
Kapitel 2
"...Ist der tot?"
"Blödsinn, der atmet noch. Schau!"
"Aber er sieht tot aus."
"ja, tut er!"
"Ach, ihr seid doch doof! Er schläft nur! Ich zeigs' euch!"
"Pusteblume! Geh' von ihm runter! Er hat uns gerettet!"
"Reg dich ab, Sommer! So ein Winzling hat es bestimmt nicht mit Canine aufgenommen! Vermutlich ist er so ein Versager wie du!"
"Nur weil ich klein bin, bin ich kein Versager, du Dachs! Und jetzt geh' runter!"
"Was willst du denn dagegen tun?"
Blackheart brummte.
Augenblicklich ertönte lautes Gequieke und das Gewicht, das gerade noch auf seinem Rücken und seiner Seite gelastet hatte, verschwand.
"Jetzt wacht er auf!"
"Oh-oh!"
"Und dann verhaut er dich, Pusteblume!"
"Glaub' ich nicht!"
"KINDER!" Ertönte eine strenge Stimme.
"Was fällt euch ein, auf einer verletzten Katze herum zu klettern! Seit wann machen wir denn sowas?!"
"Entschuldigung, Erde!" Miauten die Kinderstimmen im Chor.
Blinzelnd öffnete Blackheart die blauen Augen.
Ein verschwommener, orangegelber Fleck tauchte vor ihm auf. Darin schwammen zwei blaue Flecken.
"Eristwach!" Rief Pusteblume.
Ein helles Kittengesicht schwebte vor Blackheart.
Es war ein junger Kater.
"Er ist wach, er ist wach!" Miaute er aufgeregt.
Der Dämon fuhr zusammen.
"Was willst du?!" Fauchte er.
"Hast du echt Canine vor einen Zug gelockt?!" Miaute das Junge.
"Hab ich das?" Blackheart leckte sich abwesend die Pfote und fuhr sich über die Nase.
Seine Ohren zuckten.
Erde trat zu ihm. "Na, du großer Held?" Maunzte sie. "Da bist du ja wieder!"
"War ich weg?"
"Naja, du warst ohnmächtig."
"Schick."
Erde musste kichern. "Oder so ähnlich, ja."
"Was hab ich verpasst?"
"Nicht viel. Johnny hat dich zurück getragen, wir haben deine Wunden versorgt und dich schlafen lassen. Seit du hier liegst, ist Sommer ständig um dich herum gewuselt." Die Katze gluckste.
"Sommer?" Wiederholte Blackherart fragend.
"Ich bin Sommer."
Das orangegelb getigerte Junge trat vor. Seine blauen Augen leuchteten vor Bewunderung.
"Hast du wirklich alleine mit einer Patroullie vom SchwarzwegClan gekämpft?"
"ich habe sie weggelockt."
"Boah, Wahnsinn! Hattest du keine Angst?!"
"Nein."
"Toll!" Sommer drehte sich zu den anderen jüngeren Katzen um.
"Seht ihr? Ich habs euch doch gesagt! Er ist ein Held!"
"Ach, du hast Hummeln im Kopf!" Miaute Pusteblume. Sommer warf Blackheart noch einen Blick zu, der glühte vor Bewunderung und den der Schwarze mit einem Schmunzeln quittierte, dann hüpften er und die Anderen diskutierend davon.
Erde ließ sich neben dem Kater nieder und blinzelte ihn an.
"Soso... Du hattest also gar keine Angst..."
Blackheart legte leicht den Kopf zurück, um ihr in die Augen sehen zu können, sagte aber nichts.
"Nicht mal ein bisschen?" Schnurrte die Katze neckisch.
"Vielleicht."
Erde lachte, und es tat weh, so schön war es. In der Sonne kniff sie leicht die Augen zu, ihre Nase war fröhlich gerümpft und ihr braunes Fell glitzerte im Licht, als läge Goldstaub darauf.
Ihre grünen Augen, die trotz Allem noch immer lustig funkelten, übten eine äußerst kuriose Anziehung auf ihn aus.
Blackheart versuchte, aufzustehen.
Offenbar hatte man seine Wunden gut behandelt, denn es gelang fast problemlos. Nur der Muskelkater störte.
Einer Regung folgend trat er zu Erde und legte sich neben sie. Seinen Kopf bettete er mit einem Seufzen in ihren Nacken.
Ihr Fell knisterte vor Hitze.
Erde legte den Kopf auf die Pfoten. Nach einem Moment begann sie zu schnurren.
Der wohlige Ton vibrierte bis zu Blackheart und er kniff wohlig die Augen zusammen, auf diese einzigartige Weise, wie nur Katzen in der Sonne blinzeln, träge und rundum zufrieden.
Der Körper von Erde lag eng an seinen gedrückt da und schien vor Hitze zu glühen.
Aber es war eine gute Hitze, nicht wie das von Sünden gespeiste Feuer der Hölle, mit dessen Temperatur er aufgewachsen war.
Da war wieder so ein Frieden, sie neben ihm, die Sonne auf seinem Fell, der aufgewärmte Sandboden, der Duft von Erdes Pelz, der den Geruch des Schhrottplatzes verdrängte.
Bevor Blackheart es sich versah, begann auch er zu schnurren.
Er ahnte nicht, dass er beobachtet wurde.
Johnny musterte die beiden Katzen unbewegt.
Sein Feind benahm sich äußerst merkwürdig. Man konnte fast glauben, dass er sich in Erde verliebt hätte, aber Johnny stimmte genau dieser unbekannte Blackheart misstrauisch.
Wenn jemand, der hinterhältig und boshaft war, sich plötzlich wie Bambi auf einem Zuckerwatte-Trip benahm, dann konnte man davon ausgehen, dass das zu einem Plan gehörte, der noch hinterhältiger und boshafter war als das Übliche. Er hatte nicht vor, auf dieses Verhalten herein zu fallen.
Wenn der wahre Blackheart sich wieder zeigen würde, wollte er ihn endlich einmal so richtig verprügeln.
Das hinterfotzige Biest hatte es verdient.
Eigentlich mehr als einmal.
Aber er konnte warten.
Etwas später, als Erde gerade mit einem Vogel im Maul zu Blackheart unterwegs war, passte der Dobermann sie ab.
"Hey, ähm... Eine Frage. Du... magst ihn doch, hab ich recht?"
Erde legte den Vogel ab. "Wen?"
"Blackheart."
Für eine Weile schwieg die Gestreifte. Sie sah ihm dabei nicht in die Augen.
"ich weiß es nicht. Ehrlich. Aber er ist interessant. Er ist irgendwie so... so..."
"Ja. Schon klar."
Erde zog die Augenbrauen hoch. "Tsss! Nichts ist klar."
Mit einem Kopfschütteln hob sie den Vogel hoch und trug ihn weiter zu er Stelle, wo Blackheart schon wieder von den Kinder belagert wurde.
"Oi! Ich bin noch nicht fertig!" Rief Johnny ihr nach.
"Doch, bist du." Antwortete Erde, ohne sich umzudrehen. Sie legte den Vogel vor Blackheart ab.
Der Kater schüttelte sich, wodurch Pusteblume von seinem Rücken purzelte und erhob sich.
"Gelobt sei König Herodes, dass du kommst, Weib, Befreie mich von dieser Heimsuchung!"
Sommer hing an seinem Bein. Der Schwarze versuchte erfolglos, ihn abzuschütteln.
"Run-ter! Von! Mir!"
Das Junge kreischte vor Vergnügen, als es an dem Bein des Katers hin und her gebeutelt wurde.
Erde prustete los. "Der ist- für dich!" Kicherte sie.
Blackheart nahm es erfreut zur Kenntnis. Er beugte sich herab und begann, dem Beutetier die Federn abzurupfen.
Der Flaum klebte an seiner Zunge fest, so dass er anfing zu prusten und mit den Zähnen darüber fuhr, um ihn loszuwerden.
"Ähbäh!" Machte er, schleckte und kaute, bis die die Daunen zu Boden fielen.
Erde kicherte erneut. "Du darfst die Federn nicht mit der Zunge berühren. Nimm nur die Zähne."
Der Kater folgte ihirem Rat und es ging tatsächlich besser. Geschickt rupfte er den Vogel kahl, wobei er, ganz nach Katzenmanier, die Federn um sich her verstreute.
Erde sah ihm aufmerksam dabei zu.
Als er seine Zähne in das weiche Fleisch grub, entspannte sie sich.
"...Und schön aufessen." Odnete sie an. "Du nützt uns nichts, wenn du vor Hunger umkippst."
Der Kater hob den Kopf und wollte etwas erwidern, doch sein Maul war zu voll. So begnügte er sich damit, ihr zuzuzwinkern.
Erdes Mundwinkel zuckten.
Dann trat sie zu Sommer und pflückte ihn von Blackhearts Bein.
"Komm mit, Löwenherz. Der große Held sollte in Ruhe essen."
"Oh, Manno!"
"Hör auf sie, Kleiner. Du fängst an, mir auf den Geist zu gehen. Also- Husch."
Sommers Augen wurden groß. Dann lachte er.
"Okay, bis später, Blackheart!"
Offenbar würde der Junge nicht zu flennen anfangen. Schade. Und der Versuch, ihn zu vergraulen, hatte auch nicht funktioniert.
Zweimal schade.
Blackheart schnippte mit dem Schweif, was einem Schulterzucken gleichkam und machte sich weiter über seinen Vogel her.
"Ein Danke wäre nett!"
Der Dämon blickte auf. Erde stand immer noch da.
Ein Danke wäre nett?!
"...Ach?"
Die Augen der Gestreiften wurden schmal und glitzerten bedrohlich. Mit einem Mal sah sie nicht mehr weich und flauschig aus.
"Öh... Danke?" Sagte Blackheart schnell.
"Bitte schön."
Erde drehte sich um und stolzierte davon, den Schwanz steil aufgestellt. Weiber!
