ohne ein Wort zu sagen, zog Eva sie sofort in ihre Arme. Uli ließ es geschehen, ihre Schultern sanken in Evas festen Griff, und Eva spürte, wie der Körper von Uli zitterte – ob vor Kälte oder wegen der Anspannung, wusste sie nicht, aber sie hielt sie einfach fest, als wollte sie ihr den Halt geben, den sie jetzt so dringend brauchte.
„Was ist los?“ fragte Eva schließlich leise, ihre Stimme warm und beruhigend, als sie Uli sanft von sich wegzog, um ihr in die Augen zu schauen. Sie wollte wissen, was sie so aus der Fassung gebracht hatte, was sie dazu gebracht hatte, mitten in der Nacht zu ihr zu kommen, ganz offensichtlich in großer Not.
„Schilddrüse…“ brachte Uli schließlich hervor, ihre Stimme zitterte, und die Worte klangen mehr wie ein gequältes Flüstern als wie eine klare Erklärung.
Eva hielt sie noch enger, als wollte sie all das Leid und die Unsicherheit, die Uli spürte, von ihr abnehmen. „Erzähl mir alles,“ flüsterte sie, so leise, dass es fast wie ein Versprechen klang. Sie wusste, dass Uli in diesem Moment niemanden sonst brauchte, nur sie.
Uli atmete tief ein, ihre Augen waren voller Tränen, und dann begann sie zu sprechen. Sie erzählte von den Untersuchungen, von den Berichten, die sie erhalten hatte, von den vielen Fragen, die immer noch offenblieben. Die Ärzte waren sich nicht sicher, was genau vor sich ging, und die Unklarheit ließ Uli in einem Meer aus Zweifeln und Ängsten schwimmen. Es war, als ob sie auf einem schwankenden Schiff stand, das immer weiter in ein Sturmgewitter hineinfuhr, ohne dass sie wusste, ob es einen sicheren Hafen gab.
„Die Unsicherheit…“ sagte Uli und brach erneut fast zusammen, „Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, Eva. Es ist alles so viel, und ich… ich fühle mich so hilflos.“
Eva strich beruhigend über ihren Rücken, spürte die zitternden Muskeln und versuchte, mit jeder Bewegung ihre Angst ein wenig zu lindern. „Du musst dich nicht alleine fühlen, Uli. Ich bin da. Du bist nicht alleine.“ Sie wusste, dass es keine einfachen Antworten gab, keine sofortige Lösung. Doch sie wollte Uli in diesem Moment einfach beistehen, ihr die Sicherheit und das Verständnis geben, das sie so dringend brauchte.
Eva hörte aufmerksam zu, ihre Arme um Uli gelegt, die immer noch zitterte, als ob sie die gesamte Last der Unsicherheit auf ihren Schultern trug. Sie spürte die Angst in Ulis Stimme, die in jeder Silbe mitschwang, und wusste, dass es in diesem Moment keine schnellen Antworten gab. Sie musste ihr einfach zuhören, ihr beistehen, wie es nur möglich war. „Wenn du möchtest, rufe ich eine Ärztin an, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert hat. Sie arbeitet in NRW. Ich weiß, das ist weit, aber sie ist hervorragend. Natürlich gibt es auch hier gute Ärzte.“ Ihre Stimme war ruhig und entschlossen, und sie hoffte, dass diese Aussicht auf Hilfe ein bisschen Beruhigung bringen würde.
Uli nickte langsam und seufzte schwer, als das Gewicht der Entscheidung erneut auf ihr lastete. „Ich vertraue dir, Eva. Wenn sie Ivy helfen kann, dann fahre ich um die Welt dafür.“ Es war eine der wenigen Aussagen, die so viel von Ulis Hingabe und Sorge zeigten, dass Eva spürte, wie wichtig ihre Unterstützung in diesem Moment war.
Eva lächelte leicht, ihre Augen glänzten vor Mitgefühl. „Es wird alles gut, Uli. Wir schaffen das.“ Ihre Worte waren einfach, aber sie trugen die Hoffnung und das Versprechen mit sich, dass sie nicht allein durch diese Zeit gehen musste.
Nach einem Moment des Schweigens, in dem sie Uli einfach nur festhielt, atmete Eva tief ein. Sie wusste, dass sie in diesem Moment eine Entscheidung treffen musste, die über das hinausging, was sie anfangs geplant hatte. „Ich möchte, dass du dir morgen einen Krankenschein holst. So lange wie möglich. Ich werde einen anderen Koch einstellen, bis du wieder bereit bist. Du brauchst Zeit – für Ivy, für dich. Die Arbeit kann warten.“ Ihre Stimme war ruhig, aber bestimmt, und in ihren Worten schwang die Sorge mit, dass Uli sich nicht nur um die Arbeit, sondern auch um sich selbst kümmern musste.
Ulis Blick wurde weich, fast dankbar, als sie sich langsam zurücklehnte und die Fürsorge in Evas Worten spürte. „Danke, Eva. Ihre Worte trugen die müde, aber feste Entschlossenheit, für ihre Tochter da zu sein, und in diesem Moment spürte Eva, dass Uli zwar Stärke ausstrahlte, aber auch eine gewisse Erschöpfung, die sie nicht länger allein tragen konnte.
Eva nickte, obwohl ein Teil von ihr sich nicht ganz sicher war, ob sie wirklich in der Lage war, alles zu bewältigen. Doch sie wusste, dass sie jetzt nicht länger zögern konnte. In diesem Augenblick war sie für Uli da, und das war alles, was zählte. „Ich werde mich kümmern, versprochen.“
Ihre Blicke trafen sich tief, und für einen Moment schien es, als könnten sie in den Augen der anderen all die unausgesprochenen Gedanken und Gefühle lesen – die Ängste, die Hoffnungen und vielleicht auch das, was noch nicht ausgesprochen war, aber in der Luft lag. Es war ein Moment der Verbundenheit, der in seiner Schlichtheit mächtiger war als Worte.
Nach einer Weile brach Uli den Blickkontakt und atmete tief durch. „Ich sollte jetzt nach Hause. Ich wollte dir nur Bescheid geben. Ich komme morgen früh noch mal ins Büro.“ Ihre Stimme war wieder ruhig, aber der Schatten der Sorgen blieb. Sie drehte sich zur Tür, ihre Hand auf dem Türgriff, und hielt kurz inne, als ob sie noch etwas sagen wollte, aber dann schüttelte sie nur leicht den Kopf, als ob sie sich selbst beruhigen musste.
„Gute Nacht, Eva,“ sagte sie leise, und es war mehr als nur ein Abschied. Es war ein leiser Dank, ein Moment der Anerkennung für all das, was sie in den letzten Stunden miteinander geteilt hatten.
Eva blieb noch einen Moment in der Tür stehen, ihre Gedanken bei Uli, bei all dem, was sie durchmachte, und bei den Fragen, die noch im Raum standen. Aber sie wusste auch, dass sie jetzt nichts mehr tun konnte, als zu vertrauen, dass sie gemeinsam einen Weg finden würden.
Am nächsten Morgen war Eva bereits früh auf den Beinen. Die letzten Stunden waren eine Mischung aus Sorge und Drang, alles zu tun, um Uli zu unterstützen. Sie hatte ihre Bekannte, eine Ärztin aus Essen, angerufen und die Situation geschildert. Die Ärztin hatte sich sofort Zeit genommen und ihnen angeboten, die Unterlagen zu sichten und eine fundierte Beratung zu geben. Als das Telefonat schließlich beendet war, fühlte Eva eine Welle der Erleichterung – endlich gab es eine Perspektive für Uli und Ivy. Doch obwohl sie wusste, dass sie den richtigen Schritt getan hatte, blieb ein Restzweifel, der sie nicht losließ.
Der Vormittag verstrich in der gewohnten Routine, doch der Gedanke an Uli und die Unsicherheit, ob sie wirklich den richtigen Weg fanden, beschäftigte sie weiterhin. Als der Morgen sich langsam dem Ende zuneigte, bemerkte Eva, dass Uli noch immer nicht wie verabredet im Büro erschienen war. Es war ungewöhnlich, und Eva begann sich zu fragen, was mit ihr los war.
Erst spät am Vormittag öffnete sich schließlich die Tür, und Uli trat ein. Ihre Gesichtszüge waren müde, ihre Augen wirkte schwer und erschöpft, als ob sie kaum den Weg bis ins Büro geschafft hatte. Schweigend ging sie zu Eva und legte einen Krankenschein auf den Schreibtisch. Ihre Hände zitterten kaum merklich, als sie die Papiere abgab.
„Sechs Wochen,“ sagte Uli knapp, ihre Stimme tief und müde.
Eva nahm den Krankenschein entgegen und nickte. Sie wusste, wie schwer dieser Schritt für Uli war. Es war der richtige Schritt, aber auch einer, der viel Überwindung kostete. „Danke. Das ist der richtige Schritt,“ sagte sie, und legte den Schein beiseite. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stand sie auf, um um den Tisch herumzugehen und näher bei Uli zu sein.
„Also, ihr könnt nach Essen fahren,“ begann sie sanft, ihre Worte ruhig und bedacht. „Die Ärztin wird sich eure Unterlagen ansehen und euch beraten. Sie hat viel Erfahrung, besonders in komplizierten Fällen.“ Es war nicht nur die Hoffnung auf eine medizinische Lösung, die sie in diesen Worten hörbar machte, sondern auch der feste Wille, Uli und Ivy zu unterstützen, egal was noch kommen mochte.
Uli schaute Eva an, und Eva konnte die Mischung aus Erleichterung und Sorge in ihren Augen erkennen. Es war die Unsicherheit, die immer noch tief in ihr steckte – eine Angst vor dem Unbekannten. „Danke, Eva,“ sagte sie leise. „Das bedeutet mir wirklich viel.“ Ihre Worte waren fast ein Flüstern, aber in ihnen lag eine tiefe Dankbarkeit. Dann, nach einer kurzen Pause, fügte Uli zögerlich hinzu: „Bist du … im Guten mit ihr auseinandergegangen? Oder eher nicht?“
Eva zog überrascht die Augenbrauen hoch, sichtlich irritiert von der Frage. Sie war nicht sicher, ob sie sich verhört hatte. „Was?“ fragte sie, als ob sie nicht ganz verstanden hatte, worauf Uli hinauswollte.
Uli wirkte einen Moment lang unsicher, als sie ihre Frage präzisieren wollte. „Mit der Ärztin,“ erklärte sie dann, ihre Stimme leicht nervös. „Du scheinst sie gut zu kennen. Ich wollte nur wissen … ob es da irgendwas gibt. Irgendwas, das ich wissen sollte?“
Eva blinzelte, verwirrt, aber dann schlich ein schiefes Lächeln über ihr Gesicht. Sie hatte nicht erwartet, dass Uli eine solche Frage stellen würde, besonders nicht in diesem Moment, in dem die Sorge um Ivys Gesundheit so im Vordergrund stand. Doch dann wurde ihr klar, dass es für Uli vielleicht auch ein Bedürfnis war, etwas mehr zu wissen – über alles, was ihre Welt in dieser Zeit beeinflusste.
„Du machst dir Sorgen um mich und die Ärztin?“ fragte Eva mit einem leichten Lächeln, das jedoch ein wenig von der Nervosität verriet, die sich unbewusst in ihrer Stimme mischte. „Es gibt da nichts, was du wissen müsstest, Uli. Wir sind immer noch gute Bekannte, und sie ist eine hervorragende Ärztin. Das ist alles, was zählt.“ Ihre Antwort war ehrlich, aber gleichzeitig versuchte sie, den Fokus zurück auf das Wesentliche zu lenken.
Uli musterte Eva einen Moment lang, als wollte sie mehr herausfinden, doch sie ließ es schließlich bei diesem Thema bewenden. „Gut,“ sagte sie einfach, doch der Blick in ihren Augen verriet, dass sie nicht ganz überzeugt war, als sie das Gespräch in eine andere Richtung lenkte. „Ich sollte jetzt besser los. Ich wollte dir nur Bescheid geben.
Eva erwiderte das Nicken mit einem ruhigen Lächeln, ihre Augen voller Wärme. „Du bist nicht allein, Uli. Egal, was kommt.“
Ein Moment der Stille lag zwischen ihnen, bis Uli schließlich mit leiser, aber bestimmter Stimme sagte: „Eva, ich bin nicht lesbisch.“ Es war eine ehrliche, fast entschuldigende Bemerkung, die Eva aus dem Gleichgewicht brachte, auch wenn sie sich gut auf die Möglichkeit vorbereitet hatte. Sie sah Uli an und hielt ihrem Blick stand, bereit, das, was jetzt kommen würde, zu hören.
„Ich weiß,“ antwortete Eva schlicht, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie setzte sich wieder langsam hin, ihre Gedanken wirbelten ein wenig, aber sie versuchte, ruhig zu bleiben. Doch sie spürte, dass Uli mehr erwartete als diese einfache Antwort. Der Raum füllte sich mit einer seltsamen Spannung, eine ungesagte Wahrheit, die nun zwischen ihnen lag, und Eva konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass das, was passiert war, weit mehr Bedeutung hatte, als es auf den ersten Blick schien.
Nach einem Moment des Schweigens, in dem Eva sich mit ihren eigenen Gedanken zu ordnen versuchte, sprach Uli weiter. „Aber … ich fand unseren Kuss schön. Es war … besonders.“ Ihre Stimme war leise, fast zerbrechlich, doch die Ehrlichkeit in ihren Worten war unüberhörbar. „Aber es macht alles nur noch schwieriger.“ In diesen letzten Sätzen lag die ganze Unsicherheit, das Zerrissene, das Uli fühlte, und Eva verstand in diesem Moment, dass der Kuss nicht nur eine spontane Geste war – er hatte eine tiefere Bedeutung, die Uli selbst noch nicht vollständig begreifen konnte.
Eva atmete tief ein und lehnte sich einen Moment zurück. Sie spürte, wie der Raum zwischen ihnen noch enger wurde, als ob jede unausgesprochene Emotion mehr und mehr in den Raum strömte. „Es ist okay, Uli,“ sagte sie schließlich, ihre Stimme sanft. „Ich verstehe. Aber wir können uns auch nicht von diesem Moment verurteilen lassen. Es war ein Moment der Nähe, und manchmal gibt es keine einfachen Antworten. Es ist alles … kompliziert, ja.“ Sie ließ eine Pause folgen, um ihre Gedanken zu ordnen, und fügte dann hinzu: „Aber das bedeutet nicht, dass wir uns jetzt ändern müssen. Du und ich, wir können noch immer füreinander da sein, ohne dass es mehr werden muss, wenn du das nicht willst.“
Uli nickte langsam, als ob sie die Tiefe von Evas Worten begriff, doch ihre Augen verrieten eine innere Zerrissenheit. Es war klar, dass der Kuss für sie ein Wendepunkt war, aber sie wusste nicht, wie sie mit den Gefühlen umgehen sollte, die er ausgelöst hatte. „Danke, Eva,“ sagte sie schließlich leise, „für dein Verständnis. Für alles.“ Ihre Stimme war ein wenig brüchig, aber in ihr lag auch eine tiefe Dankbarkeit für die Unterstützung, die Eva ihr gab.
Mit ruhiger, aber fester Stimme sagte Eva schließlich: „Gefühle bringen nur Probleme, Uli. Und du hast im Moment wirklich keine Zeit für sowas. Konzentrier dich auf deine Tochter.“
Uli sah sie einen Moment lang an, als wollte sie etwas erwidern, doch sie schüttelte nur den Kopf. „Ich fahre übrigens alleine,“ sagte sie schließlich, ihre Stimme zitterte beinahe. „Jeremy … ihm ist das alles zu viel. Er will weiterarbeiten. Meint, er kann mir so besser helfen.“
Eva nickte, doch der Hauch von Enttäuschung in ihrem Blick war schwer zu übersehen. Sie wollte etwas sagen, ein Kommentar oder vielleicht eine Reaktion, aber sie hielt sich zurück. Was hätte sie sagen sollen? Die Tatsache, dass Jeremy sich von der Situation distanzierte, schmerzte sie, doch sie wusste, dass es nicht der Moment war, diese Gedanken laut auszusprechen.
„Wirst du uns besuchen kommen, Eva?“ fragte Uli schließlich, als sie sich zur Tür wandte. Ihre Stimme zitterte leicht, als sie die Frage aussprach, fast so, als befürchte sie die Antwort. Eva bemerkte den Ausdruck in Ulis Augen – ein schüchternes Hoffen, das sie nicht übersehen konnte.
Eva hob den Blick und sah Uli an. Ihre Miene war ernst und voller Sorge, aber auch von einer festen Entschlossenheit geprägt. „Natürlich,“ sagte sie, ihre Stimme war fest, aber sanft, „Wann immer du willst.“ Sie wollte Uli mit ihren Worten beruhigen, wollte ihr das Gefühl geben, dass sie nicht alleine war. Doch sie wusste auch, dass Worte manchmal nicht ausreichten.
Uli lächelte schwach, ihre Augen füllten sich mit einem Hauch von Dankbarkeit, bevor sie langsam nickte. Ohne ein weiteres Wort schloss sie leise die Tür hinter sich und ließ Eva allein zurück.
Eva saß einen Moment regungslos da. Der Raum um sie herum fühlte sich plötzlich kälter an, als ob ein Stück von der Wärme, die sie mit Uli geteilt hatte, mit ihr gegangen war. Ihre Gedanken wirbelten in ihrem Kopf, und ein Gefühl von Hilflosigkeit überkam sie. Sie wollte so viel mehr tun – für Uli, für Ivy, für alle, die in diesem Moment ihre Unterstützung brauchten. Doch auch sie fühlte sich in gewisser Weise gefangen, zwischen dem, was sie tun konnte und dem, was sie sich wünschte, zu tun.
Wut und Traurigkeit mischten sich in ihrem Inneren. Sie wusste, dass Uli und Ivy die Hilfe brauchten, aber es tat weh, zu sehen, wie sich alles vor ihren Augen veränderte. Eva zwang sich, ruhig zu bleiben, denn es war nicht der richtige Moment für ihre eigenen Gefühle.
Sie atmete tief durch und setzte sich wieder an ihren Schreibtisch, die Hände auf den Tisch gelegt, um ihre Gedanken zu ordnen. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie sich den aufkommenden Emotionen irgendwann stellen musste. Aber nicht jetzt. Nicht, solange Uli und Ivy sie brauchten. Ihr Fokus lag bei ihnen – das war das, was jetzt zählte. Und doch konnte sie die leise Stimme in ihrem Herzen nicht ganz zum Schweigen bringen, die ihr zuflüsterte, dass auch sie irgendwann einen Moment für sich selbst finden musste. Aber das war eine Sorge für einen anderen Tag.
Eine Woche später, als Eva von ihrer Bekannten hörte, dass Ivy bereits mit ihrer Behandlung begonnen hatte, erreichte sie die beunruhigende Nachricht, dass Uli zunehmend abbauen würde. Es war klar, dass Uli jetzt genauso viel Unterstützung brauchte wie ihre Tochter. Ein Anflug von Unruhe ergriff Eva. Sie wusste, dass sie jetzt handeln musste, wenn sie helfen wollte. Kurz entschlossen packte sie ihre Sachen und machte sich auf den Weg nach Essen, mit der Hoffnung, dass sie Uli in dieser schweren Zeit beistehen konnte.
„Guten Tag, Frau Doktor“, begrüßte Eva ihre alte Freundin Ava, die in der Klinik arbeitete.
„Eva! Endlich bist du da!“, rief Ava, ihre Augen blitzten auf, als sie Eva sah. Ihr Lächeln war erleichtert, doch der Unterton ihrer Stimme verriet, wie angespannt sie war. „Die Frau sitzt hier Tag und Nacht bei ihrer Tochter, wann immer die Besuchszeiten es zulassen. Ihren Mann habe ich in all der Zeit vielleicht zweimal gesehen…“
Eva spürte den Kloß in ihrem Hals, als sie die Sorgen in Avas Stimme hörte, doch sie sagte nichts. Ava hielt inne, zögerte kurz, und fügte dann leise hinzu: „Lenk sie ab. Das kannst du doch am besten.“
Eva zog die Augenbrauen hoch und ein schiefes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Bei Frauen, die auf Frauen stehen? Ja, das liegt mir“, sagte sie mit einem leichten Scherz, aber es war klar, dass die Ironie nicht darüber hinweg täuschte, dass der Ernst der Situation ihr ebenfalls bewusst war.
„Komm, ich zeige dir die Klinik“, sagte Ava, und ohne weitere Worte ging sie voraus. Eva folgte ihr schweigend, spürte, wie die Atmosphäre des Ortes sie langsam mehr und mehr bedrückte. Jeder Schritt, den sie machte, schien das Gewicht der Sorge und Trauer zu verstärken, das in der Luft lag.
„Und hier…“, sagte Ava schließlich, während sie vor einer Tür stehen blieb und die Hand daran legte, „…kommt für mich die schwerste Station: die Kinderstation.“ Sie öffnete die Tür vorsichtig, und als sie den Raum betraten, fühlte Eva einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen.
Evas Blick wanderte über den Raum, und die Anblicke der vielen kleinen, kranken Kinder schnürten ihr die Kehle zu. Das leise Piepen der Geräte, das gedämpfte Murmeln von Ärzten und Schwestern, all das vermischte sich zu einer unangenehmen, überwältigenden Melodie, die ihr den Atem raubte. Sie kämpfte gegen die Tränen an, doch ihre Stimme zitterte, als sie schließlich flüsterte: „Wie hältst du das hier nur aus?“
Ava sah sie einen Moment lang an, als würde sie die Frage in ihrem eigenen Inneren abwägen. Dann, mit einem tiefen, resignierten Seufzer, erwiderte sie leise: „Manchmal frage ich mich das selbst. Manchmal fühlt es sich an, als würde einem der Boden unter den Füßen entgleiten. Aber dann sehe ich die Fortschritte, die kleinen Erfolge, und ich weiß, dass es sich lohnt.“
Eva nickte, obwohl sie keine Antwort hatte. Sie wusste, dass sie noch nicht bereit war, diese Welt vollständig zu begreifen, und doch konnte sie die Bedeutung von Avas Worten nicht leugnen. „Bist du bereit?“, fragte Ava nach einem Moment, als sie Eva in die Augen sah.
Eva zögerte und schloss für einen Moment die Augen, um ihre Gedanken zu ordnen. Die Schwere des Ortes, die Anspannung, die in der Luft lag, drückte auf ihren Brustkorb. Sie wollte nicht zögern, wollte nicht zu viel nachdenken, doch das Gefühl der Überwältigung war da, unaufhaltsam.
„Nein. Aber ich muss es sein“, sagte sie schließlich, und ihre Stimme war leise, aber bestimmt. Sie wusste, dass sie keine Wahl hatte. Uli brauchte sie jetzt mehr denn je. Sie musste stark sein, auch wenn sie sich innerlich zerbrochen fühlte.
Ava klopfte sanft an die Tür und öffnete sie vorsichtig. Der Raum, der zuvor von Stille durchzogen war, nahm sie in Empfang. Am Bett von Ivy saß Uli, die Augen erschöpft, die Schultern gebeugt, als hätte die ganze Last der Welt auf ihr geruht. Ihre Mimik war leer, als wäre sie weit entfernt, in Gedanken gefangen. Doch als ihre Blicke sich trafen, hob Uli den Kopf. Ein Moment der Unsicherheit blitzte in ihren Augen auf, dann richtete sie sich mit einer langsamen Bewegung auf und versuchte, auf wackeligen Beinen zu stehen.
„Eva…“, flüsterte sie kaum hörbar, ihre Stimme klang dünn und erschöpft. Sie trat einen Schritt auf Eva zu, bevor sie, von der plötzlichen Erleichterung überwältigt, in Evas Arme sank. „Jetzt bist du da.“ Ihre Stimme brach, und es war, als ob der Knoten in ihrem Inneren endlich platzte. Die Tränen, die sie so lange zurückgehalten hatte, bahnten sich ihren Weg, als sie sich an Eva klammerte.
Eva fühlte, wie die Verzweiflung, die die letzte Woche in Uli festgehalten hatte, für einen Moment von ihr abfiel. Es war nur ein flüchtiger Augenblick, doch es war genug, um den Schmerz, der Uli seit so langer Zeit begleitete, sichtbar zu machen. Eva hielt sie fest, strich ihr sanft über den Rücken und flüsterte: „Ivy wird es sicher auch mal ein, zwei Stunden ohne dich schaffen.“ Ihre Stimme war ruhig, so ruhig, wie es ihr möglich war, inmitten der Aufgewühltheit.
Uli zog sich ein Stück zurück und sah Eva mit einem unsicheren Blick an. „Glaubst du, das ist wirklich okay?“ Ihre Frage klang fast wie eine Bitte um Bestätigung, als würde sie sich nach einer Erlaubnis sehnen, sich endlich zu lösen.
„Vertrau ihr“, sagte Eva mit einem leichten Lächeln, das ihr Vertrauen in Ivy ausdrückte. „Sie weiß, was sie tut.“
Uli schloss die Augen für einen Moment, als ob sie in sich ging, dann nickte sie langsam, als ob sie sich selbst die Erlaubnis gab, loszulassen. Sie ging zum Bett zurück, beugte sich zu Ivy hinunter und küsste ihre Tochter sanft auf die Stirn. Es war ein stiller Abschied, ein Akt der Liebe, der dennoch von einer tiefer liegenden Angst begleitet war. Dann wandte sie sich von Ivy ab und ließ sich von Eva aus dem Raum führen.
Das kleine Apartment, das Uli bewohnte, lag in der Nähe des Krankenhauses, aber es war so anders als der Ort, an dem das Leben normalerweise lebendig war. Es war funktional, ja, aber auch kalt und unpersönlich. Der Raum schien von der Zeit vergessen worden zu sein, als hätte das Leben hier aufgehört, als wäre es nur noch eine Kulisse ohne Emotionen. Eva stellte ihre Tasche im Flur ab und nahm den Raum mit einem prüfenden Blick auf. Sie konnte förmlich spüren, wie Uli sich in diesem Raum immer weiter zurückgezogen hatte.
„Was ist mit Jeremy?“ fragte Eva nach einer Weile, während sie Uli beobachtete, die sich wortlos auf das Sofa sinken ließ. „Er wirkt… so abwesend.“
Uli atmete tief ein und ließ den Kopf hängen. „Er kann einfach nicht begreifen, was passiert. Es ist, als ob er in einer anderen Welt lebt. Er versteht nicht, warum ausgerechnet wir… warum wir das erleben müssen. Ich glaube, er hat immer geglaubt, dass wir irgendwie unantastbar sind… und jetzt ist alles so zerbrechlich.“ Ihre Stimme zitterte, als sie weiter sprach. „Natürlich ist es schrecklich, sein Kind so leiden zu sehen. Aber… so ist das Leben, oder? Man weiß, bevor man Eltern wird, dass alles passieren kann, dass einem das Unvorstellbare widerfahren kann. Und trotzdem, wenn es einen trifft, fühlt es sich an, als würde der Boden unter einem weggezogen.“ Sie hielt inne und schüttelte dann langsam den Kopf. „Und trotzdem ist es so schwer zu akzeptieren. Es fühlt sich einfach nicht fair an. Und doch…“ Sie verstummte, als ob die Worte ihr versagten.
Eva setzte sich vorsichtig neben Uli auf das Sofa und legte einen Arm um ihre Schultern. Es war ein stilles Angebot von Nähe, das Uli einen Moment lang zögernd annehmen musste. „Du musst auch an dich denken“, sagte Eva sanft, ihre Stimme warm, aber bestimmt. „Du kannst nicht alles alleine tragen. Sieh dich doch an, Uli. Du hast so viel abgenommen… das hältst du nicht aus.“
Uli nickte schwach, ohne den Blick zu heben. Ihre Augen blieben auf den Boden gerichtet, als ob sie sich dem Blickkontakt mit Eva nicht stellen konnte. „Ich weiß. Aber… es ist schwer, die Dinge einfach loszulassen.“ Ihre Worte kamen langsam, als ob sie über jedes einzelne nachdenken musste, bevor sie es aussprach.
Eva nahm ihre Hände, ihre Finger fest, aber sanft umschließend. „Dann lass mich dir helfen. Bitte. Du musst nicht alles alleine durchstehen.“
Für einen Moment hielt Uli inne, als ob sie innerlich gegen das Angebot ankämpfte, als ob sie sich weigerte, Hilfe anzunehmen. Doch dann, ganz langsam, lehnte sie sich gegen Eva, legte ihren Kopf auf ihre Schulter, als suchte sie nach Trost, den sie so dringend brauchte. Eva hielt sie fest, spürte, wie Uli sich gegen sie drückte, als ob sie verhindern wollte, dass die Dunkelheit, die sie so lange begleitet hatte, sie wieder verschluckte. Es war ein stiller Moment, aber voller Bedeutung.
Uli nickte in Evas Schulter und flüsterte kaum hörbar: „Danke…“ Ihre Stimme war so leise und erschöpft, dass es fast wie ein Hauch klang, von der Müdigkeit der letzten Wochen und Monate durchzogen.
Eva spürte die Schwere in Uli, die Last, die sie seit so langer Zeit mit sich trug. Aber sie wusste, dass sie ihr nicht die Antworten geben konnte. Was sie tun konnte, war einfach da zu sein, ihr einen Moment der Ruhe zu schenken. „Als Erstes sollten wir etwas essen. Hast du was da?“ Eva blickte sich in der kleinen Küche um, als wollte sie sicherstellen, dass Uli nicht auch noch die Kleinigkeit vergessen hatte, die ihr am meisten helfen konnte.
Uli schüttelte den Kopf, eine Bewegung, die ihre Ermüdung noch deutlicher machte. „Nein…“ Ihre Antwort war leise, fast tonlos, als ob sie ihre Energie für die einfachsten Dinge im Leben verloren hatte.
Eva setzte sich auf, ihre Entschlossenheit war in ihrem Ton deutlich zu spüren. „Gut, dann gehe ich schnell einkaufen.“ Sie stand auf und straffte ihre Haltung, als wolle sie diese Aufgabe zu einem Moment der Normalität für beide machen. Doch dann hielt sie kurz inne und blickte zu Uli. „Oder möchtest du mitkommen?“ Sie wusste, dass es eine Einladung war, nicht nur für eine Einkaufstour, sondern auch für ein Stück gemeinsamer Ablenkung, für ein kleines Stück von dem, was sie beide verloren hatten: das Gefühl von Kontrolle und Hoffnung.
Uli seufzte tief, ihre Schultern sanken herab, als könnte sie das Gewicht ihrer Müdigkeit nicht länger tragen. Ihre Augen wirkten schwer, und selbst ihre Stimme klang matt, als sie schließlich nachgab: „Ja… vielleicht ist das besser. Komm, wir gehen zusammen.“
Eva erwiderte nichts, sondern nahm einfach Ulis Hand. Ihr Griff war sanft, aber bestimmt, und in ihrer Haltung lag eine Entschlossenheit, die keinen Widerspruch duldete. Sie führte Uli aus der Wohnung, Schritt für Schritt, ohne Hektik, aber auch ohne Zögern.
Doch als sie die Tür erreichten, blieb Uli abrupt stehen. Ihre Finger krallten sich leicht in Evas Hand, als wolle sie sich an einem letzten Rest Widerstand festhalten. „Eva, ich hab wirklich keine Lust…“, murmelte sie leise. Ihre Worte hingen schwer in der Luft, als sei es ihr letzter Versuch, sich dieser Situation zu entziehen.
Eva drehte sich zu ihr um, ihr Blick ruhig, aber fest. „Ich weiß.“ Ihre Stimme klang warm, voller Verständnis – und doch ließ sie keinen Raum für Diskussionen. Mit sanfter Beharrlichkeit schloss sie ihre Finger fester um Ulis Hand und zog sie schließlich mit sich.
Im Supermarkt angekommen, griff Eva nach einem Einkaufswagen und drückte ihn Uli in die Hände. „Pack ein, was du brauchst“, sagte sie, während sie selbst begann, frisches Obst und Gemüse aus den Regalen zu nehmen und in den Wagen zu legen.
Uli schob den Wagen neben ihr her, zögerlich, fast abwesend. Ihre Bewegungen wirkten mechanisch, als würde sie nur mitlaufen, ohne sich wirklich auf das Geschehen einzulassen. Doch dann blieb ihr Blick an einem Regal hängen. Nach kurzem Zögern griff sie nach einer Tafel Schokolade und legte sie fast schüchtern in den Wagen.
Eva bemerkte die kleine Geste, schmunzelte und hob eine Augenbraue. „Ah, also bist du eine Süße, was?“ Ohne zu zögern, griff sie nach weiteren Tafeln und ließ sie fröhlich in den Wagen plumpsen.
Uli sah sie mit müder Belustigung an. „Eva, bitte… übertreib’s nicht.“
Eva lachte leise und winkte ab. „Alles gut. Wir gönnen uns das.“ Sie legte noch eine Tafel Schokolade in den Einkaufswagen, als wäre das die natürlichste Sache der Welt.
Doch dann wurde ihr Ton sanfter, behutsamer. „Braucht Ivy eigentlich auch etwas? Was mag sie? Oder darf sie nichts davon?“
Der leichte Ausdruck in Ulis Gesicht verflog augenblicklich. Ihre Lippen pressten sich aufeinander, als hätte die Frage eine Tür geöffnet, hinter der nichts als Sorge lauerte. Schließlich antwortete sie leise: „Sie sollte nichts davon essen… nur Obst.“
Eva beobachtete sie für einen Moment, spürte die Schwere, die in ihren Worten lag. Sie fragte nicht weiter, bohrte nicht nach. Stattdessen griff sie nach ein paar Äpfeln und einer Schale Beeren und legte sie ohne ein weiteres Wort in den Wagen. Manche Dinge mussten nicht ausgesprochen werden – und manchmal war es genug, einfach da zu sein.
Später am Abend machte sich Eva auf den Weg ins Krankenhaus. Die kühle Nachtluft umfing sie, als sie durch die stillen Straßen lief, die Lichter der Stadt flackernd in der Ferne. Ihr Herz fühlte sich schwer an, eine Mischung aus Sorge und dem Wunsch, etwas tun zu können – irgendetwas, das Uli und Ivy wirklich half.
Als sie das Krankenzimmer betrat, fiel ihr Blick sofort auf Uli, die auf einem der unbequemen Stühle neben Ivys Bett saß. Sie wirkte erschöpft, dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, und doch war da diese unerschütterliche Wachsamkeit in ihrer Haltung – als könnte sie mit bloßem Willen über ihre Tochter wachen. Ivy schlief ruhig, ihr Atem ging gleichmäßig, aber in der sterilen Luft des Raumes lag eine Schwere, die man fast greifen konnte.
Eva zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Uli. Eine Weile sagte sie nichts, ließ einfach die Stille zwischen ihnen bestehen. Schließlich sprach sie leise: „Was wurde denn schon gemacht?“ Ihre Stimme war sanft, aber die Sorge darin war nicht zu überhören.
Uli hob den Blick. Ihre Augen waren rotgerändert, müde, aber in ihnen lag auch etwas anderes – diese stille Stärke, die sie in den letzten Wochen entwickeln musste. „Der Tumor wurde komplett entfernt“, sagte sie schließlich, ihre Stimme brüchig, aber bestimmt. „Die Operation war erfolgreich… Jetzt bekommt sie noch Chemotherapie.“
Eva atmete tief durch, als würde sie versuchen, das Gewicht dieser Worte in sich aufzunehmen. Dann legte sie behutsam ihren Arm um Uli, zog sie ein kleines Stück näher. „Dann hoffen wir, dass sie wirklich krebsfrei ist.“
Uli reagierte nicht sofort. Ihr Blick blieb auf Ivys friedlichem Gesicht ruhen, und für einen Moment schien sie weit weg zu sein – gefangen in Gedanken, die sie nicht laut aussprach. Dann flüsterte sie leise, fast mehr zu sich selbst als zu Eva: „Ich hoffe es auch.“
Eva betrachtete Ivy. Das kleine Gesicht, das so ruhig dalag, als würde sie nur einen besonders tiefen Schlaf genießen. Keine Spur von der Krankheit, die ihren Körper bekämpfte. Keine Spur der Schmerzen, die sie sicher ertragen musste.
Langsam ließ sie ihre Hand zu Ulis gleiten, die erschöpft in ihrem Schoß lag. Sanft streichelte sie über die kühlen Finger, wollte ihr auf irgendeine Weise zeigen, dass sie nicht allein war.
Uli schluckte hörbar, dann kam ein leises, raues Flüstern über ihre Lippen: „Danke, Eva.“ Ihre Stimme klang brüchig, gezeichnet von den letzten Tagen, von der Angst, die sie so lange mit sich herumtrug. „Danke, dass du für uns da bist.“
Eva sah sie an, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. „Es ist doch selbstverständlich.“ Ihre Worte waren leise, aber voller Ehrlichkeit. „Echt, keine Sorge.“
Für einen Moment kehrte Stille ein. Keine bedrückende, sondern eine, die fast wie eine Umarmung wirkte – als hätte allein ihre Anwesenheit ein wenig Druck von Ulis Schultern genommen.
Dann atmete Eva tief durch und richtete sich auf. „Ich werde mal nach Ava suchen und mit ihr reden“, sagte sie schließlich. „Soll ich dich danach abholen? Dann gehen wir zusammen nach Hause und essen was.“
Uli nickte langsam, ein müdes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ja… das wäre schön.“
Eva erwiderte das Lächeln, drückte sanft Ulis Hand, bevor sie aufstand und das Krankenzimmer verließ. Auch wenn sie wusste, dass sie den Schmerz nicht einfach wegnehmen konnte, hoffte sie, dass sie zumindest ein kleines Stück davon mittragen konnte.
Eva saß mit Ava in der kleinen Krankenhauscafeteria, die um diese Uhrzeit fast menschenleer war. Der Duft von frischem Kaffee hing in der Luft, doch die Müdigkeit, die sie beide verspürten, ließ sich dadurch kaum vertreiben.
Sie saßen sich gegenüber, die dampfenden Tassen zwischen sich, während sie über die vielen schwierigen Fälle sprachen, die sie in der Klinik miterlebt hatten. Immer wieder tauchten Erinnerungen auf – Kinder, die gekämpft hatten, manche hatten es geschafft, andere nicht.
„Ivy hat es noch relativ milde erwischt“, meinte Ava schließlich und rührte gedankenverloren in ihrem Kaffee.
Eva nickte langsam, doch ihre Gedanken blieben an diesen Worten hängen. Relativ milde. Es klang fast beruhigend, und doch wusste sie, dass Ivy nie wieder dieselbe sein würde. Ihr junges Leben war nun auf eine Weise verändert, die sie sich noch nicht einmal vorstellen konnte.
Schweigend nahm sie einen Schluck ihres Kaffees.
Als Eva später wieder ins Krankenzimmer zurückkehrte, war das Licht gedimmt, und eine beruhigende Stille lag im Raum. Ivy lag immer noch in ihrem Bett, die Augen halb geschlossen, irgendwo zwischen Schlaf und Wachsein.
Leise schloss Eva die Tür hinter sich und flüsterte: „Ich bin wieder da.“
Uli, die in ihrem Stuhl saß, blickte auf und schenkte Eva ein müdes, aber dankbares Lächeln. Dann wandte sie sich an ihre Tochter, ihre Stimme sanft und liebevoll. „Ivy, das ist Eva.“
Ivy blinzelte träge, ihre Lider schwer. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, als sie flüsterte: „Hi, Eva.“
Eva trat näher ans Bett, beugte sich leicht nach vorne und nahm Ivys kleine, zarte Hand in ihre. Ihre Finger waren kühl, und doch spürte Eva, wie Ivy einen schwachen Druck ausübte – eine kleine, aber bewusste Reaktion.
„Hi, Ivy“, antwortete sie leise, ihre Stimme warm und beruhigend.
Für einen Moment sagte niemand etwas. Eva blieb einfach an Ivys Seite, spürte den sanften Druck ihrer Finger und beobachtete, wie sich Ivys Brust in ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen hob und senkte.
Doch dann durchbrach Ivys leise, fast ängstliche Stimme die Stille.
„Wann kommt Papa wieder?“
Ihre dunklen Augen wanderten zwischen Uli und Eva hin und her, suchend, hoffnungsvoll – und doch lag in ihrem Blick diese kindliche Angst, die sich tief in Evas Brust bohrte.
Eva hielt weiterhin ihre Hand, spürte die Zerbrechlichkeit in diesem Moment. Ihr Blick glitt zu Uli, die einen Moment lang schwieg, bevor sie leise antwortete.
Eva und Uli tauschten einen kurzen, verständnisvollen Blick. Sie wussten beide, dass diese Frage kommen würde – und dass die Antwort nicht einfach sein würde.
„Ich weiß es nicht, Ivy“, sagte Uli schließlich vorsichtig. Ihre Stimme war sanft, doch ihre Augen spiegelten eine tiefe Besorgnis wider. „Er arbeitet viel, und wir sind weit weg.“
Ivy runzelte die Stirn. Ihre kleine Hand klammerte sich fester um die Bettdecke, als würde sie nach etwas greifen, das sie festhalten konnte.
Eva spürte die angespannte Stimmung im Raum und versuchte, sie aufzulockern. „Willst du mit ihm telefonieren?“ fragte sie sanft.
Ivy nickte sofort, ihre Augen leuchteten auf, und für einen Moment war sie einfach nur ein Kind, das sich nach seinem Vater sehnte. Uli holte ihr Handy heraus, atmete leise durch und tippte Jeremys Nummer ein. Nach ein paar Sekunden ertönte das Freizeichen.
Als Jeremy den Anruf entgegennahm, erschien sein Gesicht auf dem Bildschirm. Ivy griff eilig nach dem Handy, ihr Blick voller Hoffnung. „Papa!“ rief sie leise, doch ihre Stimme war voller Emotionen.
Das Gespräch war angespannt, unterbrochen von langen Pausen und kurzen, unbeholfenen Antworten von Jeremy. Es war offensichtlich, dass Ivy versuchte, eine Verbindung aufzubauen, während er distanziert blieb. Immer wieder fragte sie ihn, wann er kommen würde, ob er sie besuchen könne – und jedes Mal wich Jeremy aus.
Als das Gespräch endete, wirkte Ivy niedergeschlagen, legte das Handy langsam auf ihren Schoß und drehte den Kopf zur Seite. Uli drückte ihre Hand, doch Ivy schwieg.
Auf dem Heimweg blieb es größtenteils still zwischen Eva und Uli. Die kühle Nachtluft legte sich um sie, während ihre Schritte auf dem Pflaster hallten. Beide waren in Gedanken versunken, jede mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt.
Zu Hause angekommen, ließ Uli sich direkt auf das Sofa fallen, während Eva das vorbereitete Essen auf den Herd stellte. Nudeln mit Pesto – nichts Besonderes, aber wenigstens etwas Warmes nach einem langen Tag.
Uli nahm ihr Handy zur Hand und zögerte. Dann, fast widerwillig, wählte sie Jeremys Nummer erneut.
Er nahm sofort ab. „Was ist?“ fragte er kühl.
Uli spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Sie wusste, dass dieses Gespräch nicht angenehm werden würde.
„Ivy fragt ständig nach dir“, sagte sie direkt, ohne Umschweife. „Wann kommst du endlich?“
Jeremy schwieg einen Moment. Dann kam seine träge Antwort: „Vielleicht nächste Woche. Mal sehen.“
Uli schloss die Augen, presste die Lippen zusammen. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben.
Jeremy seufzte leise. Dann, mit einem spöttischen Unterton, sagte er: „Was läuft eigentlich zwischen dir und der Chefin?“
Uli riss überrascht die Augen auf. „Was?“
„Na ja, dass die jetzt schon wieder mit dir zusammen ist…“ Seine Stimme war kalt, abfällig.
Uli ballte die freie Hand zur Faust. „Es läuft gar nichts, Jeremy“, sagte sie scharf. „Wir verstehen uns gut. Und Eva ist hier, um ihre Freundin zu besuchen.“
Jeremy lachte leise, trocken. „Festfreundin oder nur Freundin?“ Er betonte das Wort übertrieben und ließ die Schärfe in seiner Stimme bewusst mitschwingen.
Ulis Kiefer spannte sich an. „Freundin, Jeremy. Und das geht dich nichts an.“
Am anderen Ende der Leitung blieb es kurz still. Dann sagte Jeremy nur: „Na, wenn du meinst.“
„Ich meine es.“ Uli biss die Zähne zusammen, ihr Geduldsfaden war kurz davor zu reißen. „Aber Ivy vermisst dich. Also hör auf mit dem Mist und sag mir einfach, ob du kommst oder nicht.“
Wieder ein Zögern. Dann, in einem Tonfall, der keinerlei Ehrlichkeit erkennen ließ: „Ich sag doch, vielleicht nächste Woche. Mal sehen.“
Uli spürte, wie ihr die Luft wegblieb. Wut, Frustration, Enttäuschung – alles mischte sich in ihr zu einem Gefühl, das sie kaum noch unterdrücken konnte. Ohne ein weiteres Wort legte sie auf.
Sie starrte einen Moment auf das Display, als könnte sie dort eine Antwort finden, die Jeremy ihr nicht gegeben hatte. Doch es gab keine.
Mit einem tiefen, zitternden Atemzug ließ sie das Handy sinken und rieb sich müde über das Gesicht.
Eva, die den gesamten Anruf mitgehört hatte, stellte schweigend zwei Teller mit dampfenden Nudeln auf den Tisch. Ihr Blick war sanft, voller Verständnis.
„Komm essen“, sagte sie leise.
Uli blinzelte ein paar Mal, als wolle sie die Wut und Enttäuschung aus ihren Augen vertreiben. Dann nickte sie langsam und setzte sich an den Tisch.
„Arschloch!“ entfloh es Uli, ihre Stimme bebte vor Wut. Der ganze Frust, der sich in ihr angestaut hatte, brach sich Bahn, und es fühlte sich an, als könnte sie ihn nicht mehr zurückhalten.
Eva sagte nichts. Sie setzte sich einfach neben sie, und legte eine beruhigende Hand auf Ulis Arm.
„Nächste Woche, vielleicht…“, wiederholte Uli bitter, ihre Hände zitterten leicht, als sie die Gabel aufnahm. „Alles ist ihm wichtiger als seine eigene Tochter.“
Eva beobachtete sie kurz, dann sagte sie leise, fast sanft, aber mit einer Klarheit, die keine Widerworte duldete: „Iss bitte und reg dich nicht auf. Es bringt nichts, sich immer wieder in solche Gespräche zu verstricken. Lass ihn einfach.“
Uli starrte auf ihr Essen. Sie wusste, dass Eva recht hatte – aber das machte es nicht leichter. Jeremys Worte hallten in ihrem Kopf nach, immer und immer wieder.