Mit einem erneuten Schwanzzucken futterte der Kater weiter. Plötzlich fiel ein Schatten über ihn.
Er sah auf.
Johnny stand in voller Lebensgröße vor der Sonne und sah auf ihn herab. Seine Augen glitzerten.
"Schmeckt's?"
Blackheart sah erst nach rechts, dann nach unten, nach links und schließlich wieder zu Johnny. "Äh... ja, danke. Es schmeckt gut."
"Sehr schön."
Eine Pause entstand.
"Noch was?" fragte der Kater. Der Dobermann grinste.
"Oh, ich möchte nur, dass du deine Henkersmahlzeit genießt. Denn wenn ich herausfinde, was dieses Geturtel bewirken soll, gibt's Ärger."
"Geturtel?"
"Mit Erde. Wenn ich heraus finde, zu welchem kranken Plan das nun wieder gehört, dann prügele ich deine neun Leben aus dir raus."
Johnny lächelte charmant. "Guten Appetit."
Und damit entfernte er sich, die Ohren entspannt gespitzt, die Rute leicht gehoben.
Blackheart war baff. Das hatte er nicht erwartet. Sein Appetit war verflogen, obwohl ihm der Magen knurrte.
Lustlos und missmutig fraß er weiter, aber nach dem dritten Bissen wurde ihm schlecht und er setzte sich hin. Seine Schnurrbarthaare zitterten.
Waru, hasste Johnny ihn noch immer so?
Trotz all dem, was sie sich angetan hatten, war Blackheart bereit, zu vergeben und zu vergessen.
Sein Gegner schien das nicht zu können.
Vielleicht, weil Blaze mehr eingesteckt hatte, als er hatte austeilen können, auch wenn der "Schäm-dich-Blick" letzten Endes besser als gut seine Arbeit getan hatte.
Es hatte verdammt wehgetan. Schuldgefühle von weit mehr als tausend Seelen hatten ihn innerlich verbrannt, hatten sein schwarzes Herz mit ihren blutigen Krallen zerfetzt und ihn stark geschwächt. Erstmals hatte er eine Ahnung von den Qualen bekommen, die Sünder in der Hölle litten.
Konnte der Schmerz, den Johnny das Ganze bereitet hatte, tatsächlich schlimmer gewesen sein? Noch immer stand San Venganza zwischen ihnen, doch wenn sie nicht bereit waren, zu verzeihen, hatten sie keine Chance, in ihr altes Leben zurück zu kehren.
Blackheart war dazu bereit, da er seine Machtpläne nicht aufgeben wollte.
Aber Johnny hatte nichts mehr zu verlieren...
Später an diesem Tag, als die Sonne blutrot hinter den nahen Häusern versank, und die wenigen Jungen zum Schlafen gebracht worden waren, versammelten sich die Katzen auf dem freien Rund in der Mitte des Schrottplatzes.
Keines der Tiere sprach ein Wort. Die Felle der Katzen, vom letzten Tageslicht illuminiert, schien zu leuchten vor Energie. Jedes Haar zeichnete sich glühend vor dem im Schatten liegenden Hintergrund ab. Die Sonnenstrahlen spannten ein feines Netz aus Licht zwischen den Tieren, und es war ihnen, als schlügen ihre Herzen im gleichen Takt.
In der Mitte, am Rand des innersten von den Katzen gebildeten Kreises, saß Flug.
Auch er regte sich nicht.
Aller Augenpaare waren auf ihn gerichtet und der Kater schien den Blick jeder Katze zugleich zu erwidern. Worte waren nicht nötig.
Geräusche hätten die ruhige, harmonische Welt gestrört, in der die Seelen der Tiere verweilten.
Die Sonne versank. Noch einmal schoss sie helle Strahlen über den Platz, dioe die zahlreichen Augenpaare aufleuchten ließen, dann senkte sich Dunkelheit über den Schrottplatz.
Im gleichen Moment begann eines der Jungen kläglich zu weinen.
Mit einem Zucken seines Schweifes löste Flug die Versammlung auf.
Blackheart, der von Distel und Erde in die vordersten Reihen gebracht worden war, horchte auf. Es war Sommer, der da weinte.
Erde erhob sich und eilte in Richtung des Geräusches davon. Der Kater lauschte in sich hinein, überlegte, ob er den lächerlichen Emotionen, die er dort vorfand, nachgeben sollte, oder nicht.
Dieser bittersüßen Sehnsucht nach etwas, das er nicht benennen konnte, und das auch nicht wollte. Aber es fühlte sich so machtvoll und richtig an.
Schließlich folgte er der gestreiften Kätzin.
Erde kauerte neben Sommer in einem Hohlraum, welcher sich inmitten einer riesigen Maschine befand, von der man nicht mehr sagen konnte, welche Aufgabe sie einmal bekleidet hatte.
Die beiden Katzen lagen in einer Art flacher, ovaler Höhle, an deren Stelle wohl auch einmal Mechanik gesessen hatte, die nun jedoch weich mit Moos, Daunen und Fell gepolstert war.
Sommer schien wach zu sein. Er kuschelte sich eng an Erde, während Schluchzer ihn schüttelten. Als die Kätzin zu singen begann, schob Blackheart sich leise näher, um zu verstehen, was sie sagte.
Ihr süßer Gesang stieg in den Nachthimmel und berührte einen Punkt in seinem Herzen, von dessen Existenz er bisher nicht gewusst hatte.
"Sei tapfer, mein Kind..." Sang Erde und schnurrte Sommer zu, der schniefend und zitternd das Näschen in ihr Fell drückte.
"...Es gibt Katzen, die lieb zu dir sind. Lass die Tränchen und glaube an mich... Jemand wartet auf dich..."
Der Kleine schien sich zu beruhigen.
"Nun weine nicht mehr..." Sang Erde weiter. "Ist dir auch heute das Herzchen noch schwer. Morgen lächelst du auch so wie ich. Jemand wartet auf dich..."
Sie hob den Kopf und entdeckte Blackheart. Bevor er sich zurückziehen konnte, sang Erde weiter, den Blick fest auf ihn geheftet, und plötzlich war das Lied an Beide gerichtet.
"...Ein Gebet, das du verwahrt hast im Herzen, das sich schützend vor dich stellt... Bringt dir die Freude und das Glück...damit deine Welt sich erhellt. Verzage nur nicht, eine schönere Welt ist in Sicht... Drum sei tapfer und glaube an mich... Jemand wartet...schon...auf... dich..."
Erde verstummte, die Nase an Sommers Ohr.
Das Junge war wieder eingeschlafen, doch noch immer wurde es von vereinzelten Schluchzern geschüttelt.
So leise er konnte, stahl sich Blackheart davon.
Er hatte Einblick in eine unbekannte Welt voller Liebe getan. Und es ängstigte iihn, was für Empfindungen das auslöste.
Bald kam Erde heraus und wurde von einer anderen Katze abgelöst. Sie sah sich um.
Ganz in der Nähe lagen Johnny und Distel, die sich gegenseitig wärmten und dabei eine leise Unterhaltung führten.
Die Gestreifte legte sich dazu und wurde sogleich in die gemütliche Gruppe integriert.
Blackheart beobachtete das Ganze und verspürte einen kalt brennenden Schnitt der Enttäuschung.
Er rollte sich auf dem eisigen Boden zusammen und versuchte, sich zu entspannen. Bibbernd driftete er schließlich in unruhigen Schlaf hinüber, bis die Kälte der Nacht in mit seinem eigenen, heftigen Zittern wieder wachbeutelte.
Irgendwann bemerkte er, dass eine Katze neben ihm stand. Es war Erde. Schnurrend legte sie sich hin und schmiegte sich an seine Flanke. Kaum einen Herzschlag später stand Distel auf der anderen Seite.
Auch sie drückte ihren herrlich warmen Pelz an den seinen.
Die Kälte wich.
Johnny blinzelte.
Irgendetwas hatte ihn aus seinem wohligen Dämmerschlaf gerissen. Sein müder Kopf überdachte ein paar Möglichkeiten, bis ihm klar wurde, dass ihm kalt war. Sehr kalt.
Auf den zweiten Blick stellte er fest, dass Erde und Distel nicht mehr neben ihm lagen.
Gewaltig gähnend kam der Dobermann auf die Beine und stakste steifbeinig dem geruch der beiden hinterher.
Als er sie fand und sah, mit wem sie da lagen, wäre er fast wütend geworden.
Aber er war zu müde.
Mit einem gegrunzten "Scheiß drauf." legte er sich zu ihnen.
Bei der erneuten Bewegung hinter sich spitzten sich unwillkürlich Blackhearts Ohren und er blinzelte den Neuankömmling durch einen Schleier der Müdigkeit an. Die Umrisse eines Hundes zeichneten sich gegen den Nachthimmel ab.
Gerade als Panik die Trägkeit seines Schlafes u durchdringen begann, legte der Dobermann sich hin, so dass sein Körper einen Halbkreis um die Katzen beschrieb. Den Kopf bei Distel und den Schweif bei Erde bettete er die Schnauze auf die Vorderpfoten und schloss die Augen.
Trotz der Wärme, die ihn nun von allen Seiten einhüllte, war Blackheart jetzt wach.
Johnny lag direkt hinter him!
Und schlief!
Entweder hatte er irgendetwas nicht mitbekommen, oder Blaze wollte ihn im Auge behalten.
Beides war nicht allzu beruhigend.
Allerdings machte Johnny im Moment keinen feindlich gesinnten Eindruck.
Mit einem Seufzen legte Blackheart den Kopf auf die Vorderpfoten und schloss die Augen.
Während er in den Schlaf hinüber dämmerte, rutschte er ein Stück zur Seite und fiel gegen Erde. Der Geruch ihres Fells hüllte ihn ein und er sank in duftende Träume.
Zum ersten Mal seit Jahrhunderten schlief der Sohn des Teufels mit einem Lächeln im Gesicht.
Einige Tage später.
Zwei blaue Augen öffneten sich. Der Dobermann gähnte herzhaft. Dann erhob er sich vorsichtig, darauf achtend, nicht auf jemanden Kleineren zu treten, und streckte sich ausgiebig.
Jetzt regten sich auch die drei Katzen.
Distel entrollte ihren flammfarbenen Leib, reckte sich und kratzte sich mit der Hinterpfote genüsslich das Ohr. Dann stand sie wach und munter da und sah sich um.
Neben ihr lagen Blackheart und Erde.
Johnny meinte sich zu erinnern, dass Erde zuvor nicht so nahe neben dem Kater gelegen hatte.
Und er war sich sicher, dass Blackhearts Kopf am Anfang der Nacht noch nicht in ihrem Nacken geruht hatte.
Die Gestreifte blinzelte müde und richtete sich auf.
So weit das mit dem Dämon im Genick möglich war. Sie schüttelte sich kräftig und Blackheart rutschte mit einem erschrockenen Jaulen zu Boden. Dann drehte sich die gestreifte Kätzin auf die Seite und schlief weiter.
Offenbar bestand sie beim Schlafen auf ihren Freiraum.
Knurrend rappelte Blackheart sich halb auf und legte sich wieder bequem hin. So eingerollt berührte sein Rücken den von Erde.
Distel schlug mit dem Schweif.
"Los, aufstehen!" Kommandierte sie energisch. "Wir haben einiges an Arbeit vor uns!"
Blackheart brummte, versuchte die Stimme auszublenden.
Die letzten drei Tage waren erfüllt gewesen mit Moos sammeln, die Ältesten betreuen (wobei von denen kaum noch welche lebten), Wache halten, Schlafplätze reinigen und Spuren verwischen. Schon seit Tagen hatte der Kater nicht mehr richtig gegessen.
Auch jetzt gerade fühlte er sich ganz hohl vor Hunger.
Am Liebsten hätte er geschlafen, bis die Welt wieder schöner war.
Erde neben ihm machte sich lang und gähnte.
Dann erhob sie sich steifbeinig und blinzelte müde.
"Ich hab' Hunger." Vermeldete sie.
Wie zur Bekräftigung knurrte Blackhearts Magen laut.
"Tja, hilft nichts. Erst kommen die Jungen an die Reihe. Wir müssen sehen, für welche Arbeit uns Feuer einteilt." Distel legte die Ohren an.
"Blackheart!"
Schwerfällig kämpfte der Schwarze sich auf alle Viere und riss das Maul zu einem Gähnen auf, als wolle er einen ganzen Igel auf einmal fressen. Er war todmüde, hungrig, ihn fror und er hatte keine Lust, zu arbeiten.
All dies schlug sich in seinem mürrischen Blick nieder. Feuer, so viel wusste er schon, war der Stellvertreter von Flug. An sich kompetent und verlässlich. Aber er flirtete ständig mit Erde und Distel. Die Goldene kümmerte sich nicht darum, aber Erdes Aufmerksamkeit hatte Feuer geweckt.
Blackheart ignorierte es. Er fand Erde zwar interessant, aber flirten konnte sie, mit wem sie wollte.
So gern hatte er sie auch wieder nicht.
Vielleicht lag es daran, dass er Erde als eine Art Besitztum ansah, die Feuer zu stehlen versuchte.
Eifersucht konnte es nicht sein.
Sie war eine Katze, um Satans Willen!
Er verliebte sich nicht in eine Katze!
Er verliebte sich überhaupt nicht!!
Missmutig blinzelnd machte er sich lang und dehnte seinen ganzen Körper. "...Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun." Murmelte er und grinste. "He, Johnny-Boy! Was passiert, wenn Engel scheißen müssen?!"
Johnny hob lediglich mit steinernem Gesicht eine Augenbraue.
"Sie kriegen Kotflügel!" Beantwortete der Dämon seine eigene Frage und schnaubte.
Stille trat ein.
Zufrieden, dass die Aufmerksamkeit nicht mehr bei Distels Authorität lag sondern bei ihm, leckte er sich über die Nase und setzte sich feixend.
Johnny nießte missbilligend. Er fixierte Blackheart mit seinen sturmwolken-blauen Augen, in denen es bereits zu gewittern schien.
Erde trottete an Distels Seite, setzte sich und begann, sie zu putzen.
"...Glaubst du, dass es für dich sehr günstig ist, mir schon so früh am Morgen auf die Nerven zu fallen?" Fragte Johnny jetzt betont ruhig.
Der schwarze Kater verdrehte sich, um sich die Schulter zu lecken, putzte dann sein Brustfell, und als er Johnny wieder ansah, blinzelte er nur freundlich und lächelte.
Der Dobermann kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und knurrte. Sein Misstrauen war unmissverständlich.
Erde fauchte. "Was habt ihr nur, dass ihr euch nicht vertragen könnt?!"
Johnny legte die Ohren an.
"Würdest du dich gerne mit Canine vertragen?!"
Die Gestreifte öffnete das maul um zu widersprechen, doch ihr fiel uf, dass es eine Lüge gewesen wäre. "Nein, natürlich nicht." Gab sie zu.
"Merkwürdig."
Distel beendete das Geplänkel, indem sie sich umdrehte und in Richtung des Hauptplatzes davon trabte. Erde folgte ihr.
"Ich bin nicht Canine." Stellte Blackheart fest und schnippte Johnny im Vorbeigehen mit dem Schweif über die Nase.
Der Dobermann schnappte wütend nach ihm.
"Denk nach, Johnny. Bist du tatsächlich auf mich wütend, oder auf Mephistofeles, der deinen Vater sterben ließ und dir den Rider aufgezwungen hat..." Ein Blick aus blauen Augen traf den Hund wie eine Ohrfeige.
"Daran war ich nicht beteiligt. ich war lediglich derjenige, an dem du deine Wut auslassen konntest...halbwegs...und bin es noch immer."
"Du hast Mack ermordet!"
"Ja, er war dir ja auch offensichtlich so wichtig."
Johnny knurrte, doch bevor ihm etwas einfiel, das er hätte erwidern können, hörte er Distels Stimme:
"Jetzt bewegt euch Jungs, wir haben nicht den ganzen tag Zeit!"
Noch immer starrte der Dobermann Blackheart feindselig an.
"Johnny, bist du noch anwesend?!" Distel klang ungeduldig.
Wie um seine Gedanken zu ordnen, schüttelte Blaze den Kopf. "...Ich komme."
Er wandte den blauen Augen den Rücken zu und folgte der Goldenen.
Blackheart trabte langsam hinterher, sein Schweif schwebte einige Zentimeter über dem Boden, die Schwarzspitze zuckte hin und her.
In ihm brodelten Emotionen, als wäre er ein Topf mit kochendem Wasser.
Auf dem Hauptplatz teilte Feuer bereits wie jeden Tag die Aufgaben auf die Katzen auf.
"Apfel, nimm Kiesel, Stamm und Halm mit. Ihr holt Nestmaterial. Bringt soviel wie möglich. Rose, Stern und Laub , ihr achtet auf die Jungen. Federpelz, Stachel und Regen, ihr helft mir dabei, die Ältesten nach Zecken abzusuchen."
Jetzt entdeckte er Distel und Erde.
"Aah, guten Morgen, ihr beiden. Habt ihr gut geschlafen?" Miaute Feuer und zwinkerte ihnen zu.
"Ja, danke." Antwortete Erde lächelnd.
"Du glaubst nicht, wie dich ein Dobermann wärmen kann."
Feuer lachte mit ihr. Blackheart setzte sich und legte die Ohren an. So witzig war der Satz auch nicht gewesen.
"Na gut. Distel, schließe dich bitte Fleck, Zweig und Fussel an, ihr geht jagen. Blackheart, geh mit Sand, Dorn und Herbst. Erde, du jagst bitte mit Nacht, Gras, Blüte und Mohn."
Die beiden Kätzinen erhoben sich folgsam und liefen zu den ihnen angewiesenen Gruppen.
Auch Blackheart trottete seufzend zu Sand, Dorn und Herbst. Das würde wieder ein Spaß werden. Sarkasmus. Har dee har.
Feuer schüttelte sich. "Johnny, hilf bitte den Heilerkatzen und halte ein wenig Wache."
"Aye-aye, Käpt'n."
Der Dobermann hoppelte davon.
Blackheart saß neben seinen Jagdgefährten und ließ die Ohren hängen. An der Menge oder der Intensität seiner sozialen Kontakte hatte sich nichts verändert, doch gerade fühlte er sich so einsam, dass es wehtat.
Um das merkwürdige Gefühl noch präziser zu umschreiben- er fühlte sich wie ein kleines Kind, das alleine in seinem Zimmer saß und seinen Eltern bei einem Streit zuhörte. Einem Streit, der auf Scheidung hinauslief und die Frage aufwarf, was mit "dem Kind" passieren sollte...
"Blackheart! Schwing die Hacken!"
Der Dämon schreckte hoch, wirbelte herum und folgte Sand, bevor jemand merkte, wie verräterisch nass seine Augen glänzten.
"Ich bin da." Miaute er betont entspannt. "Los geht's."
Wenig später streifte er an der Seite der drei anderen Kater durch den kleinen Wald, der hinter der Baustelle eine Art Lärmschutz bildete.
Viel Beute gab es hier nicht, doch sie hatten keine große Auswahl.
"ich hoffe, wir finden genug für alle Jungen..." Murmelte Dorn und prüfte die Luft.
Herbst leckte sich kurz das Brustfell, bevor er sich an den braunen Kater wandte. "Wie geht es eigentlich Lärche?"
Dorn schnurrte. "Die Jungen können jetzt jeden Tag kommen. Ich hoffe nur, wir bringen alle durch."
"Hauptsache, sie bleiben bei uns." Sagte Sand bitter.
Schweigen folgte seinen Worten.
Herbst räusperte sich und wechselte das Thema. "...Ich bin froh, dass Distel und Erde wieder da sind. Vielleicht ändert sich jetzt etwas."