Nach einem Moment lachte sie trocken, schüttelte den Kopf. „Hat sich aber brennend für dich interessiert“, murmelte sie dann. „Und ob du jetzt eine Freundin hier hast oder nur eine Freundin…“
Eva hob den Blick. Etwas in Ulis Stimme ließ sie innehalten. Es war nicht nur Wut über Jeremy – es war mehr. Ein leiser Vorwurf lag darin, eine Wahrheit, die schwer zu leugnen war.
Uli hob ihre Gabel, drehte die Nudeln gedankenverloren um ihre Achse und sprach schließlich weiter. „Eva, es weiß doch jeder, dass du lesbisch bist.“ Ihre Stimme war nun ruhiger, aber darunter lag diese tiefe Enttäuschung, die mehr mit Jeremy zu tun hatte als mit Eva. „Und das ist ja auch nicht schlimm… Aber dass er sich jetzt um solche Sachen kümmert, während unsere Tochter im Krankenhaus liegt, das kann ich einfach nicht fassen.“
Eva blinzelte, überrascht. „Wieso weiß das jeder?“ fragte sie, Verwirrung schwang in ihrer Stimme mit.
Uli zuckte mit den Schultern. „Das ging rum, als du versetzt wurdest.“ Sie ließ die Gabel in ihrem Teller ruhen und rieb sich müde über die Stirn. „Ich kann es kaum fassen, dass wieder über uns geredet wird.“
Für einen Moment saßen sie einfach da. Nur das leise Klappern des Bestecks war zu hören.
Dann atmete Uli tief durch, als wollte sie all die Wut, die Enttäuschung, den Ärger mit einem Atemzug vertreiben. Sie drehte ihre Hand um und legte sie sanft auf Evas. Eine Geste, die gleichzeitig entschuldigend und tröstend war.
„Mach dir nichts draus“, sagte sie leise. „Es ist doch alles okay. Jeder, wie er mag.“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem müden Lächeln. „Wir wissen, was wichtig ist.“
Eva erwiderte den Blick. Sie hätte so viel darauf antworten können, doch in diesem Moment entschied sie sich, einfach nur ihre Hand leicht zu drücken. Manchmal sagten Gesten mehr als Worte.
Uli starrte Eva einen Moment lang an, ihre Augen voll von unausgesprochenen Fragen und Sorgen, die sie sich selbst nicht vollständig zu erklären vermochte. In diesem Augenblick schien alles stillzustehen, und die unbestimmte Spannung, die zwischen ihnen lag, war fast greifbar. Uli fühlte sich, als ob die Luft selbst schwer wurde, als ob jede ihrer Bewegungen und Worte von Bedeutung war. Dann, in einem Versuch, die stumme Schwere der Situation zu durchbrechen, versuchte sie, ihre Stimme in eine ruhigere, gleichmäßigere Richtung zu lenken.
„Willst du hier schlafen oder ins Hotel?“, fragte sie nach einer Weile, ihre Stimme klang jetzt sanfter, fast schon zögerlich. Sie schien zu versuchen, einen Raum für eine Antwort zu schaffen, der für beide akzeptabel war. Es war, als wolle sie Eva die Freiheit lassen, selbst zu entscheiden, was für sie besser war, während sie gleichzeitig versuchte, die angespannte Atmosphäre ein wenig zu entkrampfen.
Eva blickte sie einen Moment lang nachdenklich an, als ob sie sich in Gedanken verlor und überlegte, welche Worte sie wählen sollte, um die Situation zu entschärfen. Schließlich brach sie das Schweigen mit einem leisen, fast flüsternden Ton: „Ich bleibe bei dir. Außer du denkst, ich will nur mit dir ins Bett.“ Ihre Stimme war zart, aber die Frage in ihr klang wie ein Test, ein Versuch, Klarheit zu bekommen, um die unausgesprochenen Spannungen zu benennen.
Uli schnaubte, ein kurzes, bitteres Lachen entfloh ihren Lippen. Es war ein Lachen, das sowohl Erleichterung als auch Unverständnis widerspiegelte. Es war, als ob sie in diesem Moment eine schwere Last abwerfen wollte, etwas, das sie nicht weiter tragen wollte. „Quatsch“, antwortete sie dann und versuchte, ihre Worte in einem sanften, aber festen Ton zu fassen. „Sonst hätte ich es dir nicht angeboten“, fügte sie hinzu, das schiefes Lächeln, das sich auf ihren Lippen zeigte, war einerseits ein Versuch, die Leichtigkeit zurückzubringen, andererseits aber auch ein Versuch, die Unsicherheit zu vertuschen, die sie selbst spürte. „Und außerdem…“, sie machte eine kleine Pause, die die Luft zwischen ihnen noch mehr auflud, „wir haben schon zusammen in einem Bett geschlafen. Da ist ja auch nichts passiert.“ Die Worte, die sie wählte, klangen fast wie eine Verteidigung, als ob sie sich selbst erklären wollte, ohne wirklich zu wissen, ob eine Erklärung notwendig war.
Eva jedoch schien nicht ganz überzeugt zu sein, und ihre Antwort ließ keinen Zweifel an der Spannung, die noch immer zwischen ihnen lag. Sie flüsterte fast herausfordernd, ihre Augen suchten Ulis Blick, als ob sie versuchte, etwas von ihr zu verlangen, was in der Luft schwebte, aber noch nicht ausgesprochen worden war: „Aber es könnte etwas passieren, Uli.“ Ihre Stimme war tief und flüsternd, und ihre Worte ließen eine unterschwellige Provokation erkennen, die Ulis Selbstbeherrschung auf die Probe stellte.
Für einen Moment schien die Welt still zu stehen, und Uli starrte Eva an, ihre Augen dunkel und erfüllt von Gedanken, die sich in einem inneren Sturm verloren. Da waren so viele Gefühle, die sie nicht einordnen konnte, Gedanken, die sie nicht zulassen wollte, und doch war da dieses leise Ziehen in ihrer Brust, das sie nicht leugnen konnte. Sie wollte, dass Eva wusste, dass es in Ordnung war, sich in diesem Moment verletzlich zu zeigen, dass es nicht nur um das Physische ging, sondern um das, was zwischen den beiden stand. Doch sie kämpfte mit der Angst, was passieren könnte, wenn sie den Schritt wagte, den beide in diesem Augenblick spürten.
Schließlich atmete Uli tief durch und brach den intensiven Blickkontakt ab, als ob sie sich selbst von der Last ihrer eigenen Gedanken befreien wollte. „Komm, lass uns einfach den Moment genießen, okay?“, sagte sie dann sanft, ihre Stimme war nun weich, ein wenig verletzlich. Sie legte ihre Hand behutsam auf Evas Bein, als wollte sie ihr zeigen, dass sie für diesen Moment einfach nur zusammen sein konnten, ohne Erwartungen, ohne die drückende Notwendigkeit einer Entscheidung. Es war eine Geste, die mehr sagte als Worte, ein Versuch, in der Stille Nähe zu schaffen, ohne Druck.
Eva nickte stumm, doch tief in ihrem Inneren spürte sie den Funken Leidenschaft, der zwischen ihnen schwebte. Er war nicht direkt greifbar, keine klaren Worte hatten ihn ausgesprochen, aber er war da, umhüllte sie, als sei er ein unsichtbares Band, das sie zusammenzog. Etwas hatte sich verändert, unmerklich, fast subtil, aber doch unmissverständlich. Es war mehr als nur Freundschaft, mehr als eine einfache Verbindung. Es war ein Hauch von Unsicherheit, gemischt mit einer Intensität, die sie beide spürten, ohne sie zu benennen. Die Luft zwischen ihnen war elektrisch geladen, und selbst die ruhigsten Momente schienen eine Bedeutung zu tragen, die sie nicht ganz erfassen konnten.
Beide machten es sich schließlich auf dem kleinen Sofa bequem, jeder in einer Ecke. Ihre Blicke waren auf den Fernseher gerichtet, doch das, was dort lief, war nebensächlich, bloße Geräuschkulisse, die versuchte, das Unausgesprochene zwischen ihnen zu übertönen. Die Stille war fast greifbar, wie ein dichter Nebel, der sich über sie legte. Der Fernseher war nur eine Ablenkung, eine Flucht vor den Gedanken, die sie nicht aussprechen konnten, nicht aussprechen wollten. Eva fühlte die Nähe zu Uli, wie eine ständige Präsenz in der Luft, ein ständiges Kribbeln, das sie kaum ertrug, aber auch nicht loslassen wollte.
„Ich glaub, ich geh ins Bett“, murmelte Eva schließlich, ihre Stimme war leise, beinahe schon verschlafen. Die Müdigkeit war in ihrer Stimme deutlich spürbar, der lange Tag, die Reise, all das wirkte schwer auf ihr. „Die Fahrt war lang, und ich werde echt müde.“ Es war eine Entschuldigung für das Bedürfnis, Abstand zu gewinnen, ein Schritt zurück in die Privatsphäre des Schlafes, der ihr eine kurze Auszeit von den intensiven Gefühlen verschaffte.
„Ich komme gleich nach“, brummte Uli, ihre Stimme war gedämpft und leise, als ob sie sich in ihre eigenen Gedanken zurückzog, der Moment zwischen ihnen in all seiner Unausgesprochenheit noch zu präsent, um einfach in den Hintergrund zu treten.
Eva zog sich die Decke über, schlüpfte in das kleine Bett, das mit 140 cm nicht gerade viel Platz bot. Die Enge des Raumes war sowohl ein Komfort als auch eine Herausforderung. „Immerhin meine eigene Decke“, dachte sie, ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen, als sie versuchte, sich in der kleinen Ecke des Bettes auszubreiten. Sie wusste, dass der Platz nicht ausreichen würde, um den Raum für sich alleine zu haben. Doch die Müdigkeit zog sie schneller in den Schlaf, ihre Gedanken begannen zu verschwimmen, die Erschöpfung der letzten Tage setzte sich durch, und schließlich fiel sie in einen tiefen, ungestörten Schlaf.
Die Tür zum Schlafzimmer öffnete sich leise, der Raum war nur schwach erleuchtet, und Uli schlich vorsichtig ins Zimmer. Sie wollte keinen Lärm machen, wollte Eva nicht wecken, doch der Raum zwischen ihnen war nur minimal. „Mmmh…“, murmelte Uli, als sie sich langsam neben Eva legte. Der Platz war schmal, aber ihre Nähe war deutlich spürbar, und dennoch, in der Dunkelheit der Nacht, fühlte es sich beinahe vertraut an. „Meine Bettseite“, fügte sie leise hinzu, fast ein Brummen, ein leiser Hinweis darauf, dass die Intimität dieses Moments mehr war als eine simple Anmerkung. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, doch in der Stille klang sie wie ein stilles Versprechen, ein Wiedererkennen.
Uli roch Evas Duft, den beruhigenden, vertrauten Geruch, der noch immer in der Luft hing, als ob er der Rest einer längst vergangenen Umarmung war. Es war der Duft von Nähe, von Vertrautheit, und er füllte Uli mit einer seltsamen Ruhe. Sie drehte sich langsam zu Eva, betrachtete sie im schwachen Licht, das durch die Vorhänge drang. Evas leises Schnarchen war für Uli wie eine sanfte Melodie, ein vertrautes Geräusch, das sie beruhigte. Es erinnerte sie daran, dass sie nicht alleine war, dass sie in diesem Moment zusammen waren, und das Gefühl dieser Verbundenheit war stärker als jeder Zweifel, der vielleicht noch in ihr lauerte. Es war ein Moment der Intimität, der für Uli fast surreal wirkte, angesichts der Herausforderungen und der Fragen, die sie in ihrem Inneren trugen. Aber für einen Augenblick war es genug, diesen Moment einfach zu genießen, die Nähe zu spüren und zu wissen, dass sie hier war – in diesem Augenblick, in diesem Raum.
Der Morgen begann früh für Uli, die das Gefühl der Eile nicht loswurde. Der Tag im Krankenhaus wartete auf sie, und es gab keine Zeit für einen langsamen Start. Ohne Frühstück und ohne den gewohnten Kaffee schlüpfte sie in ihre Kleidung und verließ das Apartment, wobei sie die Tür leise hinter sich schloss. Der Raum, den sie zurückließ, fühlte sich für Eva wie ein leerer, stiller Ort an. Ihre Abwesenheit schien das Zimmer zu vergrößern, den Raum der Nähe, den sie geteilt hatten, plötzlich fremd und unangenehm zu machen.
Eva schlief noch, eingehüllt in die Wärme der Decke, während draußen der Tag seinen Lauf nahm. Als sie schließlich erwachte, war das Bett leer, und die Kissen lagen verlassen und unverändert da. Es war, als ob Uli nie hier gewesen wäre, und der Raum um sie herum zog sich zusammen, als ob der Platz, der einst von ihrer gemeinsamen Anwesenheit gefüllt war, nun einen markanten Abgrund bildete. Für einen Moment fühlte sich alles ein wenig zu groß, ein wenig zu still an.
Langsam schwang sich Eva aus dem Bett und begab sich in die Küche. Sie bereitete sich ein einfaches Frühstück zu – Joghurt mit Müsli und Obst, eine schnelle Lösung für den Morgen. Doch ihre Gedanken waren bei Uli, die wie ein Schatten in ihrem Kopf verweilte. Es war nicht nur die körperliche Abwesenheit, die sie spürte, sondern auch das unbestimmte Gefühl, das zwischen ihnen schwebte. Sie schichtete die Zutaten zusammen, aber ihre Gedanken wanderten immer wieder zurück zu dem Moment, als Uli das Zimmer verlassen hatte – still, fast wie ein Abschied, der nicht ausgesprochen wurde. Eva wusste, dass sie im Krankenhaus ihren Kaffee trinken würde, doch der Gedanke an den Tag ohne Uli an ihrer Seite ließ ihre Bewegungen langsamer werden, bedächtiger.
Als sie das Frühstück beendet hatte, machte sie sich schnell fertig und verließ das Apartment. Der Weg zum Krankenhaus war der gewohnte, doch er fühlte sich plötzlich länger an. Beim Betreten des Gebäudes umfing sie sofort das Gewicht der Stille, die in den Fluren lag, und die spürbare Schwere, die sich um sie legte. Ivy war zur nächsten Chemotherapie, und Uli war bereits dort, wartend, wie immer. Eva wusste, dass sie sich auf sie stützen konnte, doch der Gedanke, was sie zwischen ihnen vielleicht unausgesprochen miteinander teilten, schlich sich unaufhaltsam in ihren Kopf.
„Guten Morgen“, flüsterte Eva, als sie zu Uli trat, sich neben sie setzte und sie kurz, aber fest drückte.
„Ich hab dir Frühstück mitgebracht“, sagte Eva, während sie das Müsli mit dem Obst vor Uli abstellte. Es war eine einfache Geste, ein Versuch, Normalität inmitten der Sorgen zu wahren.
„Kaffee hast du, wie ich sehe. Perfekt“, fügte Eva mit einem leichten Lächeln hinzu. Doch das Lächeln konnte die Sorge in ihren Augen nicht ganz verdecken, die wie ein Schatten auf ihr lastete. Sie spürte die Unausgesprochenen Fragen, die zwischen ihnen in der Luft hingen.
Uli nahm das Frühstück, doch bevor sie etwas sagen konnte, beugte sie sich plötzlich vor und gab Eva einen Kuss auf den Mund. Der Kuss war flüchtig, kaum mehr als ein sanfter Hauch, und doch hatte er die Wirkung eines plötzlichen Blitzes, der alles auflud. Eva starrte sie überrascht an, ihre Augen weit geöffnet, während ihr Herz schneller schlug. Sie war vollkommen überrumpelt und wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Was bedeutete dieser Kuss? War es ein Versehen, eine Geste der Nähe oder etwas, das zwischen ihnen unausgesprochen verändert wurde?
Uli, die anscheinend keine Erklärung brauchte, blickte kurz auf und murmelte fast entschuldigend: „Eva, der Kuss sollte eigentlich auf die Wange gehen… aber egal, ist ja nicht das erste Mal.“ Ihre Worte klangen fast beiläufig, als ob es nicht mehr bedeutete, als der Moment tatsächlich war. Uli widmete sich wieder ihrem Frühstück, als ob nichts Besonderes passiert wäre. Doch für Eva war es alles andere als „nicht besonders“. Der Moment hing wie ein schwerer Schleier in der Luft, und sie konnte nicht umhin, darüber nachzudenken, was es für sie beide bedeutete.
Eva war völlig überfordert von Ulis Geste, doch sie sagte nichts. Ihr Kopf war ein einziges Wirrwarr aus Gedanken, und sie konnte sich nicht fassen, was zwischen ihnen gerade passierte. Der flüchtige Kuss, der so schnell wie ein Schatten verschwunden war, ließ sie ratlos zurück. Sie konnte ihn nicht einordnen, aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es nun keine Zeit war, sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen. Es gab Wichtigeres zu bedenken, und der Moment schien an ihr vorbeizuziehen, als sie sich wieder auf die Realität konzentrierte.
Kaum war das Frühstück beendet, öffnete sich die Tür, und Ivy wurde zurückgebracht. Ihre Haut war blass, die Augen erschöpft, und die Müdigkeit, die sie ausstrahlte, war kaum zu übersehen. Sie wirkte kleiner, zerbrechlicher als noch am Morgen, als sie voller Energie und mit einem Lächeln auf den Lippen in den Raum getreten war. Der Anblick ihrer Tochter brachte eine Schwere in den Raum, die fast greifbar war, und Eva fühlte, wie sich ihre Brust mit jedem Atemzug enger zusammenzog. In diesem Moment traf ihr Blick auf Ulis, und in ihren Augen spiegelte sich eine Mischung aus Sorge und Verzweiflung, die sie beide nicht mehr verbergen konnten.
Der Arzt trat mit einem sachlichen Blick in den Raum und begann gleich, die Situation zu erklären. „Alles läuft nach Plan“, sagte er ruhig, als er das Zimmer betrat. „Die Dosis wird jetzt langsam erhöht. Das ist normal.“ Uli hörte aufmerksam zu, nickte, doch die angespannte Haltung in ihrem Körper verriet mehr als Worte. Ihre Augen hatten eine Mischung aus Angst und Entschlossenheit angenommen, und die Worte des Arztes hallten in ihrem Kopf wider, während sie versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was er sagte.
Dann, als ob er sich sicher war, dass sie alle Informationen aufgenommen hatten, fügte der Arzt hinzu: „Die Haare müssen nicht sofort ausfallen, aber es wird sehr wahrscheinlich bald passieren. Es wäre gut, Ihre Tochter darauf vorzubereiten.“ Uli starrte ihn einen Moment lang an, als hätte sie nicht wirklich verstanden, was er gerade gesagt hatte. Doch der Gedanke, ihre Tochter auf den bevorstehenden Verlust ihrer Haare vorzubereiten, schien ihr plötzlich wie ein unüberwindbares Hindernis. Es fühlte sich an, als würde der Boden unter ihren Füßen nachgeben.
Später, als sie wieder allein mit Ivy waren, wussten sowohl Uli als auch Eva, dass sie mit ihr sprechen mussten, auch wenn keine von ihnen wusste, wie sie das tun sollten. Es war eine der schwierigsten Aufgaben, die sie sich je gestellt hatten. Uli kämpfte mit den richtigen Worten, ihre Kehle schien wie zugeschnürt, und die Stille zwischen ihnen war schwer und drückend. Schließlich, nach einem langen Moment der Unsicherheit, sprach sie mit sanfter Stimme: „Schatz, wir sollten deine Haare vielleicht etwas kürzer schneiden. So wie Evas, okay? Dann wird es dir leichter fallen, wenn sie ausfallen.“
Ivy schaute sie mit großen Augen an, als wäre ihr die Bedeutung der Worte nicht sofort klar. Doch dann, wie ein Damm, der plötzlich bricht, liefen die Tränen über ihr Gesicht. Ihre Stimme zitterte, als sie schluchzte: „Aber ich will meine langen Haare behalten!“ Der Schmerz in ihren Worten traf Eva und Uli wie ein Schlag, und für einen Moment wusste niemand, was zu tun war, um den Schmerz zu lindern.
Uli schloss für einen Moment die Augen, bevor sie Eva ansah. Ratlosigkeit lag in beiden Blicken, unausgesprochene Fragen hingen zwischen ihnen. Die Schwere der Situation lastete auf ihren Schultern, machte jede Bewegung schwerer.
Eva setzte sich vorsichtig neben Ivy, ihre Stimme war ruhig, beinahe sanft. „Ivy“, begann sie behutsam, „deine Haare werden wahrscheinlich ausfallen. Das können wir nicht ändern.“ Sie ließ einen Moment verstreichen, wartete, bis Ivy zu ihr aufsah. Tränen hatten feuchte Spuren auf ihren Wangen hinterlassen, ihre kleinen Hände krallten sich in den Stoff ihres Pullovers. „Aber weißt du, was wir tun können?“ fuhr Eva leise fort. „Wir können sie flechten und dann als ganzen Zopf abschneiden. So kannst du sie behalten. Das ist viel schöner, als wenn sie nach und nach ausfallen.“
Ivy schniefte leise, zog die Ärmel über ihre Hände und schwieg. Eva strich ihr sanft über den Kopf, spürte, wie die feinen Strähnen durch ihre Finger glitten. „Und weißt du was? Deine Haare wachsen ganz schnell wieder nach. Bald kannst du sie wieder flechten, in allen möglichen schönen Frisuren. Versprochen.“
Ivy zögerte, ihr Blick suchte den von Eva, als wolle sie sich an diesen Worten festhalten. Schließlich nickte sie langsam, fast zögerlich, während eine weitere Träne über ihre Wange rollte.
„Okay“, hauchte sie.
Eva erwiderte ihr Nicken, stand auf. „Ich hole eine Schere.“ Während sie aus dem Raum ging, trat Uli hinter Ivy, hob sanft die langen, hellen Strähnen an und begann, sie zu einem Zopf zu flechten. Ihre Finger arbeiteten bedächtig, fast andächtig, als wollte sie sich jeden Moment einprägen. Sie biss sich auf die Lippe, kämpfte gegen die Tränen an.
Als Eva mit der Schere zurückkam, hielt sie kurz inne. „Bist du bereit, Ivy?“ fragte sie leise.
Ivy atmete zitternd ein, dann nickte sie. Ihre Lippen bebten, doch sie blieb tapfer. „Ja“, kam es kaum hörbar über ihre Lippen.
Eva legte eine Hand auf Ulis Schulter, ein stummer Moment der Bestätigung. Dann setzte sie die Schere an. Mit jedem Schnitt wurde es stiller im Raum, als hielte sogar die Zeit den Atem an. Schließlich lag der Zopf in Evas Hand.
„Er ist wunderschön“, sagte Eva mit einem sanften Lächeln und hielt ihn Ivy hin.
Das Mädchen streckte vorsichtig die Hände aus, nahm den Zopf und drückte ihn an sich, als wäre er ein Schatz. Ihre Finger strichen über die glatten Haare, die nun nicht mehr an ihrem Kopf, sondern in ihren Händen lagen.
„Mama, sie wachsen wirklich nach, oder?“ fragte sie leise, ihre Stimme voller Unsicherheit.
Uli kniete sich vor sie, ihre Augen glänzten. „Ja, mein Schatz“, sagte sie mit sanfter, aber fester Stimme. Sie legte eine Hand auf Ivys Wange, wischte behutsam eine Träne fort. „Und bis dahin bist du genauso wunderschön wie jetzt.“
Eva und Uli tauschten einen kurzen Blick. Inmitten des ganzen Chaos war es ein kleiner Sieg, kaum der Rede wert – und doch fühlte es sich an wie ein Moment der Stärke, als hätten sie für einen Augenblick die Kontrolle zurückgewonnen.
Uli zog das Handy aus der Tasche und reichte es Ivy. „Zeig es ihm“, sagte sie leise. Ivy nahm es zögernd entgegen, als würde sie bereits ahnen, wie dieser Moment verlaufen würde. Mit gedämpfter Stimme erzählte sie Jeremy, dass Eva und Uli ihr die Haare geschnitten hatten. Sie wartete kurz, hoffte auf eine Reaktion – irgendetwas. Doch Jeremys Blick blieb undurchdringlich, seine Miene ausdruckslos. Schließlich verzog er kaum merklich die Lippen, ein Hauch von Unmut in seinem Gesicht. Kein Lob, kein Kommentar, nur ein leises Nicken. Dann wandte er sich ab.
Ivy gab das Handy wortlos zurück, drückte es Uli in die Hand und ließ sich gegen die Lehne fallen. Ihre Schultern sackten leicht nach unten, doch sie sagte nichts dazu.
Am Abend kehrten Eva und Uli gemeinsam in die Wohnung zurück. Sie bewegten sich in der kleinen Küche, versuchten, ein einfaches Abendessen zuzubereiten. Uli griff routiniert zu den Zutaten, während Eva sich bemühte, nützlich zu sein – mit mäßigem Erfolg. Sie schnappte sich ein Messer und begann, eine Karotte zu schneiden, doch ihre Bewegungen waren zögerlich, fast linkisch. Uli beobachtete sie mit einem belustigten Lächeln.
„Setz dich doch einfach und schau zu“, schlug sie schließlich vor.
„Nein, ich helfe“, widersprach Eva sofort, obwohl sie selbst lachen musste.
Es dauerte nicht lange, bis sie schließlich doch aufgab und sich mit verschränkten Armen auf die Küchenbank setzte.
Einige Zeit später saßen sie am Tisch, vor ihnen dampfende Teller. Der Duft von warmem Essen hing in der Luft, füllte den kleinen Raum mit einer trügerischen Geborgenheit. Eva nahm ihre Gabel in die Hand, doch bevor sie zu essen begann, hob sie den Blick und sah Uli nachdenklich an.
„Sag mal… wieso hast du mich vorhin geküsst?“ Ihre Stimme war leise, fast zögerlich, als hätte sie Angst vor der Antwort.
Uli erstarrte für einen Moment, dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich hab doch gesagt, es sollte die Wange treffen. Mach da jetzt kein Drama draus.“
Eva schwieg kurz, ließ ihren Blick über den Tisch gleiten. „Nein, alles gut“, murmelte sie dann und senkte die Augen auf ihren Teller. „Ich wollte es nur wissen.“
Ein leises Seufzen entkam Uli. Ohne ein weiteres Wort schob sie Eva einen Teller näher und drückte ihr die Gabel in die Hand. „Iss, bevor das kalt wird.“
Später saßen sie auf der Couch, die Teller auf den Knien, während der Fernseher im Hintergrund lief. Die bunten Bilder tanzten über den Bildschirm, doch keiner von ihnen schenkte ihnen wirkliche Beachtung. Das Schweigen zwischen ihnen wurde schwerer, dehnte sich aus, bis Eva es schließlich brach.
„Ich fahre morgen zu—“
„Du darfst nicht gehen, Eva!“ unterbrach Uli sie abrupt. Ihre Stimme war angespannt, fast scharf, als wäre allein der Gedanke daran unerträglich.
Eva blickt sie überrascht an, legt den Kopf leicht schräg. „Hättest du mich ausreden lassen, wüsstest du, dass ich morgen zu meinen Eltern fahre. Die wohnen hier in der Nähe.“
Uli atmet tief durch, ihre Schultern sinken ein Stück nach unten, als die Spannung aus ihrem Körper weicht. Ein Ausdruck deutlicher Erleichterung huscht über ihr Gesicht. „Ach so. Ich dachte schon…“
Ein sanftes Lächeln kräuselt Evas Lippen, kaum mehr als ein flüchtiger Ausdruck von Wärme. „Ich habe dir doch gesagt, ich bleibe, solange du mich brauchst – und solange du mich aushältst.“
Uli erwidert das Lächeln zögerlich, fast scheu. Dann jedoch, wie aus dem Nichts, spricht sie plötzlich, ohne jede Vorwarnung, ihre Stimme ruhig, aber fest.
„Ich werde mich von Jeremy trennen.“
Eva blinzelt, ihr Lächeln erlischt. Sie mustert Uli mit einer Mischung aus Überraschung und Verständnis. „Wieso?“ Einen Moment hält sie inne, bevor sie mit einem leichten Schulterzucken hinzufügt: „Ich meine… ich verstehe es. Aber es ist nicht meine Entscheidung.“
Uli legt den Teller beiseite, zieht langsam die Knie an ihre Brust und schlingt die Arme darum, als wolle sie sich selbst Halt geben. Ihr Blick ist auf einen Punkt im Nirgendwo gerichtet, während ihre Stimme leiser wird. „Weil ich jemanden brauche, der wirklich für mich da ist. Jemanden, der zu mir steht, auch wenn es schwierig wird. Und Jeremy…“ Sie zögert, holt tief Luft. „Er lässt nicht nur mich im Stich, sondern auch Ivy. Das finde ich das Schlimmste.“
Eva betrachtet sie einen Moment schweigend, dann nickt sie langsam. Ihre Augen wirken ernst, fast nachdenklich. „Du hast recht. So jemand hat keinen Platz in deinem Leben.“
Der Rest des Abends vergeht in einem Wechselspiel aus leisen und hitzigen Worten. Sie reden über Ivy, über Jeremy, über all die Dinge, die sich zwischen Uli und ihm aufgestaut haben. Mal flüstern sie beinahe, dann wieder schwingt unterdrückte Wut in ihren Stimmen mit. Bis Eva schließlich, irgendwann, aufsteht.
„Ich gehe duschen.“
Uli hebt kaum den Blick, nickt nur abwesend, während sie damit beginnt, die Küche aufzuräumen.
Als Eva wenig später aus dem Bad kommt, trägt sie einen schlichten Pyjama. Ihr Haar ist noch leicht feucht, eine Strähne klebt an ihrer Wange. Uli, die gerade ein Glas abtrocknet, hält in der Bewegung inne. Ihr Blick bleibt an Eva hängen – nicht unbedingt überrascht, eher… nachdenklich.
Ein kleines, schiefes Lächeln zuckt um ihre Lippen. „Ich werde mich wohl nie an diesen Anblick gewöhnen.“
Eva runzelt verwirrt die Stirn. „Welchen?“
„Dich im Pyjama. Anstatt im Anzug.“
Eva lacht leise, fast ein wenig amüsiert. „Solange es nur der Pyjama ist, der dich verwirrt…“ Sie streckt sich kurz und reibt sich über den Nacken. „Ich geh schlafen.“
Uli beobachtet sie noch einen Moment, ihr Blick schwer zu deuten, bevor sie sich schließlich umdreht und selbst ins Bad verschwindet.
Eva liegt bereits im Bett, die Decke bis zur Brust gezogen, als sie leise Schritte hört. Sekunden später spürt sie eine Bewegung an der Matratze, als Uli vorsichtig zu ihr schlüpft.
„Eigentlich schlafe ich immer an der Wand“, flüstert Uli, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch in der Dunkelheit.
Eva dreht sich zu ihr um, ihre Augen noch träge vom halb Schlaf, aber dennoch aufmerksam. „Willst du an die Wand?“
Ein kurzes Nicken. „Ja.“
Eva hebt die Decke ein wenig. „Dann komm.“
Ohne zu zögern klettert Uli über sie. Doch anstatt sofort weiterzurutschen, hält sie inne – bleibt für einen Moment genau dort, über Eva, ihr Gewicht nur leicht gegen sie gelehnt. Ihre Gesichter sind einander so nah, dass Eva Ulis Atem auf ihrer Haut spüren kann.
Der Raum scheint für einen Moment stillzustehen. Kein Laut, außer dem leisen Rauschen ihres Atems. Ihre Blicke verstricken sich ineinander, ein Wort zwischen ihnen wäre jetzt zu viel.
Ulis Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. „Besser.“
Dann rutscht sie schließlich weiter, legt sich mit dem Rücken zur Wand und zieht die Decke bis zur Brust. Eva atmet tief durch, spürt noch immer die Wärme an ihrer Haut, die Ulis Körper für diesen flüchtigen Moment hinterlassen hat.
Sie dreht sich auf die Seite, versucht, wieder in ihre gewohnte Position zu finden – doch Uli hält sie sanft zurück. Ihre Finger schließen sich um Evas Arm, bestimmt, aber nicht drängend.
„Falsche Seite, Eva.“
Mit einer leichten Bewegung führt Uli Evas Arm um ihre eigene Hüfte und schmiegt sich fester an sie. Es gibt kein Zögern in ihrer Nähe, keine Unsicherheit – nur eine tiefe, selbstverständliche Vertrautheit.
„So ist es besser“, murmelt sie.
Evas Herz hämmert laut in ihrer Brust. Zu laut. Uli muss es hören. Und doch sagt sie nichts, bleibt einfach nur da, ihre Wärme beruhigend, ihr Atem gleichmäßig gegen Evas Hals.
Eva schluckt, versucht, sich zu entspannen, aber jeder Zentimeter zwischen ihnen brennt vor unausgesprochener Bedeutung.
„Gute Nacht, Uli“, flüstert sie schließlich, bemüht, ruhig zu klingen.
Ulis Antwort kommt leise, aber mit einer Wärme, die Evas Brust eng werden lässt. „Gute Nacht.“
Es dauert eine Weile, bis Eva einschläft. Ulis Haare kitzeln ihr Gesicht, ihr Körper ist nah, zu nah – und doch ist es genau das, was sie beide brauchen.
Irgendwann übermannt Eva die Erschöpfung. Und sie gibt sich dem Moment hin.
Die ersten Sonnenstrahlen tasten sich vorsichtig durch das Fenster, werfen sanfte Muster auf die Bettdecke und tauchen das Zimmer in ein gedämpftes, goldenes Licht. In der Stille des Morgens bewegt sich Uli kaum merklich, rückt näher an Eva heran und legt ihre Arme sanft um sie. Ihr Kopf sinkt auf Evas Brust, wo sie den schnellen, gleichmäßigen Herzschlag unter der dünnen Stoffschicht spüren kann.
Ein Lächeln huscht über Ulis Lippen – scheu, aber zufrieden.
Eva atmet tief ein, ihre Brust hebt und senkt sich unter Ulis Wange. „Guten Morgen“, murmelt sie verschlafen, ihre Stimme noch rau vom Schlaf.
„Guten Morgen“, erwidert Uli leise, ihre Stimme sanft, fast zärtlich.
Eva streckt sich ein wenig, aber nur vorsichtig, um die Wärme nicht sofort zu vertreiben. Sie blinzelt in das weiche Morgenlicht, ihre Augen noch halb geschlossen, während sie die Nähe zu Uli spürt – vertraut und doch ungewohnt.
Ihr Verstand sagt ihr, sie sollte aufstehen. Doch ihr Körper scheint noch nicht bereit, diesen Moment hinter sich zu lassen. Schließlich flüstert sie: „Ich sollte aufstehen. Ich muss noch ein paar Dinge für die Arbeit erledigen, bevor ich zu meinen Eltern fahre.“
Uli hebt den Kopf leicht und sieht sie an. Ihr Blick ist ruhig, aber darin liegt ein Anflug von Enttäuschung, kaum mehr als ein Schatten, der durch ihre Züge huscht. Doch anstatt etwas zu sagen, nickt sie nur, bevor sich ein verschmitztes Lächeln auf ihr Gesicht schleicht. „Dann weck ich dich nächstes Mal einfach früher, damit wir länger so liegen bleiben können.“
Eva lacht leise, ihre Wangen färben sich unwillkürlich leicht rosig. „Wir werden sehen.“
Sie versucht, sich langsam aus Ulis Armen zu lösen, doch für einen Moment scheint es, als würde ihre Haut noch die Erinnerung an die Berührung festhalten. Es ist nur eine flüchtige Sekunde – aber eine, die Eva bewusst wahrnimmt.
Uli stützt sich auf die Ellbogen und setzt sich dann langsam auf. Ihr Blick ist plötzlich etwas ernster. „Ich muss nach Ivy sehen. Ihr wird’s heute bestimmt nicht gut gehen.“
Eva nickt verständnisvoll, während sie aufsteht, sich kurz durch die Haare fährt und sich im Zimmer umsieht. „Wir sehen uns heute Abend wieder hier, oder?“
„Natürlich.“
Uli schenkt ihr ein schwaches Lächeln, das dennoch etwas Versprechen in sich trägt. Ein unausgesprochenes bis später, ein leiser Nachhall dessen, was zwischen ihnen unausgesprochen schwingt.
Eva erwidert es nur kurz, bevor sie sich aufrichtet und in ihren Tag startet. Sie macht sich fertig, setzt sich im Wohnzimmer an ihren Laptop und arbeitet konzentriert. Die Minuten vergehen schneller, als sie erwartet hat, die Tasten klappern leise unter ihren Fingern, während sie sich in ihre Aufgaben vertieft.
Gerade als sie ihre Sachen zusammenpackt, um aufzubrechen, bemerkt sie eine Bewegung im Türrahmen. Sie hebt den Blick – und da steht Uli.
Kein Wort. Keine Ankündigung.
Bevor Eva reagieren kann, tritt Uli näher, so nah, dass Eva ihren Atem spüren kann. Ihre Finger heben sich, berühren sanft Evas Kinn und heben es leicht an. Und dann…
Ein Kuss.
Zielgerichtet, sicher, unverkennbar. Keine Frage, kein Zögern. Nur ein Moment, der sich tief in die Stille einbrennt.
Als sich ihre Lippen trennen, bleibt Uli keine Sekunde länger als nötig. Mit einem schelmischen Grinsen haucht sie: „Der sollte genau dahin.“
Und dann dreht sie sich um und verschwindet, noch bevor Eva auch nur einen klaren Gedanken fassen kann.
Eva bleibt zurück, ihre Tasche halb gepackt in der Hand, ihr Herz rast. Ihre Gedanken überschlagen sich, stolpern übereinander, unfähig, diesen einen Moment einzuordnen.
Was war das gerade?
Als Eva am Abend nach Hause kommt, hat sich die Atmosphäre im Apartment verändert. Der Tisch ist gedeckt, eine geöffnete Flasche Wein steht bereit, sanftes Licht taucht den Raum in eine warme Stimmung. Uli steht in der Küche, dreht sich um, als Eva eintritt, und schenkt ihr ein sanftes Lächeln.
„Wie war’s bei Ivy?“ fragt Eva, während sie ihre Tasche ablegt und mit einem leisen Seufzen auf einen Stuhl sinkt.
Ulis Lächeln verblasst ein wenig, wird nachdenklich. „Nicht gut. Sie hatte Schmerzen, musste Medikamente nehmen und ist irgendwann einfach eingeschlafen. Es war ein langer Tag.“
Eva nickt mitfühlend, fährt sich mit einer Hand durch die Haare. „Das klingt hart.“
Einen Moment lang herrscht Stille, dann hebt Uli eine Braue und fragt: „Und du? Wie war’s bei deinen Eltern?“
Eva schnaubt leise, rollt mit den Augen. „Anstrengend wie immer.“
Uli grinst leicht. „Lass mich raten – viele unausgesprochene Erwartungen, kritische Blicke, unterschwellige Kommentare?“
Eva lässt den Kopf auf die Tischplatte sinken und murmelt: „Du kennst sie zu gut.“
Ein leises Lachen entfährt Uli, ehe sie die Weinflasche greift und Evas Glas füllt. „Dann würde ich sagen, du hast dir das verdient.“
„Es gibt bei ihnen nur zwei Themen: Männer oder Arbeit“, erklärt Eva mit einem trockenen Unterton, während sie gedankenverloren mit dem Stiel ihres Weinglases spielt. „Und mit beidem haben sie ein Problem.“
Uli hebt eine Augenbraue, ihr Blick neugierig. „Was für Männer?“ Die Andeutung in ihrer Stimme ist unverkennbar – spielerisch, aber doch mit einem Hauch von Interesse.
Eva lächelt trocken. „Genau das ist ja das Problem. Ich habe keine Männer – sondern nur Frauen.“
Einen Moment lang scheint Uli aus dem Konzept gebracht. Ihr Blick flackert kurz, als würde sie versuchen, eine spontane Reaktion zu unterdrücken. Dann, kaum merklich, röten sich ihre Wangen.
„Oh… das tut mir leid.“
Eva lacht leise, schüttelt den Kopf. „Ach was. Ich lebe mein Leben, sie ihres. Alles ist gut, wie es ist.“
Sie erhebt sich langsam, streckt sich ausgiebig und fährt sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich geh jetzt duschen. Brauchst du noch Hilfe bei irgendwas?“
Uli schüttelt den Kopf, ein Lächeln spielt um ihre Lippen. „Ich schaff das schon. Mach dich mal frisch.“
Eva bleibt einen Moment stehen, als würde sie noch etwas sagen wollen. Ihre Augen ruhen auf Uli, ein Ausdruck von etwas, das sie selbst nicht ganz greifen kann. Doch dann nickt sie nur und verschwindet ins Bad.
Als sie zurückkommt, duftet die Wohnung nach frisch gespültem Geschirr und ein Hauch von Rotwein hängt noch in der Luft. Die Küche ist sauber, der Tisch abgeräumt, und Uli steht am Fenster, das Glas locker in der Hand. Sie scheint gedankenverloren, ihr Blick in die Dunkelheit gerichtet. Das gedämpfte Licht des Raumes legt sich sanft über ihre Silhouette, taucht sie in eine stille, fast melancholische Aura.
Eva bleibt kurz in der Tür stehen, beobachtet sie. Sie könnte etwas sagen – eine Bemerkung über den aufgeräumten Tisch, ein Scherz über die Hausarbeit – aber irgendetwas in der Art, wie Uli dasteht, hält sie davon ab.
Stattdessen tritt sie näher, leiser als nötig, und sagt schließlich: „Danke, Uli.“
Ihre Worte sind schlicht, doch sie tragen mehr Gewicht, als sie erwartet hat.
Uli dreht sich langsam zu ihr um, ihr Lächeln ist sanft, aber in ihren Augen blitzt etwas auf.
Später am Abend liegt Eva bereits im Bett, ihr iPad auf den Knien, das bläuliche Licht des Displays wirft scharfe Konturen auf ihr Gesicht. Ihre Stirn ist in Falten gelegt, ihre Finger tippen hektisch über den Bildschirm, während sie sich durch eine endlose Reihe von E-Mails arbeitet.
„Bist du wieder am Arbeiten?“
Ulis Stimme ist sanft, aber bestimmt. Sie lehnt im Türrahmen, ihre Haare noch feucht von der Dusche, lose über eine Schulter geworfen.
Eva blinzelt kaum, hebt den Kopf nur kurz. „Ja, gleich fertig“, murmelt sie abwesend und tippt weiter.
Uli bleibt stehen, verschränkt die Arme, und für einen Moment sagt sie nichts. Dann, mit ruhiger Stimme: „Eva, es ist spät. Leg das Ding weg.“
Doch Uli lässt sich nicht abwimmeln. Sie bleibt standhaft und lässt sich nicht von Evas Widerstand abhalten. Langsam tritt sie näher, ihr Blick bleibt fest auf Eva gerichtet, bis sie das Gerät sanft, aber bestimmt aus ihren Händen nimmt. Mit einer ruhigen, festen Geste legt sie es auf den Nachttisch, ihre Bewegung so sicher, dass Eva keinen Raum für Widerstand hat. Doch auch ihre Worte bleiben ungehört – sie spürt nur das vertraute Pochen ihres Herzens, als sich ihre Blicke in einem stillen Moment kreuzen.
Eva will protestieren, doch als sie Ulis Nähe spürt, bleibt ihr die Luft im Hals stecken. Ihre Gesichter sind nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, und der Raum zwischen ihnen scheint plötzlich schwer und zugleich unendlich klein. Das leise, gleichmäßige Rauschen von Atemzügen wird lauter, bis es in Evas Ohren dröhnt, und sie fragt sich für einen Moment, ob es ihr eigenes Herz ist, das so laut schlägt, oder ob auch Ulis Schläge spürbar sind.
Uli kniet sich sanft aufs Bett, ihre Augen sind nun auf Evas Gesicht gerichtet, suchend, fast fragend. Der Moment dehnt sich aus, als ob die Zeit für einen Augenblick inne hält. Eva kann Ulis Atem spüren, warm und nahe, und ein seltsames Gefühl der Nähe überkommt sie, das den Raum zwischen ihnen vollkommen zu verschlingen scheint. Die Welt bleibt für einen Moment still, als ob nichts anderes mehr von Bedeutung wäre als diese Nähe.
Und dann, ohne ein weiteres Wort, überbrückt Uli die letzte Distanz zwischen ihnen. Ihre Lippen treffen sich – ein zarter Kuss, zuerst unsicher, als ob er nach einer Erlaubnis fragt. Doch als Eva den Kuss erwidert, wird er zu einer Antwort. Die Berührung wird intensiver, tiefer, als ihre Lippen sich ineinander verschränken, sich berühren, zögernd und doch zunehmend von Leidenschaft getragen. Der Moment ist keineswegs überstürzt; es ist ein langsamer, hingebungsvoller Tanz, in dem jede Bewegung und jede Berührung tief und bedeutungsvoll ist, fast ehrfürchtig.
Evas Finger gleiten sanft in Ulis Haare, als sie sich zurückzieht, nur ein wenig, um Eva in die Augen zu sehen. Ihre Wangen sind gerötet, ihr Atem ist schneller, schwerer geworden. Es ist ein Moment der Intimität, der jedoch nicht in Hast, sondern in einer stillen, fast herausfordernden Ruhe weitergeht. Uli zieht langsam ihr T-Shirt über den Kopf, ihre Bewegungen sind ruhig, doch in ihrer Ruhe liegt eine Aufforderung, die Eva spürt. Sie hält ihren Blick auf Eva gerichtet, als ob sie auf eine Antwort wartet, die noch nicht ausgesprochen wurde, doch schon in der Luft schwingt.
Evas Augen weiten sich für einen kurzen Moment, als sie die Entschlossenheit in Ulis Blick bemerkt. Doch dann blitzt ein schelmisches Grinsen auf ihren Lippen auf, und sie folgt dem Beispiel ihrer Freundin, als sie sich mit einer geschmeidigen Bewegung von ihrem Oberteil befreit. Ein Moment der Stille entfaltet sich, bevor beide in ein leises, fast scheues Lachen ausbrechen, das die Spannung in der Luft ein wenig löst.
„Vorbereitet, hmm?“ murmelt Uli, ihre Stimme von einem verschmitzten Lächeln begleitet, das die Nervosität in ihren Augen nur halb verbirgt. Sie scheint sich ihrer eigenen Unsicherheit bewusst zu sein, doch gleichzeitig fühlt sie sich von der Nähe zu Eva immer mehr angezogen.
Eva erwidert mit einem leisen Lächeln: „Ich könnte dich das Gleiche fragen.“ Ihre Stimme trägt eine tiefe Wärme, die fast wie ein Geheimnis klingt, das nur sie beide verstehen.
Für einen Moment verharren sie, ihre Blicke verfangen sich, als ob sie die Tiefe der Bedeutung in diesem Augenblick ergründen wollen. Die Luft zwischen ihnen ist elektrisch, aufgeladen mit unausgesprochenen Gefühlen, doch der Moment bleibt erstaunlich zart und intim. Keine Eile. Keine Notwendigkeit, weiterzugehen. Nur das stille Wissen, dass sie diesen Augenblick zusammen teilen wollen.
Uli lässt ihre Stirn sanft gegen Evas drücken, ihre Augen schließen sich für einen Moment, während ihr Lächeln sanft wird. „Ich bin froh, dass du hier bist“, flüstert sie mit einer Intensität, die mehr aussagt als Worte.
„Ich auch“, antwortet Eva leise, fast ein Flüstern, bevor sie sich näher zu Uli zieht. Ihre Lippen treffen die ihre in einem Kuss, der zunächst sanft ist, doch mit einer Bedeutung, die weit über das rein Physische hinausgeht. Es ist ein Kuss, der von einem tiefen, stillen Verständnis getragen wird – dem Gefühl, endlich an dem richtigen Ort zu sein, in den richtigen Armen.
Eva zieht Uli noch näher, ihre Hände gleiten langsam und sicher über Ulis Körper, ihre Berührungen ein sanftes Versprechen. Die Küsse werden intensiver, leidenschaftlicher, doch auch in der Hitze des Moments bleibt etwas Zärtliches. Ihre Lippen bewegen sich im Einklang, als ob sie im Einklang atmen, ihre Bewegungen suchend und erkundend, ein langsames, aber beständiges Verlangen, die Sprache der anderen zu verstehen.
Ulis Hände wandern vorsichtig über Evas Taille, ihre Berührungen scheinen fast ehrfürchtig, als ob sie die Schönheit des Augenblicks in seiner ganzen Zerbrechlichkeit bewahren möchte. Sie spürt die Wärme von Evas Haut, das sanfte Streicheln des Körpers, der sich so vertraut und doch neu anfühlt. Die Hände verharren einen Moment, als wolle Uli sicherstellen, dass es der richtige Zeitpunkt ist, dass ihre Berührungen erwünscht sind.
Doch Eva übernimmt die Führung, ihr Blick flackert in einem Moment des Spiels. Mit einem schelmischen Lächeln dreht sie Uli auf den Rücken, ihre Bewegungen selbstbewusst und doch liebevoll. Ihre Lippen wandern zärtlich an Ulis Hals entlang, ihre Berührungen mal federleicht, fast wie ein Kitzeln, dann wieder drängender, als würde sie die Tiefe der Zuneigung in jeder Berührung ausdrücken. Jede Bewegung, jedes Streicheln ein stilles Versprechen.
„Komm“, flüstert Uli, ihre Stimme heiser und voller Verlangen. Der Klang ihrer Worte ist zart, aber bestimmt, als ob sie den Augenblick nicht mehr länger hinauszögern möchte. Ihre Hände ziehen Eva näher zu sich, ihre Bewegungen jetzt sicherer, fast als ob sie sich in diesem Moment ganz und gar hingeben könnten. Die Unsicherheit ist gewichen, und zurück bleibt nur das Bedürfnis, den Moment zu genießen.
Sie lassen sich Zeit, jede Berührung zu spüren, jede Geste zu erleben. Ihre Körper sprechen miteinander in einer Sprache, die nicht aus Worten besteht, sondern aus den Nuancen der Nähe, der zärtlichen Berührungen, der vertrauten Blicke. Uli schließt die Augen, als Eva sich ihr mit einer sanften Hingabe widmet, jede Geste ein Zeichen des Vertrauens. Die Nähe zwischen ihnen ist nicht erzwungen, sondern gegeben, wie ein zartes Band, das sie verbindet – ein Band aus Zuneigung, Vertrauen und tiefer Verbundenheit.
Zwischen ihnen existiert eine Verbindung, die tief in ihren Seelen verankert ist, weit über das hinaus, was oberflächlich oder flüchtig sein könnte. Es ist eine Verbindung, die den Raum zwischen ihnen füllt, die fast greifbar wird. Ihre Nähe ist nicht nur eine körperliche – sie überschreitet das Sichtbare und wird zu einem Akt des seelischen Zusammenschlusses. In diesem Moment scheint die Welt stillzustehen, als ob die Zeit für sie beide keinen Wert mehr hat. Es ist, als würden ihre Seelen in einem Tanz verschmelzen, der jenseits jeglicher Worte und Gesten liegt.
Als sie schließlich, erschöpft und erfüllt, nebeneinander liegen, sind ihre Herzen noch immer im gleichen schnellen Rhythmus verbunden, doch eine Ruhe breitet sich aus, die mehr ist als nur die Abwesenheit von Bewegung. Es ist eine stille, beinahe ehrfurchtsvolle Stimmung, die den Raum erfüllt. Die Luft scheint schwer von all den ungesagten Gefühlen, die zwischen ihnen fließen. In diesem Moment ist es, als ob alles, was sie je erlebt haben, in dieser Stille miteinander verschmilzt.
Eva dreht sich langsam zu Uli, ihre Hand gleitet sanft über deren Wange, als ob sie den Augenblick bewahren möchte, in dem ihre Zuneigung so greifbar und vollkommen scheint. „Danke“, flüstert sie, ihre Stimme ist sanft, aber voller Tiefe und Emotion. Es ist kein einfaches Wort, sondern ein Ausdruck von Dankbarkeit, der mehr bedeutet als jedes andere.
Uli öffnet ihre Augen, und als sie Eva ansieht, erhellt sich ihr Gesicht mit einem Lächeln, das in seiner Einfachheit eine ganze Welt erzählt. Ihre Lippen sprechen keine Worte, aber in ihrem Blick liegt eine Botschaft, die so klar ist wie der Mond am Himmel. „Ich sollte dir danken“, erwidert sie leise, ihre Stimme genauso warm und berührend wie Evas.
Die beiden halten inne, ihre Blicke verweilen aufeinander, und für einen Augenblick scheint die Welt um sie herum nicht mehr zu existieren. Es sind keine Worte nötig, um die Tiefe ihres Verständnisses füreinander auszudrücken. Ihre Blicke sind weich, voller unausgesprochener Versprechungen, die nicht in die Zukunft blicken, sondern den Moment selbst feiern. In diesem Augenblick gibt es nur sie beide – und alles, was sie in dieser Verbindung fühlen.
Der Abend fließt weiter, in einer stillen Geborgenheit. Ihre Hände finden sich, ihre Finger verschränken sich wie von selbst. Diese Geste, so einfach und doch so bedeutungsvoll, verstärkt das Gefühl der Verbundenheit, das sie einander entgegenbringen. Ihre Nähe ist nicht nur körperlich, sondern seelisch, und sie spüren, dass etwas Neues zwischen ihnen begonnen hat – etwas, das sie beide noch nicht ganz in Worte fassen können. Es ist kein flüchtiger Moment, sondern der Beginn von etwas, das tief in ihrem Inneren Wurzeln schlägt und sie beide verändert.
Nachdem sich die gespannte Atmosphäre aufgelöst hat, liegt Eva entspannt neben Uli unter der Decke. Ein ruhiger Moment, der die Zeit stillstehen lässt. Uli dreht sich leicht zu Eva, ihre Wangen sind noch immer von einem Hauch von Rot gefärbt, und sie beißt sich verlegen auf die Lippen. „Das war einfach wunderschön“, flüstert sie, ihre Stimme weich und von einem leisen Kichern begleitet, als ob sie selbst nicht ganz fassen kann, was gerade passiert ist.
Eva lächelt, der Ausdruck auf ihrem Gesicht ist sanft und einladend. „Fand ich auch“, antwortet sie ruhig, zieht Uli in eine liebevolle Umarmung und küsst sie zärtlich auf die Stirn. Die Welt fühlt sich in diesem Moment ruhig und perfekt an, als ob der Augenblick für immer in der Stille zwischen ihnen verweilen könnte.
Doch dann, nach einem Moment des Schweigens, bricht Uli die Stille, ihre Stimme leise, fast schon schüchtern. „Das wollte ich schon nach unserem ersten Kuss tun.“
Eva hebt überrascht eine Augenbraue, ihre Gedanken fliegen kurz zurück zu jenem ersten Kuss. „Und warum hast du es nicht getan?“
Uli zögert, und der Raum zwischen ihnen scheint sich zu dehnen, als ob sie nach den richtigen Worten sucht. Schließlich gesteht sie mit einem Seufzen: „Ich hatte Angst.“
„Angst?“ Eva schaut sie fragend an, ihre Stimme ruhig, aber ihre Augen sind aufrichtig neugierig. „Wovor?“
„Vor dir“, gesteht Uli, als ob es ein Geheimnis ist, das sie lange in sich getragen hat. „Du warst so distanziert. Du hast immer wieder Abstand gehalten, selbst als ich bei dir eingeschlafen bin, wolltest du, dass ich in mein eigenes Bett gehe.“
Eva senkt nachdenklich den Blick. Ihre Gedanken fließen, und eine sanfte Melancholie legt sich über ihre Züge. „Ich hatte Angst vor dem, was passieren könnte“, sagt sie leise, als ob sie sich selbst eine Erklärung gibt. Ihre Stimme klingt sanft, aber auch ernst. „Vor dem, was du willst – oder nicht willst. Du hast mir doch gesagt, dass du nicht lesbisch bist.“
Uli blickt sie an, ihre Augen sind unsicher, doch auch von einer leisen Sehnsucht erfüllt. Sie öffnet den Mund, um zu antworten, doch Eva spricht weiter.
„Man muss nicht lesbisch sein, um Frauen anziehend und faszinierend zu finden“, sagt Eva mit einem Lächeln, das mehr Verständnis als Antwort bietet. „Aber deine Worte, Uli… sie hatten so viel Kraft, so viel Bestimmtheit. Und dann küsst du mich, immer wieder, wie ein Sturm, der nicht enden will. Ich bin verwirrt, völlig. Wir haben miteinander geschlafen, und es war wunderschön. Doch was bedeutet das für uns, Uli?“ Eva sieht sie mit einer Mischung aus Neugier und leiser Besorgnis an. „Was wird aus uns, Uli? Willst du nur Sex, nur Spaß – oder ist da mehr?“
Uli schaut sie an, ihre Augen suchen Evas, als ob sie in ihrem Blick nach Antworten sucht. Ein langer Moment des Schweigens vergeht, bevor Uli schließlich flüstert: „Ich weiß es nicht.“ Ihre Worte kommen fast wie ein Geständnis, die Unsicherheit in ihrer Stimme ist spürbar. „Es fühlt sich gut an mit dir. Du bist da, immer da, wenn ich dich brauche. Du kümmerst dich um Ivy, obwohl es nicht deine Aufgabe ist. Es ist so schön mit dir, Eva.“ Ihr Blick wird weicher, fast träumerisch. „Am liebsten würde ich dich den ganzen Tag küssen.“
Eva fühlt, wie eine zarte Röte ihre Wangen überzieht, als sie Ulis Worte hört. Sie wirken wie eine Umarmung, die sie auf einer ganz anderen Ebene erreicht – nicht nur körperlich, sondern seelisch. Ulis Sanftheit hüllt sie ein, und sie spürt eine tiefere Verbindung zu ihr, die jenseits der Worte liegt. Ihre Gefühle sind so klar und so stark, dass es fast weh tut, und gleichzeitig fühlt sich Eva geborgen und sicher.
Eva streichelt sanft ihre Wange, und dieser zarte Kontakt lässt die Zeit für einen Moment stillstehen. „Dann sehen wir, wohin das führt“, flüstert sie, und ihre Stimme ist voller Hoffnung und einer gewissen Unsicherheit, als ob sie sich selbst noch nicht ganz sicher ist, wohin dieser Weg sie führen wird.
Nach einer kurzen Pause, die für Uli wie eine kleine Ewigkeit erscheint, fügt Eva hinzu: „Ich muss morgen oder übermorgen für eine Nacht nach Schwerin. Schaffst du das allein, oder soll ich versuchen, abends zurückzufahren?“
Uli blickt auf und spürt einen kleinen Stich der Besorgnis. Es ist eine unerwartete Frage, die sie aufwühlt. Doch sie kann nicht anders, als eine tiefe Zuneigung für eva zu empfinden, die sich in ihren Worten widerspiegelt. „Ich werde es schaffen“, sagt sie schließlich mit einem Lächeln, das nicht nur die Entschlossenheit, sondern auch die Wärme in ihrer Stimme widerspiegelt. „Hauptsache, du fährst vorsichtig. Und komm heil wieder zurück.“
Uli sieht sie an, doch ihre Miene verrät eine gewisse Unsicherheit. „Was musst du denn in Schwerin, Eva?“ fragt sie, ihre Stimme ist leise, fast wie ein zartes Rätsel, das sie zu lösen hofft.
Eva zieht die Decke etwas höher und antwortet mit einem ruhigen Ton: „Ein Termin im Hotel.“ Sie sieht Uli tief in die Augen und schließt mit einem sanften Lächeln: „Aber danach komme ich zurück. Zu dir.“
Diese Worte erreichen Uli auf eine Weise, die sie kaum in Worte fassen kann. Ihre Augen weiten sich, und in ihrer Stimme liegt ein Hauch von Flehen, als sie fast bittet: „Ja, komm bitte wieder, Eva. Du tust uns gut.“ Ihre Worte sind zart und doch fest, als ob sie eine Bitte äußert, die ihr so wichtig ist, dass sie fast ihre eigene Unsicherheit vergisst.
Uli schmiegt sich an Eva, als wolle sie sie nie wieder loslassen. Eva spürt die Wärme ihres Körpers und die tiefe Sehnsucht, die in der Umarmung mitschwingt. Die Nähe zwischen ihnen fühlt sich wie ein Versprechen an, das mit jedem Augenblick wächst. Es gibt keine Worte, die alles sagen könnten, was sie füreinander empfinden, doch in diesem Moment müssen sie auch keine finden. Sie sind einfach da füreinander.
Langsam zieht Eva ihren Slip und den Pyjama wieder an, reicht Uli ihre Kleidung und legt sich schließlich zurück an ihre Seite. Sie kuscheln sich aneinander, der Raum zwischen ihnen ist nur noch ein flimmernder Hauch von Nähe. Es ist ein Moment des Friedens, des Vertrauens und der Geborgenheit. Beide schließen schließlich die Augen, und die Stille um sie herum wird von der sanften Atmung des jeweils anderen erfüllt. Bald schon fallen sie in einen tiefen, friedlichen Schlaf – ein Schlaf, der sie durch die Nacht trägt und sie in die Gewissheit bringt, dass sie nicht allein sind.
Der Morgen beginnt abrupt, als das laute Geräusch des Türschlosses durch den Raum hallt und beide Frauen erschrocken aus dem Schlaf gerissen werden. Ihre Herzen schlagen wild, der Moment ist von einem erschreckenden, plötzlich aufkommenden Bewusstsein geprägt. Uli und Eva sehen sich mit weit aufgerissenen Augen an, der Atem kurz und panisch, als die Tür sich öffnet.
Jeremy steht im Türrahmen. Die Kälte in seiner Haltung ist sofort spürbar, als sein Blick das Bett absucht, die Worte, die er spricht, klingen wie ein Vorwurf, der auf Uli und Eva gleichermaßen zielt. „War ja klar“, sagt er, und die Bitterkeit in seiner Stimme ist nicht zu überhören. Seine Augen bleiben schließlich auf Uli hängen, und der Hohn in seinen Worten ist unmissverständlich. „Immerhin bist du angezogen“, murmelt er spöttisch, als ob das irgendeine Art von Antwort auf seine Fragen geben könnte.
Eva atmet tief ein, versucht, ihre aufkeimende Frustration zu unterdrücken, und erhebt sich langsam aus dem Bett. Genervt, aber mit einer unerklärlichen Ruhe, zieht sie sich an. Ihre Bewegungen sind entschlossen, aber auch mit einer leisen Resignation, als sie zu Uli spricht: „Wir schreiben oder telefonieren“, sagt sie leise, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern, das in der angespannten Atmosphäre fast verloren geht. Dann verlässt sie die Wohnung ohne ein weiteres Wort, die Tür schließt sich leise hinter ihr.
Jeremy dreht sich zu Uli, und seine Augen bohren sich wie stacheliges Eisen in ihren Blick. Uli fühlt die Anklage, die in der Luft schwebt, als er sie mit großen, forschenden Augen ansieht. „Was läuft hier?“, fragt er, seine Stimme schneidend und vorwurfsvoll, als ob er auf eine Antwort drängt, die er schon längst erwartet hat.
Doch Uli hebt ihren Kopf, ihre Augen strahlen eine Entschlossenheit aus, die sie noch nie zuvor in dieser Situation gespürt hat. „Jeremy, ich trenne mich von dir.“ Die Worte fallen wie ein Urteil. Sie sind endgültig, durchdacht und fest. Ihre Stimme ist ruhig, aber sie trägt eine unmissverständliche Klarheit. „Du bist nie da – weder für mich noch für unsere Tochter. Ich brauche jemanden, der hinter uns steht. Nicht nur dann, wenn es dir gerade passt.“
Jeremy will protestieren, doch Uli unterbricht ihn mit einer einzigen Handbewegung, die ihre Entscheidung endgültig macht. „Jetzt geh. Geh zu deiner Tochter, Jeremy.“
Seine Reaktion ist wie eingefroren, als er einen Moment lang regungslos dasteht, als ob die Schwere der Worte ihn völlig lähmt. Doch Uli lässt ihm keine Möglichkeit, sich zu erklären, keine Ausflüchte mehr. Ihr Blick ist fest, ihr Gesicht von einer Entschlossenheit geprägt, die in dieser Konfrontation ungeahnte Stärke zeigt. Sie hat ihre Entscheidung getroffen. Es ist kein Zögern mehr, keine Unsicherheit. Für sie gibt es keinen weiteren Weg zurück.
Jeremy bleibt stumm, seine Wut und Enttäuschung spiegeln sich in seinem Gesicht, doch er weiß, dass es nichts gibt, was ihn hier noch halten kann. Uli hat entschieden. Und ihre Zukunft liegt nicht mehr bei ihm.
Uli war am Rande der Wut, als sie Jeremy erneut sah. Die Farce, die sich da abspielte, war kaum zu fassen. Wochenlang war er nie wirklich da gewesen, weder für sie noch für Ivy, doch jetzt, wo es ihm passt, kümmerte er sich plötzlich um Ivy, als wäre er der fürsorglichste Vater. Ivy ging es heute besonders schlecht – eine spürbare Nachwirkung der Chemotherapie. Ihr Gesicht war blass, sie hatte Übelkeit, und der Appetit wollte einfach nicht kommen. Statt zu essen, fragte sie immer wieder nach Eva. Jeremys Gesicht zog sich jedes Mal zusammen, wenn der Name von Eva über Ivys Lippen kam, doch Uli hatte längst genug von seinem Blick, von seinen ständigen, ablehnenden Reaktionen. Es kümmerte sie nicht mehr. Jeremys Meinung hatte längst keinen Platz mehr in ihrem Leben.
Am Nachmittag klopfte es an der Tür. Ava stand im Flur und blickte überrascht auf Jeremy, der im Zimmer war. „Wo ist Eva?“, fragte sie, als sie Uli später im Flur begegnete.
„Sie ist in Schwerin“, antwortete Uli kühl. Ihre Stimme war distanziert. „Wegen der Arbeit.“
Uli blieb nicht stehen, sondern zog es vor, zu Jeremy und Ivy zu gehen. Sie setzte sich zu ihnen, nahm Ivys Hand und versuchte sanft, sie zum Essen zu überreden. Doch ihre Worte stießen auf taube Ohren. Ivy hatte keinen Appetit, und der angespannten Atmosphäre war nichts hinzuzufügen. Jeremys Blick bohrte sich immer wieder in Uli, seine Augen wie scharfe Nadeln, doch sie ignorierte ihn konsequent, ließ sich nicht auf seine Provokationen ein. Es war ihr egal.
Währenddessen war Eva in Schwerin angekommen und hatte sich rasch eingerichtet. Sie hatte ihre Sachen ausgepackt und ein wenig Zeit für sich selbst genommen, bevor sie sich dem bevorstehenden Termin widmete. In der Ruhe der Hotelzimmeratmosphäre griff sie zum Handy und schickte Uli eine kurze Nachricht: Bin angekommen. Mache mich fertig und gehe dann zum Termin. Hoffe, Jeremy bleibt nicht über Nacht.
Der Nachmittag verstrich ohne ein weiteres Lebenszeichen von Uli. Stattdessen kam eine Nachricht von Ava: Jeremy ist mit Ivy im Krankenhaus. Die Stimmung ist angespannt.
Eva spürte, wie sich ihre Sorgen in ihr verfestigten. Ihr Herz zog sich zusammen bei der Vorstellung, dass Ivy es wieder so schlecht ging. Sie wünschte sich, sie wäre bei ihr, um sie aufzumuntern. Ihre Gedanken kreisten um die kleine Ivy, die so viel durchmachen musste. Schnell entschloss sie sich, etwas zu tun, das Ivy ablenken könnte. Sie würde ein Spiel kaufen, etwas, das ihre Aufmerksamkeit fesseln würde und sie zumindest für einen Moment auf andere Gedanken brachte.
Am Abend, als Eva die Nachricht von Uli bekam, dass Jeremy auf dem Weg zurück nach Schwerin sei, fühlte sie eine Welle der Erleichterung. Endlich, dachte sie, endlich kann ich wieder zu Uli und Ivy.
Sofort packte sie ihre Sachen zusammen. Frische Kleidung, das Spiel für Ivy, einen Strauß Blumen für Uli und eine Flasche Wein, um den Abend für sie beide ein wenig zu versüßen. Keine Zeit wurde verloren. Sie wollte zurück zu ihnen, zu der Familie, die sie fühlte, dass sie immer mehr ihr Zuhause wurde.
Gegen Mitternacht, nach einer langen Fahrt, kam sie endlich an. Der Weg war nicht leicht gewesen, doch das Gefühl, endlich bei Uli und Ivy zu sein, ließ alle Erschöpfung und Unruhe hinter sich. Sie wusste, dass sie an diesem Punkt in ihrem Leben angekommen war, an dem sie nicht mehr zurückschauen wollte.
Leise und vorsichtig schloss Eva die Wohnungstür hinter sich. Die Stille, die sie empfing, war beinahe greifbar, und das einzige Geräusch, das den Raum durchbrach, war das beruhigende Ticken der Wanduhr. Es war spät, und das Gefühl von Vertrautheit war sofort da. Doch als sie ins Schlafzimmer blickte, war das Bett leer. Ein kurzer, irritierter Blick ließ Eva die Stirn runzeln. Wo war Uli um diese Zeit?
Ein leises Gefühl der Ahnung wuchs in ihr, und wie von selbst führte ihr Weg sie ins Krankenhaus. Die Gänge waren leer und ruhig, fast unheimlich. Es war, als ob die Welt um sie herum in den tiefen Schlaf gefallen wäre, und das einzige, was noch Leben in sich trug, waren die stillen Wände und Flure.
Vorsichtig öffnete Eva die Tür zu Ivys Zimmer. Ein warmer Schub durchflutete sie, als sie das Bild erblickte, das sich vor ihr auftat. Uli saß an Ivys Bett, ihr Kopf auf der Matratze abgelegt, völlig erschöpft eingeschlafen. Die kleine Ivy lag ruhig, ihre Hand auf Ulis Arm ruhend. Es war ein Moment voller Zärtlichkeit, der das Herz von Eva erwärmte und ihre Sorgen in den Hintergrund drängte.
Eva trat leise näher, und ihre Hand fand zart den Weg auf Ulis Schulter. „Hey“, flüsterte sie, ihre Stimme weich und sanft. „Willst du nicht in dein Bett?“
Uli öffnete langsam ihre Augen, ihre Blicke trafen sich in der Dunkelheit des Raumes. Für einen Moment schien Uli überrascht zu sein, doch dann erwachte ein Lächeln in ihren Augen. „Du bist da“, flüsterte sie, als ob sie sich selbst versicherte.
„Natürlich bin ich da“, antwortete Eva mit einem Lächeln, das die Wahrheit trug. „Ich hab doch gesagt, ich komme wieder.“
Langsam und vorsichtig stand Uli auf, ihre Hand fand die von Eva, und sie umarmten sich fest. Für einen Augenblick standen sie einfach nur da, beide mit einem Blick auf Ivy, die tief und friedlich schlief. Es war eine der stillen, stillen Nächte, in denen Worte nicht nötig waren, in denen Nähe alles war.
Als sie die Wohnung erreichten, fiel Uli sofort die Blumen, der Wein und das Spiel auf. Ein kurzes Aufleuchten ging über ihr Gesicht. „Danke, Eva“, sagte sie und nahm Eva in ihre Arme. Die Dankbarkeit in ihren Worten war tief und ehrlich, und Eva spürte, wie sich etwas in ihr zusammenzog – eine Mischung aus Liebe und Geborgenheit.
Beide machten sich fürs Bett fertig, und Eva konnte nicht anders, als sich zu entspannen, als sie in die Weichheit des Bettes sank. Der Tag, der so lang und voll gewesen war, ließ sie erschöpft zurück. Aber als sie sich in Ulis Nähe schmiegt, fühlte sie sich plötzlich sicher, geborgen und wie zu Hause. Die Dunkelheit füllte den Raum, und in diesem Moment, in der Stille der Nacht, spürte sie Ulis Atem an ihrem Hals.
Langsam legte Uli ihren Arm um Eva, drückte sich sanft an sie. Es war eine Umarmung, die mehr sagte als Worte, die Eva spüren ließ, dass sie nicht allein war. Eva drehte sich zu ihr, ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Die Nähe war fast greifbar, und für einen Moment hörten sie nur den Klang ihrer Atemzüge.
„Schlaf gut“, flüsterte Eva, und ein Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie die Augen schloss.
„Du auch“, murmelte Uli zurück, ihre Stimme zart und beruhigend. Sie hielt Eva noch ein wenig fester, als wolle sie den Moment einfangen, als wolle sie den Tag hinter sich lassen und in dieser Wärme und Geborgenheit verweilen.
Eva schlief fast sofort ein, die Ruhe in Ulis Nähe ließ den Stress des Tages von ihr abfallen, und sie fand den Frieden, den sie so dringend gebraucht hatte.
Am nächsten Morgen war Uli früh wach. Sie hatte schon viel zu lange gewartet, um bei Ivy zu sein, und wollte keine Zeit verlieren. Leise stand sie auf und machte sich auf den Weg ins Krankenhaus. Als Eva später erwachte, spürte sie sofort die Abwesenheit von Uli. Der Platz neben ihr war leer. Sie setzte sich auf und blickte sich um – keine Spur von ihr. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte, dass es noch früh war. Eva seufzte, stand auf und machte sich einen Kaffee, bevor sie einen Becher zum Mitnehmen packte und sich ebenfalls ins Krankenhaus aufmachte.
Im Krankenhaus fand sie Uli wie erwartet im Zimmer, die Hände auf ihrem Schoß gefaltet, tief in Gedanken versunken. Sie sah müde aus – blass, als hätte sie nicht genug Schlaf bekommen. Eva setzte sich neben sie und nahm zärtlich ihre Hand. „Wird schon alles“, sagte sie leise, ihre Stimme sanft und beruhigend. „Sie ist stark. Ganz wie ihre Mama.“
Ein schwaches Lächeln huschte über Ulis Gesicht, und sie drückte Evas Hand, als wollte sie sich von ihren Worten trösten lassen. In diesem Moment schien die Last, die so schwer auf ihren Schultern lag, ein kleines Stück leichter zu werden. Doch der Moment der Ruhe wurde jäh unterbrochen, als Ava mit Ivy ins Zimmer trat. Reflexartig zog Uli ihre Hand von Evas weg, ein unbewusster Impuls, der Eva irritiert aufblicken ließ. Ava, die die Bewegung bemerkt hatte, warf einen fragenden Blick zwischen den beiden hin und her, doch sie sagte nichts.
„Also“, begann Ava, als sie Ivy sanft auf das Bett setzte, „sie könnte bald nach Hause, aber der nächste Chemo-Zyklus beginnt in ein paar Tagen. Bis dahin braucht Ivy vor allem Ruhe. Sie muss Energie tanken, ohne Stress.“ Ihr Blick wanderte zwischen Eva und Uli hin und her, als wolle sie eine Antwort auf unausgesprochene Fragen suchen.
Eva nickte sofort. „Wir finden eine Lösung“, sagte sie entschlossen.
Ava überlegte einen Moment und fuhr dann fort: „Was ist denn mit deinen Eltern, Eva? Die haben ein riesiges Haus. Ihr wärt in der Nähe, und Ivy hätte Platz und Ruhe.“ Sie zwinkerte Eva verschmitzt zu.
Eva hob eine Augenbraue. „Das müsste ich abklären. Und… dafür müssten sie Uli erstmal kennenlernen. Du weißt doch, wie meine Eltern sind.“
Ava lachte leise. „Ja, aber sie können auch nett sein – manchmal. Und man kann sich gut aus dem Weg gehen. Zumindest konnte ich das damals.“ Sie zwinkerte erneut, diesmal breiter. „Wir klären das. Hauptsache, Ivy wird gesund.“
Als der Tag sich dem Ende zuneigte, waren Eva und Uli wieder zurück in der Wohnung. Uli stand in der Küche und kochte, aber ihre ganze Haltung strahlte etwas Abweisendes aus, fast wie eine unsichtbare Mauer, die sie um sich gezogen hatte. Ihre Bewegungen waren steif, und ihre Stimme, als sie sprach, war knapp und kalt. Eva bemerkte sofort die Veränderung, aber sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Sie trat leise hinter Uli und legte ihre Hand auf ihren Rücken. „Was ist los?“ fragte sie vorsichtig, ihre Stimme sanft, doch Uli antwortete ohne sie anzusehen.
„Nichts, Eva. Ich konzentriere mich, weil ich koche“, sagte sie, und der Ton ihrer Stimme ließ keinen Raum für weitere Fragen.
„Okay“, antwortete Eva leise und setzte sich an den Küchentisch. Sie sah Uli dabei zu, wie sie weiter in der Küche hantierte, doch die Distanz, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, war spürbar. Eva wusste, dass es irgendetwas gab, das Uli beschäftigte, aber sie konnte es nicht benennen. Sie entschloss sich, es vorerst zu lassen und sich einfach in Geduld zu üben, in der Hoffnung, dass irgendwann der Moment kommen würde, in dem Uli sich öffnen würde.
Uli verdrehte die Augen und murmelte etwas, das Eva nicht verstehen konnte. Ihre Gedanken schienen von ihr selbst entgleitet zu sein, und die Worte, die sie vor sich hin sagte, waren wirr und ohne Zusammenhang. Eva beobachtete sie schweigend, fühlte sich ein wenig hilflos. Sie verstand nicht, was gerade in ihr vorging, doch das Schweigen schien drückend.
Es verging eine Weile, in der nichts gesagt wurde, bis Eva schließlich das Schweigen brach. „Was hältst du davon, wenn wir morgen zu meinen Eltern fahren?“ fragte sie vorsichtig, ihre Stimme sanft, aber bestimmt.
Uli wirbelte plötzlich herum, ihre Augen weit und überrascht. Ein Hauch von Panik schlich sich in ihr Gesicht, als sie Eva ansah. „Zu deinen Eltern?“ wiederholte sie fast ungläubig, als ob der Gedanke an sich selbst schon zu viel wäre.
Eva nickte. „Ja, dann klären wir das. Es wird sie bestimmt freuen. Zumindest hoffe ich das“, sagte sie, auch wenn sie sich nicht sicher war, wie ihre Eltern reagieren würden. Doch sie wollte es versuchen – für Uli, für Ivy und für sie selbst.
Uli antwortete nicht. Sie schien in ihren Gedanken versunken, und anstatt etwas zu sagen, stellte sie einfach das Essen wortlos vor Eva auf den Tisch. Eva sah sie an, ein unbehagliches Gefühl stieg in ihr auf. Hatte sie etwas Falsches gesagt? War es zu viel verlangt? Doch sie konnte nicht erkennen, was genau den Abstand zwischen ihnen geschaffen hatte.
Während des Essens schien Uli gedankenverloren zu sein. Sie stochert in ihrem Essen herum, ohne es wirklich zu essen, und Eva konnte nicht anders, als zu spüren, dass etwas zwischen ihnen stand – eine ungesagte Spannung, die schwer in der Luft lag. Eva versuchte, sich darauf zu konzentrieren, was sie gerade tat, und räumte nach dem Essen die Küche auf, während Uli wortlos ins Badezimmer ging.
Als Uli aus dem Bad kam, war sie in einen Bademantel gehüllt, ihre Haltung erschöpft. Sie setzte sich wortlos auf die Couch, eine Decke um sich geschlungen. Es war offensichtlich, dass sie in Gedanken war, doch sie sprach kein Wort. Eva ging ins Bad, duschte schnell und kam zurück. Als sie das Zimmer betrat, war es still. Das Licht war aus, und die Dunkelheit des Raumes legte sich wie ein Mantel über die beiden.
Eva legte sich leise neben Uli, versuchte, ihren Atem zu beruhigen, doch der Raum schien sich zu verengen. Sie drehte sich zur Seite, blickte in die Dunkelheit und lauschte dem stillen Atmen der Frau neben ihr. Die Minuten zogen sich wie Stunden. Schließlich spürte sie, wie Uli sich langsam zu ihr drehte, ihre Bewegung zögerlich, als ob sie nach etwas suchte, was sie nicht benennen konnte. Dann legte Uli ihren Arm vorsichtig um Eva, ihre Berührung sanft und zärtlich, doch auch sie war von einer unausgesprochenen Anspannung durchzogen.
Eva sagte nichts. Sie genoss die Nähe, fühlte sich gleichzeitig geborgen und doch von der Spannung zwischen ihnen gefangen. Der Raum war dunkel, still – und doch waren ihre Gedanken laut, sie konnte das Knistern der ungesprochenen Worte fast hören. Sie schloss die Augen und ließ sich von der Nähe tragen, auch wenn sie wusste, dass die wirklichen Gespräche noch ausstanden.
Am Morgen wurde Eva von dem Geräusch geweckt, dass Uli sich vorsichtig aus dem Bett schlich. Sie öffnete verschlafen die Augen und griff nach Ulis Arm, um ihn sanft zurückzuhalten. „Ich hole dich um elf ab. Dann fahren wir zu meinen Eltern“, murmelte sie noch halb im Schlaf.
„Okay“, flüsterte Uli leise, ehe sie ihren Arm sanft aus Evas Griff befreite und sich langsam aus dem Bett erhob.
Eva verbrachte den Vormittag damit, berufliche Angelegenheiten zu regeln. Sie telefonierte mit Kollegen, beantwortete E-Mails und kümmerte sich darum, dass Herr König die anstehenden Kundengespräche übernehmen würde. Während all dem bemerkte sie, wie ihre Nervosität mit jedem Augenblick wuchs. Der Gedanke, Uli und Ivy ihren Eltern vorzustellen, verunsicherte sie. Sie hatte Respekt vor dieser Situation, doch sie wusste, dass sie alles tun würde, um ihren beiden wichtigen Menschen zu helfen.
Nachdem sie ihre Sachen gepackt hatte, machte sie sich auf den Weg ins Krankenhaus. Doch als sie dort Ivys strahlendes Lächeln erblickte, hellte sich ihre Stimmung merklich auf. Sie streichelte sanft über Ivys Wange, woraufhin das Mädchen sie mit einem glücklichen Lächeln ansah. Uli saß daneben, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, aber ihre Augen verrieten, wie erschöpft sie war.
„Sollen wir dann zu meinen Eltern?“, fragte Eva vorsichtig, während sie Uli ansah.
Uli nickte nur langsam, dann blickte sie zu Ivy. „Wir kommen später wieder, okay? Wir müssen noch etwas klären.“
Neugierig schaute Ivy zwischen den beiden hin und her. „Was denn?“, fragte sie, die Unsicherheit in ihrer Stimme nicht verbergend.
Uli zögerte, bevor sie antwortete: „Es geht um Evas Eltern.“
Ivy überlegte kurz und stellte dann eine Frage, die Eva und Uli für einen Moment sprachlos machte: „Ob ihr zusammen sein dürft?“
Ein kurzer Blick zwischen Eva und Uli, und ohne ein Wort war klar, dass Ivy mehr von der Situation verstand, als sie zunächst geglaubt hatten.
„Nein, Schatz“, antwortete Uli sanft und beruhigend. „Es geht darum, ob wir vorerst bei ihren Eltern einziehen können. Mach dir keine Sorgen, alles wird gut.“ Sie beugte sich zu Ivy und drückte einen zarten Kuss auf ihre Stirn, während sie leise flüsterte: „Alles wird gut.“
Danach drehte sie sich zu Eva und gemeinsam verließen sie das Krankenhaus.
In Schweigen gehüllt, gingen sie durch die kühle Luft in Richtung Evas Auto. Die Anspannung zwischen ihnen war fast greifbar, bis Eva schließlich das Schweigen brach. „Geht’s dir gut?“, fragte sie vorsichtig.
Uli atmete tief ein und antwortete, ihre Stimme leicht brüchig: „Ja… so gut, wie es einer Mutter eben gehen kann, die sich Sorgen macht.“
Eva blieb abrupt stehen, drehte sich zu Uli und sah sie mit einem ernsten Blick an. „Nein, Uli. Ich meine, wie geht es dir? Nicht als Mutter, nicht als Pflegerin, nicht als diejenige, die immer stark sein muss. Sondern dir, als Uli.“
Uli zögerte, vermied Evas Blick und schaute auf den Boden. „Ich weiß es nicht, Eva. Ehrlich. Das Wichtigste ist Ivy. Sobald ich mir sicher bin, dass es ihr gut geht, kann ich mich um den Rest kümmern.“
Eva schüttelte den Kopf und trat einen Schritt näher. Sie nahm Ulis Hand und hielt sie fest, als wolle sie verhindern, dass Uli sich wieder zurückzieht. „Vergiss nicht, dass du auch ein Leben hast. Du hast Bedürfnisse, Uli. Du musst auch mal an dich denken.“
Uli zog ihre Hand sanft zurück, seufzte und schaute Eva an. „Im Moment habe ich nur ein Bedürfnis, Eva: Dass meine Tochter gesund wird.“
Eva schluckte schwer und nickte schließlich, als die Worte in ihrer Kehle zu ersticken schienen. „Verstehe ich“, flüsterte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch. Doch als sie weitersprach, bebte ihre Stimme vor unterdrückter Emotion: „Und was ist mit uns, Uli? Mal küsst du mich, dann ignorierst du mich. Mal kuscheln wir, und im nächsten Moment drehst du dich weg. Du verletzt mich, und… ich kann mit so einer Unsicherheit nicht umgehen.“
Uli schloss die Augen, atmete tief ein und ließ den Atem langsam wieder entweichen. Sie wusste, dass es keine einfachen Worte waren, die sie nun finden musste. „Ich weiß es nicht, Eva“, sagte sie schließlich leise, ihre Stimme schwach, als ob das Gewicht ihrer eigenen Unsicherheiten sie fast erdrückte. „Ich bin nicht lesbisch. Ich habe dir das schon mal gesagt.“
„Aber der Sex…“ Evas Stimme zitterte, und die Unsicherheit in ihr war deutlich zu hören. „Ich dachte, er hat dir gefallen?“
„Hat er auch!“ Uli sah Eva jetzt direkt an, ihre Augen von einer unerbittlichen Ehrlichkeit durchzogen. „Es war wunderschön mit dir, Eva. Ich liebe es, mit dir zu kuscheln, ich liebe deine Nähe, und ich küsse dich gerne. Aber… mein Kopf ist im Moment einfach nur bei Ivy. Alles andere fühlt sich falsch an, solange sie so krank ist.“
Eva nickte langsam, das Gefühl von Enttäuschung und Schmerz wühlte in ihr, doch sie versuchte, es nicht zu zeigen. Sie war verletzt, mehr, als sie es in Worte fassen konnte, aber sie wollte keine Schwäche zeigen. „Verstanden“, sagte sie leise, die Worte wie eine Last, die sie nicht mehr loswerden konnte.
Die beiden stiegen schweigend ins Auto. Der Raum zwischen ihnen schien sich mit jeder gefahrenen Meile weiter zu verdichten, die Spannung beinahe greifbar, als würde sie einen dritten Passagier im Wagen darstellen. Keiner von ihnen wusste, was als Nächstes kommen würde, doch beide spürten, dass irgendetwas in der Luft lag – eine unsichtbare Barriere, die sie nur schwer überwinden konnten.
Als sie schließlich vor Evas Elternhaus hielten, blieb Uli einen Moment still und betrachtete das imposante Gebäude, das sich vor ihnen erhob. Das riesige Altbau-Einfamilienhaus wirkte fast erdrückend in seiner Größe und Eleganz. Uli, die sonst in eher einfachen Verhältnissen lebte, konnte sich ein erstauntes „Du bist ja nett aufgewachsen“ nicht verkneifen, als sie das stattliche Gebäude musterte.
Eva warf Uli einen kurzen Blick zu. „Materielle Dinge sind nicht wichtig. Glaub mir, das andere wäre viel wichtiger gewesen“, sagte sie mit einem Anflug von Ernst in der Stimme.
Ohne ein weiteres Wort öffnete sie die Autotür und stieg aus. Uli folgte ihr, und gemeinsam gingen sie zur Haustür. Als Eva klingelte, dauerte es nur einen Moment, bis die Tür geöffnet wurde. Ein älterer Mann stand in der Tür, und sein Gesicht hellte sich sofort auf, als er Eva erblickte.
„Äffchen! Was machst du denn schon wieder hier? Das ist ja schön!“, rief er erfreut.
Eva rollte leicht mit den Augen, doch ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. „Papa… das ist Uli“, stellte sie ihre Begleitung vor.
„Ah, hallo Uli“, sagte Evas Vater freundlich und reichte ihr die Hand. „Komm rein, es ist schön, dich kennenzulernen.“
Uli trat vorsichtig in das Haus und hielt kurz inne, während sie sich umsah. Der Eingangsbereich war beeindruckend. Ein riesiger Flur erstreckte sich vor ihr, mit einer eleganten Treppe, die in die nächste Etage führte. Die Räume waren weit und offen, die hohen Decken und die geschmackvolle Einrichtung ließen den Raum noch größer wirken. Es war alles so stilvoll, fast schon erdrückend in seiner Perfektion.
„Wow“, murmelte Uli leise, als sie mit den Augen über das Ambiente strich.
„Kommt, setzt euch“, sagte Evas Vater und führte die beiden in das Esszimmer. Der Tisch war so groß, dass er locker zehn Personen hätte fassen können. Uli fühlte sich unweigerlich fehl am Platz, ihre Unsicherheit war spürbar. Die opulente Umgebung und die höfliche, aber distanzierte Atmosphäre der Familie ließen sie sich klein und unauffällig fühlen.
Eva stellte Uli dann ihrer Mutter vor. Die Begrüßung war höflich, aber spürbar formell, als wäre die Situation für alle noch etwas ungewohnt. Das Gespräch begann langsam, fast steif, doch nach einer Weile, als alle gemeinsam Kaffee tranken, lockerte sich die Atmosphäre ein wenig.
Schließlich ergriff Eva das Wort, und die Worte, die sie so lange in ihrem Kopf getragen hatte, kamen nun heraus, ruhig, aber bestimmt. „Können wir hier einziehen? Mit Ulis Tochter?“ Ihr Blick suchte den von Uli, als wollte sie ihr versichern, dass alles gut werden würde. Uli, die den Blick erwiderte, atmete schwer ein und nickte fast unmerklich.
Evas Mutter runzelte nachdenklich die Stirn. „Und ihr Mann?“, fragte sie dann, ihre Neugier war unübersehbar.
Uli räusperte sich, bevor sie zu sprechen begann. „Er… muss arbeiten. Er kommt sehr selten. Jeremy…“ Sie hielt einen Moment inne, suchte nach den richtigen Worten. „Er kann das alles nicht verarbeiten. Es ist zu viel für ihn, Ivy so zu sehen.“
Evas Mutter beobachtete Uli mit einer Mischung aus Verständnis und Skepsis, bevor ihr Blick zu ihrem Mann wanderte. Eva spürte, dass der Moment nun entscheidend war. „Ivy braucht Ruhe, um Kraft zu schöpfen“, fügte sie schnell hinzu. „Hier hätten wir genug Platz. Oben könnten wir es uns einrichten – es gibt genug Schlafmöglichkeiten. Außerdem… könnte ich Papas altes Büro nutzen, um zu arbeiten.“
„Und Uli kann kochen!“, warf Eva fast schon beschwörend ein. „Das kann sie richtig gut. Und Mama, es wäre auch gut für deinen Rücken und dein Knie. Du müsstest dich um nichts kümmern.“
Evas Vater lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete die beiden Frauen, als ob er alle Facetten dieser Bitte abwägen wollte. Die Zeit schien stillzustehen, doch dann nickte er langsam und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Na gut. Willkommen zu Hause“, sagte er schließlich, und obwohl seine Worte einfach waren, war der Moment für Eva und Uli ein Wendepunkt. Es war die Erlaubnis, die sie brauchten, um weiterzumachen.
Ein spürbarer Hauch von Erleichterung durchflutete die Luft, als Evas Vater endlich zustimmte. Eva nickte zustimmend, und auch Uli schien ein wenig gelöster, als das Gewicht der Unsicherheit von ihren Schultern fiel. „Wir bringen in den nächsten Tagen unsere Sachen hierher“, erklärte Eva ruhig. „Und klären mit den Ärzten, wie es mit der Behandlung weitergeht.“
„Ich muss jetzt zurück zu Ivy“, sagte Uli schließlich, ihre Stimme leise, aber fest. „Sie soll nicht alleine sein.“
Eva begleitete sie. „Du bekommst dann mit Ivy das Gästezimmer“, sagte sie beiläufig, als sie Uli einen Blick zuwarf. „Und ich gehe in mein altes Zimmer.“
Uli blieb abrupt stehen und sah sie überrascht an. Ihre Miene war für einen Moment fragend, als ob sie nach der Bedeutung der Worte suchte. „Okay“, murmelte sie schließlich nach einer kurzen Pause, sichtlich irritiert von der Vorstellung. Dann wandte sie sich ab und ging, ohne ein weiteres Wort weiter.