Sand verdrehte die Augen.
Blackheart, der nur mit halbem Ohr zugehört hatte, wollte schon fragen, was Herbst meinte, als der andere Kater miaute: "Bist du immer noch hinter Erde her?"
Herbst grinste. "Hey, sie ist eine echt tolle Kätzin."
Blackhearts Schnurrbarthaare sträubten sich.
Er konnte nicht genau sagen was es war, aber Herbsts Grinsen passte ihm nicht.
Dorn schnaubte halbherzig. "Erde ist doch sowieso die Gefährtin von Distel. Und seit Tigers Tod wäre es bei Beiden ein Wunder, wenn sich eine von ihnen noch einmal einen Kater suchen würde. Also vergiss es."
"Was meinst du damit?" Entfuhr es Blackheart.
Dorn knurrte leise. "Tiger war ein Streuner. Distel und er waren Gefährten. Er wurde aber von Canine getötet. Seitdem ist Erde nicht mehr von Distels Seite gewichen."
"Maus!" Zischte Sand da, und alle verstummte.
Der Leitkater fiel in ein Jagdkauern und schob sich lautlos vorwärts.
Es juckte Blackheart in den Pfoten, aber er bezwang seine Ungeduld. Etwas, das er in den letzten Tagen oft hatte üben können. Schnelligkeit war nicht alles.
Sand setzte vorsichtig eine Pfote vor die andere. Bevor er jedoch loslegen konnte, warf Herbst den Kopf in den Nacken.
"FALKE!!!"
Die Maus verschwand blitzschnell, die Katzen sahen nach oben.
Sie standen am Anfang einer großen Lichtung, die an der rechten Seite in eine Schlucht abfiel. Am Himmel über ihnen kreiste ein Turmfalke.
"Würde ein Falke uns angreifen?" Fragte Blackheart, an Sand gewandt. Der Andere grub die Krallen in den Boden.
"Das weiß man bei diesen dreckigen, hinterhältigen Raubvögeln nie so genau, Blackheart. Man kann sich nur darauf verlassen, dass man ihnen nicht trauen kann, egal wobei."
"Also wie bei mir..." Dachte der Dämon sinnend, während ein Lächeln um seine Mundwinkel spielte.
Der Falke war ein ebenbürtiger Gegner.
"Ich glaube nicht, dass er angreift." Miaute Dorn. "Wir sind vier starke Kater. Er hätte keine Chance. Insofern war der Alarm nicht unbedingt nötig, Herbst."
Herbst schauderte. "Du weißt, warum ich Vögel nicht mag!"
Er wandte sich an Blackheart. "Als Junges hätte mich einer fast verschleppt."
Der schwarze Kater nickte nur ungerührt.
Sein Blick war auf den Falken gerichtet, der über ihnen rüttelte.
Der Vogel zog einen weiten Kreis, dann ließ er sich plötzlich fallen und verschwand aus Blackhearts Blickfeld.
"Seht ihr?" Miaute Dorn. "Er hat sich etwas Anderes gesucht."
"Und wir sollten jetzt auch weitersuchen." Bestimmte Sand. In diesem Augenblick ertönte aus der Richtung, in der der Falke verschwunden war, ein gellendes, angsterfülltes Kreischen.
"Das ist eine Katze!" Jaulte herbst. "Er hat eine Katze!!"
Ein Getöse erhob sich zwischen den Bäumen.
Dann brach eine kleine, helle Gestalt daraus hervor und floh über die Lichtung.
Sommer.
Der kleine Kater sah zerrupft aus und war völlig kopflos vor Panik. Er bemerkte die Jagdpatrouille nicht einmal in seinem wilden Lauf.
Ihm fogte der Falke, die Krallen ausgestreckt.
"Sommer! Hier drüben!" Rief Dorn laut, doch das Junge hörte ihn nicht, rannte auf den Steilhang zu.
Noch einmal brüllte Dorn seinen Namen.
Sommer trat ins Nichts und fiel.
Sein Angstschrei brach sich an den Bäumen und gellte in Blackhearts Ohren.
Bevor der Falke dem Jungen folgen konnte, sprang Sand ihn an und beide stürzten in einem Wirbel aus Federn und Fell zu Boden.
Herbst und Dorn folgten zur gleichen Zeit Sommer über die Kante. Und die ganze Zeit stand nur Blackheart bewegungslos da und sah zu.
Sand verjagte den Falken mit ein paar wohlplatzierten Hieben und giftigem Fauchen.
Als der Vogel wieder in den Himmel entschwand, wandte der Anführer der Patrouille sich um und sprang an die Kante des Abhangs, wo er Dorn und Herbst herauf half.
Herbst trug Sommer mit sich. Alle drei kamen voller Staub, doch wohlbehalten zurück.
Langsam ging Blackheart ihnen entgegen, beobachtete, wie die vier Kater sich von der Klippe entfernten und sich zusammenschlossen.
Herbst setzte Sommer vor sich ab.
Der Kleine wirkte etwas verstört, schien sich aber nicht verletzt zu haben.
Blackheart überwandt die letzte Entfernung und setzte sich dazu. Sand beugte sich zu Sommer herunter. "...Geht's dir gut?"
"Ja..." Piepste das Junge.
Sofort verfinsterte sich Sand's Blick.
"Was hast du hier draußen zu suchen?!"
Sommer duckte sich. "Ich wollte Blackheart beim Jagen zusehen."
Drei Augenpaare richteten sich auf den Schwarzen. Vorwurfsvoll.
"Was seht ihr mich so an?!" Fauchte Blackheart. "Ich wusste nicht, dass er uns folgt!"
Er blitzte Sommer an. "Bist du verrückt geworden?!"
Das Junge machte sich ganz klein.
"Ich bringe ihn zurück." Bot Blackheart an.
Sand nickte. "Tu das. Aber pass auf."
Wütend mit dem Schweif schlagend hob der Dämon das Junge am Nackenfell hoch und lief in Richtung des Schrottplatzes davon.
"Hab' ich was Falsches gemacht, Blackheart?" Maunzte Sommer zaghaft.
"Ruhe!" Knurrte der Kater mit zusammengebissenen Zähnen und Fell im Maul.
"Du kannscht dich auf eine geschaltschene Schtrafpredigt gefascht machen! Wasch hascht du dir nur dabei gedacht?!"
Sommer schwieg.
Bevor sie sich dem Schrottplatz näherten, wälzten sie sich in Allem, was sie finden konnten, um ihren verräterischen Eigengeruch zu überdecken.
Dann huschten sie ungesehen zu dem Auto, welches die Lücke im Zaun blockierte und den Eingang für die Katzen darstellte.
Zwei Wächter saßen darin.
Nachdem Blackheart seinen und Sommers Namen genannt und sich gründlich hatte mustern lassen, schlüpften sie über die zerrissenen Sitze auf den Schrottplatz.
Weder Erde noch Distel waren zu sehen.
Dafür war Johnny damit beschäftigt, den Heilerkatzen dabei zu helfen, Kräuter zu tragen.
Er eilte über den Platz und die weiten Gänge zwischen den Müllbergen entlang, ein Büschel Beinwell im Maul.
Dabei rannte er fast Sommer um. "Schul'gung!" Nuschelte er und schoss weiter. "No'fall!"
"Notfall?" Wiederholte Blackheart und sah einen anderen Kater an, einen grauen, flauschigen Krieger namens Nebel.
"Was ist passiert?"
Der Graue knurrte. "Canine. Was sonst?"
Erneut erfasste Blackheart ein Gefühl der Kälte.
Er stupste Sommer vorwärts.
"Du gehst auf der Stelle in die Kinderstube zu Hagel, oder welche Kätzin sonst gerade drin ist. Und wage es nicht, mir zu widersprechen, verstanden?!"
Sommer hüpfte davon.
Blackheart legte die Ohren an und lief in die andere Richtung, dorthin, wo Johnny verschwunden war.
Sorge erfüllte ihn.
Erde.
...Vor wenigen Tagen noch hatte er selbst mit dem Gedanken gespielt, sie mit den Anderen zusammen um die Ecke zu bringen. Nichtsdestotrotz beschleunigte er seine Schritte.
Bog um eine Ecke.
Erreichte den Hauptplatz.
Da war sie.
Um sie herum kauerten Nacht, Gras, Mohn und Blüte. Der Boden glänzte dunkel vor Blut. Dem Dämon blieb die Luft weg.
So viel Blut.
Mohn war kaum noch bei Bewusstsein, Blüte heulte laut vor Schmerz. Nacht lag auf der Seite, das blauschwarze Fell bedeckt mit Spinnweben. Gras und Erde lehnten sich an einander um nicht umzufallen.
Gras' halber Schweif fehlte und Erde's rechtes Ohr hing herab, als hätte jemand versucht es abzureißen.
Ihre Augen waren erfüllt von körperlichem und seelischem Schmerz; ihre Schnurrbarthaare zitterten.
"Canine." Hauchte Blackheart tonlos.
Johnny fegte an ihm vorbei, um noch mehr Kräuter zu holen, doch er realisierte es kaum. Er starrte nur Erde an, die seinen Blick dumpf erwiderte, ihn aber kaum zu erkennen schien.
Blackheart setzte sich hin. Es fühlte sich seltsam an, sie so zu sehen, doch ihm fiel nichts ein, mit dem er ihr helfen konnte.
Das Helfen war nicht gerade seine Stärke.
"Aus dem Weg!" Bellte Johnny und fegte an ihm vorbei. Er warf den Heilerkatzen Kräuter hin, die wie die trockenen Stängel von Mohnblumen aussahen, ließ sich weitere Anweisungen geben, und gallopierte hechelnd wieder los. "Aus dem Weg, du!" Knurrte er erneut, und rempelte Blackheart mit Absicht an.
Der Schwarze erhob sich langsam und tappte etwas mehr zur Seite.