Die kleine Küche der Wohnung roch nach frischem, selbstgemachtem Auflauf, als Eva eifrig die letzten Zutaten in eine Auflaufform schichtete. Die Atmosphäre war ruhig, fast friedlich, doch in Eva brodelte es. Sie öffnete eine Flasche Wein, füllte zwei Gläser und stellte sie auf den Tisch, um auf Uli zu warten. Der Wein sollte ihre Nerven etwas beruhigen. Doch bevor sie sich weiter mit den Gedanken über die kommende Zeit beschäftigen konnte, entschied sie sich, schnell unter die Dusche zu springen.
Kaum hatte sie das Badezimmer betreten, hörte sie die Haustür aufgehen und dann Schritte, die sich schnell in ihre Richtung bewegten. Bevor sie sich versah, stand Uli plötzlich vor der Dusche, die Tür einen Spalt weit geöffnet.
„Sorry“, sagte Uli hastig, ihre Stimme klang gehetzt. „Ich muss wirklich dringend.“
„Ähm… soll ich jetzt rauskommen, oder was?“, fragte Eva verblüfft, als sie die Situation realisierte.
„Ja, wäre gut. Ich kann echt nicht mehr einhalten.“ Uli warf einen Blick auf sie, fast schon etwas verlegen.
Eva verdrehte die Augen, öffnete die Duschtür, schnappte sich ihr Handtuch und trat schnell in den Flur. Der kalte Luftzug ließ sie frösteln, und während sie dort stand, hörte sie, wie Uli hinter ihr die Tür schloss. Doch dann, zu ihrem Erstaunen, hörte sie plötzlich das Rauschen der Dusche.
„Hä?“ Eva starrte ungläubig zur Tür. „Will die mich verarschen?“ Sie war noch immer in der Kälte des Flurs, während Uli offenbar die Gelegenheit nutzte, sich selbst eine Dusche zu gönnen.
Die Tür öffnete sich schließlich wieder, und zu Evas Entsetzen stand Uli nackt vor ihr, die Tropfen noch von ihrem Körper perlend. Eva schluckte schwer, versuchte sich zu sammeln und nicht auf die unerwartete, intime Situation zu reagieren.
„Ich frier mir hier alles ab, und du gehst in Ruhe duschen?“, fuhr Eva sie an, die Unverschämtheit der Situation spürbar in ihrer Stimme.
Uli grinste, ein freches Funkeln in den Augen. „Sorry, aber ich hab mich nach dem Krankenhaus echt dreckig gefühlt. Du hättest doch reinkommen können. Ist ja nicht so, als wäre dir mein Körper fremd.“ Sie ließ Eva stehen und ging selbstbewusst an ihr vorbei ins Schlafzimmer, ohne sich weiter um die Stimmung zu kümmern, die sie hinterließ.
Eva blieb einen Moment wie gelähmt stehen, und dann starrte sie die geschlossene Tür an, als könnte sie sie zwingen, die ganze Situation zu begreifen. Doch stattdessen atmete sie tief durch und folgte Uli ins Schlafzimmer.
Als sie das Zimmer betrat, fand sie Uli bereits in das Bett eingekuschelt, so, als ob sie tief schlafen würde. Sie tat so, als sei nichts gewesen. Ohne ein Wort legte sich Eva neben sie. Ihre Rücken berührten sich sanft, doch keiner der beiden sagte etwas. Das Bett war grade groß genug, aber das Gefühl der Distanz blieb, unausgesprochen und schwer zwischen ihnen.
Erst als Eva langsam in den Schlaf glitt, spürte sie, wie Uli sich leicht bewegte, einen tiefen Seufzer von sich gab und sich vorsichtig etwas zu ihr drehte. Doch auch in dieser kleinen Bewegung lag eine Unsicherheit, ein Zögern, das den Raum wieder füllte – wie ein stiller Versuch, Nähe zu finden, ohne Worte.
Einige Tage später
Die Distanz zwischen den beiden Frauen war nicht zu übersehen. Seit ihrem ersten und einzigen sexuellen Erlebnis schien Uli sich verändert zu haben – sie war verschlossener, abweisender. Eva bemerkte es in den kleinen, oft unmerklichen Gesten: das Zurückweichen, das Zögern, die Blicke, die immer wieder in eine andere Richtung wanderten. Eva fühlte sich verunsichert und überfordert von den wechselhaften Signalen, die sie von Uli empfing. Einerseits war da diese emotionale Nähe, die sie in den wenigen intimen Momenten zwischen ihnen spürte, andererseits war da auch eine spürbare Kälte und eine Unsicherheit, die sie immer wieder zurückstießen.
Um sich abzulenken, lud Eva ihre Freundin Ava auf einen Kaffee ein. Sie verbrachten einen entspannten Nachmittag zusammen, redeten über alles und nichts, lachten ein wenig und genossen die seltenen, ruhigen Momente. Doch während Eva sich bemühte, den Moment zu genießen, spürte Uli aus der Ferne eine unangenehme Eifersucht in sich aufsteigen. Der Gedanke, dass Eva mit Ava Zeit verbrachte, statt bei ihr, stach wie ein schmerzlicher Pfeil in ihr Herz. Doch statt sich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen, konzentrierte sie sich weiter auf Ivy, die nach wie vor ihre größte Sorge war. Die Eifersucht blieb unausgesprochen, ein weiteres schweres Gewicht in ihrem Inneren.
Als Ava und Eva gemeinsam in Ivys Zimmer gingen, wurde die Luft von einer zarten Freude durchzogen. Ivy, die schwach auf ihrem Bett lag, lächelte müde, doch das Lächeln war ehrlich. „Ivy darf nach Hause“, verkündete Ava mit einem leichten Strahlen, als sie die frohe Nachricht überbrachte.
„Oder eher zu meinen Eltern“, korrigierte Eva nervös und versuchte, den Enthusiasmus ein wenig zu bremsen. Doch in ihrer Stimme klang eine Unsicherheit mit, die sie nicht abschütteln konnte. Wie würde es werden, mit Uli und Ivy im Haus ihrer Eltern zu leben? Würde die Situation sich entspannen, oder war es ein Risiko, das sie eingingen?
„Das wird bestimmt schön“, sagte Ava, aber Eva spürte die Unsicherheit in ihren eigenen Gedanken. Das „schön“ klang nicht mehr so sicher wie früher. Sie war sich nicht sicher, was sie erwartete – das neue Zuhause, die neue Dynamik, die Unklarheit, wie Uli und Ivy sich dort einfügen würden.
Die drei packten die letzten Sachen zusammen, und der Moment des Aufbruchs war von einer nervösen Aufregung durchzogen. Eva konnte es spüren, wie sich die Luft zwischen ihnen verdichtete, schwer von unausgesprochenen Fragen. Uli, die sich mehr in sich zurückgezogen hatte, schien noch weiter in ihre Gedankenwelt eingetaucht zu sein. Die Spannung war fast greifbar, wie eine unsichtbare Wand zwischen ihnen.
Als sie schließlich bei Evas Eltern ankamen, nahm Eva Ivy behutsam an die Hand. Die kleine, zarte Hand von Ivy lag sanft in ihrer, und zusammen gingen sie zur Haustür. Die Bewegung war vorsichtig, die Atmosphäre gespannt. Eva öffnete die Tür, und sofort kamen ihre Eltern ihnen entgegen. Sie begrüßten Ivy herzlich, und Eva konnte förmlich spüren, wie sich der Druck in ihrer Brust ein wenig löste. Es war ein Moment der Erleichterung – Ivy würde nun unter den Augen ihrer Eltern sein, sie würde umsorgt, geliebt und in Sicherheit sein.
Eva atmete tief aus und führte Ivy in das obere Stockwerk, in das Zimmer, das sie für sie und Uli vorgesehen hatten. Es war ein großer, heller Raum, mit einem Doppelbett, das für ihre neue „Wohngemeinschaft“ vorbereitet war. Doch als sie zusammen die Treppe hochgingen, bemerkte Eva, dass Ivy, trotz der Freude, die sie mitbrachte, sichtbare Anstrengung zeigte. Jeder Schritt schien ihr schwerer zu fallen, und ihre Plüschtier war fest an ihre Brust gepresst, als ob es ihr Halt gab.
Eva öffnete die Tür zum Gästezimmer, das eher funktional als gemütlich wirkte, und ließ Ivy eintreten. Das Zimmer war geräumig, ausgestattet mit einem Doppelbett und einem Fernseher auf einer Kommode. Alles war ordentlich und ruhig, eine sachliche, fast schon klinische Einrichtung, die kaum von einer Hotelzimmerausstattung zu unterscheiden war.
„Wurde nicht oft genutzt“, dachte Eva mit einem kleinen Lächeln, das sie sich nicht verkneifen konnte. Für einen Moment wurde ihr die Absurdität dieser neuen Situation bewusst, aber das Lächeln war schnell wieder verschwunden, als sie die Müdigkeit in Ivys Augen sah. Es war nicht die Art von Raum, in dem sie sich geborgen fühlte, sondern eher ein neutraler Ort – ein Raum für Übergänge, für das, was noch kommen würde.
„Fühlt euch wie zu Hause!“, sagte Eva mit fester Stimme, mehr um sich selbst zu beruhigen als Ivy oder Uli. Doch ihre Worte klangen im großen Raum fast verloren. Es war eine Einladung in das Unbekannte.
Sie zeigte Uli, wo Bettzeug und Handtücher zu finden waren und erklärte, wie das Badezimmer funktionierte. Evas Zimmer war am Ende des Flurs, abgetrennt von dem Gästezimmer durch ungenutzte Räume und das Zimmer ihres Bruders – ein Glück, dass er nicht mehr zu Hause wohnte. Es fühlte sich fast wie eine andere Zeit an, ein anderes Leben, das nun mit all den Veränderungen neu befüllt werden musste.
Ivy hatte sich bereits ins Bett gekuschelt und begann, mit ihrem Tablet zu spielen. Uli hingegen stand noch am Fenster und blickte nachdenklich hinaus. Sie packte langsam ihre Taschen aus, als ob die Dinge in ihren Händen sie irgendwie zurückholen könnten – in eine ruhigere Zeit. Doch ihre Gedanken schienen weit weg, vielleicht bei Ivy, vielleicht bei all dem, was sie zu bewältigen hatte.
Eva, während sie ihre eigenen Sachen in ihren alten Kleiderschrank räumte, ließ ihre Finger über die vertrauten Regalbretter gleiten. Es war ein beruhigendes Gefühl, die Dinge an ihren gewohnten Platz zu legen, und doch kam eine Welle von Erinnerungen hoch. Sie konnte sich kaum helfen – ein kleines Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Es war seltsam, dieses Zimmer wieder zu betreten, den Raum, in dem ihre Kindheit und Jugend vergangen waren. Aber es war nicht mehr derselbe Raum.
Sie blickte auf das Bett, dann hinaus zum Fenster, wo der Dämmerhimmel sich langsam über die Welt legte. Die Farben des Himmels hatten sich schon verändert, und das Licht wurde gedämpft. Als sie sich umdrehte, hörte sie Schritte hinter sich. Doch sie drehte sich nicht sofort um, ließ sich Zeit, und blieb einfach ruhig stehen. Dann spürte sie eine Hand, die sanft ihre Hüfte berührte. Ein kleiner Schauer lief ihr über den Rücken, und ein zarter Hauch von Lächeln huschte über ihre Lippen.
„Ivy schläft“, flüsterte Uli, ihre Stimme leise und fast zögerlich. „Das war wohl alles ein bisschen viel Aufregung für sie.“
Evas Augen trafen die von Uli. Die Stille zwischen ihnen war nicht unangenehm, sondern vertraut. Sie sahen sich für einen Moment an, und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, nickten sie sich zu, als hätten sie eine stille Übereinkunft getroffen. Es war diese Mischung aus Nähe und Distanz, die sich in der Luft hielt.
„Soll ich etwas kochen? Oder einkaufen fahren?“, fragte Uli schließlich, die Leichtigkeit der Frage schien nicht ganz mit der Schwere des Moments übereinzustimmen.
„Nein, das mache ich. Du bleibst bei Ivy. Schreib mir einfach auf, was wir noch brauchen“, antwortete Eva ruhig. Es war eine klare Antwort, ein Versuch, eine gewisse Ordnung in den Tag zu bringen. Doch ihre Stimme klang weich, fast fürsorglich.
„Okay… aber wir wohnen doch schon hier“, sagte Uli dann, ein kleines Grinsen huschte über ihr Gesicht. Ihre Augen suchten Evas, als ob sie versuchte, ein Stück Leichtigkeit zurückzugewinnen.
Eva trat näher, ihre Haltung wurde plötzlich ernst. Sie stand fast direkt vor Uli, blickte ihr in die Augen, und ihre Stimme wurde fast ein Befehl. „Ich weiß, und ich auch. Also, schreib alles auf, was ihr braucht.“
Uli nickte, ohne zu widersprechen. Sie griff nach einem Stift und begann, einige alltägliche Dinge aufzulisten. Eva beobachtete sie dabei, ein leises, wissendes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Sie wusste, dass es nicht nur die üblichen Dinge sein würden, die Uli brauchte. Es war immer mehr, immer etwas anderes, das sie nicht so leicht benennen konnte. Doch Eva wollte es nicht sagen, wollte es nicht aussprechen. Es war ein Moment, in dem Worte nur unnötig gewesen wären.
Nachdem der Zettel voll ist, verlässt Eva das Zimmer, um zu ihren Eltern zu gehen, während Uli sich mit Ivy zurückzieht, um ein wenig Ruhe zu finden. Die Anspannung, die sich in der letzten Zeit aufgebaut hat, ist deutlich spürbar, und es scheint, als ob jeder in dieser momentanen Ruhe ein wenig Zeit für sich selbst braucht.
„Uli und Ivy brauchen Ruhe“, erklärt Eva, als sie ihre Eltern begrüßt. „Ich fahre noch einkaufen, vielleicht hilft es uns allen, den Kopf freizubekommen.“ Sie schließt die Tür hinter sich und steigt ins Auto.
Eine Stunde später kehrt Eva mit prall gefüllten Taschen zurück. Das Auto ist fast überladen, und die Kofferräume sind kaum zu schließen. Als sie aussteigt, schaut Uli von der Eingangstür aus, und Eva ruft ihr zu: „Komm, hilf mir mal!“ Uli eilt zu ihr, und gemeinsam fangen sie an, die Einkäufe ins Haus zu tragen. Dabei ist Uli erstaunt, wie Eva all das Zeug in den Wagen bekommen hat.
„Wie hast du das alles ins Auto bekommen?“, fragt sie ungläubig und schüttelt den Kopf.
„Ein junger Mann hat mir netterweise bei den Getränken geholfen“, erklärt Eva, während sie eine schwere Tüte anhebt.
Gerade in diesem Moment fährt ein Auto vor, und Evas Bruder Christian steigt aus. Eva winkt ihm zu, und als er näher kommt, stellt sie ihn Uli vor. Doch Christian mustert Uli mit scharfem Blick, was Eva sofort bemerkt.
„Vergiss es, Christian“, sagt Eva scharf, ihre Stimme klingt warnend. Sie hat die Blicke zwischen den beiden bemerkt – eine Mischung aus Neugier und Argwohn, und sie weiß, dass es nicht gut ist, wenn sich der Bruder in so einem Moment zu viele Gedanken macht.
Uli, die ruhig und gelassen bleibt, schüttelt nur den Kopf und schenkt ihm ein wissendes Lächeln. „Ich bin noch verheiratet“, sagt sie in einem Ton, der nicht ganz zu der Situation passen will.
„Noch…“, murmelt Eva leise und fast unhörbar, ihre Stimme zittert vor etwas, das sie nicht in Worte fassen kann. Ein Gefühl von Unsicherheit liegt in der Luft, und sie kann sich nicht wirklich erklären, was gerade in ihr vorgeht.
„Uli wollte für uns alle kochen. Willst du mitessen?“, fragt Eva ihren Bruder, um die Situation zu entschärfen. Sie hofft, dass das Essen wenigstens etwas Normalität zurückbringt, auch wenn die Stimmung zwischen den beiden angespannt bleibt.
„Klar, wenn du schon fragst“, antwortet Christian, doch sein Ton ist leicht spöttisch, als er Eva einen Blick zuwirft, der mehr sagt als Worte.
Die drei gehen in die Küche, wo sie die Einkäufe auspacken und wegräumen. Evas Eltern sitzen mittlerweile im Wohnzimmer, die Nachrichten laufen auf dem Fernseher. Doch Eva spürt, dass etwas nicht stimmt – besonders mit Uli. Es gibt eine Kälte in ihrer Haltung, eine Art Zurückgezogenheit, die Eva sofort auffällt.
Evas Handy klingelt. Sie zieht es aus der Tasche und sieht auf das Display. Eine Nachricht von Ava. Eva lächelt leise und tippt eine Antwort ein, aber als sie dabei aufblickt, merkt sie, dass Uli und Christian sie genau beobachten.
„Schon wieder eine neue Verehrerin, Eva?“, fragt Christian mit einem schiefen Grinsen. Es ist ein spöttischer, fast herausfordernder Ton, der zwischen den beiden zu schweben scheint.
„Nein, eine alte“, antwortet Eva knapp, und ihre Stimme ist scharf. Sie lässt die Worte mit Bedacht über ihre Lippen gleiten, während ihr Blick zu Uli wandert. Etwas in ihr spürt, dass es jetzt an der Zeit ist, zu klären, was zwischen ihr und Uli los ist, doch der Moment ist noch nicht gekommen.
Uli dreht sich hastig weg, als Evas Blick sie trifft. Es ist, als würde sie sich hinter einer Mauer aus Kälte und Distanz verbergen. Eva merkt sofort, dass etwas nicht stimmt. Uli wirkt anders – verschlossener als sonst. Es liegt eine Stille zwischen ihnen, die Eva tief spüren kann. Was geht in ihr vor? Was hat sich verändert?
Christian geht zurück ins Wohnzimmer zu den Eltern, während Eva bei Uli bleibt. Sie merkt, dass die Zeit gekommen ist, nachzufragen, doch sie zögert. Schließlich geht sie auf sie zu, während Uli noch mit den Einkäufen beschäftigt ist.
„Kann ich dir helfen?“, fragt Eva, ihre Stimme ist leise, fast besorgt. Sie tritt einen Schritt näher an Uli heran.
Uli überlegt kurz, dann nickt sie knapp, ohne Eva anzusehen. „Mach den Salat“, sagt sie leise und wendet sich wieder dem Herd zu, als wolle sie das Gespräch ganz bewusst ablenken.
Eva legt die letzten Einkäufe beiseite und atmet tief durch, als sie sich zu Uli dreht. Es fühlt sich an, als ob eine unsichtbare Wand zwischen ihnen steht, eine Barriere, die schwerer wird, je mehr sie darüber nachdenkt. Sie geht einen Schritt auf Uli zu, ihre Bewegung sanft, doch bestimmt. Als sie vor ihr steht, greift sie vorsichtig nach Uli’s Hüfte, dreht sie zu sich und blickt ihr in die Augen. „Ist alles in Ordnung zwischen uns? Du bist so distanziert und kalt“, fragt Eva, ihre Stimme fest, doch ein Hauch von Unsicherheit schwingt mit. Die Worte brennen auf ihrer Zunge, und sie hofft auf eine Antwort, die ihre Ängste zerstreuen könnte.
Uli blickt ihr für einen Moment in die Augen, doch es ist ein flüchtiger, fast gleichgültiger Blick. Sie nickt dann knapp, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, und wendet sich wieder dem Herd zu, als ob sie die Frage und die damit verbundene Spannung einfach ausblenden könnte. Kein Trost. Kein Lächeln. Eva steht einen Moment lang regungslos da. Ihre Gedanken wirbeln, die Frage, die sich in ihr breitmachte, bleibt unbeantwortet. Sie weiß, dass sie nicht weiter bohren kann, nicht ohne etwas zu erzwingen, was Uli nicht bereit ist zu geben. Es gibt Momente, in denen man sich einfach abwendet, weil man weiß, dass keine Antwort kommen wird.
Die Stille zwischen den beiden wird dichter, aber sie müssen weiterarbeiten. Beide bewegen sich durch die Küche, ihre Hände sortieren und stellen Dinge ab, doch keiner von ihnen spricht mehr. Die Luft ist schwer, und Eva kann den Schmerz nicht mehr ignorieren, der ihr im Brustkorb drückt.
Gerade als Eva sich darauf vorbereitet, das Gespräch endgültig abzubrechen, kommt Ivy in die Küche. Ihr Blick ist fragend, und sie scheint unsicher, was sie in dieser angespannten Atmosphäre tun soll.
„Alles in Ordnung, Ivy?“, fragt Eva, und ihre Stimme klingt weicher, als sie beabsichtigt hatte. Die Sorge, die sie für die kleine empfindet, drängt sich vor die Unsicherheit über ihre eigene Situation.
Ivy nickt, doch es ist ein zögerliches, fast entschuldigendes Nicken, das Eva noch mehr verunsichert. Uli schaut dann auf den Herd, als wolle sie sich sicher sein, dass nichts anbrennt. Dann richtet sich ihr Blick wieder auf ivy, und sie spricht: „Ich habe das Essen weniger gewürzt, wie Ava gesagt hat, damit du keine Probleme bekommst.“ Die Worte kommen ruhig, aber Ivy wirkt dabei fast ein wenig nervös.
Eva lächelt sanft, ein Versuch, die Situation zu entspannen. „Wenn du magst, kannst du dich schon mal hinsetzen“, bietet sie an, doch Ivys Haltung bleibt zurückhaltend. Sie scheint, als wolle sie vermeiden, noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
„Komm, wir setzen uns zusammen. Ist das in Ordnung?“, fragt Eva dann, und ihre Stimme klingt diesmal viel einladender, fast beruhigend. Sie spürt, wie Ivy sich ein wenig sträubt, aber gleichzeitig auch ein Bedürfnis nach Nähe in ihr selbst aufkeimt. Eva nimmt Ivys kleine, zarte Hand in ihre, als ein stilles Angebot, ihr den Raum zu geben, sich sicher zu fühlen.
Ivy lässt sich führen, ihre Hand warm und vertraut in Evas. Als sie gemeinsam in Richtung Wohnzimmer gehen, bleibt Eva ruhig und spürt, wie sich Ivys Körper ein wenig entspannter an ihren anlehnt. Sie setzen sich auf das Sofa, und Ivy drückt sich eng an Eva, als suche sie Schutz, als würde sie sich in dieser Nähe ein wenig vor der Welt verstecken wollen. Die Nähe zwischen den beiden, die Eva immer noch verspürt, bleibt, doch es ist ein anderer Raum, der sich öffnet. In diesem Moment ist es Ivys Nähe, die Eva Trost zu spenden scheint.
Ivy schaut vorsichtig um sich, als sei sie unsicher, wo sie wirklich hingehört. Ihre Augen huschen über die Möbel im Wohnzimmer, als könnte sie nicht entscheiden, ob sie sich wirklich zuhause fühlt. Eva spürt dieses Zögern und legt einen Arm um sie, als wollte sie ihr zeigen, dass sie hier sicher ist. In diesem Augenblick gibt es nur sie beide, und es fühlt sich an, als könnten die Scherben, die überall liegen, zumindest für einen kurzen Moment in der Stille verblassen.
Die Gespräche um Eva beginnen allmählich zu fließen, als die anderen sich immer mehr in das Gespräch vertiefen. Doch für Eva ist die Welt in diesem Moment kleiner, eingeschränkter auf die Person, die an ihrer Seite sitzt. Sie hält Ivy fest im Arm, als wollte sie ihr das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben. Die Anspannung, die sie selbst noch immer fühlt, lässt langsam nach, und sie findet Trost in der Nähe von Ivy, die, obwohl sie selbst zart und verletzlich wirkt, in dieser Nähe ebenfalls eine Art von Ruhe ausstrahlt.
Plötzlich spürt Eva einen leichten Druck an ihrer Seite. Ivy piekst sie sanft in die Rippe. Eva dreht sich zu ihr und sieht ein schüchternes Lächeln auf Ivys Gesicht. Es ist ein fast scheues Lächeln, als ob Ivy sich für ihre Bitte entschuldigen möchte, bevor sie fragt: „Darf ich an deinem Handy spielen?“
Eva lächelt leicht und nickt. „Klar, hier“, sagt sie und reicht Ivy ihr Handy. Sie beobachtet Ivy dabei, wie sie sich mit dem Gerät beschäftigt. Während sie das tut, spürt Eva, wie sich ihre eigene Brust bei der sanften Berührung von Ivys Hand gegen ihren Körper beruhigt. Es ist ein Moment des Trostes, des ruhigen Nebeneinanders, das Eva hilft, die eigene Unruhe zu mildern. Sie zieht Ivy noch ein Stück näher an sich, ihre Umarmung vorsichtig, aber gleichzeitig schützend. In diesem Moment fühlt Eva sich stark und fürsorglich, als könnte sie alles abwehren, was sie ängstigt.
Ein paar Minuten später fragt Evas Bruder Christian, als er sich den anderen zuwendet: „Wie machst du das eigentlich mit der Arbeit, Eva? Wissen die, dass du hier bist?“ Seine Stimme ist neugierig, aber nicht direkt kritisch, auch wenn der Unterton Fragen aufwirft.
Eva atmet tief durch, die Frage ist verständlich, aber sie lässt sich nicht beirren. Der Moment fühlt sich ruhig und ehrlich an, wie eine seltene Gelegenheit, in der alle Zweifel für eine kurze Zeit verschwinden. „Ja, sie wissen, dass ich hier bin und mich kümmere. Telefontermine und alles Wichtige kann ich am Laptop erledigen. Die Termine vor Ort übernimmt ein Kollege“, erklärt sie ruhig, ohne Hast, so als würde sie auch sich selbst versichern, dass sie alles im Griff hat.
Gerade als Christian wieder zurück in das Gespräch vertieft ist, ruft Uli aus der Küche: „Das Essen ist fertig!“ Es ist eine willkommene Ablenkung, und alle sehen sich erwartungsvoll um. Eva steht auf und Ivy folgt ihr sofort. Sie geht zuerst und lässt Ivy einen Schritt hinter sich, während sie sich einen Platz am Tisch sucht. Eva setzt sich gegenüber von Uli, und Ivy nimmt ihren Platz neben Uli ein.
Uli stellt Ivy einen Teller vor die Nase – wenig gewürzt, wie versprochen. „Gemüse mit Kartoffelbrei“, sagt sie knapp, als sie auf den Teller zeigt, eine ruhige, pragmatische Geste. Es ist keine besondere Bemerkung, doch für Eva fühlt es sich an wie ein stiller Ausdruck der Fürsorge, auch wenn die Worte nicht besonders warm sind.
Die Stille zwischen Eva und Uli bleibt bestehen, als sie sich einen Moment lang in die Augen sehen, ohne etwas zu sagen. Es ist eine schwere Stille, die sich wie ein unsichtbares Band um sie beide legt, aber sie ist auch vertraut. Es ist die Art von Stille, die sie kennen, auch wenn sie nicht mehr wissen, wie sie damit umgehen sollen. Die beiden essen weiter, jeder in seiner eigenen Welt, aber gleichzeitig auch verbunden durch die gemeinsame Nähe. Es gibt keine Worte, keine Erklärungen, nur die einfache Tatsache, dass sie zusammen sind.
Die Atmosphäre bleibt ruhig, fast zu ruhig, bis plötzlich das Klingeln der Türglocke den Raum durchbricht. Alle blicken sich fragend an, als der Klang der Glocke eine gespannte Stille über den Raum legt.
„Ich geh schon“, sagt Christian schließlich, steht auf und geht zur Tür. Als er die Tür öffnet, hört man eine vertraute Stimme, die den Raum durchdringt: „Guten Abend.“
„Ava!“, ruft Eva überrascht, aber auch mit einer gewissen Freude, als sie aufsteht und zu der Tür geht. Sie begrüßt Ava herzlich, doch in ihrem Blick liegt auch eine Spur von Überraschung, fast ein Hauch von Verwirrung. „Was machst du hier?“ Ihre Frage ist ehrlich, aber auch unbewusst von einer gewissen Unsicherheit durchzogen.
„Ich wollte sehen, wie es meiner Patientin geht“, antwortet Ava mit einem leichten, aber freundlichen Lächeln, das die Raumtemperatur sofort verändert. Es ist die Art von Lächeln, das sowohl Vertrautheit als auch eine unterschwellige Distanz erzeugt, als ob sie selbst nicht ganz sicher ist, wie sie sich in diesem Moment verhalten soll.
Evas Eltern reagieren auf Avas Anwesenheit mit wenig Begeisterung. Ihre Mienen verraten ein unübersehbares Unbehagen, und Eva merkt sofort, dass die Atmosphäre in der Wohnung sich verändert. Uli beobachtet das Treffen ebenfalls mit Argwohn. Sie sieht die Blicke zwischen Eva und Ava, bemerkt die zufälligen Berührungen und den Ton in ihren Stimmen. Es ist, als würde Uli eine unsichtbare Grenze zwischen den beiden spüren, eine Grenze, die ihr selbst noch nicht ganz bewusst ist, aber die sie zunehmend wahrnimmt.
„Setz dich doch“, sagt Eva schließlich, ihre Stimme bemüht ruhig, während sie auf den freien Platz neben Ivy deutet. Es ist ein Versuch, die Situation zu entspannen, doch Eva weiß, dass der Moment mehr verändern wird, als sie in diesem Augenblick erahnen kann.
Ava nimmt Platz und ihre Augen wandern sofort zu Ivy. Mit einer sanften Stimme fragt sie: „Schmeckt dir das? Oder hast du Schmerzen beim Schlucken?“ Es ist eine fürsorgliche Frage, die Ivy gerne beantwortet: „Nein, das geht“, sagt sie mit einem Lächeln, das ihre Augen zum Leuchten bringt. Ivy scheint sich in Avas Nähe wohlzufühlen, was Uli auffällt. Sie beobachtet die beiden still, während sie bemerkt, wie die Beziehung zwischen Ava und Ivy immer lockerer und vertrauter wird. Gleichzeitig spürt Uli die Entfremdung, die sich zwischen ihr und Eva breitmacht – eine Stille, die sie nicht benennen kann, aber die in der Luft hängt.
Ivy bekommt als Nachtisch Joghurt mit Obst. „Ich bin satt, Mama“, sagt sie und streichelt sich über den Bauch, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
„Ja, dann isst du es später“, antwortet Uli, ihre Stimme ruhig und pragmatisch.
„Oder Eva isst es“, sagt Ivy mit einem schelmischen Grinsen, während sie mit einem Blick auf den Joghurt schielt.
Eva blickt Ivy überrascht an. „Warum ich?“
„Weil du nie isst“, sagt Ivy einfach, ohne Zögern.
Eva verdreht die Augen. „Ich esse genug, glaub mir“, sagt sie halb belustigt, halb genervt.
Ava schaltet sich ein, ein spitzbübisches Grinsen auf den Lippen. „Da ich nicht deine Ärztin bin, muss ich dir keinen Vortrag halten“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Eva und Uli räumen den Tisch ab, aber die Atmosphäre bleibt angespannt. Die Luft scheint immer dichter zu werden, und Uli kann das Gefühl nicht abschütteln, dass sich zwischen ihr und Eva eine Kluft aufbaut. Ohne es wirklich zu wollen, spürt Uli, dass sie durch Avas Anwesenheit ein wenig mehr außen vor ist.
Eva, die die Spannung zwischen ihnen wahrnimmt, fragt herausfordernd: „Willst du noch mit hochkommen?“ Sie sieht dabei zu Ava, ihre Stimme hat einen kleinen, provokativen Unterton.
„Wenn ich nicht störe“, fragt Ava in die Runde, ihre Augen ruhen einen Moment auf den anderen.
Ivy schüttelt den Kopf. „Nein, du störst nicht“, sagt sie mit einem Lächeln, das irgendwie beruhigend wirkt.
Die vier gehen nach oben, und Ivy, zufrieden mit der Situation, nimmt ihr Tablet und beginnt zu spielen. Währenddessen sitzen die Erwachsenen zusammen und das Gespräch geht weiter, doch Uli fühlt sich zunehmend fehl am Platz. Es ist, als wäre sie das fünfte Rad am Wagen, als gehöre sie nicht dazu. Ihre Gedanken kreisen um die stillen Blicke zwischen Eva und Ava und die unterschwellige Spannung, die immer noch zwischen ihr und Eva schwebt. Uli weiß nicht, ob es die Blicke sind, die nicht zu ihr gehören, oder die Worte, die unausgesprochen bleiben – aber es gibt eine Distanz, die sie nicht leugnen kann.
Und während sie an dem Tisch sitzt und die Gespräche um sie herum weiterfließen, fragt sich Uli, wie lange sie noch der stille Beobachter dieser Beziehung bleiben kann.
Uli steht abrupt auf, als würde sie den Raum und die Situation nicht länger ertragen können. „Ich geh rüber. Schönen Abend euch“, sagt sie mit einer Stimme, die etwas schroff klingt. Ohne ein weiteres Wort verlässt sie den Raum und lässt die beiden zurück, als wolle sie sich aus der immer schwerer werdenden Atmosphäre herausziehen.
Ava sieht ihr nach, ihre Augen ruhen für einen Moment auf Evas Gesicht, als ob sie versuchte, mehr zu verstehen. Dann dreht sie sich zu Eva und fragt mit einem neugierigen Blick: „Was ist denn da los?“
Eva atmet tief ein, als wolle sie die aufgestaute Spannung aus ihren Lungen lassen. Ihre Schultern sinken, als sie mit einem leichten Seufzen antwortet: „Ich hab keine Ahnung. Wir waren im Bett, und seitdem behandelt sie mich wie Luft. So schlecht bin ich eigentlich nicht.“ Ihre Worte klingen scharf, als versuche sie, sich selbst zu rechtfertigen, aber der Schmerz, der in ihrer Stimme mitschwingt, ist nicht zu überhören.
Ava schaut sie ruhig an, ihre Augen spiegeln einen Hauch von Mitleid wider, doch sie sagt nichts. Sie weiß, dass Eva es selbst nicht ganz versteht, dass auch sie keine einfachen Antworten auf diese Art von Frage haben kann. Die Luft zwischen ihnen bleibt angespannt, das ungelöste Rätsel schwebt weiterhin ungesprochen zwischen den beiden.
Dann lacht Ava leise, ein sanftes Lächeln auf den Lippen, das fast nachsichtig wirkt. „Nein, das bist du nicht, Eva. Vielleicht weiß sie einfach nicht, wie sie alles verarbeiten soll. Oder sie hat Angst vor ihrem Mann. Man weiß nie, was Frauen denken oder fühlen. Außer, du sprichst mit ihr.“
Die Worte treffen Eva, und sie nickt langsam. Ava hat recht – Kommunikation könnte der Schlüssel sein, aber irgendetwas in Eva hält sie zurück. Ein Teil von ihr fühlt sich, als würde sie in einem Netz aus unausgesprochenen Gefühlen und Fragen gefangen sein, und sie weiß nicht, wie sie da wieder herausfinden soll.
„Schauen wir mal, wie es weitergeht“, sagt Eva nach einer kurzen Pause, ihre Stimme ruhig, aber nicht überzeugt. Sie redet weiter mit Ava, doch die Gespräche fühlen sich unvollständig an, als wäre etwas zwischen ihnen beiden nicht ganz in Ordnung. Schließlich verabschiedet sich Ava, und Eva bleibt allein zurück, in ihren Gedanken versunken.
Sie geht ins Bad und bereitet sich für die Nacht vor, doch die Anspannung bleibt, als ob sie in der Luft hängt. Als sie sich schließlich ins Bett legt, fühlt es sich nicht wirklich nach Ruhe an – als ob etwas Unausgesprochenes zwischen ihr und Uli noch nicht geklärt ist. Kaum hat sie die Augen geschlossen, öffnet sich die Tür.
„Bist du alleine?“, fragt Uli leise, ihre Stimme trägt eine Schüchternheit in sich, die Eva sofort bemerkt.
„Ja, natürlich“, antwortet Eva, auch wenn ihre Stimme einen Hauch von Zögern verrät, als hätte sie den Moment schon erwartet, aber dennoch nicht ganz bereit für ihn.
Uli steht einen Moment lang unschlüssig in der Tür, als ob sie nicht sicher ist, was sie tun soll. Dann geht sie auf Eva zu und fragt fast schüchtern: „Darf ich bei dir schlafen?“
Eva hebt kommentarlos die Decke an, und Uli rutscht wortlos zu ihr ins Bett. Die Stille zwischen ihnen ist angenehm, doch gleichzeitig spürt Eva eine Welle von Nähe und unausgesprochenem Verständnis. „Danke, Eva“, flüstert Uli, ihre Stimme weich und dankbar, als sie sich eng an Eva kuschelt.
„Gute Nacht“, flüstert Eva ihr ins Ohr, die Wärme von Uli spürend, während sie sich an sie anlehnt. Es ist ein Moment der Nähe, und Eva schließt die Augen, fühlt sich gleichzeitig beruhigt und verwirrt.
Uli dreht sich zu ihr, ihre Augen suchen Evas. „Gute Nacht“, sagt sie sanft, bevor sie sich etwas näher an Eva schmiegt und ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gibt. Es ist ein zarter, fast unbemerkter Kuss, doch er trägt viel mehr Bedeutung als Worte es könnten. Beide liegen still, ihre Körper in einem stillen Einklang, und Eva atmet tief den Duft von Uli ein – vertraut, beruhigend. Es ist ein Moment der Ruhe, doch tief in Eva brodelt die Frage: Was wird nach dieser Nacht kommen?
Am nächsten Morgen erwacht Eva mit Ivy in ihren Armen. Der Raum ist still, nur das sanfte Licht des Morgens dringt durch das Fenster. Eva blinzelt, sieht kurz zu Ivy, die in ihren Armen schläft, und spürt für einen Moment den sanften Druck ihres Körpers. Ivy, so ruhig, so unschuldig. Eva schließt für einen Moment die Augen, der Kopf noch schwer von der Nacht, in der die Nähe zu Uli eine andere Bedeutung bekommen hatte. Doch der Gedanke verblasst, als sie sich auf Ivy konzentriert. Ihre kleine Hand liegt fest in ihrer, als wäre sie ein Teil von ihr, und für Eva gibt es keinen Moment der Verwirrung – nur eine tiefe Zuneigung.
Uli ist schon auf. Der Duft von Kaffee zieht durch das Haus, begleitet von den leisen Geräuschen aus der Küche. Sie spricht mit Evas Mutter, und ihre Stimme ist ruhig, fast nüchtern, als sie eine Frage stellt, die Uli längst hätte vergessen können.
„Warum meldet sich ihr Vater nicht? Warum fragt er nicht nach Ivy?“
Uli hört der Frage zu, dann antwortet sie in einem Ton, der keinerlei Zweifel lässt: „Er wird sich nicht melden. Und ich werde es auch nicht tun.“ Es gibt keine Wut in ihrer Stimme, nur eine Gewissheit, die sie in sich trägt.
Im Badezimmer ist es ruhig. Eva und Ivy stehen vor dem Spiegel, Ivy dreht sich neugierig um, als sie die Bewegung von Eva beobachtet. Eva grinst, als sie sieht, wie ivy versuchte, sich wie sie zu bewegen – ein kleiner Versuch, groß zu sein. Sie beugt sich vor und küsst Ivy sanft auf die Stirn.
„Du bist ein richtiger Frechdachs heute Morgen“, sagt Eva, aber ihre Stimme ist voller Liebe, so dass Ivy sich nicht davon abhalten lässt, zurückzuwinkeln und in ihr Gesicht zu grinsen.
Gemeinsam gehen sie hinunter zum Frühstückstisch, wo Uli bereits sitzt, ihre Mutter daneben. Der Moment ist eine ungewohnte Routine, doch zwischen Uli und Eva bleibt eine Spannung spürbar, ein unausgesprochenes Band, das seit der Nacht immer intensiver geworden ist. Eva geht direkt zu Uli, ein Lächeln auf ihren Lippen, und gibt ihr einen kurzen, fast schelmischen Kuss auf die Wange. Ihre Augen treffen sich, und in der Luft liegt ein Knistern, das schwerer ist als alle Worte.
„Na, wie habt ihr geschlafen?“, fragt Uli, ihre Stimme klingt leicht, aber ihre Augen verraten mehr.
„Gut“, antwortet Eva, ein Lächeln, das mehr sagt als die knappen Worte.
Uli reicht ihr die Tasse Kaffee. Eva nimmt sie an, das Dankeschön in ihrem Blick, das keine Worte braucht. Sie fühlt sich zu Hause, und dennoch fühlt es sich auch anders an, als je zuvor.
„Ich geh ins Büro“, sagt Eva dann, als sie sich von der situation löst und sich zur Tür dreht. „Falls mich jemand sucht, aber ich denke, ihr kommt gut ohne mich klar.“
„Ja, wir kommen klar“, antwortet Uli ruhig, aber ihre Augen folgen Eva, als diese sich entfernt. Es bleibt eine Frage in der Luft, die weder laut ausgesprochen noch ganz verstanden wird. Doch sie hängt da – zwischen den beiden Frauen, die sich einander näherkommen und doch einen Schritt zurückzutreten scheinen, als ob sie sich immer noch vorsichtig an das Unbekannte herantasten.
Ivy, inzwischen völlig aufgetaut, isst fröhlich weiter, und es scheint, als habe sie sich in diesem neuen Zuhause schnell zurechtgefunden.
Eine Woche später fühlt sich der Ort viel heimischer an. Es ist, als wäre alles an seinen Platz gefallen. Eva arbeitet täglich, und Uli hat ihren eigenen Rhythmus gefunden.
An einem Tag, als Eva gerade in ein Telefongespräch vertieft ist, tritt Uli ins Büro. Sie stellt den Kaffee ab und geht dann leise zu ihr. Eva blickt auf, sieht Uli, ihr Lächeln ist warm, doch ein wenig zurückhaltend, als sie ihre Hand in der ihren spürt.
Uli wartet einen Moment, beobachtet sie still, während sie weiter spricht. Als Eva auflegt, zieht sie Uli sanft zu sich, legt ihre Hand auf ihren Arm und blickt sie dann mit einem Blick an, der tiefer geht als alle Worte.
„Setz dich“, sagt Eva leise, ihre Stimme weich, aber fest.
„Auf dich?“ Uli fragt halb im Scherz, aber es ist auch ein Versuch, die Anspannung, die zwischen ihnen steht, zu zerstreuen.
Eva schüttelt den Kopf, ein kleines, geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen. „auf mich, Uli. Setz dich einfach. Ich möchte dich bei mir haben.“
Uli bleibt kurz stehen, die Worte haben Gewicht, und sie spürt die Bedeutung dessen, was nicht ausgesprochen wird. Doch Eva lässt nicht locker. „Komm. Bleib hier bei mir.“
Uli setzt sich schließlich, das Unbehagen in ihr weicht einem zarten Gefühl von Vertrautheit, das sie bisher nicht zugelassen hat. Die Zuneigung, die Eva in ihren Blicken trägt, in jedem ihrer Worte und Bewegungen, lässt Uli langsam erkennen, dass hier etwas wächst, was sie nicht geplant hatte. Und doch fühlt es sich richtig an.
Eva nickt, ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen, das tief in ihren Augen funkelt. Ihre Hand gleitet mit einer fast spürbaren Anziehung um Ulis Hüfte, zieht sie behutsam näher. „Ich würde dich gerne auf ein Date einladen“, flüstert sie, ihre Stimme zart und doch von einer unmissverständlichen Sehnsucht durchzogen, die den Raum zu füllen scheint.
Uli schaut sie überrascht an, ihre Augen weit, der plötzliche Vorschlag bringt einen Hauch von Unsicherheit. „Und Ivy?“, fragt sie zögerlich, als könnte sie den Moment noch nicht ganz fassen.
Eva lächelt sanft und ihre Antwort ist ruhig, aber bestimmt. „Ivy kann mitkommen, wenn sie möchte, oder sie bleibt bei meinen Eltern. Sie verstehen sich doch mittlerweile so gut, und wir könnten uns trotzdem einen schönen Abend machen.“
Uli bleibt für einen Augenblick in Gedanken versunken, die Worte hallen in ihrem Inneren wider, während sie Eva tief in die Augen schaut. Dann, als ihre Blicke sich unweigerlich treffen, spürt sie eine Welle der Nähe, die sie nicht länger zurückhalten kann. Langsam beugt sie sich zu Eva hinunter, ihre Lippen finden die ihren in einem Kuss, der so leidenschaftlich ist, dass es fast scheint, als wollten sie in diesem einen Augenblick all die unausgesprochenen Gefühle miteinander vereinen. Doch bevor dieser Moment sich weiter entfalten kann, geht die Bürotür mit einem leisen Quietschen auf, und plötzlich steht Ivy dort, mit einem frechen Grinsen auf den Lippen.
„Ach, hier bist du, Mama“, sagt sie fröhlich und schaut zwischen den beiden Erwachsenen hin und her. „Darf ich auch auf Evas Schoß?“ Sie kichert, ihre Unschuld verleiht der Szene eine unerwartete Leichtigkeit.
Eva öffnet ihre Arme, ein Lächeln umspielt ihre Lippen. „Komm her, Schatz“, sagt sie liebevoll und zieht Ivy an sich, sodass das Mädchen sich bequem auf ihren Schoß setzt. Ivy kuschelt sich ein, als sei dies der natürlichste Ort der Welt. „So ist es schön“, flüstert sie verträumt und wirft einen Blick zu den beiden Frauen, als ob sie ihre Zuneigung im Raum spüren könnte.
Eva hält Ulis Blick, tief und intensiv. Ihre Augen sprechen mehr als Worte, und in diesem Moment verstehen sie einander, auf eine Art und Weise, die Worte niemals einfangen könnten. „So ist es wunderschön“, sagt Eva leise, ihre Stimme voller Wärme und Zärtlichkeit.
Ivy scheint die Atmosphäre zu bemerken, doch anstatt sich der stillen Spannung hinzugeben, springt sie plötzlich auf und hüpft zur Tür. „Ich geh mal wieder spielen. Tschüss!“ Sie verschwindet mit einem schnellen Schritt aus dem Raum und schließt die Tür hinter sich.
Der Raum wird wieder still, und Eva wendet sich ganz und gar Uli zu. Ihre Hand streift sanft über Ulis Gesicht, als wollte sie jeden Zug, jedes Gefühl in ihr festhalten. Dann, mit einer Bewegung, die zärtlich und zugleich voller Verlangen ist, küsst sie sie. „Ich liebe dich, Uli“, flüstert sie, ihre Stimme kaum mehr als ein hauchzarter Atem. „Sag mir endlich, wo ich dran bin.“
Uli spürt die Intensität der Worte, und in diesem Moment scheint die Welt um sie herum stillzustehen. Ihre Augen suchen Evas, und als sie die Frage in ihren Augen liest, die Frage, die mehr ist als nur Worte, erwidert sie den Kuss. Ihre Hände finden Evas Hals, ziehen sie näher, bis die Grenze zwischen Nähe und Verlangen verschwimmt. Die Zärtlichkeit in diesem Kuss ist überwältigend, doch genauso wie der Kuss sich vertieft, wird dieser Moment abrupt unterbrochen – die Realität kehrt zurück, und die Welt draußen wartet wieder.
Das klingeln von Evas Handy unterbricht den Moment. Uli verdreht genervt die Augen, das störende Geräusch ruft eine kurze Welle der Frustration in ihr hervor. Doch Eva bleibt ruhig, fast gelassen, und löst sich sanft aus ihrer Umarmung, um ans Telefon zu gehen.
„Das Hotel“, erklärt sie, ihre Stimme ruhig, als wolle sie die Stille des Raumes bewahren. „Ja, kein Problem, ich komme vorbei, dauert nur etwas. Bin morgen da.“ Sie legt auf, der Moment der Unterbrechung verblasst, als sie wieder zu Uli zurückblickt.
Ein geheimnisvolles Lächeln spielt auf ihren Lippen, und sie zieht Uli sanft zurück in ihre Nähe. „Lust auf einen Ausflug nach Hause? Oder wollt ihr hier bleiben?“ fragt sie, die Frage klingt fast wie ein sanfter Vorschlag, eine Einladung, das gemeinsam zu entscheiden.
Uli denkt nach, ihr Blick wandert kurz zu den Gedanken, die noch im Raum hängen. Sie spricht nachdenklich, ihre Stimme weich, aber bestimmt. „Vielleicht sollten wir mit, damit Ivy sieht, wie Jeremy es aufnimmt. Es ist besser, sie ist dabei, wenn es klärende Gespräche gibt.“
Eva nickt zustimmend, als ob sie bereits genau weiß, wie wichtig es für Uli ist. „Ja, das klingt gut. Es ist besser so, und es gibt uns auch die Möglichkeit, die Dinge in Ruhe zu regeln.“
Für einen Moment ist es still, nur das leise Rascheln ihrer Kleidung und der sanfte Atem der beiden Frauen sind zu hören. Uli zieht Eva noch etwas enger an sich, als ob sie die Nähe so lange wie möglich festhalten möchte. Dann, fast zögerlich, aber von etwas, das tief in ihr brennt, fragt sie leise: „Sind wir jetzt zusammen, Eva?“
Ihre Stimme ist sanft, doch es schwingt eine gewisse Unsicherheit mit. „Ich will nichts Lockeres. Ich muss mich sicher fühlen, dass du immer für Ivy und mich da bist.“ Die Worte wirken wie eine Bitte, eine Nachfrage, die die Tiefe ihrer Gefühle widerspiegelt, aber auch die Angst, sich verletzlich zu machen.
Eva hält inne, ihre Augen verschließen die Welt um sie herum und fokussieren sich ganz auf Uli. In ihren Augen brennt ein klarer Entschluss, eine unerschütterliche Überzeugung. Sie beugt sich vor, ihre Hand streicht sanft über Ulis Gesicht, ihre Berührung ist warm, beruhigend, als wolle sie die Unsicherheit, die noch in der Luft liegt, vertreiben. „Und wie ich für euch da sein werde, wann immer ihr mich braucht“, sagt sie mit fester Stimme. „Ich will nichts anderes mehr, als euch in meinem Leben zu haben. Egal, welche Hürde noch kommt, du kannst dich auf mich verlassen. Ich bin hier, für dich, für Ivy – immer.“
Uli atmet tief durch, ihre Augen halten sich, und in diesem Moment fühlen sie, dass keine weiteren Worte nötig sind. Es ist ein Versprechen, ein stilles Verständnis, das durch den Raum zieht.
„Wie lange bleiben wir in Schwerin?“ fragt Uli schließlich, ihre Stimme jetzt wieder klar, fokussiert. „Ivy und ich müssen dann bei dir schlafen. Und ich kann die Scheidung einreichen und einen neuen Krankenschein holen, bis Ivys Behandlung abgeschlossen ist.“
Eva nickt und zieht dabei eine leicht verspielte Schnute. „Ja, das klingt gut. Wir werden alles regeln“, sagt sie, als ob sie das Gewicht der Verantwortung, das sie gemeinsam tragen, in diesem Moment mit einer Selbstverständlichkeit annimmt.
Uli sieht sie an und küsst sie erneut, sanft, aber mit einer Leidenschaft, die ihre unaufhörliche Nähe verlangt. Ihre Lippen trennen sich nur widerwillig, und Uli flüstert mit einem verführerischen Lächeln: „Mmmhm, ich krieg nicht genug von dir.“ Die Worte klingen wie ein Versprechen, ein Verlangen, das in der Luft zwischen ihnen schwebt.
Doch dann blickt Eva auf die Uhr, und der Moment wird von einer pragmatischen Erkenntnis unterbrochen. „Aber wir sollten packen, damit wir los können. Meine Chefs haben sich angekündigt.“ Der Realität des Alltags gegenüber ist niemand gefeit, und Uli erhebt sich von Evas Schoß, um die Vorbereitungen zu treffen.
Sie geht zu Ivy, die immer noch in den Spiegel starrt, eine leichte Unsicherheit in ihren Augen. Die kahlen Haare, die das Mädchen so sehr beschäftigen, sind ein sichtbares Zeichen für etwas, das noch nicht vollständig verarbeitet ist. Ivy sagt leise: „Ich mag es nicht, dass alle sehen, dass ich keine Haare habe.“ Die Worte sind ein stiller Ausdruck ihrer Ängste und Unsicherheiten.
Uli geht behutsam zu ihr, ihre Augen weich und verständnisvoll. Sie beugt sich zu Ivy und streichelt ihr sanft über den Kopf. „Schatz, du setzt einfach deine Mütze auf, und dann wird niemand merken, dass du keine Haare hast. Und sie wachsen auch wieder nach. Glaub mir.“ Ihre Stimme ist ruhig und beruhigend, und ihre Hand gleitet weiter sanft über Ivys Kopf, als wolle sie ihr mehr Sicherheit geben. In dieser zärtlichen Geste schwingt eine tiefe Liebe, die die Atmosphäre füllt und Ivys Sorgen ein wenig lindert.
Als die drei unten stehen und ihre Taschen gepackt haben, wird der Abschied von Evas Eltern spürbar schwer. Evas Mutter streicht mit einer sanften Geste über Ivys Wange und blickt dann auf, als sie Uli ansieht. „Meldet euch, wenn ihr angekommen seid. Vielleicht kriegt ihr ja dort einiges geklärt.“ Ihr Blick ist intensiv, und in diesem Moment überträgt sich ein unausgesprochenes Verständnis zwischen den beiden Frauen – eine stille Vertrautheit, die Worte nicht benötigen.
„Bis die Tage“, sagt Eva schließlich, ihr Lächeln sanft und voller Zuneigung. Sie nimmt Ivys und Ulis Taschen, während ihre eigene Tasche schon unterm Arm liegt. Doch trotz des Lächelns bleibt der Abschied schwer. Die Worte „bis bald“ hallen in der Luft, und während die Tür hinter ihnen schließt, fühlen sie sich an wie ein leiser Abschied von einer Phase ihres Lebens, die bald hinter ihnen liegen wird.
Im Auto herrscht eine ruhige, beinahe vertraute Stille. Ivy ist in ihre Welt vertieft, ihr Tablet in den Händen, während Eva konzentriert das Steuer hält und den Weg vor sich sieht. Doch Uli kann ihre Hand nicht von Evas Oberschenkel lassen. Sie streichelt sie sanft, ihre Finger berühren Evas Haut und spüren die Wärme, die dort immer noch zu finden ist. Es ist ein Moment der Intimität, in dem die Zuneigung ohne Worte zwischen ihnen fließt. Ein verführerisches Kribbeln zieht sich durch Ulis Adern, die Fahrt vergeht wie im Flug, der vertraute Rhythmus des Autos, das sie sicher nach Schwerin bringt.
Bald erreichen sie mitten in der Nacht ihr Ziel. Eva steigt aus dem Auto und geht zielstrebig zur Rezeption, ihre Präsenz ruhig und bestimmt, als hätte sie in diesem Moment alles unter Kontrolle. Sie fragt nach allen neuen Informationen, die für sie wichtig sind, während Uli sich in Evas Zimmer begibt. Eva hatte ihr die Zimmerkarte gegeben, damit sie sich ein wenig ausruhen kann, während sie sich um alles Weitere kümmert.
Im Zimmer angekommen, legt Uli ihre Tasche ab und lässt sich auf das Bett sinken. Es ist still, aber in dieser Stille liegt eine gewisse Erwartung – die Nacht, die noch so viel Unbekanntes bereithält, wird mehr sein als nur eine Ruhepause.
Eva macht sich eine neue Zimmerkarte und geht schließlich hinauf. Als sie das Zimmer betritt, empfängt sie Stille und Frieden. Ivy schläft tief und fest, das Schweinchen fest in ihren Armen umklammert, während Uli an ihrer Seite liegt. Ihre Augen sind geschlossen, doch der Ausdruck in ihrem Gesicht verrät eine friedliche, aber spürbare Sehnsucht. Als sie Eva sieht, öffnet sich ihre Miene und ein leises Lächeln umspielt ihre Lippen. Es ist, als ob sie das Gefühl der Nähe und des Verlangens bereits in der Luft zwischen ihnen spüren kann.
Ohne ein Wort zu sagen, schleicht Eva sich sanft zu Uli auf die Matratze. Ihre Bewegungen sind ruhig, aber zielgerichtet, jeder Schritt ein stilles Versprechen. Uli dreht sich sofort zu ihr, ihre Lippen finden Evas in einem Kuss, der intensiv und leidenschaftlich ist, als hätten sie die ganze Nacht darauf gewartet, diesen Moment zu teilen. Die Zunge von Uli fordert Eva sanft heraus, und ihre Antwort ist genauso zärtlich, aber voller Verlangen. Die Welt um sie herum verblasst, alles, was zählt, ist der Kuss, der die Luft zwischen ihnen mit einer elektrischen Spannung füllt.
„Schlaf gut“, flüstert Eva schließlich, ihre Stimme tief und warm, ein sanftes Versprechen, das Uli in ihre Arme zieht. Die Nähe, der vertraute Duft von Ulis Haut, die Wärme, die zwischen ihnen pulsiert, lässt beide in eine tiefe Ruhe sinken. Die Spannung löst sich, als sie sich aneinanderkuscheln, und der Raum wird von einer Geborgenheit erfüllt, die sich fast greifbar anfühlt. Es ist ein Moment der Zärtlichkeit, der das Gefühl der Verbundenheit vertieft, und bald fällt auch Eva in einen tiefen, ruhigen Schlaf.
Der Wecker klingelt um 7 Uhr, das leise Summen durchbricht die Stille des Raumes. Eva erhebt sich, die Nacht war kurz, aber erholsam. Sie sieht noch einen Moment zu Uli und Ivy, die in ihrer friedlichen Umarmung weiter schlummern. Die Ruhe, die von den beiden ausgeht, lässt ihr Herz einen Moment stiller schlagen, bevor sie sich dem Tagesbeginn zuwendet. Sie zieht ihren Anzug an, ordnet ihre Haare und macht sich dann auf den Weg in die Küche, wo sie sich einen Espresso bestellt.
Als sie das Foyer betritt, spürt sie sofort die Blicke der anderen Mitarbeiter auf sich gerichtet. Ihr Auftreten ist ruhig, selbstbewusst, doch der Moment mit Uli und Ivy lässt einen Hauch von Wärme in ihren Augen zurück. Jeremy bemerkt sie zuerst, überrascht, aber sie begrüßt ihn nur kurz und geht dann weiter, um Christoph und den Rest der Gruppe zu treffen. Ihr Ziel ist klar – sie muss sie in ihr Büro führen und den Tag mit der nötigen Professionalität angehen, doch in ihrem Inneren zieht etwas anderes, eine Spannung, die sie nicht ganz abschütteln kann.
Unterdessen stehen Ivy und Uli im Zimmer auf. Ivy streckt sich und schaut aus dem Fenster, während Uli ihre Gedanken ordnet. Sie geht mit Ivy in die Küche, wo sie ein wenig frühstücken. Doch ein gewisses Zögern bleibt in der Luft, als würde etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen liegen. Uli fühlt den Druck, sich eine Erklärung für ihre Mitarbeiter auszudenken, etwas, das nicht zu viel verrät, aber dennoch plausibel klingt.
„Ivy wollte ihren Vater sehen und ich muss den Kinderkrankenschein verlängern“, erklärt sie, als sie mit den anderen spricht. Es ist eine Erklärung, die niemand hinterfragen wird, aber in ihren Augen flackert etwas anderes – eine subtile Spannung, die von der Nähe zwischen ihr und Eva zeugt, eine Verbindung, die tief geht, auch wenn sie noch nicht alles ausgesprochen haben.
Die anderen fragen nach Ivys Zustand, und Uli bemerkt, dass ihre Tochter immer mehr Kraft sammelt, auch wenn es noch zart und schüchtern wirkt. Es ist ein Prozess, der sich langsam entfaltet, aber die Fortschritte sind spürbar. Ivy wird stärker, und das beruhigt Uli. Trotzdem bleibt ein Gefühl der Unsicherheit in ihr, eine Frage, die immer noch nicht vollständig beantwortet ist – was kommt als Nächstes?
Inzwischen ist Ivy ein wenig selbstsicherer geworden und beschließt, Jeremy im Hotel zu suchen. Uli bleibt in der Küche, um nach dem Rechten zu sehen, doch ihre Gedanken schweifen immer wieder zu Eva. Die Fragen, die sie sich stellt, kreisen um Eva und das, was sie zwischen ihnen aufgebaut hat. Es fühlt sich mehr an als nur eine gemeinsame Reise – es ist der Beginn von etwas, das sich nicht mehr zurücknehmen lässt. Eine Verbindung, die stärker ist als alles, was sie bisher gekannt hat. Und während sie sich in den Alltag stürzt, weiß sie, dass dieser Moment, dieses Gefühl, nicht mehr aus ihren Gedanken verschwinden wird. Es ist der Beginn von etwas Großem, und es wird nicht mehr aufzuhalten sein.
Eva kehrt ins Foyer zurück, nachdem sie ihre Chefs verabschiedet hat, und ein leichtes Lächeln umspielt ihre Lippen. Sie erzählt Uli mit einem Hauch von Selbstbewusstsein in der Stimme: „Ich hab ihnen gesagt, dass ich mich um meine Mutter kümmern muss und alles von dort aus im Griff habe. Bisher hat sich ja niemand beschwert.“ Das Vertrauen in ihre Worte und in ihre Fähigkeit, alles zu jonglieren, ist deutlich zu spüren.
Uli, die gerade an der Rezeption gestanden hat, nickt zustimmend. „Das klingt doch gut. Und Herr König scheint den Laden ja auch gut im Griff zu haben.“ Sie sieht Eva an und bemerkt, wie sie kurz den Blick auf die Lobby richtet, als ob sie nach etwas sucht, das noch nicht ausgesprochen wurde.
„Das hat er“, bestätigt Eva und wirft dann einen schnellen Blick umher, als sie plötzlich nachdenklich wird. „Wo ist Ivy?“ fragt sie und schaut Uli fragend an.
„Sie wollte Jeremy suchen“, antwortet Uli mit einem Schulterzucken, als ob es für sie nichts Ungewöhnliches wäre.
Eva nickt, ihre Miene wird sanfter, doch dann hebt sie ihre Hand, als ob sie einen Gedanken in die Welt setzen möchte. „Hast du Lust auf einen Kaffee? Wir können in die Bar gehen und ein bisschen warten, bis sie zurückkommt.“ Die Einladung klingt entspannt, fast einladend, als wollte sie den Moment zwischen ihnen einfach nur genießen.
Die beiden gehen in die Bar und nehmen an einem der Ecktische Platz. Das Licht ist gedämpft, und die Atmosphäre in der Bar ist ruhig, fast einladend. Uli rührt in ihrem Cappuccino, die Löffelbewegung hypnotisch, während Eva sie mit einem verschmitzten Blick ansieht. Es ist ein Moment der Leichtigkeit, der in der Luft zwischen ihnen schwebt, als Eva beginnt: „Weißt du“, und ihr Blick wird schelmisch, „wir hätten die Zeit auch ganz anders nutzen können.“
Uli hebt eine Augenbraue und lächelt amüsiert. „Ach, Eva, du immer mit deinen Ideen.“ Ihre Stimme ist neckisch, doch das leichte Funkeln in ihren Augen verrät, dass sie sich für den Vorschlag durchaus erwärmen könnte. „Vielleicht können wir das bei deinen Eltern nachholen.“
Eva lehnt sich zurück, ihre Lache ist leise und voller Freude, ein Klang, der Uli warm um den Hals legt. „Das wird ja interessant. Meine Eltern fanden bisher alle meine Freundinnen total daneben. Das hast du ja schon gesehen, als Ava da war.“ Ihre Worte sind halb spöttisch, halb nachdenklich, doch in ihrem Blick schwingt eine versteckte Sehnsucht nach Akzeptanz.
„Ach, das macht mir nichts aus. Deine Mutter und ich kommen super miteinander klar“, sagt Uli mit einem Lächeln und legt dann ihre Hand auf Evas. Die Geste ist zärtlich, fast beschützend, und sie spürt, wie die Verbindung zwischen ihnen sich im Moment der Nähe vertieft. „Ich bin mir sicher, das bleibt so, auch wenn sie irgendwann von uns erfährt.“
Eva schaut Uli tief in die Augen, ein stilles Versprechen in ihrem Blick. Der Gedanke, dass ihre Mutter irgendwann von der Beziehung erfahren könnte, scheint nicht mehr so bedrohlich zu sein. In diesem Moment ist sie nicht nur mit Uli verbunden, sondern auch mit der Vorstellung, dass es einen Weg gibt, all das zusammen zu bewältigen – die Ängste, die Fragen, die noch ungelöst sind. „Ich hoffe es“, flüstert sie dann, ihre Stimme weich, aber voll Vertrauen.
Eva sieht Uli tief in die Augen, ihre Finger umschließen Ulis Hand, und für einen kurzen Moment scheint die Welt um sie herum zu verschwinden. Die Zeit verlangsamt sich, und ein angenehmes Kribbeln breitet sich in ihrem Bauch aus. Es ist ein Moment purer Nähe, ein stilles Versprechen, das sie einander geben. Doch dieses Gefühl von Geborgenheit wird jäh unterbrochen, als Uli plötzlich ihre Hand zurückzieht.
Jeremy und Ivy kommen gerade auf sie zu, und Ivy läuft mit schnellen Schritten auf Eva zu, ihre Augen leuchten vor Freude. „Da seid ihr ja!“, ruft sie, und Uli steht auf, während Eva entspannt sitzen bleibt und das Geschehen beobachtet.
„Evaaaa!“ Ivy ruft ihren Namen mit einem Lächeln, das die ganze Freude ihres Herzens widerspiegelt. Bevor Eva auch nur reagieren kann, wirft Ivy ihre Arme um sie und zieht sie in eine herzliche Umarmung. Eva lacht und schließt Ivy fest in ihre Arme. „Oh, da kriegt wohl jemand langsam seine ganze Kraft zurück“, sagt sie, als sie Ivy zärtlich drückt. „Das gefällt mir.“
Die Szene wirkt harmonisch, bis Jeremy ins Bild tritt. Seine Miene ist kühl, und der Blick, den er Eva zuwirft, lässt keinen Zweifel an seiner Ablehnung. Ohne Umschweife fragt er: „Bist du jetzt mit der zusammen oder warum klebt ihr immer so aneinander? Von Arbeit habt ihr zwei ja auch noch nie was gehört, oder?“
Eva bleibt völlig ruhig, doch in ihren Augen flackert eine eisige Wut auf. Sie hebt langsam eine Augenbraue, und ihre Miene wird steinerner. Ihre Stimme ist ruhig, aber jedes Wort schneidet wie ein Messer. „Es ist beeindruckend, wie detailliert Sie über meine Arbeit Bescheid wissen“, sagt sie, während sie sich aufrichtet. Ihre Präsenz wird plötzlich massiv, und es ist klar, dass sie keine weiteren Unverschämtheiten dulden wird. „Ich arbeite jeden Tag, aber offensichtlich haben Sie das nicht bemerkt. Vielleicht sollten Sie sich lieber um Ihre eigenen Aufgaben kümmern, bevor ich hier eine Kontrolle durchführe.“
Jeremy schluckt, und für einen Moment wird seine Unsicherheit sichtbar. Doch diese Schwäche ist nur von kurzer Dauer. Er dreht sich ohne ein weiteres Wort um und verschwindet, sein Gesicht von Ärger und Unbehagen gezeichnet.
Uli hat die ganze Szene aufmerksam beobachtet, ihre Augen auf Eva gerichtet. Sie spürt die Ruhe in Evas Wut, weiß, wie gefährlich es ist, sie herauszufordern, und fühlt sich gleichzeitig beeindruckt von Evas Stärke. Die Atmosphäre zwischen ihnen wird für einen Moment still, doch dann sagt Eva ruhig: „Ivy, wir gehen hoch.“ Sie nimmt Ivys Hand und führt sie sanft zu sich. „Die Mama hat noch einen wichtigen Termin.“
Eva wirft Uli einen bedeutungsschwangeren Blick zu, und Uli erkennt sofort, was dieser Blick bedeutet. Sie nickt, ihre Miene ein wenig schwer, doch sie versteht, dass es an der Zeit ist, sich zu verabschieden. „Ich geh dann auch mal los“, sagt sie leise und steht auf.
Eva führt Ivy in ihr Zimmer, während Uli sich ihre Tasche schnappt und sich auf den Weg zum Anwalt macht. Der Rest des Tages wartet, und sie weiß, dass es nun an ihr liegt, die nächsten Schritte zu regeln. Doch in ihrem Herzen trägt sie die stille Gewissheit, dass Eva an ihrer Seite steht – und das gibt ihr Kraft für alles, was kommen mag.
Eva und Ivy sitzen zusammen auf dem Sofa, eingehüllt in eine weiche Decke, die ihnen Geborgenheit schenkt. Ivy hat immer wieder Mühe, die Augen offen zu halten, aber sie schmiegte sich vertrauensvoll an Eva, die sie sanft in den Arm nimmt. Eva streichelt mit zarten Bewegungen über Ivys Wange, bis sie schließlich vorsichtig aufsteht, Ivy aufnimmt und sie behutsam ins Bett bringt.
Als Uli wieder zurückkommt, setzt sie sich neben Eva, die sie mit einem warmen, liebevollen Blick empfängt. Die Atmosphäre zwischen den beiden ist fast greifbar – ein unbeschreibliches Knistern, das den Raum erfüllt. Eva lehnt sich langsam zu Uli, streicht ihr eine Strähne aus dem Gesicht und löst vorsichtig die Spange in ihrem Haar. Uli spürt, wie sich die Spannung in der Luft verdichtet, als ihre Blicke sich fesseln und sie sich nicht mehr voneinander abwenden können.
Dann küsst Eva sie – ein sanfter, aber auch leidenschaftlicher Kuss, der sofort tiefe Emotionen weckt. Evas Daumen gleitet über Ulis Wange, ihre Lippen treffen sich immer wieder, als wollten sie sich einander noch näherbringen. Als sie sich nach einem intensiven Moment voneinander lösen, beide schwer atmend, zeigt Eva mit einem Lächeln auf das Schlafzimmer.
„Ich freu mich schon auf dein Bett morgen“, flüstert Uli, ihre Stimme tief und verführerisch, dabei noch immer von der Magie des Moments durchzogen.
Eva erwidert das Lächeln, ihre Augen blitzen schelmisch auf, als sie leicht ihr Shirt anhebt und den Knopf ihrer Hose öffnet. Die Geste ist so unaufdringlich und doch von einer elektrisierenden Spannung getragen, dass Uli erstaunt aufblickt.
„Was machst du da?“, fragt sie, ihre Stimme ein Hauch von Überraschung und Verlangen.
„Mir ist warm“, antwortet Eva mit einem unschuldigen Blick, während sie ihre Hose langsam hinabzieht.
Uli kann den Drang, Evas Haut zu berühren, kaum zurückhalten. Ihre Fingerspitzen streifen über die weiche, nackte Haut, und sofort bildet sich eine Gänsehaut auf Evas Körper. Beide lächeln sich an, ein Moment der stillen Kommunikation, bevor ihre Lippen sich erneut finden. Langsam, fast wie von unsichtbaren Fäden gezogen, bewegen sie sich in Richtung Schlafzimmer.
Ivy schläft tief und fest, nichts ahnend, was um sie herum geschieht. Uli lässt sich in der Mitte des Bettes nieder, fühlt, wie sich Evas Arm fest um sie schlingt. Es ist ein Moment voller Nähe, voller Geborgenheit und Intimität. Eva lässt ihre Finger sanft über Ulis Nacken gleiten, streicht zärtlich über ihre Wange und haucht ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Uli spürt Evas warmen Atem auf ihrer Haut, die zarten Bewegungen ihrer Finger, die immer tiefer wandern und ein sanftes Zittern in Ulis Körper hervorrufen.
„Mmmh… Da kann es jemand wohl kaum erwarten“, flüstert Eva mit einem verschmitzten Lächeln in Ulis Ohr, und die Worte dringen tief in ihr Innerstes.
Uli grinst, nickt dann aber. „Schlaf gut, Eva. Morgen wird ein langer Tag“, flüstert sie zurück und schließt langsam die Augen, während sie sich in Evas Nähe vergräbt.
Am nächsten Morgen reißt das schrille Klingeln von Evas Wecker sie aus dem Schlaf. Es ist 6 Uhr. Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen durch die Vorhänge brechen, schleicht sie sich leise aus dem Bett. Neben ihr schläft Uli tief und entspannt, Ivy hat sich eng an sie gekuschelt. Ein Anblick, der Evas Herz für einen Moment schneller schlagen lässt – doch es gibt keine Zeit für Sentimentalitäten.
Sie beginnt, ihre Sachen zu packen, faltet sorgfältig ihre Kleidung zusammen und verstaut alles in ihrer Reisetasche. Schließlich tritt sie ans Bett, beugt sich leicht vor und streicht Uli sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Aufstehen, ihr zwei“, flüstert sie mit einem leichten Lächeln. Doch als sie keine Reaktion erhält, hebt sie die Stimme ein wenig: „Los, wir müssen uns beeilen. Und frühstücken sollten wir auch noch – am besten unauffällig. Ich will nicht, dass die Mitarbeiter etwas mitbekommen.“
Uli blinzelt müde und gähnt, während sie sich streckt. „Sind wir dir peinlich?“ Ihre Stimme hat diesen schelmischen Unterton, der Eva immer wieder aus dem Konzept bringt.
Eva seufzt, stützt die Hände in die Hüften und erwidert: „Nein, natürlich nicht. Aber muss jetzt wirklich jeder davon wissen? Willst du es gleich in die Kantine rufen? Und was wird Jeremy sagen?“
Noch bevor Uli antworten kann, ertönt plötzlich Ivys verschlafene Stimme. „Wovon redet ihr?“ Sie blinzelt träge und sieht die beiden neugierig an.
„Ach, nichts, Schatz“, sagt Uli hastig und wirft Eva einen warnenden Blick zu.
Eva verdreht nur die Augen. „Wird ein spannender Tag …“
Doch Ivy gibt sich nicht so leicht zufrieden. Sie setzt sich auf, und schaut ihre Mutter mit kindlicher Direktheit an. „Redet ihr darüber, dass du Eva mehr lieb hast als Papa?“
Ein Moment des Schweigens. Eva spürt, wie ihr Herz einen Schlag aussetzt, während Uli tief einatmet.
„Ja, auch das“, sagt Uli schließlich, ihre Stimme sanft, aber fest. „Aber mach dir keine Sorgen, Ivy.“
Doch anstatt Unsicherheit oder Angst zeigt sich in Ivys Gesicht nur ein warmes Lächeln. „Nein, Mama, mach ich nicht. Ich sehe doch, wie glücklich du bist, wenn Eva da ist.“
Uli blinzelt, kämpft mit den Tränen. Sie greift nach Ivys kleiner Hand, drückt sie sanft. „Wann ist mein Kind nur so erwachsen geworden?“ flüstert sie, ihre Stimme bricht beinahe.
Eva beobachtet die Szene mit einem liebevollen Lächeln. Schließlich tritt sie näher, legt eine Hand auf Ulis Rücken und sagt mit gespieltem Ernst: „Habt ihr endlich alles fertig? Ich brauche dringend meinen Espresso.“
Mit einem Lachen, das die vorherige Spannung in warme Geborgenheit auflöst, packen sie ihre Sachen und machen sich auf den Weg in die Küche.
Dort treffen sie auf Pit, der bereits mit der Frühschicht beschäftigt ist. Er wirft einen überraschten Blick auf Uli – und dann auf Eva und Ivy, die dicht hinter ihr folgen.
Ein verschmitztes Grinsen legt sich auf seine Lippen, als er sich zu Uli beugt und leise murmelt: „Die Chefin ist ja auch im Haus.“
Als Uli laut lachte und Pit mit einem verspielten Zwinkern bedachte, schien für einen Moment alles leicht. „Ja, die Chefin ist mit mir hier. Ich mache uns schnell einen Espresso und Cappuccino – und für dich, Ivy, Joghurt mit Obst?“
Ivy verzog das Gesicht und ließ sich theatralisch auf den Stuhl fallen. „Muss das sein?“
Uli schmunzelte, beugte sich zu ihr hinunter und strich ihr sanft über den kahlen Kopf. „Ein bisschen Frucht schadet nicht, mein Schatz.“
Eva lehnte sich an die Küchentheke und beobachtete die beiden mit einem Lächeln. „Lass uns lieber hier frühstücken, nicht im Restaurant“, schlug sie vor.
Uli nickte zustimmend, und die drei setzten sich entspannt an den Tisch. Während sie aßen, glitt Pits neugieriger Blick immer wieder zu ihnen. Es war offensichtlich, dass er Fragen hatte – Fragen, die er sich nicht zu stellen traute.
Schließlich hielt es Uli nicht mehr aus. Mit hochgezogener Augenbraue sah sie ihn an. „Pit, kannst du bitte aufhören, uns so anzustarren? Das ist echt unangenehm.“
Der angesprochene riss die Augen auf, als hätte er nicht bemerkt, dass er sie angestarrt hatte. „Tut mir leid“, murmelte er und wandte sich abrupt ab, als könne er seine Neugier einfach im Raum stehen lassen.
Doch in diesem Moment öffnete sich die Küchentür erneut, und Jeremy trat ein. Sein Blick war müde, sein Gesichtsausdruck verschlossen. Mechanisch steuerte er auf die Kaffeemaschine zu, als wäre das hier ein ganz gewöhnlicher Morgen.
Ivy hingegen blühte auf. Ihre Augen leuchteten vor Freude, als sie von ihrem Stuhl sprang. „Papaaa!“ Ihre kleine Gestalt flog förmlich auf ihn zu, ihre Arme schlangen sich um seine Hüfte, während sie ihn fest an sich drückte.
Jeremy blieb regungslos stehen. Fast widerwillig legte er eine Hand auf Ivys Schulter, strich ihr ein einziges Mal darüber, bevor er sich wieder seinem Kaffee widmete. „Dann mal eine gute Fahrt“, sagte er, ohne Uli oder Eva auch nur eines Blickes zu würdigen.
Die fröhliche Unbekümmertheit in Ivys Gesicht verblasste. Sie ließ ihre Arme sinken, sah zu ihm auf. „Rufst du mich an, Papa?“ Ihre Stimme war leise, fast vorsichtig, als fürchte sie die Antwort.
Jeremy nahm einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse ab und nickte knapp. „Ja, ich melde mich, wenn ich Feierabend mache.“ Ohne ein weiteres Wort, ohne einen Abschiedsblick, verließ er die Küche.
Eva spürte, wie sich eine kalte Wut in ihr ausbreitete. Ihre Hände ballten sich unbewusst zu Fäusten. Wie konnte er nur so gefühllos sein? Ivy hatte ihn so freudig begrüßt, und er hatte sie behandelt, als wäre sie nicht mehr als eine lästige Pflicht.
Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, legte Uli sanft eine Hand auf ihren Arm. Ihr Blick war ruhig, aber bestimmt. Ein stiller Appell, die Situation nicht eskalieren zu lassen.
Eva schloss die Augen, atmete tief durch. Sie wusste, dass Uli recht hatte. Doch es fiel ihr schwer, diese Ungerechtigkeit einfach hinzunehmen.
„Sollen wir los?“ Ulis Stimme klang sanfter als zuvor. Sie wollte die Anspannung aus der Luft nehmen, die sich wie eine unsichtbare Wand zwischen ihnen aufgebaut hatte.
Eva nickte stumm. Gemeinsam räumten sie das Geschirr weg. „Wir telefonieren, Pit“, rief Uli noch über die Schulter, während sie Eva und Ivy zur Tür führte.
Draußen, in der frischen Morgenluft, griff Eva plötzlich nach Ulis Hand. Ihre Berührung war fest, aber gleichzeitig voller Zärtlichkeit. Als Uli überrascht zu ihr hinübersah, begegnete ihr ein sanftes, fast entschuldigendes Lächeln.
Uli erwiderte die Geste, drückte Evas Hand leicht, dann nahm sie mit der anderen Hand Ivys kleine Finger in ihre.
Die Fahrt verlief ruhig. Ivy starrte nachdenklich aus dem Fenster, ihre Augen folgten den vorbeiziehenden Feldern und Wäldern, als würde sie in Gedanken versinken. Manchmal schien sie etwas sagen zu wollen, doch sie blieb still, ließ sich von der gleichmäßigen Bewegung des Wagens in eine Art meditative Ruhe wiegen.
Uli hielt Evas Hand, ihre Finger strichen sanft über die feinen Linien und zarten Venen auf ihrem Handrücken. Es war eine stille Geste, eine, die mehr sagte als Worte es je könnten.
Nach einer Weile durchbrach Eva schließlich die Stille. „Ich hätte jetzt Lust auf einen Snack“, sagte sie mit einem verschmitzten Grinsen, das ihre Müdigkeit für einen Moment vergessen ließ.
Uli hob eine Augenbraue und griff nach ihrer Tasche, die zu ihren Füßen lag. Nach kurzem Kramen zog sie ein Stück Apfel hervor und hielt es Eva hin. „Hier, Vitamine sind gut für dich.“
Eva verzog das Gesicht, nahm den Apfel aber dennoch widerwillig. „Ich hätte aber lieber ein Croissant.“
Uli schüttelte grinsend den Kopf. „Das bekommst du später – Geduld ist eine Tugend.“
Eva seufzte theatralisch, biss aber dennoch in den Apfel. Hinter ihr kicherte Ivy leise, als hätte sie genau diese Szene erwartet.
Die restliche Fahrt verging in einem angenehmen Schweigen, bis sie schließlich die vertraute Auffahrt erreichten. Evas Elternhaus lag friedlich da, als wäre es nie von der Zeit berührt worden. Die weißen Fensterläden, der liebevoll gepflegte Vorgarten, der alte Kirschbaum, unter dem sie als Kind so oft gespielt hatte – all das brachte Erinnerungen zurück, die sich wie warme Wellen über sie legten.
Eva parkte vorsichtig vor der Garage, lehnte sich zurück und atmete tief durch. „Zuhause“, murmelte sie leise, als müsste sie sich selbst daran erinnern.
Uli legte eine Hand auf ihre Schulter und drückte sie sanft. „Dann los, lass uns reingehen.“
Sie stiegen aus, Ivy hüpfte mit neuer Energie voraus, während Eva und Uli sich mit den Taschen abmühten. Die Treppe knarrte unter ihren Schritten, der Geruch von Holz und einem Hauch von Lavendel hing in der Luft – vertraut, beruhigend.
Oben angekommen blieb Uli vor Evas Zimmer stehen und ließ den Blick neugierig durch den Raum schweifen. Poster aus ihrer Jugend, ein überfülltes Bücherregal, ein Schreibtisch mit Krimskrams und ein großes Bett – alles wirkte noch so, als hätte Eva diesen Raum nie wirklich verlassen.
„Ich zieh dann wohl in dein Zimmer, oder?“ fragte Uli mit einem schelmischen Lächeln. „Dann hat Ivy hier ihr eigenes Reich.“
Eva drehte sich mit einem amüsierten Funkeln in den Augen zu ihr um. „In mein Kinderzimmer willst du also?“
Uli schüttelte lachend den Kopf. „Das ist eher ein Jugendzimmer. Immerhin hast du ein großes Bett und einen Fernseher. Ich glaube, ich werde es überleben.“
Eva trat einen Schritt näher, ihr freches Lächeln wurde weicher. „Na dann, willkommen in unserem Reich.“
Uli erwiderte ihren Blick, doch dann wurde ihr Gesichtsausdruck ernst. Sie atmete tief ein, als würde sie nach den richtigen Worten suchen, dann nahm sie Evas Hand und hielt sie fest.
„Eva, ich kann kaum in Worte fassen, wie dankbar ich bin, dich an meiner Seite zu wissen.“ Ihre Stimme war leise, aber voller Emotionen. „Deine Liebe, deine Stärke, wie du dich um Ivy kümmerst – ich weiß wirklich nicht, wie wir das alles ohne dich schaffen würden. Du bist unsere Stütze, unser Licht in diesen dunklen Zeiten.“
Eva wollte etwas erwidern, doch Uli hob sanft eine Hand. „Und was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Aber eines steht fest: Ich hätte mich nie von Jeremy getrennt, nur um nicht allein zu sein. Du bist der Grund, warum ich weiterkämpfe. Warum ich Hoffnung habe.“
Eva schluckte. Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug, ihre Kehle sich ein wenig zuschnürte. Dann zog sie Uli wortlos in eine feste Umarmung, hielt sie fest, als könnte sie sie damit vor allem beschützen, was noch auf sie zukommen würde.
„Ich liebe dich“, flüsterte sie schließlich an Ulis Schulter.
Uli lächelte und drückte Eva noch ein bisschen fester. „Ich liebe dich auch.“
Hinter ihnen kicherte Ivy leise. „Also wenn ihr fertig seid, ich will mein Zimmer einrichten!“
Lachend lösten sich die beiden voneinander, und während Ivy mit neuer Energie in das Zimmer stürmte, schauten sich Eva und Uli noch einen Moment an – wissend, dass sie gemeinsam alles schaffen würden.
Ich weiß, dass es nicht einfach ist, hier bei deinen Eltern zu wohnen – nicht mit all den Erinnerungen, nicht mit dem, was zwischen euch steht. Ich kann mir nur vorstellen, wie schwer es sein muss, in diesem Haus Frieden zu finden, wo so vieles ungesagt blieb, wo alte Wunden noch schmerzen. Aber ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass du hier trotzdem ein wenig Ruhe findest. Dass du dich hier, bei uns, irgendwie zu Hause fühlst, auch wenn es nicht leicht ist.
Eva zieht Uli sanft in ihre Arme, hält sie einen Moment einfach nur fest, spürt ihren schnellen Atem, das leise Zittern ihres Körpers. Sie streicht ihr beruhigend über den Rücken, bevor sie leise flüstert:
„Uli, alles wird gut. Ich verspreche es dir. Ich bin hier aufgewachsen – dieses Zimmer war immer meine Zuflucht, egal was draußen in der Welt passiert ist. Und wenn es bedeutet, dass ich jede Woche zwischen Schwerin und hier pendeln muss, dann tue ich das. Für dich, für uns. Weil du alles für mich bist. Und Ivy… ich habe sie so unglaublich lieb gewonnen. Sie gehört zu mir, genauso wie du.
Ich hoffe so sehr, dass sie wieder gesund wird. Dass wir eines Tages gemeinsam lachen, gemeinsam reisen, einfach… einfach wieder frei atmen können. Und wenn dieser Tag kommt, dann fahren wir weg. Wohin du willst. Irgendwohin, wo es warm ist, wo das Leben leicht ist. Nur wir drei. Aber bis dahin… müssen wir für sie stark sein. Die nächste Behandlung wird hart, und wir wissen beide, wie schwer es wird.“
Eva löst sich ein Stück von Uli, sucht ihren Blick, ihre Augen voller Liebe, voller Entschlossenheit. Ihre Stimme ist sanft, aber fest, als sie sagt:
„Du musst mit mir reden, Uli. Wenn du nicht mehr kannst, wenn die Last zu schwer wird, wenn du einfach nur jemanden brauchst, der dich hält – dann bin ich da. Immer. Bitte, vergiss das nicht.“
Ihre Augen glänzen feucht, als sie Uli noch fester an sich drückt, als wolle sie all die Liebe, all die Kraft, die in ihr ist, in Uli hineinfließen lassen.
Uli atmet tief ein, ihre Brust hebt sich schwer. Dann nickt sie langsam, ein Hauch von Erleichterung in ihrem Blick. Für einen Moment lehnt sie sich einfach gegen Eva, spürt die Wärme, die Geborgenheit, die Stille zwischen ihnen, in der nur ihr Herzschlag spricht.
Schließlich löst sie sich ein wenig, nimmt Evas Hände in ihre und haucht ein kleines, müdes Lächeln. „Ich gehe jetzt zu deinen Eltern und frage, ob ich helfen kann. Vielleicht beim Kochen, Putzen… irgendetwas, das mir eine Aufgabe gibt. Aber du, mein Schatz… du kannst mich gerne begleiten.“
Eva lacht leise, ihre Augen leuchten kurz auf, als sie Uli mit einem frechen Funkeln ansieht. „Okay. Ich schau nach Ivy und komme dann runter.“
Sanft legt sie ihre Hand an Ulis Wange, beugt sich vor und küsst sie. Ein Kuss voller Wärme, voller Liebe, voller all der Dinge, die sie nicht in Worte fassen kann.
Uli spürt, wie ihr Herz ein kleines bisschen leichter wird, als sie sich schließlich umdreht und die Treppe hinuntergeht. Ihre Gedanken sind bei Ivy, bei den schweren Tagen, die noch vor ihnen liegen – aber auch bei Eva, bei der Liebe, die sie in all dem Schmerz trägt.
In der Küche angekommen, findet sie Evas Mutter, die sie mit freundlicher Wärme empfängt.
„Kann ich irgendwie helfen?“, fragt Uli leise, beinahe zögerlich.
Evas Mutter mustert sie einen Moment, dann lächelt sie. „Wie wäre es, wenn du etwas backst? Das Mittagessen ist schon fertig – für Ivy leicht gewürzt, für euch normal, es steht im Kühlschrank.“
Uli atmet erleichtert aus und nickt dankbar. „Das ist wirklich so lieb von euch, dass wir hier sein dürfen. Ich weiß nicht, wie ich euch jemals genug danken kann für all das.“
Evas Mutter legt eine sanfte Hand auf ihre Schulter, ihre Augen strahlen ehrliche Zuneigung aus. „Uli, das musst du nicht. Für Evas Freunde tun wir das gern. Und für die kleine Ivy… sie ist ein ganz besonderes Kind. Wir machen das aus Liebe.“
Ein warmer Kloß steigt Uli in die Kehle, und für einen Moment kann sie nichts anderes tun, als zu lächeln – klein, leise, aber voller Dankbarkeit.
Eva betritt die Küche, während ihre Mutter und Uli sich unterhalten. Ihre Gedanken sind weit weg, kreisen um Ivy und Uli, um all die Dinge, die unausgesprochen zwischen ihnen stehen. Der süße Duft von frisch gebackenem Kuchen liegt in der Luft, vermischt mit der wohligen Wärme des Raumes, doch in ihr selbst fühlt sich alles kühl und schwer an.
“Na, Eva, wie läuft die Arbeit?” Die Stimme ihrer Mutter ist gewohnt freundlich, aber in ihrem Blick liegt eine Spur von Sorge, als sie ihre Tochter mustert.
“Wie immer”, erwidert Eva, ihre Stimme ruhig, doch in ihren Augen glimmt eine Erschöpfung, die tiefer reicht als bloßer Stress. “Anstrengend. Aber wir halten durch.”
Uli arbeitet währenddessen konzentriert weiter, ihre Hände kneten den Teig mit einer sicheren, fast beruhigenden Bewegung. Es ist, als könnte sie mit jeder Geste ein kleines Stück der Welt ordnen, als sei Backen nicht nur ein Handwerk, sondern auch ein stiller Trost. Eva beobachtet sie, fasziniert von ihrer Gelassenheit, ihrer Art, einfach zu tun, ohne viel zu fragen.
“Uli backt für uns”, sagt ihre Mutter mit einem Anflug von Stolz in der Stimme, als wolle sie damit betonen, dass es noch Dinge gibt, die einfach sind, die gut sind.
Eva lächelt schwach. “Das klingt fantastisch. Ich freue mich schon.” Sie sieht Uli an, und als sich ihre Blicke treffen, vergeht ein Herzschlag lang die Zeit. Es ist nur ein Moment, ein einziger Atemzug, aber in ihm liegt etwas Unausgesprochenes, etwas, das schwer auf Evas Brust lastet.
“Mamaaaa!”, schallt plötzlich eine aufgeregte Stimme durch die Küche. Ivy stürmt herein, ihre Wangen gerötet, ihre Augen voller Ungeduld. “Ich hab Hunger!”
Uli wischt sich die Hände an ihrer Schürze ab, öffnet den Kühlschrank und nimmt einen Teller heraus. Ohne ein Wort reicht sie ihn Eva, die ihn entgegennimmt, um das Essen aufzuwärmen.