Er schloss die Augen, um dem panischen Trubel um sich her zu entfliehen und einen klaren Gedanken fassen zu können.
Ein paar Momente kämpfte er mit sich, dann gab er mit einem Seufzen auf. Es war zwecklos.
Eine Hälfte von ihm amüsierte sich über das Bild der verletzten Katzen.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, das Kribbeln eines Lachens unter der Haut zu spüren und sich dabei selbst widerlich zu finden.
Johnny kam zurück, legte den Heilern die Kräuter hin, die er mitgebracht hatte und setzte sich hechelnd. Sein Blick fiel auf Blackheart. Der Dobermann musterte ihn erbost. Was genau ihn so wütend machte, wusste der Kater nicht, aber vermutlich war es das Übliche.
Du hast Mack getötet, Roxanne entführt, du bist böse und der Sohn des Teufels.
Blackheart schnaubte und leckte sich das Brustfell.
"Im Ernst? Erzähl mir was Neues, John." Dachte er und erwiderte das Starren so fest er konnte. Er konzentrierte sich darauf, zu blinzeln, Johnnys Blick aber nicht auszuweichen.
Der Dobermann kniff die Augen zusammen.
Die Spannung zwischen ihnen, stets fast greifbar, begann zu knistern.
Entweder, Blackheart gab nicht nach und schürte damit Johnnys Angriffslust und Wut, oder aber er unterwarf sich und setzte sich damit rachsüchtigen Sticheleien und Verachtung aus, noch mehr als jetzt schon.
Es wurde ein Wettstarren daraus.
Später am gleichen Tag, als sie in der Hitze des Mittags ein wenig dösten, erwachte der Dämon durch ein doch recht ungewöhnliches Lärmen. Träge blinzelnd hob er den Kopf.
So wie es klang und aussah, hatte ein gewisser Hund einen Alptraum.
Brummend legte er sich wieder hin und drückte die Pfoten auf die Ohren. Half nichts.
Knurrend rollte er sich zusammen und legte die Hinterbeine über die Schnauze.
Himmel, war das unbequem! Schnell entrollte er sich wieder und hob müde den Kopf. Es hatte noch immmer nicht aufgehört.
"Hölle noch eins! Weckt ihn jemand oder nuss das tatsächlich ICH machen?!" rief er genervt. Als eine helle Katze mit dunklen Streifen auf den Dobermann zu trottete, biss ihn das schlechte Gewissen in den Bauch.
Erde war doch verletzt! Was tat sie denn da?!
Die Kätzin tappte zu Johnny und begann, sanft sein eines Ohr zu lecken. Mit einem Kläffen fuhr er aus dem Schlaf.
"Ganz ruhig, Großer. Du hast schlecht geträumt." miaute sie besänftigend.
Ihr Ohr hing noch immer schlapp herunter.
Johnny blinzelte sie einigermassen verdutzt an.
"Was machs'n da?" Nuschelte er noch ganz benommen.
"Ich putze dich. Das beruhigt. Du hattest einen Alptraum."
"Machst du das eigentlich bei Jedem? Ich dachte, Blackheart wäre der Einzige..."
Ja, das hatte Blackheart auch gedacht.
Warum war das jetzt so ernüchternd?!
Erde konnte putzen, wen sie wollte, beim Beelzebub!
"Ursprünglich hatte ich es nur bei Distel gemacht." Erklärte die Gestreifte.
"Sie hat oft schlimme Träume... Naja, und wenn hier jemand schlecht träumt, dann möchte ich ihm oder ihr auch helfen."
Blaze schien das nicht zu stören. Im Gegenteil, er goss es sichtlich.
"..Das ist schön. Danke." Brummte er entspannt.
Dieser einfache Satz trieb Blackheart zur Weißglut. Er grub die Krallen in den Boden, peitschte mit dem Schweif und kaute auf all den Worten herum, die er zu gerne gesagt hätte.
Der Dämon kannte dieses Gefühl.
Es war Eifers-
Nein.
Nein, nein, NEIN, war es ganz sicher NICHT!
Sie war eine Katze, Katze, KATZE!
Eine Katze!!
Katzen waren vierpfotige Mäusefänger, die man sich höchstens als Haustiere hielt und die ab-so-lut NICHTS mit ihm gemeinsam hatten!
...Und genau da lag der Fehler in seinen Überlegungen...
Denn Erde konnte sprechen- genau wie er.
Sie hatte eine Persönlichkeit- wie er.
Sie war eine Katze. Wie- er. Verdammt.
Und sie war eine Frau.
Eine vierbeinige, pelzige, schnurrhaarige Frau. Eine hübsche Katze.
Mit- das wollte er an diesem Punkt seiner Überlegungen nicht ungedacht lassen- wunderschönen grünen Augen.
Er mochte sie. Wusste nicht, seit wann und weshalb, aber er mochte sie.
Mehr, als er zugeben wollte.
Und jetzt saß sie da und poussierte mit Johnny Blaze herum! Ja! Er war eifersüchtig!!
Sich selbst konnte er nicht belügen.
Er wollte Erde.
Und nicht, wie er Frauen üblicherweise begehrte. Er wollte sie ganz und gar, mit Allem, was dazu gehörte.
Von der Vielfalt seiner Emotionen wurde ihm ganz schwindelig.
Er rollte sich zusammen und versuchte, an nichts zu denken. Doch überall war Erde.
Während er wieder anfing zu dösen, tanzten Bilder von einer gestreiften Katze und einem schwarzen Kater durch seinen Kopf.
Blackheart, Sohn des Satans selbst, träumte von der Liebe.
Die Sonne brannte auf seinen schwarzen Pelz.
Brannte wie Feuer.
Feuer in der Hölle, wo Mephistofeles war.
Mephistofeles, in seiner dämonischen Form, saß auf seinem aus rohem Stein gehauenen, schwarzen Thron.
Durch seine weiß glühenden Augen sah er, was Blackheart sah.
Sein Sprössling hatte sich also verliebt...
Es herrschte Krieg.
Gruppen von Katzen des SchwarzwegClans waren in den Schrottplatz eingedrungen und zogen eine Spur aus Blut und Zerstörung hinter sich her.
Überall rollten kämpfende, ineinander verbissene Tiere über den Boden, Kampf- und Schmerzensschreie gellten durch die kalte Morgenluft.
"Blackheart! Komm sofort her und hilf mir!" Brüllte Distel. Sie biss ihren Gegner in den Nacken und bearbeitete ihn mit den Krallen, während der weitaus besser genährte Kater sie einfach zu Boden warf und hinter sich her schleifte. Ihre Klauen rissen seinen Bauch auf und er machte wimmernd einen Satz zur Seite.
Distel ließ ihn los und jagte ihn giftig zischend davon.
Dann wirbelte sie herum und kauerte sich vor das Rohr, welches unter einem Müllberg verlief.
"Blackheart! Komm jetzt da raus!" Kreischte sie wütend. Als Antwort schallte ihr ein ersticktes Jaulen entgegen.
"Du elender Feigling!! Beweg jetzt deinen Arsch hier raus, bevor ich dich holen komme!"
"Ich kann das nicht!"
"Und ich kann das nicht ohne Hilfe! Wir brauchen dich hier!"
Blackheart heulte auf.
"Es sind zu Viele! Ich habe keinerlei Kräfte mehr! Ich bin kein Krieger! Wie könnte ich dir schon nutzen?!"
"Jedenfalls nicht, indem du da drin sitzt!!!"
Eine graue Katze sprang Distel an und warf sie fast um. Kreischend und Jaulend bearbeiteten sich die beiden mit den Krallen, stellten sich auf die Hinterbeine und schlugen nach einander.
"Komm! Da! Raus!" Schrie Distel.
"Ich kann nicht!"
Die Graue holte aus und schlug Flug's Tochter ins Gesicht. Distel wurde durch die Luft geschleudert, krachte gegen die Seitentür eines Autos und fiel benommen zu Boden.
Ihre Nase landete in einer Pfütze, die der Nieselregen geformt hatte.
Sie versuchte, sich hoch zu stemmen, doch ihre Beine gaben nach, rutschten auf dem feuchten Boden zur Seite, und sie stürzte erneut.
Mit einem Mal war es still geworden.
Jeglicher Kampfeslärm war verstummt. Nur das Wimmern verletzter Katzen war zu hören.
Ganz vorsichtig und darauf bedacht, kein Geräusch zu machen, schob sich Blackheart das Rohr entlang auf die Öffnung zu.
Wenn dort draußen noch SchwarzwegClan-Katzen waren, würde er sich nicht nach draußen wagen.
Gerade, als er die Pfote nach vorne setzte und den Kopf aus dem Rohr strecken wollte, stürzte ein flammend roter Körper direkt vor seiner Nase zu Boden. Entsetzt fuhr Blackheart zurück und duckte sich mit angelegten Ohren in den Schatten.
Canine presste Flug zu Boden, die Pfote an seiner Kehle. Der Kater trat nach ihr, doch seine geschwächten Bewegungen konnten die kräftige SchwarzwegClan-Katze nicht abwehren.
Canine steckte ihm die Nase ins Gesicht.
"Haha!" Gurrte sie. Ihre Stimme vibrierte vor Häme. Dann sprang sie von ihm herunter.
"Empfehlen Sie uns weiter, Herrschaften!" Lachte die Tigerkatze. Der Rest der Angreifer versammelte sich um sie, dann strömten sie hinaus wie eine tödliche Flutwelle.
Canines irres Triumphgelächter verhallte in der Ferne.
Langsam wurde es still.
Der Regen trommelte leise auf diverse Blechplatten und Töpfe, Autodächer und Dachrinnenstücke.
Als hätte er darauf gewartet, dass die Schlacht ihr schauriges Ende fand, klopfte er nun seine eintönige, traurige Melodie.
Blackheart glitt aus dem Rohr und sah sich um.
Ihm bot sich ein Anblick, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Tote Katzen überall.
Ihr Blut vermischte sich mit dem Regen und bildete große Lachen.
Die Wenigen, die noch lebten, schleppten sich humpelnd und kriechend auf den Großen Platz.
Distel war da und Flug, Sand, arg zerrupft, und Pusteblume, die sich hinter der hinkenden Hagel versteckte, Blackheart erkannte Mohn, Zweig, Laub, Regen, Stern und Johnny.
Mehr waren nicht zu sehen.
Leblose, zerfetzte Leiber überall.
Mehr als die Hälfte aller Katzen, die auf dem Schrottplatz Zuflucht gesucht hatten, waren brutal abgeschlachtet worden, Jungen, Krieger, Alte.
Distel half ihrem Vater auf die Füße.
Das feuerfarbene Fell von Flug war braun von Blut. Er wankte leicht, blieb aber stehen.
Seine Tochter stürzte sich auf Blackheart, fuhr ihm mit ausgefahrenen Krallen über das Gesicht.
Gleißender Schmerz explodierte um ihn her und ließ ihn zurück stolpern.
Die Wucht des Schlages warf ihm den Kopf zur Seite.
Regen lief ihm in die halb geschlossenen Augen.
"Verfluchter Feigling!" Stieß Distel mit tränenerstickter Stimme hervor. Ihre Augen schwammen.
"Verflucht!"
Blackheart, der vor nicht einmal einer Woche selbst ein solches Szenario erschaffen hätte können, ohne mit der Wimper zu zucken, hielt ihrem Blick nicht stand.
Mit hängendem Schweif schlug er die Augen nieder.
Sein Gesicht brannte schmerzhaft, Blut lief ihm über die Schnauze.
Sand trat leise zu ihnen. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten.
"Distel... Sie haben Erde mitgenommen."
Die Augen der Goldenen wurden zu Eis. Sie sagte nichts.
Blackheart spürte, wie er vor Kummer und Entsetzen innerlich ganz klein wurde.
Eine Katze zu sein hatte ein Tor zu ungekannten Gefühlen aufgestoßen.
"Wir müssen sie retten!" Heulte Hagel.
"Und ich denke, das sollte derjenige tun, der noch nicht gekämpft hat!"Fauchte Herbst und fixierte Blackheart wütend.
Der Schwarzhaarige fauchte zurück. "Wie stellst du dir das vor?!"
"Das ist mir egal! Rette sie, oder stirb bei dem Versuch, du armselige Entschuldigung für ein Hauskätzchen!"
"Herbst." Sagte Flug ruhig. Sofort verstummte der Angesprochene.
"Flug!" Jaulte eine Stimme. Es war Mohn.
Ihr Gesicht war von Schmerz und Trauer verzerrt.
"...Sie haben Sommer."
Blackheart spürte, wie etwas in ihm hart wurde, als zöge seine bessere Hälfte eine Rüstung an.
Jetzt reichte es.
Er sah Distel an.
"Wartet nicht."
Sie sah ihm nach, als er losmarschierte.
"Wo willst du hin?!" Wollte sie wissen.
"Ich hole sie zurück."
Johnny stellte sich vor ihn. "Was willst du uns damit beweisen, Blackheart?"
Er spuckte dem Kater seinen Namen ins Gesicht, als wäre es eine Beleidigung.
Der Dämon sah Blaze in die Augen.
"Geh' mir aus dem Weg."
Der Dobermann trat zur Seite. Er folgte dem Schwarzen mit dem Blick, bis dieser verschwunden war.
"Der kommt nicht wieder." Dachte er laut.
Distel knurrte.
"In Ordnung." Unterbrach Flug die angespannte Stille. "Wir brauchen einen Platz, an dem wir uns verstecken können, den Canine nicht findet."
"Flug." Sagte Distel leise.
Der flammfarbene Kater schüttelte den Kopf.
"Aber es ist perfekt." Drängte seine Tochter. "Außerdem vermisse ich Licht und Feder."
"Ich doch auch." Miaute Flug. "Aber wir können sie nicht mit in all das hineinziehen."
"Die Zweibeiner können uns Schutz geben!" Argumentierte Distel. "Und ihre Monster halten Canine auf Abstand!"
Flug nahm sich die Zeit, gründlich nachzudenken.
Die Sekunden verstrichen, in denen er nur mit geschlossenen Augen dastand.
Dann sah er Distel wieder an.
Die Stille zog sich schmerzhaft in die Länge.
"Also schön. Wir gehen zu Licht." Entschied Flug. Dann erhob er seine Stimme.
"Überdeckt euren Geruch!"
Die verbliebenen Katzen folgten ihm durch das Auto auf den Asphalt.
Bei der nahen Baustelle rieben sie sich an den dort schlafenden Mostern, beziehungsweise Baggern und Planierraupen.
Johnny folgte ihrem Beispiel.
Dann bewegten sich die fünfzehnköpfige Gruppe hinkend und humpelnd hinter Flug her.
Blackheart glitt durch das Unterholz wie ein Schatten.
Er schob sich von hinten an den Friedhof heran, darauf bedacht, völlig lautlos zu bleiben.
Sein schwarzes Fell war bedeckt von einer dicken Schlammschicht, die seinen Geruch verdeckte.
Der Dämon huschte hinter eine Hecke und duckte sich.
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er rang mehrmals tonlos nach Atem.
Wenn sie ihn entdeckten, konnte er ebenso gut Selbstmord begehen... Obwohl Suizig wohl noch gnädiger wäre als Canine.
Panik trübte kurz Blackhearts Blick und ließ ihn schwindeln.
Er zwang sich, ruhig weiter zu atmen und nachzudenken.
Hinter dieser Hecke lagen der Friedhof und die Rückseite der kleinen Kapelle, in der Chatanas wohnte.
Vielleicht wurde der Platz dort nicht stark bewacht.
Vielleicht aber auch gerade dort.
Bevor er weitere Schritte unternahm, musste er erstmal die Lage auskundschaften.
Dicht neben der Hecke glitt Blackheart durch das regenfeuchte Gras und über den Kies.
Sie verlief kreisförmig um den Friedhof.
Durch intensives Wittern fand der Kater rundum Katzengeruch, allerdings alt und undeutlich.
Vermutlich hatte Canine ursprünglich überall Wachen postiert, die aber im gleichen Maß weniger wurden, in dem Chatanas Macht wuchs.
Als Blackheart sich bis auf Sichtweite an das schmiedeeiserne Tor des "Gottesackers" herangewagt hatte, sah er die Katzen, die in stetigem Strom durch die Gitterstäbe nach drinnen schlüpften.
Jedes der Tiere trug etwas zum Fressen im Maul.
Bewacht wurden sie von zwei gelangweilt dreinblickenden Katern, denen die Aufgabe offenbar zuwider war.
Das musste er sich näher ansehen.
Lautlos schlüpfte Blackheart unter die Zweige der Hecke und schob auf der anderen Seite vorsichtig den Kopf heraus.
Die Kolonne Katzen trug das Essen zu einem großen Haufen, legten es ab und marschierten schnurgerade wieder nach draußen. Hm.
Von irgendwo her drang ein seltsames Geruch an Blackheart Nase.
Er folgte ihm, stets auf Deckung achtend. Dabei folgte er gleichzeitig auch den Katzen, die den Friedhof wieder verließen. Auch sie hielten etwas im Maul, was aber einen süßlichen Verwesungsgestank verströmte.
Sie trugen es bis zu einem kaputten Kanalgitter und warfen es, einer nach dem anderen, in das Loch.
Von unten ertönte dünnes Fiepen und Quietschen, so laut, dass sogar Blackheart es von seinem Versteck aus hörte.
"Ratten!" Schoss es ihm durch den Kopf.
"Chatanas füttert Ratten!"
Er fasste einen Entschluss.
Der Dämon glitt aus der Hecke, lief einen großen Bogen und folgte dann den ankommenden Katzen bis zu ihrem Ursprungspunkt.
Dort versteckte er sich erneut und wartete.
Er musste nicht lange ausharren, bis ein geeignetes Ziel in Sicht kam; ein schmächtiger Kater, der eine Amsel im Maul trug.
Blackheart sprang ihn an und verpasste ihm eine Kopfnuss. Der Andere kippte um wie ein Sack Steine.
Ha.
Der Schwarze schnappte sich die Amsel, schüttelte den Schlamm ab und reihte sich ein in die eilig dahintrabenden Katzen.
Bald schon passierten sie das Tor und liefen hintereinander zu dem Beutehaufen.
Blackheart sah sich unter halb geschlossenen Lidern aufmerksam um.
Grabsteine überall. Dazwischen ein Kiesweg, der zur Kapelle führte. Neben dem Weg befand sich der Haufen. Ein SchwarzwegClan-Kater saß daneben und fraß an einer Wühlmaus.
Kaum die Hälfte war davon erst in seinem Maul verschwunden, als er sie auf den zweiten Haufen warf und sich einen Fink heraus suchte!
Blackhearts Magen verkrampfte sich vor Hunger.
Am Liebsten hätte er die Amsel auf der Stelle verschlungen.
Mühsam durch das Maul voller Federn schniefend, würgte er jeden Atemzug, der nach Blut und Nahrung schmeckte, hinunter.
Dem Beispiel der Anderen folgend, warf er die Amsel dann auf den Haufen und wandte sich zu dem zweiten, der mit dem verdorbenen Fleisch.
Beinahe wäre er in Canine hinein gerannt.
"...Wer bist du denn?" Schnurrte die Tigerkatze.
Vor Entsetzen erstarrte Blackheart. Er versuchte etwas zu sagen, machte aber nur stumm den Mund auf und zu, während er Canine mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
"Sieh mal einer an. Ein Neuer in der Mittagslieferung."
"W-w-wie kommst du darauf, dass i-ich neu wäre?", brachte Blackheart heraus.
"Na, weil du noch nicht markiert bist, du Dussel!"
Canine drehte sich halb um.
"Wanze, Baumstumpf!" Rief sie über die Schulter.