“Ich geh mal die Zeitung lesen. Ihr kommt schon zurecht.” Evas Mutter zwinkert ihnen zu und verlässt die Küche.
Eva verfolgt mit ihrem Blick, wie Uli sich wieder ihrer Arbeit widmet. In der Stille, die kurz zwischen ihnen herrscht, liegt eine Vertrautheit, die weder unangenehm noch belastend ist – eher wie ein leises Wissen, dass sie beide gerade in ihrer eigenen Welt sind.
Doch dann – ein lauter Ruf aus dem Esszimmer.
“Evaaaa!”
Eva zuckt zusammen, ihr Herz macht einen erschrockenen Sprung. Sie dreht sich sofort um und eilt zu Ivy. “Was ist, Liebling?” Ihr Blick fällt auf das blasse Gesicht von ivy, die sich mit schmerzverzerrtem Ausdruck an den Bauch hält.
“Mir ist schlecht”, flüstert Ivy, ihr Atem geht schwer. “Ich glaub, ich muss…”
Dann passiert es. Bevor sie ihren Satz beenden kann, übergibt sie sich heftig – halb auf den Boden, halb auf Eva.
Für einen Moment scheint die Zeit stillzustehen. Der Geruch steigt Eva in die Nase, ihr Magen verkrampft sich, doch das Adrenalin hält sie wachsam.
“ULIII!” Ihr Ruf ist laut, fast panisch.
Sofort eilt Uli herbei. Ihr Blick scannt die Szene – Ivy schluchzend, Eva mit blassem Gesicht, ihre Kleidung befleckt. Ohne Zögern übernimmt sie die Kontrolle.
“Zieh die Bluse aus, bevor du noch mehr versaust”, sagt sie mit ruhiger, aber bestimmter Stimme.
Eva nickt mechanisch. Ihre Finger zittern, als sie die Knöpfe öffnet, den Stoff über ihre Schultern zieht und ihn achtlos in den Mülleimer wirft.
Uli runzelt die Stirn. “Warum in den Müll?”
Eva senkt den Blick, starrt auf ihre eigenen Hände, als würde sie in ihnen eine Antwort finden. Dann flüstert sie kaum hörbar:
“Kann ich nicht mehr tragen.”
Ihre Stimme ist brüchig, und in ihren Augen liegt eine Leere, die Uli eine Gänsehaut beschert. Es geht nicht um den Stoff, nicht um den Fleck. Es ist etwas anderes. Etwas, das schwerer wiegt als eine beschmutzte Bluse.
Eva steht im BH vor Uli, ihre Schultern sind angespannt, der Blick tief in Gedanken versunken. Die Besorgnis, die in Uli’s Augen zu sehen ist, zieht an ihr wie ein unsichtbares Band. Sie spürt die Last der Verantwortung, die sie gerade auf sich trägt, die Angst, dass etwas mit Ivy nicht stimmt, etwas, das sie nicht schnell genug greifen kann. Ihre eigenen Ängste mischen sich mit den Sorgen um ihre Tochter, und das Gefühl, ständig hinterherzuhinken, brennt in ihr.
„Ich geh zu Ivy, machst du weiter sauber?“, fragt Eva mit einer Stimme, die brüchig klingt, als wäre sie kurz davor, zusammenzubrechen.
„Ja, bitte, sieh nach ihr und hilf ihr duschen! Am besten, du duschst dich auch“, erwidert Uli, die Stimme angespannt, doch sie behält die Ruhe, die Eva in diesem Moment so sehr fehlen will. Sie greift nach dem Telefon und wählt die Nummer von Ava. Ihre Augen sind aufgerissen, die Sorgen zeichnen sich unmissverständlich in ihrem Blick ab. Jedes kleine Anzeichen von Unwohlsein bei Ivy löst in ihr eine kleine Welle der Panik aus – sie will sicher sein, dass alles in Ordnung ist, dass nichts übersehen wurde.
„Ich komme gleich vorbei. In einer Viertelstunde bin ich da“, sagt Ava am Telefon, ihre Stimme beruhigend, ein Fels in der Brandung. Uli atmet erleichtert aus, doch ihre Augen bleiben voller Sorge, als sie das Telefon sinken lässt und sich wieder dem sauberen Waschen des Chaos widmet, das sich im Raum ausgebreitet hat.
„Kümmer dich bitte um den Kuchen, Ava kommt gleich, um nach Ivy zu sehen“, sagt Uli an Evas Mutter gerichtet, während sie weiter wischt. Ihre Hände bewegen sich fast mechanisch, als ob sie sich mit der Routine etwas Kontrolle über die aufkommende Angst zurückholen möchte.
Eva geht derweil ins Bad, ihre Schritte von einer Schwere begleitet, die den Raum füllt. Sie findet Ivy auf dem Klo, zittrig und weinend. Ihre Tränen fallen auf die kalte Fliesenoberfläche, die ihren Schmerz in sich aufzusaugen scheint.
„Alles gut, Ivy“, sagt Eva leise, ihre Stimme sanft, als sie sich vor sie kniet. Sie streicht ihr vorsichtig über den Kopf, ihre Berührung wie eine schützende Geste, um ihr etwas Halt zu geben. „Das kann passieren, beruhige dich. Geht’s dir ein bisschen besser oder hast du immer noch Bauchschmerzen?“
„Es ist immer noch schlimm, Eva“, schluchzt Ivy, die Tränen fließen unaufhörlich. „Und ich hab auch Durchfall.“
Eva nickt, die Sorgenfalten auf ihrer Stirn vertiefen sich. „Mhm. Sollen wir dich duschen, Liebes? Dich aus den dreckigen Sachen rausholen, okay?“
Mit sanften Händen hilft sie Ivy, sich auszuziehen, wirft die schmutzigen Sachen in den Wäschekorb und führt sie zur Dusche. Ivy sinkt erschöpft und weinend auf den Badboden, zitternd vor Kälte und Schmerzen. Eva setzt sich neben sie, schließt sie in ihre Arme und hält sie fest. „Alles gut, Schatz“, flüstert sie, ein Lächeln auf ihren Lippen, das mehr für Ivy als für sich selbst ist. In ihren Augen jedoch liegt Unsicherheit, die durch die Fassade hindurchschimmert. „Das ist nicht schlimm. Du bist nicht allein.“
Gerade in diesem Moment betritt Uli das Bad. Sie bleibt stehen, als sie die Szene vor sich sieht – Ivy, die in Evas Armen weint, und Eva, die verzweifelt versucht, ihre Fassung zu bewahren. In diesem Bild sieht Uli mehr als nur die Realität des Augenblicks. Es ist ein Moment der Erkenntnis, dass sie eine unzerbrechliche Verbindung teilen – nicht nur in den schönen Zeiten, sondern auch in den schmerzhaften. Der Schmerz pulsiert in ihren Herzen, doch das Band zwischen ihnen ist stärker als alles andere.
„Ivy, was ist denn los auf einmal?“, fragt Uli besorgt, während ihre Augen liebevoll auf ihre Tochter gerichtet sind. „Heute Morgen war doch noch alles gut, als wir in Schwerin waren.“
Ivy dreht ihren Kopf zu ihrer Mutter, ihr Gesicht verzerrt vor Angst. „Ich weiß auch nicht, Mama“, schluchzt sie. „Ich hab Bauchschmerzen und Durchfall. Mir geht’s nicht gut. Aber ich will nicht wieder ins Krankenhaus“, sagt sie mit einer Stimme, die zittert, während sie sich erneut an ihren Bauch fasst, als könne sie den Schmerz mit ihren Händen aufhalten.
Die Worte bleiben in der Luft hängen, schwer und bedrohlich. Eva schaut zu Uli, und in diesem Blick ist mehr als nur Sorge – es ist eine stille, tiefe Angst, die zwischen ihnen schwingt. Doch auch wenn der Moment von Ungewissheit und Angst durchzogen ist, wissen sie, dass sie nicht allein sind. Sie haben einander, und das ist mehr wert als alles andere.
Eva kniet sich neben Ivy und streicht sanft über ihren Rücken, während die Sorge in ihren Augen kaum zu verbergen ist. „Du musst nicht ins Krankenhaus, wenn es nichts Schlimmes ist. Wir warten ab, was Ava später sagt, okay?“ Ihre Stimme ist ruhig, aber die Unsicherheit, die sie empfindet, schwingt deutlich mit. Sie möchte Ivy beruhigen, doch in ihrem Inneren kämpft auch sie gegen die aufkommende Angst, dass es etwas Ernsteres sein könnte.
Ivy nickt schwach, aber der Schmerz ist noch immer in ihren Augen. Eva möchte sie beschützen, möchte die richtige Antwort finden, aber sie spürt, wie überfordert sie ist. Gerade als sich die Anspannung für einen Moment etwas löst, klopft es an der Tür.
„Ja?“ ruft Eva, ihre Stimme ein wenig angespannt.
Die Tür öffnet sich, und Ava tritt ein. Ihr Blick gleitet über die Szenerie, und sie stockt einen Moment, als sie Eva in ihrem BH sieht. „Oh, okay…“ Es ist eine kleine Pause, aber in ihrem Blick liegt sofort ein stilles Verständnis, das zwischen den beiden so klar und selbstverständlich ist, dass keine Worte nötig sind.
„Ivy, was ist los?“, fragt Ava, als sie sich zu der kleinen, weinenden Ivy beugt.
„Ich hab Bauchweh“, erklärt Ivy mit einer zitternden Stimme, ihre Schmerzen noch immer spürbar. Uli, die alles mitbekommen hat, fügt hinzu, dass auch Eva einiges abbekommen hat und deshalb oben ohne dasteht.
„Okay, Ivy“, sagt Ava, ihre Stimme ruhig und bedacht. „Also, ich würde sagen, du gehst mal mit mir in dein Bett, damit ich dich abhören und abtasten kann. Die Mama kommt mit.“ Sie sieht dann zu Eva und fragt mit einem sanften Lächeln: „Ziehst du dir was an, oder?“
Eva nickt, ihre Worte kaum mehr als ein Flüstern: „Ja, auf jeden Fall ziehe ich mich an nach der Dusche.“
Die drei gehen in Ivys Zimmer, und Ava beginnt vorsichtig, Ivy zu untersuchen. Eva nutzt die Gelegenheit, sich schnell unter die Dusche zu flüchten, um ein wenig Abstand zu gewinnen und ihre Gedanken zu sortieren.
„Bauch ist weich“, sagt Ava, während sie Ivys Bauch abtastet. „Also, es könnte vom Essen kommen oder vielleicht vom Stress.“ Sie sieht Ivy mitfühlend an. „Hast du Stress, Ivy? Belastet dich etwas?“
Ivy schaut zu ihrer Mutter, doch schüttelt dann langsam den Kopf. Die Frage scheint sie zu überfordern, und Ava merkt es sofort.
„Mhm“, sagt Ava nachdenklich, ihre Augen wenden sich nun zu Uli. Sie gibt ihr ein leises Zeichen, dass sie die beiden nun für eine Weile allein lassen soll.
„Ich geh mal nach Eva sehen“, sagt Uli mit einem besorgten Blick, bevor sie leise den Raum verlässt, um sich um Eva zu kümmern.
Allein mit Ivy sitzt Ava ruhig neben ihr, während sie die kleine, von Sorgen geprägte Miene betrachtet. „So, Ivy, erzähl mal, was los ist“, fragt sie sanft, ihre Stimme voller Mitgefühl und Geduld.
Ivy lässt einen langen, schweren Seufzer hören, bevor sie beginnt, ihre Ängste zu teilen. „Mein Papa hat sich nicht richtig verabschiedet, als er weggegangen ist. Und er hat nie Zeit für mich. Er ruft nicht an, und ich… ich glaube, er hat mich nicht mehr lieb.“ Ihre Stimme bricht leicht, als die Trauer und Enttäuschung in ihren Worten mitschwingt.
Ava hört aufmerksam zu und streichelt beruhigend Ivys Arm. „Oh, Ivy…“, sagt sie leise, die Worte sanft wie eine Umarmung. „Aber schau mal, die Mama ist für dich da. Und Eva ist auch immer für dich da. Zwei Mamas zu haben ist doch etwas ganz Besonderes, oder? Sie lieben dich, Ivy, und sie sind immer für dich da. Dein Papa wird sich schon melden bei dir. Er liebt dich, auch wenn er es dir vielleicht nicht zeigen kann.“
Ivy nickt zögerlich, aber es ist klar, dass ihre Zweifel und Ängste nicht einfach verschwinden. Doch in Avas Stimme liegt ein Trost, der die kleine zumindest ein wenig beruhigt.
Währenddessen ist Uli in Evas Zimmer und hat frische Sachen für sie geholt. Sie fühlt sich von der Sorge um Ivy zunehmend überfordert. Ihre Gedanken sind wirr, und die Ängste, die sie nicht in Worte fassen kann, drücken schwer auf ihre Brust. Sie weiß nicht, wie sie all die Schmerzen und Ängste, die Ivy durchlebt, lindern kann.
Es klopft an der Tür. Eva und Uli sehen sich fragend an. Uli steht auf und geht zur Tür, öffnet sie einen Spalt, als sie Ava davor stehen sieht. „Ich hab mit ihr gesprochen“, sagt Ava mit ernster Miene. „Ich hab ihr was gegen die Übelkeit gegeben, aber der Grund ist ein anderer. Wir sollten uns unterhalten.“
Die drei gehen gemeinsam die Treppe hinunter, und Eva geht direkt in die Küche, um Kaffee für alle zu kochen. Der Kuchen ist mittlerweile auch fertig, doch die Atmosphäre ist von einer schweren Anspannung durchzogen. Die Stimmung liegt in der Luft wie ein unsichtbares Gewicht, das keiner von ihnen so recht abschütteln kann.
Alle setzen sich an den Tisch, und Ava beginnt das Gespräch. „Ivy hat mir erzählt, dass sie Jeremy sehr vermisst. Sie fühlt sich verlassen, weil er sie nicht mehr besucht, nicht anruft… Sie glaubt, er liebt sie nicht mehr.“
Uli bricht fast zusammen, als sie diese Worte hört. Tränen steigen in ihren Augen, und der Schmerz, der sie durchströmt, ist beinahe körperlich spürbar. Es ist schwer zu fassen, wie jemand, der ein Kind so sehr braucht, in einer solchen Weise einfach abwesend bleiben kann. „Wie kann man so scheiße zu seinem eigenen Kind sein?“, fragt sie, ihre Stimme von Wut und Verzweiflung durchzogen.
Eva rückt näher, nimmt Uli in den Arm und drückt sie fest. „Du kannst da nichts für“, flüstert sie sanft, ihre Stimme voller Zuneigung und Trost. „Er alleine ist der Arsch.“
Uli schließt die Augen, ihre Schultern sinken ein Stück tiefer, als sie sich von Evas Umarmung stützen lässt. „Ich weiß nicht, was wir tun sollen, Eva“, sagt sie, ihre Stimme jetzt schwach, fast zerbrechlich. „Ivy denkt, es liegt an ihr. Dass er sie nicht sehen will.“
Eva nickt, ihre Entschlossenheit wächst, auch wenn sich die Sorge nicht ganz von ihrem Gesicht vertreiben lässt. „Ihr müsst mit ihr reden, Uli. Du musst ihr sagen, dass er sie nicht sehen will, weil er es nicht kann. Und bereitet euch darauf vor: Der letzte Chemotherapie-Zyklus wird der schwierigste. Seid stark, auch wenn es hart wird.“
Uli nickt, und für einen Moment treffen sich Evas und ihre Blicke – tief und voller Liebe, aber auch von Sorge gezeichnet. „Wir schaffen das, oder?“, fragt Uli, ihre Stimme zittert leicht, aber es ist eine Frage, die nach Sicherheit ruft, nach der Gewissheit, dass sie gemeinsam stark sein können.
Eva schaut ihr tief in die Augen, ihre Hand sanft auf Ulis. „Zusammen schaffen wir alles“, sagt sie mit fester Stimme, der Blick klar und zuversichtlich.
Ava, die das Gespräch ruhig verfolgt hat, schaut die beiden an und fragt dann mit einem leichten, aber warmen Lächeln: „Seid ihr endlich zusammen?“
Beide nicken, und Uli nimmt Evas Hand in ihre. Es ist eine stille Bestätigung, eine tiefere Verbindung, die sich zwischen ihnen etabliert hat – nicht nur als Partnerinnen, sondern auch als starke, verlässliche Unterstützung füreinander und für Ivy. Es fühlt sich wie eine kleine, aber klare Bestätigung all der Gefühle und all der Kämpfe, die sie zusammen durchstehen.
„Schade für mich“, sagt Ava mit einem Lächeln, das jedoch von ehrlicher Freude durchzogen ist. „Aber sehr schön für euch. Das freut mich wirklich. Ihr gebt euch halt, und das braucht ihr auch.“
Ava steht auf, schaut auf die Uhr und sagt: „Ich muss jetzt auch los. Meine Schicht beginnt gleich, und ich muss mich noch vorbereiten. So viel Leid zu sehen, es zieht einen runter.“ Ihre Stimme ist von einer gewissen Müdigkeit geprägt, die nur die kennt, die täglich mit schwierigen und belastenden Situationen konfrontiert sind.
„Danke“, flüstert Eva, ihre Stimme weich und dankbar, während sie Ava in die Augen sieht. Es ist ein stilles Dankeschön für ihre Unterstützung, für die Hilfe und das Verständnis, das sie während des Gesprächs gezeigt hat.
Ava dreht sich noch einmal um, bevor sie zur Tür geht. „Wenn alles überstanden ist, kommst du mal nach Schwerin, Urlaub machen – auf meine Kosten“, sagt Eva mit einem Lächeln, das für einen Moment die Schwere der Situation vertreibt.
Das Angebot von Eva lässt Ava für einen Moment auflachen. „Das klingt sehr gut. Eva, dieses Angebot schlag ich nicht aus.“ Ihre Worte sind von echter Erleichterung und Freude begleitet, und für einen Augenblick scheint das Leben etwas leichter.
Eva und Uli begleiten Ava zur Tür und verabschieden sich herzlich. Doch als die Tür hinter Ava ins Schloss fällt, zieht Uli Eva in eine feste Umarmung. Es ist, als ob der Druck der letzten Stunden in dieser einen Geste zusammenfällt. Uli kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.
„Komm, Schatz, wir gehen hoch“, flüstert Eva sanft, während sie Uli von der Tür wegführt, ihre Hand beruhigend auf ihrem Rücken. Die Worte sind kaum mehr als ein Hauch, aber sie tragen die ganze Zuneigung, die sie füreinander empfinden.
Die beiden setzen sich in Evas Zimmer. Die Atmosphäre ist ruhig, aber der Schmerz und die Sorge über Jeremy und Ivy hängen in der Luft. Uli sieht Eva mit ernster Miene an, als sie das Thema wieder aufgreift. „Wir müssen ihn anrufen, Eva. Er muss endlich herkommen, Ivy öfter besuchen.“ Die Dringlichkeit in ihrer Stimme ist unüberhörbar.
Eva schaut sie an, als ob sie sich noch nicht sicher ist. „Bist du dir sicher, dass er das will, Uli? Du weißt, wie er heute Morgen war. Er wollte doch nie wirklich für sie da sein.“ Der Zweifel in Evas Stimme ist deutlich, ihre Sorge, ob dieser Schritt wirklich helfen wird, ist spürbar.
Uli nickt, ihre Stirn legt sich in tiefe Falten. „Er kann seine Tochter jederzeit besuchen, aber er hat es bisher nie getan. Und ich werde ihn nicht zwingen. Es tut mir leid, aber ich kann es nicht.“ Ihre Stimme klingt entschieden, aber auch von einer traurigen Erschöpfung durchzogen.
Eva atmet tief ein. „Sag Ivy einfach die Wahrheit. Es wird nicht einfach sein, aber sie muss wissen, dass es nicht an ihr liegt, dass er sie nicht sehen will.“ Ihre Worte sind ruhig, aber die Schwere der Situation ist in ihnen spürbar. Es ist nicht nur ein Gespräch, das Ivy schwerfällt, sondern auch für sie selbst.
„Ja“, sagt Uli nach einer Pause, ihre Stimme leise, als ob sie die Last dieses Entschlusses auf ihren Schultern spürt. „Wir müssen uns auf jeden Fall etwas überlegen.“ Ihre Augen sind fest, als ob sie sich für das Wohl ihrer Tochter und ihre Familie in die richtige Richtung bewegen wollen.
Eva nickt und zieht Uli sanft an sich. „Lass uns jetzt Abendessen machen und es uns danach bequem machen“, schlägt sie vor. Es ist eine kleine Geste des Trostes, ein Versuch, inmitten all der Sorgen und Belastungen einen Moment der Normalität und Ruhe zu finden.
Die beiden gehen nach unten und wärmen das Mittagessen auf. Die Küche erfüllt sich mit dem leisen Klicken der Mikrowelle und dem Duft des warmen Essens. Eva umarmt Uli von hinten, ihre Arme legen sich zärtlich um sie, und sie küsst ihren Nacken liebevoll. In diesem Moment scheint die Welt draußen für einen Augenblick stillzustehen, als sie einfach nur füreinander da sind.
Doch als Evas Mutter in die Küche kommt, löst sich Eva abrupt aus der Umarmung. Der Blick ihrer Mutter ist fest und durchdringend, und sie spricht mit einem ernsten Ton: „Eva“, sagt sie, „Verletz die Frau nicht. Sie hat genug Probleme, da musst du nicht noch zu einem werden.“
Eva bleibt ruhig, ihre Augen begegnen denen ihrer Mutter. Ihre Stimme ist bestimmt, als sie antwortet: „Ich würde sie nie verletzen, Mama. Was denkst du von mir? Ich liebe diese Frau und dieses Kind viel zu sehr, um ihnen wehzutun.“ Die Worte tragen die Schwere des Moments, aber auch die Entschlossenheit, die aus Eva spricht.
Evas Mutter schaut sie für einen Moment schweigend an, als ob sie die Bedeutung der Worte abwägt. Schließlich fragt sie mit einem Ton, der gleichzeitig neugierig und vorsichtig ist: „Und warum sagst du uns nicht, dass ihr ein Paar seid?“
Eva atmet tief durch und antwortet ruhig: „Weil wir noch nicht lange zusammen sind, und wir möchten es langsam angehen lassen.“ Ihre Worte sind ehrlich, und es wird klar, dass sie die Situation nicht übereilen will.
Uli und Eva sehen sich an, ein stilles Versprechen in ihren Augen. Sie wissen, dass sie zusammen stark sind und dass sie, egal was kommt, die Herausforderungen gemeinsam meistern können. Es ist ein Moment der Zärtlichkeit und des Verständnisses, der zwischen ihnen entsteht.
Sie sind bereit, gemeinsam durch die schweren Zeiten zu gehen, Hand in Hand.
Uli blickt hin und her zwischen den beiden Frauen, während sie miteinander sprechen, als versuche sie, ihre Worte in sich aufzusaugen. Die Atmosphäre im Raum ist angespannt, besonders in der Küche, wo Eva sich leicht nervös bewegt. Ihre Mutter, die neben ihr steht, scheint ebenfalls etwas angespannt, doch ihre Blicke sind voller Wärme.
„Um ehrlich zu sein“, beginnt Uli und ihre Stimme klingt nun weicher, „Eva liebt mich schon länger, aber ich war mir unsicher. Ich hatte viel im Kopf – die Scheidung, die ganze Situation mit Ivy. Aber wenn ich ehrlich bin, kann ich mir keine bessere Frau an meiner Seite vorstellen als Eva. Sie kümmert sich um Ivy, als wäre es ihr eigenes Kind. Und das habe ich noch nie so erlebt. Es ist wirklich etwas Besonderes.“
Eva hört aufmerksam zu, ihr Herz schlägt schneller, als sie die aufrichtigen Worte von Uli hört. Ihre Mutter schaut sie dann an, ihre Miene etwas weicher, als sie nach einer kurzen Pause antwortet: „Na, dann hoffe ich, dass Eva endlich angekommen ist.“ Sie bewegt sich einen Schritt näher an ihre Tochter heran und legt fast sanft ihren Arm um sie, als würde sie sie vor der ganzen Welt schützen wollen.
„Das bin ich, Mama!“ Eva sagt dies mit einer sanften Überzeugung, als wollte sie bekräftigen, dass sie nun an diesem Punkt angekommen ist, an dem sie sich sicher fühlt. Beide nicken sich gegenseitig zu, als wüssten sie, dass es keinen Zweifel mehr gibt.
Die Mutter von Eva geht langsam zurück ins Wohnzimmer, und Eva und Uli setzen sich an den Tisch, um das Essen zu Ende zu bringen. Während des Essens schaut Eva immer wieder auf ihr Handy, liest Nachrichten, doch Uli beobachtet sie aufmerksam. Es ist, als würde sie sich in den Moment vertiefen, ihr Gesicht, die kleine Unruhe, die ihre Augen verrät – es fasziniert sie.
Als sie das Essen beendet haben und die Küche wieder aufgeräumt ist, gehen sie gemeinsam ins Schlafzimmer. Das Licht ist gedämpft, und während sie sich bettfertig machen, ist eine spürbare Nähe zwischen ihnen. Der Fernseher läuft im Hintergrund, aber es scheint, als ob er für sie beide kaum noch eine Bedeutung hat. Ihre Blicke treffen sich, und sie verlieren sich in den Augen des anderen.
Eva hat nur Augen für Uli, genauso wie Uli nur für sie zu sehen scheint. In diesem Moment gibt es nichts anderes. Es ist, als wäre die Welt um sie herum still geworden, nur noch der Atem des anderen und der leise Klang des Fernsehers, der sie in den Schlaf begleitet.
Ihre Hände suchen sich gegenseitig unter der Decke.
Ulis Hand taucht direkt zwischen Evas Beine ab. „Mmmh“, seufzt sie und zieht Uli zu sich, um sie zu küssen. Währenddessen knöpft Uli Evas Nachthemd über den Hals auf. Sie küsst Evas Brust leidenschaftlich und wild. Sie massiert die Brust sanft, aber fest. Eva wirft ihren Kopf zurück und genießt Ulis Zuneigung. Uli taucht unter die Decke ab und befriedigt Eva.
Evas Blick bleibt unverändert konzentriert, als Uli wieder auftaucht. Sie beugt sich über sie, genießt den Moment, während sie ihre Stirn gegen die Wand lehnt und sich auf die Hand beißt, um das Stöhnen zu unterdrücken.
Sie kommt zum Höhepunkt und lässt sich auf Eva fallen.
„Danke für alles, Eva“, flüstert sie. Ihre Lippen treffen sich wieder, ganz vorsichtig und sanft. Eva leckt über ihre Unterlippe und beißt leicht hinein.
Uli zieht ihren Kopf näher an Evas Gesicht, ihre Lippen fast berührend, und grinst dann verschmitzt. „Du schmeckst so gut“, flüstert sie, ihre Stimme leise und verführerisch.
In diesem Moment, als sie sich noch ein wenig tiefer in den Kuss vertieft, hört ein leises Geräusch. Ivy steht plötzlich im Türrahmen, ihre Augen groß, als sie die Szene vor sich sieht.
Beide Frauen zucken erschrocken zusammen und trennen sich hastig, als sie die unerwartete Anwesenheit von Ivy bemerken.
„Was gibt’s, Ivy? Stehst du schon lange da?“, fragt Uli, versucht ihre Überraschung zu verbergen und ihre Stimme so ruhig wie möglich zu halten.
„Erst seit Eva dich geküsst hat“, antwortet Ivy mit einer Mischung aus Neugier und einem leichten Lächeln. Sie schiebt ihre Hände in die Taschen und schaut zwischen den beiden Erwachsenen hin und her. „Ich hab Hunger“, fügt sie dann hinzu, als wäre das der Hauptgrund, warum sie überhaupt hereingekommen ist.
Uli lächelt und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich mach dir schnell was zu essen, Ivy.“ Sie zieht ihre Schlafsachen an und geht zum Küchenschrank. Eva, immer noch ein wenig verlegen, zieht sich wieder hastig ihr Hemd über und legt sich dann ins Bett, wobei sie Ivy mit einem kurzen Blick folgt.
Ein paar Tage später beginnt Ivys Behandlung wieder. Eva und Uli pendeln täglich zwischen Essen und Recklinghausen, versuchen so gut es geht, Ivys Zustand zu managen, obwohl es ihnen schwerfällt. Ivy weint viel und äußert immer wieder, wie sehr sie nach Hause möchte. Die Situation ist für alle belastend, ihre Kräfte schwinden, und die emotionale Erschöpfung zeigt sich bei jedem einzelnen von ihnen. Ivys Zustand hat sich wieder verschlechtert, und der körperliche Abbau ist kaum noch zu übersehen. Sie verweigert das Essen und Trinken, was bedeutet, dass sie mittlerweile auf Flüssignahrung angewiesen ist, um wenigstens etwas Nährstoff aufzunehmen.
Eva bemüht sich, für Uli stark zu bleiben, doch auch sie fühlt sich zunehmend überfordert und hilflos. Sie hat das Gefühl, an ihre Grenzen zu stoßen, und der ständige Spagat zwischen Arbeit und den Herausforderungen zu Hause lässt ihr wenig Raum zum Durchatmen. Trotz der Belastung muss sie weiterarbeiten, denn das Geld muss rein, auch wenn jeder Arbeitstag ihr noch schwerer fällt.
„Ivy, du hast es bald geschafft, Schatz, und dann bist du wieder gesund“, sagt Uli sanft, während sie Ivys Hand hält, ihre Stimme mit Hoffnung, aber auch mit unsicherer Zartheit. Es ist eine der wenigen Dinge, die sie Ivy noch anbieten kann: Hoffnung.
„Ivy, mein Schatz“, sagt Eva, als sie neben dem Bett sitzt und ihre Hand nimmt. „Wenn du wieder fit bist, fahren wir in den Urlaub. Egal wohin, du darfst aussuchen.“
Ivy zieht schwach eine Miene, die fast wie ein Lächeln aussieht. „Ich möchte nach Paris, zum Eiffelturm und ins Disneyland“, flüstert sie mit einer kindlichen Sehnsucht, die tief in ihrem Herzen vergraben liegt.
„Das machen wir, versprochen!“, sagt Eva, und obwohl ihr Herz schwer ist, versucht sie zu lächeln, um ihre Sorgen zu verbergen. Ivy schließt wieder die Augen und schläft ein, die kleine Hoffnung auf den Urlaub ein leises Versprechen in der Luft.
Eva schlingt ihre Arme um Uli und setzt sich neben sie auf die Bettkante. Die Last der letzten Tage ist schwer, aber sie will die Momente mit Uli nicht verlieren. „Ich möchte, dass wir irgendwann heiraten“, sagt Eva leise und nimmt Ulis Hand, ihre Stimme ruhig, aber mit einer tiefen Sehnsucht. „Damit du finanziell abgesichert bist, mit Ivy. Und natürlich, weil ich dich liebe.“
Ihre Stimme bricht, als sie fortfährt, der Schmerz und die Sorge sind kaum noch zu ertragen. „Aber ich möchte sicherstellen, dass ihr alles habt, falls ich nicht mehr da bin.“
Uli schaut sie erschrocken an, als ob sie das nicht wirklich hören will. „Eva, ich heirate dich doch nicht nur wegen des Geldes“, sagt sie mit einer Mischung aus Unverständnis und Sorge.
„Nein, Uli. Wir heiraten, weil wir uns lieben!“ Eva drückt ihre Hand fester, das sanfte Lächeln auf ihren Lippen bleibt, auch wenn ihre Augen feucht sind. „Und weil ich mich um euch sorge.“ Ihr Blick ist fest, als sie weiter spricht: „Wenn mir etwas passiert, gehen meine Immobilien und mein Geld an meine Eltern oder meinen Bruder. Das möchte ich nicht. Ich möchte, dass du alles bekommst, was dir zusteht.“
Uli nickt, und ihre Augen füllen sich mit Tränen, als sie den Ernst in Evas Worten erkennt. Sie legt ihren Kopf an Evas Schulter und flüstert: „Ich liebe dieses Kind so sehr“, die Tränen in ihrer Stimme. „Und dass wir ihr nicht mehr helfen können, bricht mir das Herz.“
In diesem Moment bricht Eva zusammen, ihre Tränen können nicht mehr zurückgehalten werden. Der Kummer und die Angst überfordern sie, und sie lässt sich einfach fallen. Uli zieht sie ganz fest an sich und hält sie, während Eva sich in ihren Armen verkriecht, um Trost zu finden.
Gerade als die Tränen langsam nachlassen, kommt Ava ins Zimmer, sieht die beiden zusammengekuschelt und weiß sofort, was los ist.
„Okay, Leute, ich weiß, das ist schwer, auch für mich“, sagt Ava mit einem ernsten Blick, während sie ihre Freunde ansieht. „Bitte geht auf den Flur.“ Sie nimmt beide behutsam mit hinaus, die Spannung zwischen ihnen greifbar. „Kommt mit in mein Büro.“
Als sie im Büro sind, setzt sich Ava an ihren Schreibtisch und schaut Uli und Eva an, ihre Augen weich und verständnisvoll. „Jetzt lasst alles raus, aber nicht vor dem Kind.“
Eva atmet tief durch und schaut dann zu Uli, bevor sie langsam spricht: „Es ist so schwer. Ich kann nur erahnen, wie es dir geht, Uli. Als Mutter dein Kind leiden zu sehen und nicht wirklich helfen zu können – es zerreißt mich.“
Ava nickt, ein mitfühlender Ausdruck in ihrem Gesicht. „Ich hab dich so noch nie gesehen, Eva. Und es verletzt mich, dass es dich auch so mitnimmt.“
„Und das ist ein Problem“, fährt Ava fort und verschränkt ihre Arme. „Ich dürfte Ivy eigentlich nicht weiter behandeln, weil ich emotional zu sehr involviert bin.“
„Nein!“ Eva ruft die Worte fast verzweifelt aus. „Du musst sie weiter behandeln. Sie vertraut dir, und wir vertrauen dir! Ich vertraue dir! Du weißt, wie wichtig du mir bist und wie nah wir uns waren. Es gibt niemanden, dem ich so sehr vertraue wie dir.“ Sie schaut zu Uli und fügt leise hinzu: „Außer Uli natürlich. Aber bitte, behandle sie weiter.“
Ava sieht die beiden lange an, dann nickt sie langsam. „Na gut, aber reißt euch zusammen. Weint zuhause, habt Sex zur Ablenkung oder lasst euren Frust an dem Vater raus! Der ist wirklich das Letzte. Ich möchte ihn kaum ‚Vater‘ nennen. Sein Kind so im Stich zu lassen – ich kann das wirklich nicht verstehen.“
Eva wischt sich die Tränen ab und trocknet auch Ulis Augen mit einem sanften Lächeln. Dann zieht sie Uli zu sich und gibt ihr einen feuchten Kuss, der all die Sorgen, die zwischen ihnen stehen, zu durchbrechen scheint. „Wir schaffen das“, flüstert sie, während sie ihre Nase hochzieht, um die letzten Tränen wegzuwischen.
Die beiden verlassen Avas Büro und gehen zurück ins Zimmer von Ivy. Wie an jedem Tag setzen sie sich ans Bett, von morgens bis abends, wobei der Schmerz und die Hilflosigkeit ihnen immer wieder ins Gesicht geschrieben stehen. Es ist eine Herausforderung, nicht nur für Ivys Zustand, sondern auch für ihre Beziehung.
Eva muss für ein paar Tage nach Schwerin reisen, was einen weiteren Bruch in ihrem Alltag darstellt. Sie fährt mit dem ICE und lässt Uli das Auto zurück, damit sie zumindest vor Ort mobil bleibt und die Zeit ohne sie so gut wie möglich überstehen kann.
Der Abschied schmerzt beide, aber sie wissen, dass die andere auf sie wartet. Als Eva am Bahnhof steht, kurz bevor ihr Zug einfährt, zieht sie Uli fest in ihre Arme und flüstert: „Ich vermisse dich jetzt schon.“ Ihre Stimme ist weich, aber der Schmerz in ihren Augen ist deutlich zu sehen.
„Und ich dich, Eva“, antwortet Uli leise, ihre Worte ebenso von Sehnsucht erfüllt. „Wir telefonieren und schreiben, es wird schnell vorbeigehen.“
Als der Zug endlich einrollt, küssen sich beide leidenschaftlich. Es ist ein Kuss, der all die unerzählten Gefühle, die Sorgen und die Liebe, die sie füreinander empfinden, in diesem einen Moment bündelt. Eva zieht sich schließlich schweren Herzens von Uli zurück und steigt in den Zug.
Für Eva fühlt sich dieser Abschied anders an. Zum ersten Mal hat sie das Gefühl, in einer Beziehung zu sein, die auf Augenhöhe basiert, mit jemandem, dem sie voll und ganz vertraut und dem sie ihr Herz anvertraut hat. Sie weiß, dass sie diesen Menschen nie wieder verlieren will. Während der halben Zugfahrt denkt sie an Uli und an Ivy, an das, was sie gerade durchmachen, und an die vielen kleinen Momente, die sie zusammen haben.
Am Bahnhof in Schwerin angekommen, nimmt Eva ein Taxi zum Hotel. Es fühlt sich seltsam an, wieder an diesem Ort zu sein – wie ein kurzer Abstecher in ein früheres Leben, das sie nun hinter sich lassen will.
„Willkommen, Chefin!“, wird sie von Raik begrüßt, als sie das Hotel betritt. „Schön, dass Sie wieder da sind.“
„Danke, ich freu mich auch auf ein paar Tage. Mal sehen, wie lange ich es aushalte“, denkt sie sich. Sie weiß, dass ihre Gedanken immer wieder bei Uli und Ivy sein werden, aber sie muss sich jetzt auf die Arbeit konzentrieren.
Eva setzt sich an ihren Schreibtisch und arbeitet sich durch die liegengebliebenen Sachen. Doch irgendwann verspürt sie den Drang, Uli zu schreiben. Sie tippt eine Nachricht:
„Bin angekommen und beginne direkt mit der Arbeit, damit ich schnell zurück zu euch kann.“
Wenig später kommt die Antwort:
„Ich vermisse dich, Eva. Es ist ruhig, und Ivy schläft wieder. Ihr Zustand ist stabil“, schreibt Uli.
„Ich ruf dich später aus dem Bett an. Ich liebe dich“, schreibt Eva, während sie ein warmes Lächeln aufsetzt, das jedoch nicht ganz die Leere in ihrem Herzen vertreiben kann.
„Ich liebe dich auch, Eva“, antwortet Uli.
Eva lässt sich wieder in die Arbeit fallen. Sie hat eine grobe Übersicht der Aufgaben vor sich und bearbeitet sie nacheinander. Doch ihre Gedanken wandern immer wieder zu Uli und Ivy, zu dem Leben, das sie gerade hinter sich gelassen hat.
Plötzlich klopft es an der Tür. Eva schaut auf und sieht Pit, der mit einem Tablett Essen hereinkommt.
„Hat Uli bestellt“, sagt er, als er das Essen auf den Tisch stellt. Eva lächelt und bedankt sich bei ihm. Die Geste ist wie ein kleiner Trost, während sie sich hungrig und zugleich etwas einsam fühlt.
Nachdem sie in Ruhe alles fertig hat, schickt Eva Uli ein Bild vom Essen. Sie kann es sich nicht verkneifen, über die Situation nachzudenken. Unglaublich, diese Frau, denkt sie sich, und isst dabei genüsslich, auch wenn ihre Gedanken immer bei Uli und Ivy sind.
Später geht Eva hinunter, um ihre gewohnte Runde durch das Hotel zu drehen. In der Lobby trifft sie auf Jeremy. Sein Blick ist kalt, und ihrer ist ebenso ernst.
„Wo haben Sie denn meine Frau gelassen?“, fragt er, seine Stimme steif und herausfordernd.
„Die Frage ist doch wohl nicht ernst gemeint, oder?“, entgegnet Eva mit gleicher Härte. „Die sitzt am Bett ihrer schwerkranken Tochter!“, schreit sie ihn an. Die Wut in ihr bricht durch, und sie hat kaum noch die Kontrolle über ihre Gefühle. „Wissen Sie eigentlich, wie schlecht es Ihrer Tochter geht? Und was Sie ihr für einen Stress zufügen?!“
Jeremy starrt sie ungläubig an, als wäre er von ihren Worten überrumpelt. Eva lässt sich nicht einschüchtern. „Ich hasse Sie wirklich abgrundtief! So einen widerlichen Menschen wie Sie habe ich noch nie erlebt. Und es darf ruhig jeder mitkriegen, was für ein Vater Sie sind!“
„Na, wenn jeder wissen darf, was für ein Vater ich bin, dann darf auch jeder wissen, was für eine Chefin Sie sind“, entgegnet Jeremy, und sein Blick wird noch schärfer.
„Sich an verheiratete Frauen ranmachen und es mit ihr treiben, während das Kind im Krankenhaus liegt…“, spuckt er die Worte aus, die voller Verachtung und Wut sind.
Eva lacht laut und schaut Jeremy mit einer Mischung aus Wut und Hohn an. „Das sagt der Vater, der nicht mal ins Krankenhaus geht, aber sich aufregt, wenn die Ex-Frau sich von all dem Stress ablenken will!“ Ihre Worte sind scharf, und ihre Stimme trägt den ganzen Ärger und die Frustration der letzten Wochen.
„Und sie waren vorher schon nicht für sie da! Das wissen Sie genauso gut wie ich. Sie sind einfach ein widerlicher Mensch!“, fährt sie fort, ohne sich von Jeremys starrer Miene beeinflussen zu lassen. Sie lässt ihren Zorn freien Lauf, der sich über all die Monate des Missbrauchs und der Vernachlässigung in einem Moment entlädt.
„Und es kann ruhig jeder wissen, dass ich mit Uli zusammen bin!“, ruft Eva noch lauter. „Wird sowieso jeder mitkriegen, da ich seit Wochen bei ihrer Tochter am Bett sitze, für sie da bin und gerne Zeit mit ihr verbringe.“ Ihre Worte sind wie ein Bekenntnis, ein Aufbegehren gegen all die Unwahrheiten und den Schmerz, der sie seit so langer Zeit umgibt.
„Verschwinden Sie aus meinen Augen, bevor ich mich gleich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle habe!“, brüllt sie, der Zorn lässt ihre Stimme zitternd werden. In diesem Moment fühlt sie sich von allem und jedem erdrückt, und doch kann sie nicht anders, als sich zur Wehr zu setzen.
Paolo, Linh, Maria und Lara schauen sich erschrocken an, ihre Gesichter spiegeln die Unsicherheit wider, die in der Luft liegt. Es ist ein Moment voller Spannung, in dem jeder weiß, dass Eva kurz davor ist, sich selbst völlig zu verlieren.
Paolo geht ruhig dazwischen und schickt Jeremy zurück an seine Arbeit. „Kommen Sie mal mit“, sagt er zu Eva, seine Stimme ruhig, aber bestimmt, während er sie sanft, aber bestimmt ins Backoffice führt.
Als sie dort sind, lässt Evas Anspannung nach, und mit einem tiefen, schweren Atemzug bricht es aus ihr heraus. Ihre Tränen, die sie so lange zurückgehalten hat, strömen nun, unaufhaltsam. „Entschuldigung“, schluchzt sie, ihre Stimme zerbricht.
„Nein, das war wichtig, dass Sie ihm das sagen“, sagt Maria mitfühlender und stellt sich neben Eva. „Wir haben uns schon alle gewundert, wo Sie sind“, fügt Linh hinzu und streichelt Evas Arm. „Jetzt wissen wir es.“
Die Sorge in ihren Augen und die stille Unterstützung der anderen beruhigen Eva ein wenig. Trotzdem fühlt sich alles in ihr überwältigend an – die Situation mit Ivy, der ständige Druck und die Anspannung. Doch sie weiß, dass sie nicht allein ist.
„Wie geht es Ivy?“ Diese Frage kommt gleichzeitig von allen vier Kollegen. Es ist eine Frage, die sie mitfühlend und aus tiefem Interesse stellen, und Eva spürt die Zuneigung, die darin steckt.
„Schlecht. Sehr schlecht“, sagt Eva mit zitternder Stimme. „Ein ganz schlimmer Anblick, einfach die Situation. Es ist kaum auszuhalten.“ Sie schließt die Augen für einen Moment, die Bilder von Ivy und Uli vor sich. „Uli geht es ganz schlecht. Das können Sie sich nicht vorstellen.“
Maria nickt langsam, und Linh legt beruhigend ihre Hand auf Evas Schulter. „Doch, Frau de Vries. Deshalb fragen wir“, sagt sie mitfühlend. Es ist eine Bestätigung, dass sie die Schwere von Evas Situation verstehen, auch wenn sie es sich nicht ganz vorstellen können.
Eva holt tief Luft und richtet sich dann wieder auf. „Ich muss die Scheiße hier jetzt fertigarbeiten und dann fahr ich wieder“, sagt sie mit einem entschlossenen Unterton. „Es gibt keinen anderen Weg. Ich kann es mir nicht leisten, hier hängen zu bleiben.“
„Falls meine Chefs anrufen, ich bin da oder kümmere mich noch um meine Mutter“, fügt sie hinzu, während sie sich wieder an die Arbeit macht.
„Was ist mit Ihrer Mutter?“ Diese Frage kommt aus der Runde der Kollegen, die mitfühlend und zugleich neugierig sind.
„Nichts, aber ich kann schlecht sagen, dass ich um das Kind meiner Freundin kümmern muss. Dafür haben die überhaupt kein Verständnis – und für die Beziehung zu Uli auch nicht“, erklärt Eva und setzt dabei ihre Arbeit fort. Sie kann spüren, wie die Last der Verantwortung auf ihren Schultern drückt, und wie schwer es ist, ihre eigenen Bedürfnisse zu artikulieren, während alles um sie herum zusammenzubrechen scheint.
„Da kümmern wir uns später drum, wenn es Ivy wieder besser geht.
Eva nickt dankbar, auch wenn die Aussicht auf eine bessere Zukunft für Ivy in weiter Ferne zu liegen scheint. „Drückt bitte alle die Daumen, dass sie dann geheilt ist“, sagt sie, ihre Stimme hoffnungsvoll und zugleich von tiefer Traurigkeit durchzogen. Sie weiß nicht, was die Zukunft bringen wird, aber in diesem Moment ist es das Einzige, was sie sich wirklich wünschen kann.