Zwei muskelbepackte Kater traten zu ihr.
"Ich muss hier eine Markierung anfertigen." Erklärte die Getigerte süffisant. "Rechte Brust."
Bevor Blackheart wusste wie ihm geschah, kamen Wanze und Baumstumpf über ihn und hielten ihn fest.
"Flug, ich kann nicht mitkommen."
Distel sah hrem Vater fest in die Augen.
Er nickte langsam, trat auf sie zu und küsste sie sacht auf die Stirn.
"Bastet sei mit dir." Raunte er leise, und die Worte waren nur für ihre Ohren bestimmt.
Taktvoll wandte Johnny den Kopf.
Es dauerte aber nicht lange, bis Distel erneut durch sein Sichtfeld lief, da sie mit gesträubtem Fell zurück marschierte. Der Dobermann drehte sich um und folgte ihr.
"...Wo willst DU denn hin?" Fragte sie ihn nach einer Weile.
"Ich werde dir helfen."
"Du kannst Blackheart doch nicht ausstehen?"
Johnny zog die Schnauze kraus.
"Schon, aber du und er zusammen allein gegen den SchwarzwegClan- da habt ihr schlechte Karten."
"Meine Rede!" Ertönte eine Stimme hinter ihnen.
Die Klauen der Tigerkatze bohrten sich mit hell aufloderndem, brennendem Schmerz in Blackhearts Brust.
Er schrie, und die Kater hielten ihn fest, als Canine die Pfioten zurückriss und Fell und Haut fortfetzte.
Der Schmerz von eben war nichts gegen die Flammen, die jetzt weissglühend in seinem Bewusstsein flackerten.
Wie von fern, gedämpft durch die allmächtigen Qualen, hörte er seine eigene Stimme schreien.
Distel legte die Ohren an, als Herbst und Sand zu ihnen aufschlossen.
"Wollt ihr etwa auch mitkommen?!" Fauchte sie.
"Ja- denkst du, ich überlasse es Blackheart, Erde zu retten?", miaute Herbst energisch.
"Meine Rede." Wiederholte Sand.
Die Goldene seufzte. "Jungs, danke. Ehrlich. Aber das ist nicht euer Kampf."
"Und warum ist es deiner?!" Fragte Herbst angriffslsutig.
"Wegen Tiger." Sie sprach die Namen aus, als wären es Glassplitter. "Und Finn."
"Ich möchte zu gerne sehen, wie du mich aufzuhalten glaubst." Lächelte Johnny, zwinkerte ihr zu und stiefelte alleine weiter.
"Meine Rede." Kam es unisono von Herbst und Sand. Die Kater folgten Johnny.
Distel lächelte traurig, Dann folgte auch sie.
Dann ließen sie ihn los und er krümmte sich jaulend, während sein eigenes Blut den Boden besprenkelte.
Feuer, rot und gierig, leckte an seiner Brust, machte jede Bewegung zur Qual.
Er wusste nicht, wie tief sie ihn erwischt hatte.
Nur, dass es echt verdammt wehtat.
Er stöhnte abgehackt, was wie eine Mischung aus Schluchzen und Husten klang, und versuchte zu atmen.
Es gelang- nach mehreren Anläufen.
Würgend und keuchend krallte er sich im Boden fest, um nicht zu fallen.
Ringsum wurde hämisches Gelächter laut.
"Markiert!" Verkündete Canine triumphierend und stimmte darin ein.
Blacxkheart hob den Kopf.
Er atmete flach.
In der Wunde spürte er seinen Puls pochen.
Eine kalte Welle aus Angst brandete über ihn hin und ließ ihn zittern.
Was tat er hier eigentlich?!
Das kreischende Gelächter der Meute schrillte in seinen Ohren.
Dann wurde das Lachen zu beifälligem Heulen. Weiter hinten teilten sich die Tiere, bis der Blick frei war auf die Gestalten, die dort versammelt waren.
Erde und Sommer kamen auf Blackheart zu.
Auf der einen Seite flankiert von einem rostroten Kater des SchwarzwegClans, auf der anderen Seite von einem eintönig braunen Kater mit grauen Augen.
Die Präsenz war unverwechselbar.
"Mephistofeles." Presste Blackheart zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Als Erde den Schwarzen erblickte, wollte sie zu ihm laufen, doch Mephistofeles machte einen Satz und versenkte knurrend seine Zähne in ihrer Schulter, dass sie aufschreiend stolperte und stürzte.
Die grauen Augen starrten sie eiskalt nieder.
Sommer stupste sie in die Seite, bis sie wieder aufstand. Ihr Kopf hing herab, als sie es tat.
Sie wich Mephistos Blick aus.
Der rote Kater stieß Sommer und Erde vorwärts.
Sie gingen gehorsam weiter, Sommer ängstlich an die Gestreifte geschmiegt, bis sie nahe bei Blackheart wieder anhielten.
Die blaugrünen Augen von Erde waren groß, als sie ihn ansah. Trauer lag darin, fast als fühle sie sich verantwortlich für diese Situation. Und Angst.
Angst vor Mephistofeles, Angst vor den Katzen des SchwarzwegClans.
Aber auch vor ihm.
Er wusste nicht, was sein Vater getan hatte, doch Erde sah ihn mit anderen Augen.
Sie hatte gesehen, was er wirklich war.
Beide öffneten den Mund, um etwas zu sagen, und sahen sich doch nur an.
In beider Augen schimmerte eine Entschuldigung.
Dann trat Mephistofeles einen Schritt vor.
"...Mein Sohn... wie schön, dich wiederzusehen." Sagte er lächelnd, ganz die selbstsichere Ruhe in Person.
Er wandte kurz den Kopf, um Erde anzublicken.
"Nein, verzeih' mir. Das war gelogen. Am liebsten würde ich mich übergeben."
Erneut brandete ringsum Gelächter auf.
Blackheart stemmte sich in eine stolz aufgerichtete Haltung.
"Dann. Sind. Wir ja. Schon. Zu Zweit!" Zischte er. Er rang nach Atem. Vor seinen Augen flirrte es leicht.
"Hmm... Nein, zu dritt. Ich gelte als zwei."
Vor Empörung bekam Blackheart einen Hustenanfall.
Mephisto nahm ihn nicht ernst, ging nicht auf ihn ein, nicht im Geringsten!
Erde sah Mephistofeles an, die Ohren zurückgelegt.
"...Weisst du was?!" Sagte sie laut.
Es wurde totenstill.
Alle Köpfe wandten sich der Gestreiften zu.
Dann geruhte auch der Fürst der Finsternis, ihr betont langsam den Blick zuzuwenden.
"...Du bist gemein, hinterhältig, stinkig und fusselig!"
Gekicher wurde laut.
Mephistofeles verzog die tierischen Lippen zu einem durch und durch widerlichen Lächeln.
Jetzt hatte Erde ein ernstes Problem.
"Lass sie ge- ...fälligst..."
Blackhearts Stimme erstarb.
"Wie bitte?"
"Ich sagte, was willst du?!"
Mephisto ließ sich zu Boden sinken, die Pfoten übereinander gelegt, wie er es immer bei seinem Gehstock tat.
"...Du empfindest etwas für diese Katze." Stellte er genüsslich fest. "Du empfindest Liebe..."
Von seiner sanften Stimme troff das Gift.
Blackheart erwiderte seinen Blick.
"Nein."
Erde zuckte zusammen und blinzelte panisch.
Sie hatte Angst.
"Das ist gut." Mephistofeles lächelte. "Denn wenn du etwas für sie empfinden würdest, hätte ich sie getötet."
Der Schwarz entspannte sich etwas.
"Aber da das nicht der Fall ist- wirst DU sie töten."
Blackheart sog scharf die Luft ein.
"Fuchsdung." Stöhnte Erde und grub die Krallen in den Boden. Sommer saß vor Furcht mittlerweile unter ihr.
"Warum sollte ich das tun, alter Mann?!" Fauchte der schwarze Kater und vergaß vor Wut fast seine Verletzung.
Mephisto schnurrte vor Vergnügen.
"Sie ist nur eine Katze. Was hindert dich daran, es zu tun?"
"Dass du es möchtest. Ich spiele nicht nach deinen Regeln, Vater!"
"Doch, das tust du. Schon die ganze Zeit über."
Blackheart zischte.
Seine blauen Augen, zu Schlitzen zusammengekniffen, loderten vor Hass.
Mephistofeles' tierische Form schien zu schmelzen und wuchs in die Höhe, die Krallen wurden zu ellenlangen Klauen, das Katzengesicht eine alptraumhafte Fratze, der Leib hatte nichts mehr mit einem Vierbeiner gemein.
Das Wesen schnaubte Blackheart einen schrill kreischenden Luftstrom entgegen, der Sand und Gras aufwirbelte. Es war ein Laut aus den Tiefen der Hölle, ähnlich den Schreien der Vampirfledermäuse, die dort unten existierten.
Dann war die braune Katze wieder da, als wäre nichts geschehen.
Der verhallende Schrei gellte Blackheart noch in den Ohren.
Mephistofeles starrte ihn unbewegt an, so wie nur Katzen es können.
"Du kommst jetzt her."
Zögernd setzte der Schwarze die Pfoten auf und näherte sich Erde und seinem Vater.
Erde wich seinem Blick nicht aus.
In ihren Augen lag eine stumme Frage. Als er vor den Beiden stehen blieb, biss sie sich auf die Pfote.
Ein Fiepen entfuhr ihr und ihre Augen waren erfüllt von maßlosem Entsetzen.
Tränen glitzerten darin.
Sie wirkte ganz so, als würde sie gleich in panisches, hysterisches Schluchzen ausbrechen.
Oh Mann, das mit anzusehen, fühlte sich ja noch übler an als seine Brust!
Sommer wimmerte unterdrückt vor sich hin.
Sein Schweif war um Erdes linkes Hinterbein gewickelt und er drückte sich gegen ihre Läufe.