„Fahren Sie doch jetzt wieder zurück, wir können das hier auch alles übernehmen“, schlägt Lara mit einem freundlichen, aber entschlossenen Ton vor.
Eva schüttelt den Kopf und antwortet: „Schön wäre es, aber leider sind das alles Dinge, die ich nur selbst regeln kann. Ich hoffe wirklich, dass ich es schaffe, alles in der halben Nacht zu erledigen, damit ich morgen wieder weg bin und mich um Uli kümmern kann.“
„Melden Sie sich, wenn Sie Hilfe benötigen. Wir sind die ganze Nacht da“, bietet Lara an, wobei sie sich sichtlich bemüht, Eva zu unterstützen.
„Das ist lieb von Ihnen, aber gegen 23 Uhr wäre es toll, wenn Sie mir Kaffee und etwas zu essen bringen könnten – nichts Großes, einfach Fingerfood. Das würde mir schon sehr helfen.“ Eva wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, die schon längst den Weg über ihre Wangen gefunden haben, und sieht dann Paolo an, der vor der Tür steht. „Ja, das geht in Ordnung“, antwortet er und verlässt das Büro, um die Bestellung zu besorgen.
Als er fort ist, setzt sich Eva wieder an ihren Schreibtisch, öffnet die Abrechnungen und Buchungen und taucht tiefer in die Arbeit ein. Ihre Hände fliegen förmlich über die Tastatur, während sie Rechnungen bezahlt und alles Erledigte abkreuzt. Ab und zu klingelt ihr Telefon, und sie spricht mit Uli, die allein im Bett liegt, nachdenklich auf die leere Bettseite blickend. Eva versucht, sie mit ihren Worten zu beruhigen, obwohl ihr eigenes Herz auch schwer ist.
Gegen 2 Uhr morgens beginnen ihre Augen schwer zu werden. Die Müdigkeit überkommt sie, aber sie hält durch, da sie weiß, dass sie fast fertig ist. Endlich, nach vielen Stunden, hat sie es geschafft. Alles ist erledigt, jede Aufgabe abgehakt. Sie lehnt sich zurück, atmet tief durch und fühlt sich für einen Moment erleichtert.
Sie zieht sich schnell um, legt sich ins Bett und stellt den Wecker auf 5 Uhr, um den Zug gegen 6 Uhr zu erwischen. Der Schlaf, wenn auch kurz, tut ihr gut.
Am Morgen springt sie aus dem Bett, erfrischt sich und zieht frische Sachen an, bevor sie nach unten geht. „Ich bin wieder weg. Schönen Feierabend und danke!“ sagt sie, als sie sich von den Kollegen verabschiedet und sich schon auf den Weg macht.
„Stop, hier für Sie aus der Küche für unterwegs“, ruft Linh ihr hinterher und reicht ihr eine Dose mit Snacks und Getränken. Eva bleibt stehen, lächelt dankbar und nimmt das Angebot entgegen. „Danke sehr!“ sagt sie, bevor sie sich noch einmal umdreht.
„Melden Sie sich, wenn etwas Wichtiges sein sollte.Wir sind jederzeit erreichbar“, ruft Linh ihr nach, und Eva nickt, um zu zeigen, dass sie es gehört hat.
Schnell verlässt sie das Hotel , ruft ein Taxi und fährt zum Bahnhof. Ihr Ziel ist klar: so schnell wie möglich zurück zu Uli und Ivy, um ihre Familie zu unterstützen. Im Zug schläft sie leicht, und bevor sie es merkt, ist sie schneller als erwartet in Essen angekommen. Sie bestellt ein Taxi, das sie direkt zum Krankenhaus bringt.
Als Eva das Krankenhaus betritt, geht sie mit schnellen, entschlossenen Schritten den langen Gang entlang und öffnet Ivys Tür. Der Blick auf Uli lässt ihr Herz einen Moment schneller schlagen. Sie geht auf sie zu, und ohne ein Wort zu verlieren, küssen sie sich leidenschaftlich, als ob sie sich nie wieder loslassen wollen. Sie drücken sich fest, und in diesem Moment flüstert Eva, ihre Stimme fast zittrig vor Erleichterung: „Endlich…“
Dann dreht sich Eva zu Ivy und begrüßt sie mit einem fröhlichen Lächeln. „Na, Süße, wie geht’s dir?“ fragt sie, ihre Hand sanft über Ivys Arm streichelnd. Doch als sie das schwache Lächeln von Ivy sieht und ihren Zustand erkennt, wird ihr schmerzlich klar, dass es noch nicht vorbei ist, dass Ivy noch immer in einer schwierigen Verfassung ist.
„Bald ist es geschafft, und dann kommst du nach Hause“, sagt Eva sanft, während sie Ivys Hand nimmt und sanft darüber streichelt. In diesem Moment fühlt sie, wie wichtig es ist, an Ivys Seite zu sein, auch wenn es noch so lange dauern mag, bis alles wieder gut ist.
„Du bist so stark, Ivy. Ich bin wirklich stolz auf dich! Du machst das so toll und bist so tapfer“, flüstert Eva, ihre Stimme von aufrichtiger Bewunderung erfüllt, während sie Ivys Hand festhält.
Uli sitzt ruhig neben ihr, ihre Hand immer noch auf Evas Rücken, streichelnd und beruhigend, während sich die beiden in einem stillen Moment der Verbundenheit unterhalten. Der Raum scheint von einer warmen, friedlichen Stille umgeben zu sein, die nur durch ihre leisen Worte und die Nähe zueinander durchbrochen wird.
Plötzlich betritt Ava das Zimmer und bringt eine Nachricht mit. „Ivy bekommt morgen ein kleines Mädchen aufs Zimmer. Vielleicht ist das gar nicht so schlecht, wenn sie mal wieder Kontakt zu jemandem in ihrem Alter hat“, erklärt sie, während sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen in den Raum tritt.
Eva sieht Ava an, doch plötzlich regt sich in ihr ein kleines, unerklärliches Gefühl. Etwas, das sie nicht ganz einordnen kann. Die Worte von Ava klingen belanglos, aber sie fühlt, dass da mehr dahinter steckt. Sie spürt ein Flattern in ihrer Brust, das sie nicht ignorieren kann. Als Ava wieder geht, folgt Eva ihr.
„Was ist los, Ava? Irgendwas ist an der Sache dran“, fragt Eva mit einer neu aufkeimenden, fast besorgten Neugier, während sie ihrer Freundin in den Gang folgt.
Ava bleibt stehen und dreht sich zu Eva um. Ihre Augen treffen sich, und Eva spürt, dass Ava ihr etwas Wichtiges mitteilen möchte. „Das kleine Mädchen ist pakistanischer Abstammung, und die Eltern sind sehr religiös“, erklärt Ava mit einem Blick, der mehr sagt, als ihre Worte vermögen. „Du weißt, was das heißt, oder?“
Eva nickt langsam und schließt für einen Moment die Augen, als ein unbehagliches Gefühl in ihr aufsteigt. Sie hat eine Ahnung, wohin diese Unterhaltung führt. „Das kann ja interessant werden“, murmelt sie leise, während ihre Gedanken sich überschlagen. Es gibt eine spürbare Anspannung in der Luft.
„Viel schlimmer ist, dass das Mädchen kaum Rückhalt von ihrer Familie bekommt. Sie hat noch einen Bruder, der trotz ihrer schweren Krankheit immer im Mittelpunkt steht. Es ist wirklich schlimm. Die Kleine hat das Gröbste überstanden, Gott sei Dank, aber nicht durch die Hilfe ihrer Familie“, erzählt Ava mit gedämpfter Stimme, als ob sie nicht zu viel über das Schicksal dieses Mädchens sprechen möchte. Ihre Worte lassen eine düstere Wahrheit durchscheinen.
Eva hört aufmerksam zu und nickt nachdenklich. „Das ist furchtbar“, murmelt sie. „Es ist schwer zu verstehen, wie Menschen so handeln können, vor allem, wenn es um ein Kind geht.“ Sie zieht Ava plötzlich in eine Umarmung, als wollte sie ihr für die traurigen, aber wichtigen Informationen danken.
„Danke“, sagt Eva leise, und für einen Moment sind die beiden einfach nur still, eingehüllt in das Gefühl der Zuneigung und des Mitgefühls.
„Okay, Eva, geh zu deiner Familie zurück, bevor uns noch jemand sieht“, flüstert Ava schließlich und löst die Umarmung mit einem kleinen Schmunzeln.
Eva zieht zurück und grinst leicht. „Man darf sich wohl noch bedanken“, erwidert sie, und ein Hauch von Leichtigkeit kehrt in den Raum zurück.
Wieder bei Uli und Ivy, bemerkt Eva, dass Uli sie irritiert ansieht. „Erzähl ich dir später im Auto“, sagt Eva, als sie Ulis Hand ergreift. Sie setzt sich wieder zu den beiden, und die Atmosphäre im Raum verändert sich von einem Moment der Intensität hin zu einer entspannteren Stimmung. Gemeinsam spielen sie ein Spiel, lachen und genießen diese kleine Auszeit, während sie sich gegenseitig unterstützen.
„Wir kommen morgen früh wieder, Schatz“, sagt Uli schließlich, als es Zeit wird, sich zu verabschieden. Sie beugt sich vor und küsst Ivy sanft auf die Stirn, während Eva sich ebenfalls von Ivy verabschiedet, ihre Hand einen Moment länger haltend. „Pass gut auf dich auf, Ivy. Wir sehen uns morgen“, sagt sie und schenkt ihr ein warmes, beruhigendes Lächeln.
„Ich nehme meinen Koffer“, sagt Eva mit einem Lächeln, während sie sich von Uli löst. Ihre Gedanken sind bei dem kleinen Mädchen, von dem Ava ihr erzählt hat, und der Situation, die sie so beschäftigt. Als sie aus dem Krankenhaus geht, scheint der Tag trotz der vielen Ereignisse noch nicht ganz abgeschlossen.
„Ich habe Ivy übrigens neue Schlafanzüge bestellt, die müssten heute angekommen sein“, sagt sie beiläufig, während sie mit Uli ins Auto steigt. „Und ich hab mir neue Blusen bestellt. Brauchst du noch etwas, Schatz?“
Uli schaut sie mit einem liebevollen Lächeln an und streichelt sanft ihre Hand. „Ich habe dich, das reicht mir. Du bist wirklich nicht anspruchsvoll, Schatz“, sagt Eva mit einem fast bewundernden Unterton.
Eva lächelt und fährt nach Hause, doch ihre Gedanken schweifen immer wieder zu dem kleinen Mädchen und der Familiengeschichte, die Ava ihr erzählt hat. Sie kann nicht umhin, sich zu fragen, wie es für das Mädchen weitergehen wird.
Vor der Haustür bemerkt Eva, dass ihr Bruder auch zu Besuch ist. „Guten Abend“, ruft sie fröhlich, als sie ins Haus tritt.
„Du bist ja schon wieder da“, sagt ihr Vater überrascht und blickt sie von der Couch aus an.
„Ja, ich habe alles abgearbeitet und bin direkt zurückgefahren“, erklärt Eva und zieht ihren Koffer hinter sich her. „Ach, ich habe noch Briefe von dir im Koffer“, fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu.
„Ich geh mal waschen und den Koffer auspacken“, sagt Eva, während sie die Briefe vom Anwalt abgibt und gleichzeitig ihre Wäsche in die Waschmaschine legt. Auch die Schlafanzüge für Ivy landen schnell im Wäschekorb. Alles muss schnell erledigt werden, damit der Abend ruhig verläuft.
Uli hat inzwischen etwas Schnelles gekocht, und sie setzen sich alle gemeinsam an den Tisch. Es ist eine angenehme, vertraute Atmosphäre, in der sich die Familie wieder einmal für einen Moment versammelt hat.
Während des Essens erzählt Eva von dem kleinen Mädchen, das bald Ivys Zimmer teilen wird. „Ich bin gespannt, wie die Eltern auf uns reagieren werden“, sagt sie nachdenklich, während sie sich einen Löffel Suppe nimmt.
„Na, ihr fallt im Krankenhaus ja nicht übereinander her, also werden die wohl kaum checken, dass ihr ein Paar seid“, sagt Evas Mutter mit einem schmunzelnden Blick und einem verschmitzten Lächeln.
„Also, wir halten Händchen oder umarmen uns. Ganz unauffällig sind wir nicht. Und das wollen wir auch gar nicht“, sagt Eva mit einem Lächeln und nimmt Ulis Hand, die warm und sicher in ihrer liegt. „Es darf ruhig jeder sehen, dass wir uns lieben.“
Uli erwidert den Blick, und für einen Moment sind sie sich in ihrer kleinen, stillen Welt einig. Es ist ihnen nicht wichtig, was andere denken. Sie sind zusammen, und das ist alles, was zählt. Ihre Liebe ist kein Geheimnis, sondern ein Teil ihrer gemeinsamen Geschichte, die sie stolz tragen. Die Familie sitzt still um den Tisch, aber die Wärme in diesem Moment sagt mehr als Worte.
Die beiden gehen ins Bett und kuscheln sich eng aneinander. Eva zieht Uli zärtlich zu sich, streichelt ihr Gesicht und lässt ihre Finger sanft über ihre Haut gleiten. Dann legt sie ihre Lippen langsam auf Ulis. Der Kuss ist sanft, beginnt sich jedoch immer mehr zu vertiefen. Ihre Zungen finden sich, verschmelzen zärtlich miteinander. „Ich hab dich so vermisst“, flüstert Eva, ihre Stimme leise und voller Sehnsucht, bevor sie Uli leidenschaftlicher küsst. Ihre Hand wandert behutsam in Ulis Nacken, während Ulis Hand sich sanft um Evas Hals legt. Uli erwidert den Kuss tief und voller Liebe.
„Ich liebe dich, Eva“, murmelt Uli mit einem warmen Lächeln, während sie sich eng an Evas Brust schmiegt, als wolle sie in ihr verweilen.
„Ich liebe dich auch“, flüstert Eva und zieht Uli noch fester an sich, spürt das Herz ihrer Freundin in einem beruhigenden Rhythmus gegen ihre eigene Brust schlagen.
Am nächsten Morgen ist es Uli, die das Frühstück vorbereitet. Eva duscht sich schnell und packt alles in Dosen, damit sie das Essen ins Krankenhaus mitnehmen können. Sie ist nach wie vor mit den Gedanken bei Ivy und dem kleinen Mädchen, das heute ihr Zimmer teilen wird.
„Guten Morgen“, begrüßt Eva Uli, als sie in die Küche kommt, und drückt ihr einen sanften Kuss auf die Wange. „Hast du wieder Essen für das ganze Krankenhaus eingepackt, Schatz? Falls Ivy Hunger bekommt…“, fragt sie schmunzelnd.
Uli lacht leise und nickt. „Na klar, damit wir auf alles vorbereitet sind. Die Dosen sind voll – falls sie wirklich Hunger hat“, sagt sie und steckt die letzten Sachen in eine Tasche.
Eva schüttelt schmunzelnd den Kopf und steckt die Dosen in ihre Tasche. „Dann können wir ja los.“
„Bis heute Abend!“, ruft Eva ihren Eltern im Wohnzimmer zu, während sie und Uli das Haus verlassen.
Im Krankenhaus angekommen, betreten sie Ivys Zimmer. Das kleine Mädchen ist bereits dort, und als sie die beiden sieht, reagiert sie mit einem schüchternen, aber stolzen „Meine Mamas“.
Eva schaut Uli kurz irritiert an, aber dann nickt sie nur, ein leises Lächeln auf den Lippen. Es ist eine Momentaufnahme von ihrer eigenen Welt, und doch spüren sie beide, dass sie diese neue Herausforderung annehmen müssen.
„Hast du Hunger, Schatz?“, fragt Eva sanft, ihre Stimme zärtlich, doch Ivy schüttelt nur den Kopf und murmelt leise: „Nein, ich möchte nichts.“
Eva verdreht innerlich genervt die Augen. Sie weiß, wie schwer es ist, Ivy zum Essen zu bewegen, doch sie sagt nichts. Sie will keine Konflikte, besonders nicht an diesem Tag.
Das kleine Mädchen beobachtet sie weiterhin mit einem vorsichtigen Blick, klammert sich an ihr Plüschtier, als wolle es ein Stück Sicherheit und Trost finden.
Plötzlich geht ohne Klopfen die Tür auf, und ein Mann Anfang 50 tritt ein, gefolgt von einer Frau in den 30ern und einem Jungen. Der Junge sieht etwas älter aus als Ivy, trägt schicke Markenklamotten und ist völlig in sein Handy vertieft, als ob er sich nicht wirklich um die neue Umgebung oder die Leute im Raum kümmern würde. Eva und Uli tauschen einen Blick, beide spüren die Spannung, die mit dem Betreten dieser neuen Gäste verbunden ist.
„Guten Tag“, begrüßt Eva die Familie höflich, als sie das Zimmer betritt.
„Tag“, erwidert der Mann knapp, ohne sie anzusehen. Die Frau mit Kopftuch bleibt wortlos und setzt sich an das Bett ihrer Tochter.
Eva und Uli tauschen einen kurzen Blick. Die Atmosphäre im Raum verändert sich schlagartig, eine Spannung liegt in der Luft.
„Mama, wann darf ich nach Hause?“, fragt Ivy leise und sieht Uli mit großen Augen an.
Uli streicht ihrer Tochter sanft über die Stirn. „Nächste Woche, Schatz. Wenn alles gut läuft, dann kannst du nach Hause.“
Während Uli, Eva und Ivy sich unterhalten und ein Spiel spielen, spricht die andere Familie leise auf Arabisch miteinander. Doch Eva spürt die abwertenden Blicke – sie kennt sie nur zu gut. Homophobie ist für sie nichts Neues, und sie hat längst gelernt, sich nicht daran zu stören.
„Ich freu mich, wenn wir in Schwerin sind. Dann kann ich endlich meine Freunde wiedersehen“, sagt Ivy strahlend.
Eva lächelt und drückt kurz ihre Hand. „Erstmal bleiben wir aber noch hier. Und wenn Ava uns das Okay gibt, dann könnt ihr zurück nach Schwerin ziehen.“
Uli nickt und streichelt Evas Rücken. Es ist eine kleine, aber bedeutungsvolle Geste.
Plötzlich beginnt der Mann laut zu beten, sein Blick dabei unverhohlen auf Eva und Uli gerichtet. Die Worte hallen durch das Zimmer, und es ist klar, dass das Gebet nicht nur Gott gilt, sondern auch eine Botschaft an die beiden Frauen ist.
Eva und Uli tauschen einen vielsagenden Blick. Was für ein Theater.
„Mama, kannst du Ava mal fragen, ob sie die Mundspülung hat? Es tut noch weh“, murmelt Ivy leise.
„Natürlich, Schatz“, sagt Uli sanft.
Während Uli zu Ava geht, fragt sie auch, ob Ivy etwas essen darf. Ava begleitet sie zurück ins Zimmer – und spürt sofort die angespannte Atmosphäre. Sie wirft Eva einen kurzen Blick zu. Drei lesbische Frauen im Raum – wenn die wüssten… Doch niemand von ihnen sagt etwas.
Sie haben gelernt, dass manche Dinge keine Worte brauchen.
„Also, Ivy, versuch es erstmal mit Pudding, nichts Saures oder Hartes“, sagte Ava mit sanfter Stimme, während sie die Akte schloss und die Kleine aufmunternd ansah. „Dein Magen muss sich erst einmal erholen.“ Dann wandte sie sich an Eva und fügte hinzu: „Mach bitte das Fenster auf, die Luft ist stickig hier.“ Ihr Blick blieb an Eva hängen, ein sanftes Lächeln auf den Lippen.
Eva seufzte leise, während sie sich erhob und zum Fenster ging. Die stickige Krankenhausluft war ihr schon seit ihrer Ankunft unangenehm gewesen. Sie öffnete es einen Spalt, und ein kühler Luftzug brachte eine leichte Erleichterung.
„Wann kann Ivy nach Hause?“, fragte sie dann leise und sah Ava mit ernster Miene an. Ihre Stimme war ruhig, doch die Anspannung war nicht zu überhören. „Lang halte ich das hier nicht aus“, flüsterte sie fast beiläufig, während ihr Blick über die kahlen weißen Wände glitt.
Ava grinste leicht. „Ich mache morgen eine Untersuchung und dann schauen wir mal. Wenn alles gut aussieht, kann sie bald raus. Ansonsten bekommt Ivy Hausbesuch von mir.“
Eva nickte dankbar. Der Gedanke, Ivy bald aus dem Krankenhaus mitnehmen zu können, ließ sie für einen Moment entspannen.
Ava trat währenddessen zu dem anderen Bett im Raum, an dem die kleine Yasmin lag. Das Mädchen klammerte sich fest an ihr Plüschtier und schien sich kaum zu bewegen. Ihre dunklen Augen musterten die Umgebung, aber sie sagte kein Wort. Die Mutter stand still daneben, in sich gekehrt, während der Vater derjenige war, der das Gespräch führte. Ein Junge, vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt, saß in der Ecke und starrte konzentriert auf sein Handy.
Eva, die das alles aus dem Augenwinkel beobachtete, wandte sich schließlich an Uli, die neben ihr saß. „Schatz, holst du uns Kaffee?“, fragte sie und sah ihre Partnerin direkt an.
Uli nickte und stand auf. Als sie auf dem Weg zur Tür am Bett von Yasmin vorbeikam, hielt sie kurz inne. Ihr Blick fiel auf die Mutter des Mädchens. „Möchten Sie auch einen Kaffee?“, fragte sie freundlich.
Der Vater hob den Kopf und antwortete anstelle der Frau: „Ja, ich hätte gerne einen.“
Uli nickte und richtete ihre Aufmerksamkeit erneut auf die Frau. „Und Sie?“
Die Mutter sah verlegen zu ihrem Mann, als müsse sie auf eine Erlaubnis warten. Bevor sie etwas sagen konnte, sprach der Mann für sie: „Die trinkt nur Tee.“
Uli lächelte geduldig. „Oh, welchen Tee? Ich kann ihm auch einen Tee mitbringen.“
„Pfefferminz“, antwortete der Mann knapp.
Eva, die das Gespräch mitanhörte, verdrehte unauffällig die Augen. Diese unausgesprochene Dominanz störte sie.
Uli ließ sich jedoch nichts anmerken und fragte weiter: „Und Ihr Sohn oder Ihre Tochter? Möchten die auch einen Tee?“
Der Mann drehte sich zu seinen Kindern um und fragte sie auf Arabisch.
Nach einem Moment antwortete die Frau leise: „Yasmin sagt, sie hätte gerne einen.“
„Ich auch, Mama!“, rief plötzlich Ivy aus ihrem Bett.
Uli lächelte und hob die Hand zum Zeichen, dass sie es sich merkte. „Okay, krieg ich hin.“ Sie zählte leise vor sich hin: „Drei Kaffee und drei Tee.“ Dann verschwand sie Richtung Cafeteria.
Eva setzte sich wieder zu Ivy ans Bett und strich sanft über ihren Arm. Ihre Finger glitten behutsam über die dünne Krankenhausdecke, während sie Ivy liebevoll ansah.
Nach einer Weile flüsterte Ivy leise: „Eva, ich will nicht, dass Papa und Mama streiten, wenn wir wieder zurückgehen.“ Ihre Stimme klang unsicher, fast ängstlich.
Eva atmete tief durch und strich ihr über das Gesicht. Sie sah Ivy direkt in die Augen, ihr Blick voller Wärme. „Mach dir nicht so viele Gedanken, Schatz“, sagte sie leise. „Die regeln das untereinander. Du musst dich um so etwas nicht kümmern.“ Sie drückte Ivys Hand sanft. „Wir ziehen erstmal zu mir ins Hotel, und dann suchen wir uns in Ruhe eine Wohnung. Das hat Zeit. Hauptsache, wir drei sind glücklich und vor allem gesund.“
Ivy nickte und streckte Eva die Arme entgegen. Ohne zu zögern, setzte sich Eva zu ihr ins Bett, zog sie sanft in ihre Arme und drückte sie an sich. Ivy schmiegte sich an ihre Brust, als wäre es der sicherste Ort auf der Welt.
„Du bist wie meine zweite Mama“, flüsterte Ivy und ließ ihre kleinen Finger sanft über Evas Bauch gleiten. Ihre Stimme war voller Zuneigung, voller Vertrauen.
Eva schloss für einen Moment die Augen, gerührt von diesen Worten. Dann drückte sie Ivy fester an sich, küsste sie sanft auf die Stirn und flüsterte: „Ich liebe dich auch, genau so, Ivy.“ Ihre Stimme war weich, fast ein Versprechen.
Gerade in diesem Moment kam Uli mit einem Tablett voller Getränke zurück. Sie blieb kurz in der Tür stehen und betrachtete die Szene vor sich. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie sah, wie Eva und Ivy eng aneinandergekuschelt im Bett lagen. Dieser Anblick – voller Liebe, voller Geborgenheit – ließ sie lächeln.
Sie riss sich aus ihrem kurzen Moment der Rührung, stellte das Tablett vorsichtig auf dem kleinen Tisch ab und verteilte die Getränke an die andere Familie. Die Mutter von Yasmin nahm ihren Tee wortlos entgegen, während der Vater sich kaum bedankte. Uli ließ sich davon nicht beirren und ging dann mit einem breiten Grinsen zu Eva und Ivy.
„Hier, ihr, zwei Süßen“, sagte sie liebevoll und reichte Eva ihren Kaffee und Ivy ihren Tee. „Aber Vorsicht, der ist heiß.“
Ivy strahlte sie an, blies vorsichtig über die dampfende Flüssigkeit und nahm einen winzigen Schluck. „Mmh, lecker“, murmelte sie zufrieden und kuschelte sich wieder an Eva.
Der Abend verging langsam, und schließlich war es Zeit zu gehen. Eva und Uli verabschiedeten sich, gaben Ivy noch einen Kuss auf die Stirn und machten sich auf den Weg nach draußen. Hand in Hand verließen sie das Zimmer. Doch während sie durch den Gang liefen, spürte Eva die Blicke der anderen Patienten und Angehörigen auf sich. Ein kaltes, abwertendes Gefühl kroch ihr den Rücken hinauf. Sie wusste genau, was diese Blicke bedeuteten.
„Ich hoffe, die Untersuchungen morgen sind positiv, sodass wir Ivy mitnehmen können. Es ist kaum auszuhalten in diesem Zimmer“, sagte Uli leise, als sie die Krankenhausflure entlanggingen.
Eva nickte. „Ja, ich hoffe es auch. Mir tut nur das kleine Mädchen leid“, sagte sie mit einem Blick zurück zur Tür, hinter der Yasmin lag. „Die sitzen alle an ihren Handys und schweigen. Sie wirkt so einsam, und ihre Mutter sagt kaum ein Wort.“
Dann seufzte sie leise. „Ivy hat vorhin mit mir über dich und Jeremy gesprochen. Sie meinte, ihr solltet nicht so viel streiten, wenn wir zurück nach Schwerin kommen.“
Uli blieb abrupt stehen und sah Eva überrascht an. „Hat sie das wirklich gesagt?“
Eva nickte ernst.
Für einen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte Uli mit fester Stimme: „Es gibt nichts mehr zu streiten. Dieser Mann hat in unserem Leben nichts mehr zu suchen.“
Eva spürte die Entschlossenheit in ihrer Stimme. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen, und sie drückte Uli sanft die Hand. „Ich weiß“, sagte sie nur, und in diesen beiden Worten lag alles, was es zu sagen gab.
Auf dem Rückweg machten sie noch einen großen Einkauf. Die Liste war lang – frisches Obst, Brot, Gemüse, ein paar Leckereien für Ivy. Uli packte alles voller Tatendrang in den Wagen, während Eva überlegte, was sie noch brauchen könnten.
Als sie endlich nach Hause kamen, duftete es bereits aus der Küche nach frisch gekochtem Essen.
Uli war so dankbar für alles. Die Wärme, die Unterstützung – es war nicht selbstverständlich, aber Evas Familie nahm sie mit einer Selbstverständlichkeit auf, die sie tief berührte.
Während sie gemeinsam die Einkäufe in die Schränke räumten, hielt Uli plötzlich inne, drehte sich zu Eva um und zog sie in eine feste Umarmung. „Ich bin so froh, dich zu haben, Eva“, sagte sie leise, ihre Stimme voller Ehrlichkeit.
Eva schloss die Augen und vergrub ihr Gesicht in Ulis Nacken. Sie atmete tief ein und schmunzelte dann. „Du riechst nach Krankenhaus“, flüsterte sie.
Uli grinste. „Du auch, meine Liebe.“
Eva kicherte leise und streichelte sanft über Ulis Rücken. „Das sollten wir ändern“, hauchte sie mit einem Lächeln.
Gerade in diesem Moment räusperte sich Evas Mutter lautstark. „Meine Lieben, was wird das hier?“ Ihr Tonfall war neckend, aber doch neugierig.
Eva löste sich langsam aus Ulis Armen und drehte sich zu ihr um. „Nichts, was soll es werden? Wir haben uns umarmt.“
Ihre Mutter verschränkte die Arme und musterte sie mit einem wissenden Blick. „Das meine ich nicht, Eva. Ihr solltet nicht immer so viel einkaufen.“
Eva seufzte, aber ihre Stimme blieb sanft. „Doch, Mama, das müssen wir. Wir leben auch hier, und irgendetwas müssen wir bezahlen.“
Evas Mutter schüttelte den Kopf.
Eva lächelte dankbar, aber sie ließ das Thema nicht einfach so fallen. „Wir hoffen, dass Ivy morgen nach Hause kommen kann, und dann sollte alles, was sie braucht, hier sein. Das Essen ist immer noch schwierig für sie.“
Uli nickte zustimmend. „Das kriegen wir schon hin. Hauptsache, sie kann sich erholen.“
Evas Mutter seufzte leise und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Und das wird sie. Ihr macht das toll.“
Am nächsten Tag war es endlich so weit.
Mit klopfendem Herzen betraten Eva und Uli das Krankenhaus, die Vorfreude spürbar in jeder ihrer Bewegungen. Ivy saß bereits angezogen auf ihrem Bett, ihre kleinen Beine baumelten aufgeregt über die Bettkante. Als sie Eva und Uli entdeckte, strahlte sie über das ganze Gesicht.
„Können wir gehen?“, fragte sie aufgeregt, während sie ihre Tasche griff.
Ava, die gerade noch ein paar letzte Dinge in die Akte eintrug, sah auf und lächelte. „Ja, meine Liebe. Aber denk dran, du musst dich noch schonen, okay?“
Ivy nickte eifrig.
Uli beugte sich zu ihr runter. „Bereit?“
„Ja!“, rief Ivy und sprang fast von der Bettkante.
Eva nahm sie sanft bei der Hand, und gemeinsam verließen sie das Zimmer. Dieses Mal fühlte es sich anders an. Kein beklemmendes Gefühl mehr, keine fremden Blicke, nur Vorfreude.
Als sie das Krankenhaus hinter sich ließen, atmete Ivy tief die frische Luft ein. Sie lächelte, dann schloss sie für einen Moment die Augen und genoss die Sonne auf ihrem Gesicht.
Zuhause angekommen, kümmerte sich Uli liebevoll um Ivy, während Eva arbeiten ging. Es war, als wären sie bereits seit Jahren eine kleine Familie. Die nächsten zwei Wochen würden sie noch bei Evas Eltern bleiben, bevor sie nach Hause fahren wollten.
„Zuhause“, dachte Eva.
Es klang so schön, so vertraut.
Sie waren jetzt eine Familie. Und Ivy war längst ein fester Teil ihres Herzens geworden.
Und doch machte Eva sich Sorgen. Ivy hatte in den letzten Tagen so viel durchgemacht, und sie wusste, dass manche Wunden Zeit brauchten, um zu heilen. Aber eines war sicher: Sie würden sie auf diesem Weg begleiten. Gemeinsam.
Zwei Wochen später ist es endlich soweit. Mit einem bis zum Rand vollgepackten Auto machen sich Eva, Uli und Ivy auf den Weg nach Schwerin. Eva hatte vor der Abreise im Hotel angerufen und um ein Zustellbett für die Suite gebeten. Während der Fahrt kann Uli ihre Unsicherheit kaum verbergen – sie weiß einfach nicht, wie sie mit Jeremy umgehen soll.
Als Eva das Auto in der Tiefgarage parkt, spürt Uli ein mulmiges Gefühl. Nervös fährt sie mit den Fingern über die Stoffpolster des Autositzes, während Eva den Motor abstellt.
„Los, packen wir das Nötigste aus“, sagt Eva schließlich. Die beiden Frauen steigen aus und laden ihre Taschen aus dem Kofferraum. Gemeinsam gehen sie mit Ivy, die schläfrig an Evas Hand hängt, zum Hoteleingang.
In der Lobby werden sie herzlich empfangen.
„Herr K.. Raik, ist alles wie besprochen geregelt?“ fragt Eva mit einem freundlichen Lächeln.
„Selbstverständlich“, antwortet der Hotelangestellte und überreicht Uli ihre Post.
Uli nickt dankend, doch ihre Gedanken sind bereits woanders. Sie fühlt sich ein wenig fehl am Platz, weiß nicht, wo sie anfangen soll. Während Eva mit Ivy aufs Zimmer geht, zieht es Uli in die Küche.
Neugierig sieht sie sich dort um. Es ist ungewohnt, wieder hier zu sein, und doch fühlt es sich ein bisschen wie nach Hause kommen an. „Ab nächster Woche bin ich wieder da“, ruft sie mit einem ernsten Ton in den Raum. Ihre Kolleginnen und Kollegen schauen auf, manche mit einem Lächeln, andere mit angespannter Miene. „Bereitet euch seelisch darauf vor!“ fügt sie hinzu und lacht, doch ihre Stimme klingt bestimmt.
Nachdem sie sich einen Überblick verschafft hat, geht Uli schließlich nach oben zu Eva und Ivy. Im Zimmer hat sich Eva auf das Sofa gesetzt und sortiert ihre private Post, während Ivy in ihrem Bett liegt und konzentriert auf ihrem Tablet spielt. Es ist ein friedlicher Moment – zumindest auf den ersten Blick.
Doch Eva kann die Unruhe in sich nicht abschütteln. Sie blickt sich im Zimmer um und seufzt leise. Es wird ihr immer klarer: Dieses Hotelzimmer ist keine Lösung. Zu wenig Privatsphäre für sie und Uli. Zu wenig Raum für Ivy, die immer mehr ihren eigenen Platz braucht. Mit einem entschlossenen Ausdruck nimmt sie ihr Handy und beginnt, nach Wohnungen in der Nähe zu suchen.
„Gar nicht so leicht, etwas Passendes zu finden“, denkt sie sich, während sie Anzeigen durchstöbert. Doch nach einiger Zeit wird sie fündig: Zwei Wohnungen, die groß genug für sie alle sein könnten, wecken ihr Interesse. Ohne lange zu überlegen, vereinbart sie Besichtigungstermine. Sie will Uli damit überraschen – vielleicht könnte das ein neuer Anfang für sie alle sein.
Plötzlich wird sie aus ihren Gedanken gerissen. „Eva, können wir kurz reden?“ Ulis Stimme klingt ruhig, aber bestimmt.
Eva sieht sie überrascht an. „Was gibt’s, Schatz?“ fragt sie, legt das Handy zur Seite und wendet sich Uli ganz zu.
„Lass uns aus diesem Zimmer rausziehen“, sagt Uli direkt. Sie ringt nicht lange um Worte. „Ich brauche meine Privatsphäre. Ivy auch. Und du mit Sicherheit ebenso.“
Evas Gesichtsausdruck verändert sich – von Überraschung zu einem sanften Lächeln. Uli hat genau das ausgesprochen, was sie selbst die ganze Zeit gedacht hatte.
„Ich glaube, ich hab da schon eine Idee“, sagt Eva schließlich und hält Ulis Hand.
Eva grinst breit, ihre Augen leuchten vor Vorfreude. „Perfekt. Ich habe Besichtigungstermine für uns vereinbart! Ich will hier nämlich auch nicht mehr bleiben. Das ist mir alles zu viel. Meine Chefs könnten jederzeit auftauchen, und das Gefühl, ständig auf Abruf zu sein, macht mich fertig.“ Sie hält kurz inne, um ihre Gedanken zu ordnen. „Wir müssen uns sowieso etwas einfallen lassen, damit die Chefs beruhigt sind. Vielleicht ein Vertrag oder so etwas – ich sollte mal mit einem Notar oder Anwalt darüber sprechen.“
Sie atmet tief durch und lächelt dann entschlossen. „Aber jetzt sollten wir uns erstmal auf die Wohnungssuche konzentrieren.“
„Wann sehen wir die erste Wohnung?“ fragt Uli neugierig.
„Schon morgen. Es ist ein Loft. Vielleicht nicht ganz das, was wir uns vorstellen, aber ich denke, wir sollten offen für alles sein. Das Beste daran: Ivy hätte ihr eigenes Zimmer, und wir hätten endlich unser eigenes Reich.“
Uli lächelt dankbar und zieht Eva sanft in ihre Arme. Sie gibt ihr einen langen Kuss, voller Zuneigung und Erleichterung. „Danke, dass du dich darum kümmerst. Es bedeutet mir so viel.“
„Und was ist mit deinen Immobilien?“ fragt Uli schließlich. „Ist da nichts Passendes für uns dabei?“
Eva schüttelt den Kopf und seufzt leise. „Leider nicht. Meine Immobilien sind alle in Recklinghausen und Umgebung. Das wäre viel zu weit weg von hier.“
Uli nickt nachdenklich. „Verstehe. Aber dann konzentrieren wir uns erstmal auf die Wohnungen, die du rausgesucht hast.“
Eva lächelt sanft, während sie Ivy einen kurzen Blick zuwirft. Die Kleine ist mittlerweile eingeschlafen, das Tablet rutscht ihr beinahe aus den Händen. Eva deckt sie vorsichtig zu und blickt dann wieder zu Uli. „Morgen beginnt ein neuer Abschnitt, Schatz. Ich habe ein gutes Gefühl.“
Uli lächelt zurück. „Ich auch.“
Am nächsten Tag stehen Eva und Uli vor dem Loft. Der Makler öffnet die Tür, und sie betreten die Wohnung. Licht durchflutet den Raum, die Decken sind hoch, und der industrielle Stil, kombiniert mit moderner Eleganz, verleiht der Wohnung eine besondere Atmosphäre.
Eva und Uli sehen sich um, ihre Blicke treffen sich, und ein Lächeln breitet sich auf ihren Gesichtern aus. Es entspricht nicht dem, was sie sich ursprünglich vorgestellt hatten, aber irgendetwas an diesem Ort fühlt sich richtig an.
„Das ist es“, sagt Uli leise, ihre Augen leuchten vor Begeisterung.
Eva nickt zustimmend. „Unser neuer Anfang.“
Ohne lange zu überlegen, sagen sie die Wohnung zu. Als sie wieder auf der Straße stehen, können sie ihre Freude kaum fassen. Endlich ein Ort, an dem sie mit Ivy zur Ruhe kommen können, ein Zuhause für ihre kleine Familie.
Später am Tag sitzt Eva in ihrem Büro. Vor ihr liegt der Entwurf für einen Vertrag, der ihre Beziehung zu Uli offiziell und einvernehmlich regeln soll – eine Absicherung für den Fall, dass ihre Chefs Fragen stellen. Doch sie kann sich nicht damit anfreunden. Ihr Blick schweift ab, und ihre Gedanken kehren zu einer anderen Idee zurück, die sie seit Tagen beschäftigt.
„Willst du das wirklich tun, Eva?“ murmelt sie zu sich selbst, während sie mit ihrem Stift auf dem Schreibtisch herumtippt. „Das wird alles verändern – deine Steuerklasse, dein Leben.“
Ein Moment des Zögerns. Doch dann atmet sie tief durch, lehnt sich zurück und spricht leise, aber bestimmt zu sich selbst: „Für die Liebe. Für die Sicherheit. Und jetzt hör auf zu grübeln.“
Entschlossen greift sie zum Telefon, bestellt die nötigen Unterlagen und macht sich an die Arbeit. Ab und zu wirft sie einen Blick zu Ivy, die am Tablet spielt, während Eva weiter ihre Pläne schmiedet.
Uli ist derweil in der Küche des Hotels beschäftigt. Es tut ihr gut, wieder in den Arbeitsalltag zurückzukehren. Gleichzeitig ist sie erleichtert, dass Eva sich um Ivy kümmern kann. So können beide ihre Aufgaben erledigen, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Eva hat im Hotel klare Regeln aufgestellt: Niemand soll von ihrer Beziehung zu Uli sprechen, falls ihre Chefs unangekündigt auftauchen. Bislang funktioniert alles reibungslos, und Eva hat das Gefühl, die Situation im Griff zu haben.
Doch tief in ihrem Inneren bleibt ein Hauch von Unsicherheit. Sie weiß, dass der neue Lebensabschnitt voller Herausforderungen sein wird. Doch für die Liebe und die Sicherheit ihrer Familie ist sie bereit, alles zu tun.
Einige Monate später ist es soweit: Uli hat ihren Scheidungstermin. Der Tag fühlt sich für sie wie ein Meilenstein an, doch sie spürt auch ein leichtes Unbehagen, als sie Jeremy im Wartebereich sieht. Es ist eine seltsame Begegnung. Die beiden tauschen keine Worte aus, nicht einmal einen Blick, der länger als einen Augenaufschlag dauert. Zwischen ihnen herrscht eine Leere, die alles sagt, was unausgesprochen bleibt.
Jeremy wirkt wie immer gleichgültig, und sein Verhalten bestätigt nur, was Uli längst weiß: Er interessiert sich nach wie vor nicht für Ivy. Nicht für sie als Mensch, nicht für sie als Vater. Er hat sich vollständig aus ihrem Leben zurückgezogen, genauso wie aus dem Hotel.
Als die Scheidung schließlich vollzogen ist, verlässt Uli das Gebäude mit einem tiefen Atemzug. Sie bleibt kurz stehen, lässt die kalte Luft ihr Gesicht streifen und spürt, wie eine Last von ihren Schultern fällt. Ein Gefühl von Freiheit und Erleichterung breitet sich in ihr aus. Das Kapitel mit Jeremy ist endgültig abgeschlossen. Mit einem Lächeln steigt sie ins Auto und fährt mit einem festen Ziel vor Augen nach Hause – zu Eva und Ivy, ihrer Familie.
Zuhause herrscht eine warme, ruhige Stimmung. Eva und Ivy sitzen zusammen am Küchentisch. Eva hat sich nach einem langen Arbeitstag Zeit genommen, Ivy bei den Schulaufgaben zu helfen. Es ist eine neue Routine, die sie seit einigen Wochen aufgebaut haben, denn Ivy darf endlich wieder regelmäßig zur Schule gehen. Die Rückkehr ins Klassenzimmer hat ihr gutgetan – sie lacht wieder mehr, strahlt Zuversicht aus und wirkt lebendiger als noch vor ein paar Monaten. Besonders stolz ist sie darauf, dass ihre Haare langsam nachwachsen. Es ist für sie ein sichtbares Zeichen für einen Neuanfang.
„Mama, schau mal, hab ich das richtig?“ fragt Ivy und zeigt auf ihre Matheaufgabe.
Eva beugt sich über das Arbeitsblatt, ein liebevolles Lächeln auf den Lippen. „Fast, Schatz. Schau, hier musst du noch mal drüber nachdenken.“ Geduldig erklärt sie ihr den Rechenweg, als plötzlich die Haustür aufgeschlossen wird.
Uli tritt herein, noch immer erfüllt von der Erleichterung des Tages. Eva schaut auf, steht sofort auf und geht ihr entgegen. Sie begrüßt Uli mit einem zärtlichen Kuss und betrachtet sie aufmerksam.
„Und? Wie lief’s?“ fragt sie neugierig, während sie Ulis Gesicht sucht, um eine Antwort in ihrem Blick zu finden.
Uli strahlt, ihre Augen leuchten vor Freude. „Ich bin eine freie Frau!“ sagt sie mit einem Lächeln, das von tiefem Glück spricht.
Eva lächelt erleichtert, nimmt ihre Hand und drückt sie sanft. „Endlich. Das hast du dir verdient.“
Ivy sieht von ihrem Platz aus zu ihnen hinüber. „Was ist los?“ fragt sie neugierig.
„Nichts, Schatz“, sagt Eva mit einem Schmunzeln und zwinkert Uli zu. „Nur gute Neuigkeiten.“
Doch Eva scheint noch etwas auf dem Herzen zu haben. Sie wendet sich an beide und setzt ein geheimnisvolles Lächeln auf. „So, meine Damen – ich habe eine Überraschung für euch.“
Uli hebt eine Augenbraue. „Eine Überraschung? Was hast du denn diesmal angestellt?“
Eva grinst und lässt sich Zeit mit ihrer Antwort, um die Spannung zu steigern. „Wir fliegen am Freitag gemeinsam nach Paris.“
Ivy lässt vor Aufregung beinahe ihren Stift fallen. „Was? Nach Paris? Wirklich?“
Eva nickt. „Und das Beste daran: Ivy, deine Freundin Lea kommt auch mit. Ihre Eltern wissen Bescheid und haben zugestimmt. Sie fliegen sogar selbst mit – das ist eine großartige Gelegenheit, uns besser kennenzulernen.“
Ivy springt vom Stuhl auf, ihre Augen leuchten vor Begeisterung. „Das ist so cool! Lea wird sich so freuen! Danke, Mama,Eva!“
Uli, die etwas überrumpelt wirkt, schaut Eva erstaunt an. „Wann hast du das alles geplant?“
Eva zuckt mit den Schultern und lächelt verschmitzt. „Ach, ich hab ja viel Zeit, während ich Ivy oft bei Lea abhole. Ich habe mich mit ihren Eltern angefreundet, und wir verstehen uns inzwischen ziemlich gut. Da dachte ich, warum nicht? Außerdem bekomme ich weltweit Rabatte auf Hotels, da wäre es ja dumm, das nicht zu nutzen.“
Uli schüttelt lachend den Kopf. „Du bist wirklich unglaublich.“
Eva lächelt und murmelt spielerisch: „Ich weiß.“
Ivy freut sich riesig über die Nachricht von Paris und greift sofort zu ihrem Tablet, um Lea eine Nachricht zu schreiben. Ihre Finger fliegen über die Tastatur, und schon bald bekommt sie eine Antwort: „Das wird sooo cool! Ich freu mich total!“ Ivy strahlt übers ganze Gesicht, während sie die Nachricht liest.