Das arme Kerlchen stand im wahrsten Sinne des Wortes Todesängste aus.
Beide taten das.
Die Stille dehnte sich ins Unendliche.
Unbehaglich mit der Schwarzspitze zuckend warf Blackheart seinem Vater einen Blick zu.
Der Kater, dessen Fell die Farbe von flüssiger Bitterschokolade hatte, machte eine gleichzeitig einladende und auffordernde Bewegung mit dem Vorderlauf, ein elegantes Ausholenm, als fordere er jemanden auf spöttische Weise zum Tanz auf.
Seine grauen Augen funkelten belustigt.
Blackheart sah wieder Erde an.
Er konnte es nicht.
Jemand Unbekannten kaum anzurühren, nur mit dem Bewusstsein nach seinem Lebensfunken zu greifen und zuzusehen, wie das Feuer aus ihm wich, war eine Sache.
Jemand Vertrauten Kraft des eigenen Körpers so zu misshandeln, dass der Lebensfunke keinen Halt mehr fand, war etwas Anderes.
Und er konnte es nicht.
Nicht bei Erde.
Seine Gedanken rasten.
Wie kamen sie hier nur wieder raus?! Er stand mit dem Rücken an einer metaphorischen Wand.
Verzweifelt stürzte er vorwärts und riss Erde mit einem Hechtsprung von den Pfoten, die Krallen sorgsam eingezogen.
Sie schrie, als sie auf dem Rücken landete. Ihr ganzer Leib bebte unter seinem und die Tränen strömten ihr nun über das pelzige Gesicht.
Sommer purzelte über den Boden und schrie ebenfalls auf, ein jämmerliches Maunzen voller Angst.
Hämisches, beifälliges Jaulen ertönte von allen Seiten.
Dann- ein kreischender Alarmruf.
"ZWEIBEINER!!!"
Alle Köpfe fuhren herum.
Zwei Männer in Overalls näherten sich dem Zaun.
"Volle Deckung!" Heulte Canine. Binnen weniger Herzschläge waren fast alle Katzen in der Hecke verschwunden.
Blackheart sprang von Erde herunter. Das war eine Chance!
"Lauf!!" Gellte er, packte Sommer am Nackenfell und stürmte auf das Tor zu.
Erde folgte ihm.
Hinter ihnen stieß Canine einen wütenden Schrei aus. Sie nahm die Verfolgung auf.
Und sie war schnell.
Die Männer erreichten den Zaun.
Der eine stieß einen überraschten Laut aus.
"Simon!" Rief er seinem Kollegen zu. "Jetzt sind diese Streuner schon auf heiligem Boden!"
"Mistviecher!" Fluchte der Andere und spuckte auf den Boden.
Als Blackheart gerade zwischen seinen Beinen hindurchflitzen wollte, stieß die Hand des Ersten hinab und packte ihn im Nacken.
Dann wurde er nach oben gerissen und Sommer entglitt seinem Griff.
"Und sie vermehren sich!" Gröhlte der Kerl dem Kater in die Ohren und pustete widerlichen Zigarettenrauch aus. "Na, du Biest? DU wirst keinen Nachwuchs mehr in diese Stadt setzen!"
Kochend vor Wut holte Blackheart aus und zog ihm die Krallen quer über das fette Gesicht.
Mit einem Brüllen ließ der Mann ihn los.
Der Kater fiel auf alle Viere und schoss sofort los, Erde hinterher.
Da verspürte er einen dumpfen Schmerz im Hinterteil und die Welt machte einen Salto.
Dieser Bastard hatte ihn getreten!!
Vor Wut kreischte der Schwarze auf. Wie konnte er es WAGEN?!
Hätte er sich in einer anderen Situation befunden, wäre der Fettsack fällig gewesen!
Aber das ging eben nicht.
So schnell ihn seine Pfoten trugen raste er hinter Erde her.
Plötzlich fiel ihm etwas auf.
...Wo zur Hölle steckte Sommer?! Verflucht!!
Während sie zügig dem Friedhof zustrebten, dachte Johnny so angestrengt nach, dass ihm der Kopf rauchte.
...Buahaha, der Witz der woche.
Ideen von Angeln und Hundemeuten, Tierfängern und Autos kamen ihm in den Sinn, doch nichts war geeignet.
Mitten in einer gesalzenen, geistigen Ansprache an Mephistofeles, die zum Teil aus sehr farbigen Adjektiven bestand, bemerkte er eine Gestalt, die auf sie zustürtze.
Erde?!
Erde!!
"ERDE!!" Jaulte Herbst erfreut. "Du bist in Ordnung! Geht's dir gut?!"
"Lauft!" Keuchte die Gestreifte. "Canine kommt!"
"Wo sind Blackheart und Sommer?" Fragte Sand.
"Na, gleich hinter- ...Gleich hinter mir..."
Erde realisierte entsetzt, dass Beide fort waren. Sie wirkte starr vor ungläubiger Sorge.
"Dann wollen wir mal!" Bellte Johnny energisch und senkte di Schnauze zum Boden.
Er entdeckte sofort die Spur, die Erdes Geruch hginterlassen hatte und lief los.
"Canine!" Rief die Gestreifte. "Sei vorsichtig!"
"Meinst du DIE DA?!" Lachte Johnny und wies mit der Schnauze nach vorne, wo die Tigerkatze von den Männern in einen Kleintierkäfig gestopft wurde, obwohl sie sichheftigst wehrte und ihr kjreischendes Gefluche in den Ohren schmerzte.
Herbst fing an zu lachen. "Das ist das Zweitschönste, was ich je gesehen habe!"
Johnny knurrte leise.
Unter dem Wagen der "Zweibeiner"saßen Blackheart und Sommer und verhielten sich mucksmäuschenstill.
ALs der schwarze Kater Johnny entdekte, winkte er ihm mit der Pfote, dort zu bleiben, wo er war.
Die Männer stellten den Käfig mit der tobenden Caninen in den Wagen, schlossen die Tür und stiegen ein.
Dann startete der Wagen und rollte über Blackheart und Sommer hinweg, die eilig aufsprangen und zu ihren Freunden sprinteten.
Sommer lief leich zu Erde, die ihn sanft zwischen den Ohren leckte.
Als Blackheart jedoch einen kleinen Schritt in ihe Richtung machte, schoss ihr Kopf hoch und sie wich leicht zurück. In ihren Augen lag das pure Misstrauen.
Der Schwarze erstarrte.
Seine Krallen fuhren heraus und gruben sich in den weichen Boden.
"Was ist los?" Brachte er heiser hervor.
Die Gestreifte schwieg, nur ihr Schweif schlug nervös hin und her.
"Du bist auf sie drauf gesprungen!" Erklärte Sommer vorwurfsvoll. "Und du hast uns Angst gemacht!"
Auch Blackhearts Schwanz begann den Sand aufzuwirbeln, als er damit den Boden peitschte.
Erlegte die Ohren an.
"Du hast uns Angst gemacht?!" Wiederholte er. "Ich habe euch da raus geholt!"
"Du! Hast! Mich! An-ge-griffen!" Zischte Erde durch zusammengebissene Zähne.
"Ich habe dir NICHTS getan!"
Blackheart stapfte mit hoch erhobenem Kopf an ihr vorbei, ohne sie noch eines Blickes zu würdigen.
Offenbar war er beleidigt.
Erde sah ihm nicht nach, sondern drückte die Nase in Distels Fell und begann leise zu weinen.
Johnny blickte von den beiden Kätzinen zu Blackheart, der hoheitsvoll davon stiefelte.
Weit kam er allerdings nicht...
Auf der Friedhofsmauer, keine drei Meter entfernt, saß eine schneeweiße Katze.
Ihr Hals war geschmückt mit einem Halsband, von dem Hundezähne hingen. Ihre honigfarbenen AUgen schimmerten wie flüssiges Gold. Und sogar aus dieser Entfernung sah Johnny ihre Krallen blitzen.
Nicht nur den Dobermann berkam ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl.
Auch Blackheart war stocksteif stehen geblieben. Sein hochgestellter Schweif fiel nach unten.
Die anderen Katzen blickten mit schreckgeweiteten Augen auf die Weiße.
Distels flammfarbener Pelz sträubte sich. Johnny hätte nicht sagen können, ob aus Angst oder Wut.
"Chatanas!" Zischte sie.
Als der Name fiel, setzte sich Blackheart vor Schreck auf den Hintern.
Seine Vorderpfoten zitterten.
Von dieser Katze ging eine Gefahr aus, die einem die Kehle zuschnürte und den Atem von den Lippen raubte. Sein Fell sträubte sich, bis er einer schwarzen Wolke wütender Angst glich.
Chatanas sprang elegant von der Mauer und schlenderte auf Blackheart zu.
Ihre Schwanzspitze legte sich sacht an seine Wange.
"Besucher..." Schnurrte sie. "Wie schön..."
Ihr Blick richtete sich auf Johnny.
"Der Ghost Rider." Ihre Stimme wurde spöttisch, gleichwohl sie eiskalt blieb. "Sieh' mir in die Augen."
Sie lächelte.
Johnny zog unwillkürlich den Schwanz ein.
Er knurrte.
Chatanas' Blick schien sie alle zugleich zu fesseln.
"Seht alle hinein. Und fühlt euren Schmerz."
Herbst fiel stocksteif um, dann wurden seine Gliedmaßen locker.
Sand fiel neben ihn.
Dann Sommer.
Erde klammerte sich fauchend an Distel, die ihrerseits die Lippen zurückgezogen hatte und zischte.
Dann fuhr etwas Unsichtbares in sie hinein und warf sie auf den Rücken.
Johnny lag da, die Pfoten über den Augen und winselte leise.
Blackheart seufzte.
"Nicht SCHON wieder."
Dann richtete sich der Abgrund von Chatanas' Augen auf ihn und sein Bewusstsein wurde in frostige Dunkelheit gewirbelt.