Der Abend verläuft entspannt. Alle drei machen es sich auf dem Sofa bequem und schauen gemeinsam einen Film. Ivy kuschelt sich in ihre Decke, während Uli Eva in ihrem Arm hält. Eva hat die Chipstüte für sich entdeckt und nascht genüsslich, während sie halb aufmerksam auf den Bildschirm starrt.
Doch irgendwann erliegt sie der Müdigkeit. Ihre Augen fallen zu, und bald hört Uli das leise, gleichmäßige Schnarchen direkt an ihrem Ohr. Sie kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, während sie Eva ansieht. Für einen Moment bewundert sie ihre entspannte Miene und gibt ihr schließlich einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor sie sich wieder dem Film widmet.
Am Donnerstagnachmittag ist das Haus still. Ivy ist in der Schule, Uli bei der Arbeit – und Eva nutzt die Zeit, um die Koffer für den bevorstehenden Trip zu packen. Sie hat alles gründlich durchdacht und geht mit einer Liste in der Hand durch die Wohnung. Wechselsachen für Ivy? Eingepackt. Bequeme Schuhe für alle? Abgehakt. Kosmetik und Haarbürste? Alles sicher verstaut.
Eva achtet darauf, für jede mögliche Situation gerüstet zu sein. Schließlich will sie, dass die Reise für alle perfekt wird. Nachdem sie die Taschen sorgfältig gepackt hat, stellt sie sie ordentlich im Flur bereit.
Zufrieden mit ihrer Arbeit gönnt sie sich einen Moment Ruhe, bevor sie sich an ihren Schreibtisch setzt, um noch etwas für das Hotel zu erledigen. Ihre Chefs sind nach wie vor zufrieden mit ihrer Arbeit – ein Ergebnis ihrer präzisen Organisation und ihres Engagements. Seit Wochen kommen sie immer seltener unangekündigt vorbei, was Eva eine gewisse Gelassenheit verschafft.
Das Hotel schreibt grüne Zahlen, und Eva spürt, wie ihre harte Arbeit sich auszahlt. Sie lächelt zufrieden, während sie ihre E-Mails überprüft, und denkt an die bevorstehende Reise. Alles scheint sich langsam, aber sicher, in die richtige Richtung zu entwickeln – beruflich und privat.
Freitagmittag:
Der Morgen beginnt ruhig für Eva und Uli. Gemeinsam erledigen sie den Haushalt, während sie hin und wieder scherzen und sich kleine, vertraute Blicke zuwerfen. Es fühlt sich wie ein eingespieltes Team an, als sie die letzten Handgriffe machen, bevor sie sich auf die Reise vorbereiten. Als alles bereit ist, nehmen sie die gepackten Taschen, steigen ins Auto und fahren los, um Ivy von der Schule abzuholen.
Ivy wartet bereits mit leuchtenden Augen vor dem Schultor. Als sie Eva und Uli sieht, läuft sie ihnen entgegen und springt förmlich ins Auto, ihre Aufregung kaum zügelnd. „Ich fliege das erste Mal!“ ruft sie euphorisch, während sie von einem Fuß auf den anderen wippt. Ihre Vorfreude ist ansteckend, und Eva und Uli tauschen lächelnd einen Blick, bevor sie losfahren.
Am Flughafen angekommen, sehen sie bereits Leas Familie, die ihnen zuwinkt. Ivy und Lea rennen aufeinander zu, lachen und umarmen sich, als hätten sie sich monatelang nicht gesehen. Auch Eva und Uli begrüßen Leas Eltern herzlich, und gemeinsam checken sie ein. Die Aufregung liegt in der Luft, während die sechs Reisenden voller Vorfreude zum Gate gehen.
Ivy sitzt natürlich am Fenster. Ihre Augen leuchten, als sie die Flugzeuge draußen beobachtet, die sich zum Start bereitmachen. Uli sitzt in der Mitte, und Eva nimmt den Platz am Gang. Mit einem verschmitzten Lächeln reicht Eva Uli eine Spucktüte. „Sicher ist sicher“, sagt sie, zwinkert und kichert dabei.
Uli schnaubt gespielt genervt, kann sich ein Grinsen aber nicht verkneifen. „Sehr witzig.“
Der Flug ist ruhig. Ivy drückt ihre Nase an die Scheibe und beobachtet begeistert die Wolken und die Welt unter sich. Eva und Uli halten sich unterdessen die ganze Zeit über die Hand. Es ist ein stiller Moment der Verbundenheit, in dem sie spüren, wie besonders diese Reise für ihre kleine Familie ist. Eva lehnt ihren Kopf an Ulis Schulter, und für einen Moment ist alles perfekt – nur die drei zusammen, zwischen Himmel und Erde.
Nach der Landung steigen sie in ein Taxi und fahren durch die Straßen von Paris. Ivy und Lea tauschen aufgeregte Blicke aus, während sie die Stadt bewundern. Als sie am Hotel ankommen, übernimmt Eva den Check-in mit ihrer gewohnten Sicherheit. Das Hotel ist ein Traum – modern, hochwertig und in unmittelbarer Nähe zum Herzen von Paris.
Das Zimmer für Eva, Uli und Ivy ist gemütlich und einladend, mit einem kleinen Balkon, von dem aus sie den Eiffelturm sehen können. Die untergehende Sonne taucht den Turm in ein warmes Licht, und Eva tritt hinaus, um die Aussicht zu genießen. Die Luft ist angenehm mild, und sie schließt für einen Moment die Augen, um die Magie des Moments in sich aufzunehmen.
Plötzlich spürt sie, wie zwei vertraute Arme sich um ihre Taille legen. Uli schleicht sich von hinten an, lehnt ihren Kopf an Evas Schulter und flüstert: „Wunderschön. Und bei Nacht wird es bestimmt noch romantischer.“
Eva lächelt sanft, legt ihre Hände auf Ulis Arme und genießt den Augenblick. „Mit dir ist es immer romantisch“, antwortet sie leise, bevor sie sich zu ihr umdreht und einen Kuss auf ihre Lippen haucht.
Der Moment gehört ihnen allein, bis eine vertraute Stimme die Stille unterbricht. „Mama, ich hab Hunger!“ ruft Ivy vom Zimmer aus und tritt auf den Balkon.
Eva und Uli lachen leise. „Na gut“, sagt Eva schmunzelnd, „es ist Zeit, etwas essen zu gehen.“
Gemeinsam machen sich die sechs Reisenden auf den Weg, um ein Restaurant zu finden. Die Straßen von Paris sind lebendig, und die Stadt strahlt eine ganz besondere Energie aus. Überall riecht es nach frischen Croissants, Crêpes und französischen Gewürzen, und das goldene Licht der Laternen gibt der Szenerie etwas Magisches.
Schließlich entscheiden sie sich für ein kleines, charmantes Bistro, dessen Tische mit weißen Tischdecken und Kerzen geschmückt sind. Die Kinder sitzen beisammen, lachen und tauschen ihre Gedanken über die Reise aus, während die Erwachsenen über ihre Jobs und das Leben sprechen.
Eva und Uli sitzen nebeneinander. Während sie Coq au Vin und ein Glas französischen Rotwein genießen, wirft Eva Uli immer wieder kleine, liebevolle Blicke zu. Sie unterhalten sich über den nächsten Tag, doch für Eva zählt vor allem der Moment. Sie greift nach Ulis Hand und drückt sie sanft, während sie Ivy und Lea beobachtet.
„Es ist so schön zu sehen, wie glücklich sie ist“, sagt Uli leise.
Eva nickt, ihre Augen glitzern im Kerzenlicht. „Ja, es war eine harte Zeit, aber jetzt haben wir es geschafft. Sie strahlt wieder. Das macht mich glücklich.“
Die beiden sehen sich an, und in diesem Moment ist keine weitere Worte nötig. Es ist ein stiller Augenblick voller Dankbarkeit, Liebe und Verbundenheit.
Nach dem Essen schmieden sie gemeinsam Pläne für den nächsten Tag. Ivy und Lea sind sich schnell einig: Disneyland steht ganz oben auf ihrer Liste. Eva lächelt, nimmt ihr Handy und bucht die Tickets. Die Mädchen jubeln vor Freude, und ihre Begeisterung steckt alle an.
Als sie schließlich zurück zum Hotel gehen, halten Eva und Uli sich an den Händen. Die Lichter von Paris umgeben sie, und der Eiffelturm glitzert in der Ferne.
Eva und Uli hatten mit Leas Eltern abgesprochen, dass sie für eine Weile auf Ivy aufpassen würden, sodass Eva und Uli einen Spaziergang durch Paris genießen konnten. Hand in Hand schlenderten sie durch die Straßen, die in den sanften Lichtstrahlen der Stadt erstrahlten. Überall um sie herum glitzerten die Lichter der Stadt, und der nächtliche Zauber von Paris schien jeden Schritt mit einer besonderen Magie zu füllen.
Sie kamen an einer Brücke vorbei, von der aus sie einen atemberaubenden Blick auf den Eiffelturm hatten, der in der Dunkelheit leuchtete. Kaum ein Mensch war unterwegs, sodass sie ganz in Ruhe diesen Moment für sich genießen konnten. Uli legte ihren Arm um Evas Hüfte und zog sie noch etwas näher zu sich. Dann legte sie ihren Kopf sanft auf Evas Schulter und flüsterte: „Traumhaft hier.“
Eva spürte den warmen Hauch von Ulis Atem, als sie in ihre Augen sah. Das Mondlicht und das Glitzern der Stadt spiegelten sich darin, und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.
Eva flüsterte leise: „Ich liebe dich. Und du weißt, ich bin nicht der Mensch, der um den heißen Brei herumredet. Aber ich will dich niemals verlieren. Und ich bin wirklich froh, dass es Ivy wieder besser geht.“
Uli sah sie mit einem Lächeln an, als Eva weitersprach. „Willst du mich heiraten?“
Mit einem überraschten Lächeln zog Eva eine kleine Schatulle aus ihrer Jackentasche und kniete sich vor Uli hin. Die Nachtluft war warm, und der Moment fühlte sich surreal an, als würde der gesamte Kosmos sich um sie drehen. Uli starrte sie fassungslos an, bevor sie mit leuchtenden Augen nickte. Worte fehlten ihr, und in einem plötzlichen Impuls zog sie Eva zu sich und küsste sie innig, voller Freude und Liebe.
„Du bist verrückt, Eva“, murmelte sie zwischen den Küssen. „Ich liebe dich auch!“
Eva schlüpfte den Ring, den sie ausgesucht hatte, an Ulis Finger. Der Diamant glänzte im Mondschein, und als Eva sah, wie eine Träne über Ulis Wange rollte, fühlte sie ein unbeschreibliches Glück.
„Wir sind stark gemeinsam“, flüsterte Uli, als sie Eva noch einmal leidenschaftlich küsste.
Uli betrachtete den Ring, der jetzt an ihrem Finger prangte, und lächelte zufrieden. „Meine Frau“, flüsterte sie und zog Eva in eine enge Umarmung.
„Und meine Chefin“, antwortete Uli mit einem schiefen Lächeln, woraufhin beide in Gelächter ausbrachen. „Das ist richtig. Aber so müssen wir uns um nichts mehr Gedanken machen. Und um alles andere auch nicht. Es mag eiskalt klingen, aber ich möchte, dass du und Ivy abgesichert seid. Dass uns niemand etwas anhaben kann, und dass wir in Ruhe und Frieden unser Leben genießen können.“
Uli sah Eva mit einem tiefen, vertrauensvollen Blick an. „Ich vertraue dir, Eva. Du weißt immer, was du tust.“
In einem spontanen, leidenschaftlichen Moment zog Uli Eva zu sich und küsste sie heiß und intensiv. Ihre Zungen tanzten miteinander, als ob sie nie genug voneinander bekommen könnten. Uli verlor sich ganz in dem Kuss, beinahe, als würde sie Eva verschlingen.
Eva grinste, als sie Ulis Wange streichelte und den Kuss noch intensiver machte. Sie stöhnte in den Kuss hinein, und der Moment wurde zu einer Explosion der Gefühle.
„Was für ein Kuss“, flüsterte Uli außer Atem und schaute Eva mit glühenden Augen an. „Du hast überall Lippenstift von mir.“
Eva sah sie amüsiert an und grinste. „Ja, Schatz, aber dein Gesicht sieht auch nicht besser aus. Der Lippenstift ist überall.“
Lachend begannen sie, sich gegenseitig den Lippenstift zu wischen, während sie sich in den Augen funkelnd anblickten.
„Du bist unglaublich“, sagte Uli, und Eva nahm ihre Hand, als sie sich gemeinsam auf den Weg zurück zum Hotel machten.
Als sie Ivy abholten und sie ins Bett brachten, war es ein weiterer kleiner, aber bedeutungsvoller Moment in ihrer gemeinsamen Reise. Danach legten sie sich zusammen ins Bett und kuschelten sich ein. Der Tag war lang gewesen, und die letzten Stunden hatten ihre Herzen noch mehr verbunden.
Eva war erschöpft von all den Emotionen und der Magie des Moments und schlief schnell ein, in Ulis Armen, mit dem Gefühl, dass alles endlich an seinem Platz war.
Uli lag in den frühen Morgenstunden noch verschlafen im Bett und dachte über ihre bevorstehende Hochzeit nach. Sie wusste, dass Eva kein Mensch war, der viel Aufsehen um sich machen wollte. Auch sie selbst hatte nie viel Wert auf große Feierlichkeiten gelegt. Vielleicht, dachte Uli, sollte die Hochzeit im kleinen Kreis stattfinden – oder vielleicht sogar ganz privat, nur die beiden. Die Vorstellung, den Schritt in einer stillen, intimen Atmosphäre zu gehen, ohne großes Getue, gefiel ihr.
„Guten Morgen, Schatz“, murmelte Eva verschlafen, als der Wecker klingelte und sie langsam aus dem Schlaf erwachte. Uli legte sich auf ihre Brust und seufzte leise. „Ich bin so müde…“
„Aufstehen, Mama und Mami Evi, wir müssen los!“, rief Ivy fröhlich und sprang aus ihrem Zimmer, voller Energie.
Die drei zogen sich an und machten sich auf den Weg zum Frühstück, bevor sie in den Park fuhren, um den Tag zu genießen. Der Park war an diesem sonnigen Morgen lebendig, die Luft war frisch, und sie verbrachten viel Zeit miteinander, liefen durch die blühenden Alleen und genossen die Freiheit des Augenblicks. Am Abend setzten sie sich zusammen, um sich die Parade anzusehen, die in vollem Gange war.
Uli beobachtete Eva aus dem Augenwinkel. Ihre Augen strahlten eine Wärme und ein Glück aus, das Uli tief berührte. Sie drückte Evas Hand fester und sah sie lächelnd an. „Eva, komm mal mit“, flüsterte sie und zog sie sanft aus der Masse der Menschen heraus, die sich auf die Parade konzentrierten.
„Was hältst du davon, wenn wir alleine heiraten?“, fragte Uli leise, als sie sich auf eine leere Bank setzten, die nur einen schönen Blick auf das Treiben in der Ferne ermöglichte.
Eva sah sie mit einem nachdenklichen Blick an. „Wie du willst, Uli“, antwortete sie sanft, ihre Stimme warm und liebevoll. „Ich will dich einfach nur heiraten. Wann und wie, das ist mir egal. Wenn du dich dabei wohlfühlst, dann ist es auch in Ordnung, wenn wir das ganz alleine machen. Und wenn du möchtest, dass alle dabei sind, dann ist das auch kein Problem. Du darfst entscheiden, wie es sich für dich am besten anfühlt.“
Uli nickte, erleichtert von Evas Verständnis und ihrer Bedingungslosigkeit. „Montag machen wir einen Termin“, sagte sie schließlich entschlossen. „Dann wissen wir, dass es konkret wird.“
Gemeinsam gingen sie zurück zu Ivy und den anderen, die schon ungeduldig auf sie warteten. Sie verließen den Park, aßen zusammen noch zu Abend und ließen den Tag langsam ausklingen.
Später, als sie ins Bett gingen, kuschelte sich Ivy eng an Eva und Uli. Es war ein schöner Moment der Nähe, der ihnen das Gefühl von Geborgenheit und Liebe gab. Doch dann klagte Ivy mit einer kleinen Grimasse: „Ich hab Bauchweh…“
Eva seufzte leise, streichelte sanft Ivys Haar und schmunzelte. „Das kommt sicher von den ganzen Süßigkeiten, die du gegessen hast. Versuch einfach zu schlafen, Süße. Es wird dir sicher besser gehen, wenn du dich ein wenig ausruhst.“
Ivy nickte, schloss die Augen und kuschelte sich noch näher an die beiden, die sich liebevoll um sie legten. In dieser stillen, gemeinsamen Nähe fühlte sich alles richtig an.
Am nächsten Morgen wird Eva unsanft aus dem Schlaf gerissen, als Ivys Ruf sie erreicht.
„Eva Mamaaaa!“, ruft Ivy aus dem Bad.
Verwirrt und mit einem schnellen Herzschlag springt Eva aus dem Bett. Ihre Füße berühren hastig den Boden, und sie eilt schnell in das Bad, um nach Ivy zu sehen.
Als Eva die Tür öffnet, trifft ihr Blick sofort auf Ivy. Sie sitzt nervös auf der Toilette, ihre Augen unsicher und mit einem Hauch von Angst.
Eva schaut sie besorgt an und tritt näher.
„Was ist los, mein Schatz?“, fragt sie mit einer sanften Stimme, während sie auf Ivy zugeht.
Mit einer zitternden Hand zeigt Ivy auf ihre Unterhose, die von roten Flecken durchzogen ist. „Eva, ich blute…“, sagt Ivy leise, fast ängstlich, als wüsste sie nicht genau, wie sie mit dieser neuen Erfahrung umgehen soll.
Eva atmet tief durch und lächelt leicht, versucht dabei ihr Grinsen zu unterdrücken, weil sie sich an ihren eigenen ersten Moment erinnert. Sie will Ivy nicht das Gefühl geben, dass ihre Verwirrung unbedeutend ist.
„Alles gut, Ivy“, sagt sie beruhigend. „Du bist jetzt keine kleine Mädchen mehr. Du wirst eine junge Frau.“
Eva legt sanft eine Hand auf Ivys Schulter. „Ich hol dir mal eben eine saubere Unterhose.“
Schnell verlässt Eva das Bad und geht zu Uli, die noch friedlich im Bett liegt. Sie weckt ihre Verlobte sanft und flüstert ihr ins Ohr, dass Ivy ihre erste Periode bekommen hat. Uli springt überrascht aus dem Bett und eilt ins Bad. Ihre Miene zeigt sowohl Besorgnis als auch Neugier.
Im Bad sitzt Ivy weiterhin auf der Toilette, ihre Hände auf ihren Oberschenkeln gefaltet, der Blick auf den Boden gerichtet. Als Uli die Tür öffnet, blickt Ivy zu ihr auf, ihre Augen groß und voller Unsicherheit. „Es ist alles in Ordnung, mein Schatz“, sagt Uli beruhigend und setzt sich sanft neben sie. „Wahrscheinlich kommen die Bauchschmerzen von der Periode. Das ist völlig normal.“
Eva reicht Ivy eine saubere Unterhose und sieht dann zu Uli, deren Miene sich ebenfalls mit einer Mischung aus Besorgnis und einer gewissen Unsicherheit füllt. Eva erwartet von ihr eine Bestätigung, ein gemeinsames Handeln.
Uli schaut Eva irritiert an. Ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen, und sie scheint sich unsicher, wie sie Ivy am besten helfen kann.
Eva seufzt leise, rollt die Augen und durchsucht dann den Kulturbeutel von Uli nach Slipeinlagen.
Mit ruhiger, geübter Hand klebt Eva die Slipeinlage in Ivys neue Unterhose und streichelt sanft ihre Wange.
„Du wirst lernen, damit umzugehen, Ivy“, sagt Eva mit einer beruhigenden Stimme, die mehr Sicherheit vermittelt, als sie selbst gerade fühlt. „Und wenn mal etwas daneben geht, ist das wirklich nicht schlimm. Es passiert jeder Frau. Es gehört einfach dazu.“
Nachdem sie Ivy geholfen hat, richten sich beide langsam auf. Sie verlassen das Bad, um Ivy ein wenig Ruhe zu lassen.
Im Flur, als sie sich einen Moment für sich selbst nehmen, grinst Uli Eva an und gibt ihr einen zärtlichen Guten-Morgen-Kuss. „Unsere Tochter wird erwachsen“, sagt Uli mit einem liebevollen, aber auch nachdenklichen Lächeln.
Evas Augenbraue hebt sich leicht, und sie sieht Uli an, ihre Stimme ein wenig schüchtern.
„Ich war kurz überfordert, als sie mich gerufen hat“, flüstert Eva.
„Ich denke, für Tampons ist sie noch zu klein. Vielleicht sollte sie Periodenunterwäsche ausprobieren. Gibt es die schon in ihrer Größe?“ fragt Eva, die ein wenig unsicher ist. Sie ist überrascht, wie schnell Ivy erwachsen wird, und fühlt sich gleichzeitig von der Situation überfordert.
Uli denkt nach, schüttelt dann jedoch leicht den Kopf. „Ich weiß es nicht, Eva. Wir sollten uns zuhause mal damit beschäftigen“, murmelt sie nachdenklich. „Es ist seltsam… Mein Kind hat denselben Zyklus wie ich, aber es ist auch irgendwie schön, oder?“
Eva lacht leise, als Uli ihre Gedanken ausspricht. In ihrer Stimme schwingt ein leichter Hauch von Erleichterung mit. Sie beugt sich vor und küsst Uli sanft auf die Lippen.
„Ich habe keinen Zyklus mehr und bin ganz froh drum“, erwidert Eva mit einem schelmischen Grinsen, das die Stimmung wieder etwas auflockert.
„Ivy, dusch dich einmal und mach dich frisch“, ruft Uli ins Bad, ihre Stimme freundlich und fürsorglich.
„In der Zwischenzeit kümmer ich mich um die andere Mama“, fügt sie mit einem schelmischen Grinsen hinzu und schubst Eva spielerisch aufs Bett. „Mmmh, so gefällt es mir“, flüstert Eva, ein Lächeln auf den Lippen.
Uli nickt mit einem verschmitzten Blick und bewegt sich näher zu Eva. Sie beugt sich über sie, ihre Hüfte in sanften, kreisenden Bewegungen. Als sie sich über Eva beugt, küsst sie sie sanft, zuerst langsam, dann immer leidenschaftlicher.
Evas Hände gleiten über Ulis Hüfte, berühren ihren Rücken und wandern bis zum Po. Sie zieht Uli näher an sich und küsst sie noch inniger.
„Meine Frau ist heiß“, sagt Eva mit einem verführerischen Lächeln.
Gerade als die beiden sich inniger küssen, öffnet sich leise die Tür und Ivy tritt ins Schlafzimmer. Sie bleibt im Türrahmen stehen, ihre Augen weiten sich ein wenig, als sie die beiden auf dem Bett liegen sieht.
„Mama…“, flüstert sie zögerlich.
„Ja?“ Eva und Uli antworten gleichzeitig, beide sehen sich lächelnd an, wobei sie die Situation sofort erkennen und sich auf Ivy einstellen.
Ivy fasst sich an den Bauch, ihre Miene ist ein wenig verzerrt. „Ich hab Bauchschmerzen“, sagt sie leise.
„Ja, Ivy, aber das ist normal“, erklärt Uli mit sanfter Stimme. „Das passiert vielen Mädchen, wenn sie ihre Periode haben. Es wird mit der Zeit besser, du wirst dich dran gewöhnen.“
Eva und Uli machen sich gemeinsam für den Tag fertig. Nachdem sie ihre Sachen gepackt und sich angezogen haben, treffen sie sich mit ihren Freunden zum Frühstück. Die Atmosphäre ist entspannt, und während sie die Mahlzeiten genießen, unterhalten sie sich über die letzten Tage und den bevorstehenden Rückflug.
Nach dem Frühstück machen sie einen entspannten Spaziergang durch die Stadt, besuchen ein paar Sehenswürdigkeiten und genießen einfach die Zeit miteinander. Es ist ein schöner Moment des Zusammenseins, bevor der Flug sie zurück nach Schwerin führt. Während des Fluges sitzt Ivy zusammengekauert am Fenster, ihre Augen auf die Wolken gerichtet, während Eva am Gang sitzt und in Gedanken versunken ist.
Als die drei schließlich wieder in Schwerin sind, sitzen sie am Abend gemeinsam beim Abendessen. Der Raum ist erfüllt von vertrautem Lächeln und gemütlicher Stille. Eva plant in ihrem Kopf schon die kommende Woche, während Uli den Essensplan für die nächsten Tage zusammenstellt, immer bedacht darauf, dass es für alle genug gibt.
„Gehen wir morgen früh schnell zum Standesamt?“, fragt Eva schließlich, ihre Gedanken noch immer bei den nächsten Schritten. „Was brauchen wir dafür alles?“
„Ausweis, Meldebestätigung und Geburtsurkunde“, sagt Uli, während sie einen Blick auf den Tisch wirft. „Und ich brauche das Scheidungsurteil.“
„Was habt ihr vor, Mama?“ Ivy schaut neugierig von ihrem Teller auf, ihre Augen groß vor Interesse.
„Nichts, Ivy“, sagt Uli mit einem Lächeln und wirft Eva einen vielsagenden Blick zu. Eva erwidert das Lächeln und schüttelt den Kopf, als ob sie ein Geheimnis zwischen sich und Uli teilt.
In den kommenden Tagen erledigen Eva und Uli alles, was ansteht. Sie kümmern sich um die Formalitäten, um die nötigen Papiere, um alles vorzubereiten. Ihre Hochzeit, die sie nur zu zweit planen, wird ein Moment für sie beide, ohne unnötigen Trubel oder große Feierlichkeiten. Sie brauchen keine Zeugen für ihre Liebe. Sie wissen, was sie füreinander bedeuten, können sich aufeinander verlassen und wissen, dass sie gemeinsam alles durchstehen können. Es ist ein sehr persönlicher Schritt, den sie zusammen gehen.
Einige Wochen später ist es endlich soweit. Es fühlt sich an, als ob die Zeit stillgestanden wäre, während die beiden auf diesen Moment gewartet haben. Sie haben niemandem etwas verraten, keine Familie, keine Freunde. Nur sie beide, ganz allein, vor dieser Tür, die ihr Leben verändern wird. Nervosität und Freude fließen wie ein warmer Strom durch ihre Körper, als sie vor dem Standesamt stehen, Hand in Hand.
Uli trägt eine weiße Bluse, die schlichte Eleganz ausstrahlt, kombiniert mit einer schwarzen Hose, die ihre Figur schmeichelt. Ihr Blick ist fest auf Eva gerichtet, als ob sie die Welt für einen Augenblick vergessen könnte. Eva, an ihrer Seite, trägt einen schwarzen Anzug, der ihre Stärke und dennoch ihre Zartheit betont. Unter dem schwarzen Stoff blitzt die weiße Bluse hervor, die fast wie ein Versprechen auf ein neues Leben wirkt.
Der Moment, auf den sie so lange gewartet haben, kommt, als die Standesbeamtin die Papiere in ihren Händen hält und Eva mit einem Blick fragt, ob sie Uli zu ihrer Frau nehmen möchte. Die Worte, die sie erwartet hat, fühlen sich in diesem Augenblick mehr wie ein Versprechen an. „Ja, ich will“, sagt sie mit einer Stimme, die sowohl Stärke als auch Liebe ausstrahlt.
Dann ist es an der Reihe von Uli. Sie blickt zu Eva, ihre Augen glänzen vor Liebe, und mit einem breiten Grinsen sagt sie, „Ja, ich will.“ Es sind keine Worte, die nur eine Antwort auf eine Frage sind, sondern ein Schwur, eine tief verwurzelte Bindung, die jenseits von allem liegt, was Worte je ausdrücken könnten.
Die Ringe werden getauscht, und während ihre Finger sich berühren, spüren sie das Gewicht dieses Augenblicks. Ein symbolischer Akt, der das Versprechen besiegelt. Die beiden küssen sich, sanft und voller Leidenschaft, ein Kuss, die gemeinsamen Reise widerspiegelt, die sie schon hinter sich haben, und all die Abenteuer, die noch vor ihnen liegen.
Die Standesbeamtin bittet sie, die Hochzeitsurkunde zu unterschreiben, und als sie ihre Unterschriften setzen, ist es, als ob die Welt um sie herum stillsteht. Der letzte Schritt ist getan, aber der wahre Beginn ihrer gemeinsamen Reise liegt noch vor ihnen. Sie blicken sich an, ihre Herzen schlagen im gleichen Takt, und sie wissen, dass sie in diesem Moment für immer verbunden sind.
Nach der Zeremonie zieht Eva Uli in ihre Arme. Der Moment, in dem sie sich umarmen, ist intensiv, lang und fest. Ihre Herzen schlagen im Einklang, und der einzige Klang in diesem Raum ist das leise Atmen der beiden Frauen. „Ich liebe dich, Frau De Vries“, flüstert Eva in ihr Ohr, ihre Stimme ist sanft, doch die Bedeutung dieser Worte durchdringt alles, was sie je zuvor erlebt haben.
Mit einem letzten Blick aufeinander verlassen sie das Standesamt und gehen zurück in den Alltag. Zur Arbeit, als wäre nichts geschehen. Doch in ihren Herzen ist alles anders. In der Lobby des Büros trennen sich ihre Wege, die Realität des Berufsalltags holt sie wieder ein. Eva geht in ihr Büro, und Uli in die Küche. Doch jeder Schritt, den sie macht, jeder Atemzug, den sie nimmt, ist jetzt ein Schritt, den sie zusammen gehen.
Uli steht in der Küche, die Löffel in der Hand, und rührt mit einem Lächeln in den Töpfen. Die fröhliche Stimmung, die sie heute ausstrahlt, ist ansteckend. Die letzten Wochen waren ein ständiges Auf und Ab der Gefühle, aber heute scheint alles perfekt zu sein. Ihre Laune ist fast unerschütterlich, als ob sie auf Wolken schwebt. Pit, der die ganze Zeit neben ihr arbeitet, kann sich ein erstauntes Grinsen nicht verkneifen. „Was ist mit dir los?“, fragt er schließlich, nachdem er die Veränderung bemerkt hat. Doch als er in Ulis Augen blickt, versteht er sofort: Es ist das Glück, das durch den Raum schwebt, das sie umgibt, seitdem sie mit Eva zusammen ist. Heute jedoch ist es etwas besonders Strahlendes, als ob ein neues Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen wurde. Pit fragt nicht weiter, er spürt, dass es etwas tiefgründigeres ist, und lässt es einfach so stehen.
Eva geht in ihr Büro, doch ihr Herz schlägt schneller, als sie den Telefonhörer in die Hand nimmt. Sie zögert kurz, atmet tief durch und wählt dann die Nummer ihrer Mutter. Der Klang der Verbindung fühlt sich an wie ein schwerer Vorhang, der sich öffnet und die Wahrheit ans Licht bringt. „Ja, Mama“, beginnt Eva, ihre Stimme ist fest, aber von einer Nervosität durchzogen, die sie nicht ganz ablegen kann. „Ich wollte dir nur sagen, dass Uli und ich heute geheiratet haben.“
Am anderen Ende der Leitung herrscht für einen Moment Stille, bis die Stimme ihrer Mutter wie ein Sturm über sie hinwegbricht. „Ihr habt was?“, schreit ihre Mutter entsetzt, „Und ihr kommt nicht auf die Idee, uns einzuladen?“ Der Vorwurf schwingt schwer in der Luft. Eva spürt, wie sich ein klammerndes Gefühl in ihrer Brust breitmacht, aber sie bleibt ruhig.
„Beruhige dich, Mama“, sagt sie sanft, „Es war niemand dabei. Nur wir und die Unterschrift. Keine Romantik, nichts Aufregendes.“ Doch die Worte ihrer Mutter hallen nach, und sie weiß, dass dies ein Gespräch sein wird, das ihre Mutter noch lange beschäftigen wird.
„Evas Eltern haben sich angekündigt, am Wochenende vorbei zu kommen“, erzählt sie Uli später. „Wenn sie uns schon nicht zur Hochzeit eingeladen haben.“
Uli schaut kurz auf, als sie hinunterkommt und in der Küche ankommt. Ihre gelassene Art scheint ansteckend. „Kein Problem, Eva. Was sagen sie?“, fragt sie, während sie neben ihr steht und das Gemüse schneidet.
„Sind sauer“, antwortet Eva, obwohl sie das Thema lieber ablenken möchte. „Aber egal, das ist nicht so wichtig.“ Sie schaut kurz nachdenklich aus dem Fenster, dann fällt ihr Blick auf Uli. „Ich werde Ava auch einladen. Vielleicht bringt sie ja jemanden mit.“
„Wer ist denn Ava?“, fragt Pit neugierig und sieht auf, als er den Namen hört.
Eva lacht, ein bisschen gespielt, um die Situation aufzulockern. „Niemand, der sich für dich interessieren würde“, sagt sie, ihr Lächeln verschmitzt. „Tut mir leid.“
Uli verdreht die Augen, ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen. „Eva, du bist manchmal so verletzlich“, sagt sie, aber ihr Blick ist weich, mit einer Spur von Fürsorglichkeit. „Ava steht auf Frauen, Pit. Sie ist Evas Ex-Freundin und Ivys Ärztin“, erklärt sie dann geduldig.
Pit sieht sie überrascht an, bevor er nickt, als ob ihm endlich ein Licht aufgegangen ist. „Ahhh, macht Sinn“, sagt er schließlich und schüttelt den Kopf.
Eva atmet erleichtert aus. Die Stimmung in der Küche ist wieder entspannt, auch wenn sie weiß, dass das Wochenende mit ihren Eltern nicht ohne Herausforderungen sein wird. Doch an der Seite von Uli fühlt sich alles irgendwie leichter an. Sie ist nicht allein, und das ist mehr, als sie sich je erhofft hatte.
„Willst du was essen, Eva?“, fragt Uli mit einem frechen Grinsen, während sie in der Küche steht und sich überlegt, was sie kochen soll. „Ich hätte Zeit, und wir könnten zusammen etwas essen.“
Eva schaut zu ihr auf, das Lächeln auf ihrem Gesicht breitet sich aus. „Für meine schöne Frau habe ich immer Zeit“, antwortet sie und blickt Uli liebevoll an. Uli lächelt, nickt zustimmend, und ohne ein weiteres Wort wird das Essen vorbereitet.
Während Uli in der Küche hantiert, wird der Duft des Essens langsam stärker, und beide können kaum erwarten, endlich am Tisch zu sitzen und gemeinsam zu essen. Sie genießen das Mahl in völliger Harmonie, als wäre dies der perfekte Abschluss eines langen Tages. Eva streichelt sanft Ulis Hand, eine Geste, die inzwischen zur Normalität geworden ist – für alle, die sie kennen. Es ist ein stilles, aber kraftvolles Zeichen ihrer Zuneigung, und es fühlt sich immer noch wie ein kleines, schönes Geheimnis nur für sie beide an.
In diesem Moment ruft Raik ,Frau Kersting von der Rezeption aus. Uli rollt genervt mit den Augen und murmelt: „Was gibt es jetzt wieder?“ Sie schaut zu Eva, als ob sie sich schon denken kann, dass es wieder um etwas Dringendes geht.
„Ihre Tochter ist am Telefon“, erklärt Raik. „Sie erreicht sie beide nicht.“
Uli nimmt den Hörer ab, und sofort ertönt Ivys Stimme. „Ich hab den Bus verpasst… könnt ihr mich bitte abholen?“, sagt sie etwas außer Atem, offensichtlich von der unerwarteten Situation überrascht.
„Schatz, du musst Ivy abholen, beim Fußball“, sagt Uli ruhig zu Eva. „Sie hat den Bus verpasst.“
Eva nickt ohne zu zögern, springt auf, und schon hat sie ihre Sachen zusammengepackt. „Kein Problem, ich hole sie ab“, sagt sie, während sie das Restaurant verlässt.
Der kurze Ausflug hat etwas Vertrautes, etwas Beruhigendes, als Eva ins Auto steigt und zur Sporthalle fährt, um Ivy zu holen. Es fühlt sich wie ein weiteres Stück ihres Lebens an, das sie mit Uli und Ivy teilen – ein Leben voller kleiner, aber bedeutungsvoller Momente.
Als sie schließlich zurück im Hotel ist, führt Eva Ivy in die Küche, um sie mit einem Lächeln zu begrüßen, während die alltägliche Routine weitergeht. Doch in diesem Moment spürt sie mehr denn je die Wärme, die in den kleinen Gesten, den unaufgeregten Momenten des Lebens steckt – und die tiefe Verbindung, die sie zu Uli und Ivy hat.
Es ist Freitag, der 15. Juni, und der Tag, auf den Eva schon seit Wochen keine Lust hat, ist endlich da. Die Chefs haben sich angekündigt, um die Zahlen und Buchungen zu überprüfen. Es ist immer dasselbe Prozedere, und diesmal ist Eva besonders genervt. Sie hat die Ordner mit den Unterlagen schon lange vorbereitet, alle Zahlen und Berichte aufgeräumt, und trotzdem bleibt dieses Gefühl der Last, dass sie immer wieder durch denselben Zyklus geht. Um das Ganze abzurunden, hat sie bei Uli für fünf Personen einen Tisch im Restaurant bestellt. Auch Uli hat nun ihren Stress – die Herren sind bekannt dafür, wählerisch zu sein, und sie möchte ihnen unbedingt gerecht werden. Also lässt sich auch sie etwas Exquisites einfallen.
Im Büro beginnt dann die Präsentation der Zahlen und Buchungen. Eva ist gestresst, doch sie merkt, dass die Herren insgesamt zufrieden wirken. Keine negativen Bemerkungen, keine kritischen Fragen. „Wunderbar“, denkt sich Eva und fühlt sich für einen Moment erleichtert. Im Restaurant ist der Tisch gedeckt, alles läuft nach Plan, und sie ist froh, dass zumindest dieses kleine Detail wie gewünscht funktioniert.
Wie erwartet ist Christoph wieder einmal kritisch, aber das ist man von ihm gewohnt. Eva versucht, sich nicht davon ablenken zu lassen. Sie sitzt mit den Herren am Tisch, der Ablauf läuft ruhig, als plötzlich ihre Eltern das Hotel betreten. Ihr Vater winkt ihr auffällig zu. Eva blinzelt, überrascht von der frühen Ankunft. Die sind früh dran, denkt sie sich.
„Entschuldigung, meine Eltern sind früh dran“, sagt Eva und schaut zu Uli, die gerade mit dem Essen ankommt. Doch als Uli in Evas Gesicht sieht, bemerkt sie sofort ihre leichte Verzweiflung. Mit einem verstehenden Nicken geht Uli auf Evas Eltern zu, um ihnen den Empfang zu erleichtern.
„Da ist ja unsere Schwiegertochter!“, ruft Evas Mutter laut, als sie Uli sieht, und stürzt auf sie zu, um ihr herzlich zu gratulieren. Eva verschluckt sich fast an ihrem Stück Fleisch und versucht, sich zu fangen. Nicht jetzt… denkt sie, aber es ist zu spät. Ihre Mutter umarmt Uli und drückt sie fest an sich.
„Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit!“, sagt sie mit einem Lächeln, das beinahe zu groß für den Raum wirkt.
Christoph, der die Szene aufmerksam beobachtet, schaut nun von Eva zu Uli und wieder zurück zu Eva. Ein Moment der Stille entsteht. Dann fragt er neugierig: „Was ist das, Eva?“
„Das ist meine Frau und unsere Foodchefin“, antwortet Eva, ihre Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Entschlossenheit. Sie merkt, dass die Herren am Tisch sich sichtlich überraschen lassen. Ein Blick auf ihre Gesichter verrät ihr, dass sie nie damit gerechnet hätten. Doch Eva bleibt fest.
„Wir sind verheiratet, und alles läuft wie immer“, fügt sie hinzu, ihre Stimme nun noch klarer, ein wenig herausfordernd. „Ihr habt in den letzten Monaten doch auch keine Beschwerden gehört, oder?“
Alle Herren schütteln den Kopf, und Eva kann fast spüren, wie eine unsichtbare Last von ihren Schultern fällt.
„Na, seht ihr? Also läuft alles bestens“, sagt sie dann, als wäre nichts geschehen. „Entschuldigt mich, ich gehe meine Eltern begrüßen.“
Mit einem letzten Blick auf die Herren verlässt Eva den Tisch, während sie ein fast spürbares Gefühl von Erleichterung durchströmt. Sie weiß, dass sie diese Sache nun nicht mehr verstecken muss – nicht vor ihren Kollegen und auch nicht vor den Herren. Ihre Familie ist Teil ihres Lebens, und sie ist nicht länger bereit, sich dafür zu schämen.
Eva stand auf, als ihre Eltern den Raum betraten, und lächelte ihnen entgegen. Ihre Eltern, die jetzt hier waren, nachdem sie ihre Überraschung über die Hochzeit überlebt hatten, waren jetzt doch genauso wichtig wie immer, und dieser Moment des Wiedersehens war für sie von besonderer Bedeutung. Sie legte ihren Arm zärtlich um Ulis Hüfte, eine Geste der Nähe und des Verständnisses, die viel mehr sagte als tausend Worte. Es war eine stille Bestätigung der Verbindung zwischen ihnen, ein Band, das jetzt auch für die Familie sichtbar war.
„Geht am besten erstmal in euer Zimmer“, sagte Eva mit einem Hauch von Erleichterung in ihrer Stimme, „Wir reden später.“ Sie wusste, dass ihre Eltern etwas Zeit brauchten, um sich niederzulassen und den Raum zu verstehen, aber sie wollte sie nicht gleich in ein Gespräch verwickeln. Ihre Augen wanderten dann zu Uli, und sie sprach mit einer Mischung aus Fürsorge und liebevoller Autorität. „Und du gehst jetzt wieder an die Arbeit, sonst gibt es hier Ärger“, sagte sie, ihre Worte durchzogen von einem spielerischen Ton. Uli grinste und nickte, wusste genau, was gemeint war, und gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn, bevor sie sich zurück in die Küche begab, wo noch etwas Arbeit auf sie wartete.
Eva verabschiedete sich von ihren Chefs, denen sie ihre besten Zahlen und Buchungen präsentiert hatte, und ging dann zur Rezeption, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung war. Sie wusste, dass Ava bald eintreffen würde. Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, öffnete sich die Tür, und Ava trat ein. Ihr Blick traf der von Eva, und in diesem Moment war alles um sie herum verschwunden. Die beiden begrüßten sich innig, mit einer Leidenschaft und Zuneigung, die nur Menschen verstehen konnten, die eine tiefere Verbindung teilten. Es war eine kurze Umarmung, aber sie war intensiv, von der Art, dass sich alle Blicke in der Nähe sofort auf sie richteten.
Unter den kritischen Augen der Kollegen war es nicht unbemerkt geblieben. „Frauen Geschmack hat sie auf jeden Fall“, flüsterte Lara zu Linh, beide beobachteten Ava genau, was natürlich auch ihr nicht entging. Sie hatte es bemerkt, doch sie ließ sich nicht beirren. Es war ihr egal, was andere dachten. Eva gab Ava die Karte für das Zimmer und verschwand dann, um noch einen Moment in der Küche zu verbringen.
„Uli, machst du Feierabend?“, fragte Eva, als sie in die Küche zurückkehrte. Ihr Ton war ruhig, aber bestimmt. „Wir müssen uns fertig machen.“ Uli schaute auf und nickte, ihre Augen blitzten kurz auf. Es war klar, dass der Arbeitstag nun auch für sie zu Ende war, und sie war froh, diese Zeit mit Eva und ivy zu verbringen.
Eva fuhr mit Uli und ivy nach Hause, damit sie sich umziehen konnten. Der Gedanke, sich frisch zu machen und zu entspannen, beruhigte sie. Doch als sie später zurück im Hotel waren, ging Uli noch einmal in die Küche, um letzte Details abzuklären, als Pit sie ansprach.
„Ey, wieso hast du nicht gesagt, dass ihr geheiratet habt? Wir hätten eine Party geschmissen!“, sagte er, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Die Überraschung und Freude in seiner Stimme war nicht zu überhören, aber Uli antwortete ruhig und sachlich: „Genau deshalb, Pit. Wir wollten es eher privat halten.“ Sie wusste, dass dies der richtige Weg war, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Sie hatte nie viel Aufhebens um ihre Beziehung gemacht, und das war etwas, das sie auch beibehalten wollte – zumindest vorerst.
„Jetzt sind wir am Tisch“, fügte Uli hinzu und nahm Platz, wobei sie sich neben Eva setzte und ihre Hand ergriff. Es war eine Geste der Intimität und Zuneigung, die für alle am Tisch unmissverständlich war.
Die Stimmung am Tisch war entspannt und angenehm. Ivy saß neben Ava und erzählte ihr lebhaft von den letzten Monaten. Von den Höhen und Tiefen, von allem, was sich in ihrem Leben geändert hatte. Es war eine Unterhaltung voller Lachen, Erinnerungen und Liebe. Es war, als ob sich alles endlich fügte, als ob der Kreis endlich geschlossen war.
Eva lehnte sich an Uli, ihr Kopf fand Zuflucht an ihrer Schulter. In diesem Moment war alles in Ordnung. „Wir sind jetzt eine Familie“, flüsterte sie, ihre Stimme war sanft, aber mit einer tiefen Bedeutung. Es war mehr als nur eine Aussage; es war eine Wahrheit, die in ihrem Herzen widerhallte. Sie küsste Uli dann zärtlich auf die Lippen, ein Kuss, der all die Liebe und das Vertrauen ausdrückte, das sie füreinander empfanden. Der Kuss war lang und ruhig, ein stilles Versprechen, dass sie füreinander da sein würden, immer und für immer.
Die anderen am Tisch waren in ihre Gespräche vertieft, aber für Eva und Uli zählte in diesem Moment nur das Hier und Jetzt. Alles fühlte sich perfekt an. Ihre Familie war nicht nur eine Ansammlung von Verwandten, sondern eine wahre Einheit. Es war der Beginn eines neuen Kapitels, und dieses Kapitel würde mit Liebe, Vertrauen und Gemeinschaft gefüllt sein. Eva wusste, dass sie in Uli ihre wahre Partnerin gefunden hatte – nicht nur im Leben, sondern auch in der Familie, die sie nun gemeinsam aufbauten.